[Lupanar] Magnum Momentum

  • Man merkte Kyriakos nicht an, ob er irgendetwas empfand, als die Frau, die er liebte, seinen Antrag ablehnte. Tatsächlich herrschte in diesem Moment Leere in seinem Kopf, alles war zusammengestampft auf eine rationale Wahrnehmung. Er machte weiter, wie er es stets in seinem Leben getan hatte.


    "Du brauchst mich nicht zu lieben, um meine Frau zu sein, Velia", sagte er ruhig. "Meinetwegen such dir einen Liebhaber, ihm wird nichts geschehen. Bring ihn von mir aus mit nach Hause und liebe ihn in unserem Bett. Ich sorge trotzdem für dich."


    Er atmete durch, sich nunmehr ganz dem körperlichen Genuss dieser Begegnung hingebend. Seine Bewegungen wurden kraftvoller, er hatte viel zu geben.

  • Velia war nach Kyriakos' Sätzen eine ganze Weile kang nicht ansprechbar. Sie klammerte sich mit Händen und Füßen an ihn und machte mittels akustischer Lautäußerungen deutlich hörbar wie gut oder nicht gut es ihr gerade gefiel was er da mit ihr anstellte. Anscheinend gefiel es ihm, wenn er das Sagen während der Nummer hatte, doch das war ihr nur recht. Schließlich gelangte sie zum Höhepunkt (was eigentlich nur sehr selten vorkam während ihrer Arbeit) und es war wirklich einer, nicht der gespielte, den gut 98-99% aller ihrer Kunden normalerweise zu Gesicht bekamen (wenn sie überhaupt Wert darauf legten, doch viele schon). Die Sache ging so lange weiter wie Kyriakos wollte, doch als es dann vorbei war, musste sie noch kurz eine oder zwei Minuten liegen bleiben und durchschnaufen. Dann nach einem kurzen letzten Blick auf Kyriakos und dem Körper den er von den Göttern geschenkt bekommen hatte, stand sie auf und ging zu ihrem Kleiderhaufen hinüber. Während sie das tat und sich danach anzog, antwortete sie ihm: "Ich weiß du wirst irgendwann wieder fragen, aber genauso wie dann sage ich auch heute Nein. Auch wenn Liebe und Beziehungen nichts für mich sind, so finde ich es trotzdem nicht richtig, was du beschrieben hast vorher eben, da kann man es auch gleich bleiben lassen." Als Velia fertig angezogen war, kam sie wieder zum Bett und setzte sich neben ihn. "Ich habe jetzt die nächste Zeit sowieso nicht viel Freiraum, wo ich mich ja um den Aufbau meines neuen Lupanars kümmern muss. Ich mag das bisschen Selbstbestimmtheit das ich noch habe und ich will nicht, dass sich irgendwas zwischen uns ändert. Ich mag es genauso wie es gerade ist." Schön langsam rückte der Zeitpunkt näher, wo es ums Bezahlen ging, doch bevor das wirklich geschah, erhielt Kyriakos ein weiteres Mal einen ganz kleinen Freundschaftsbonus in Form von noch etwas mehr Zeit die sie ihm widmen würde, bevor Velia sich um den nächsten Kunden kümmern würde müssen. Sie sah in Kyriakos' Antlitz, ganz so als würde sie versuchen irgendetwas über sein Inneres aus seinen Augen herauszulesen. "Weswegen bist du noch heute zu mir gekommen? War es wirklich nur einer Frage wegen, von der du vorher schon die Antwort gekannt hast, oder ist da noch etwas anderes?"


    Velias Groll auf Kyriakos war mittlerweile wieder verflogen. Er hatte seine Sache gut gemacht.

  • Auf den Körper unter ihm genau zu achten, war sein Beruf und Kyriakos wünschte Velia eine Freude zu machen. Einen Mann mit seiner Erfahrung konnte man nicht leicht täuschen, diese Freude hier war echt. Wenngleich der Akt bezahlt war, hatte Kyriakos das Gefühl, in diesen Augenblicken läge der Gedanke an alles andere auch für Velia weit weg. Er genoss den Traum, wie es mit ihnen beiden sein könnte, bis er vorbei war. Entspannt lag er da und beobachtete, wie Velia sich ankleidete. Sie redete, doch sie verstand ihn nicht, so wenig wie er sie.


    "Velia, es geht nicht darum, ob ich glücklich damit wäre", versuchte er, Klarheit zu bringen. "Es geht überhaupt nicht um mich, sondern darum, dass du glücklich bist. Ich versprach, dir ein guter Mann zu sein. Mein Wunsch ist, dir ein gutes Leben zu bieten. Wenn das heißt, dass du auf meine Kosten einen anderen liebst, dann sei es so. Wenn du auch das nicht möchtest, muss ich es akzeptieren. Ob ich noch einmal fragen werde, hängt davon ab, was die Zukunft bringt."


    Dass er all die Jahre gearbeitet hatte, um Velia aus der Subura holen zu können, dass er seinen Körper verkauft hatte bis er vor Schmerzen kotzte, während schaumig-weißes Blutgemisch seine Beine hinab lief, dass er auch dann vor Fieber zitternd noch weitergearbeitet hatte, um ihr eines Tages diese eine Frage guten Gewissens stellen zu können, behielt er für sich. Es hätte nichts geändert, die Würfel waren gefallen. Er hatte das Geld und stand doch mit leeren Händen da. Auf Erden blieb nichts mehr für ihn zu tun, als Nymphis gut unterzubringen, Lysander zu töten und ihm dann zu folgen, um seine besudelte Ehre reinzuwaschen. Das größte Geschenk für Velia wäre gewesen, auf seinen Freitod zu verzichten und in Schande weiterzuleben, damit es ihr gut ging.


    Kyriakos setzte sich auf und zog sich wieder vorzeigbar an. "Ich kam nicht in Arbeitskleidung und mein Gesicht ist ungeschminkt. Ich hatte am Leib, was ich in meiner Heimat trug, nachdem ich das Rot aus freien Stücken abgelegt hatte, da ich kein Soldat mehr bin. Der Mann, der dich heute besucht hat, Velia, ist Kyriakos unverfälscht. Ich kam, weil ich um deine Hand anhalten wollte." Er erhob sich, zählte das Geld ab, wobei er großzügig aufrundete, wie immer. "Es wird für mich keine andere Frau geben."


    Mit einem letzten Kuss legte er das Geld in ihre Hand und trat von ihr zurück.

  • "Glück ist etwas für Narren. Man braucht kein Glück, um durch das Leben zu kommen, sondern Essen, Schlaf und ein Dach über den Kopf. Gelegentlich auch vielleicht einen Mann, dann schafft man es auch ohne glücklich zu sein." antwortete Velia und spürte dabei einen kleinen winzigen frostigen Stich in ihrem Herzen. War sie denn glücklich? Eher nein. Sie konnte sich auch nicht wirklich vorstellen, dass andere Menschen glücklich sein konnten, also wozu einem unerreichbaren Ideal nachjagen und sich deshalb selbst schlecht machen, weil man es nie erreichen konnte? Velia hatte alles was sie zum Leben brauchte, das musste genügen. Glück war irrelevant. Genauso wie Liebe. Wichtig war nur, dass man Schmerz und Leid möglichst lange von sich weghalten konnte, auch wenn einem das Alter beides sowieso früher oder später bringen würde und das nicht zu knapp. Niemand konnte wirklich lange glücklich sein, jeder litt und starb irgendwann. Ob langsam und natürlich dahinsiechend, oder brutal und plötzlich durch externe Gewalteinwirkung. Es gab kein Glück. Für niemanden. Wer sich das jedoch einbildete, machte nur sich selbst etwas vor. Sie sah es ja anhand ihres eigenen Lebens. In einem Moment hatte sie alles gewonnen in Form eines eigenen Lupanars und schon gleich darauf gleich wieder 3/4 davon verloren. So war das Leben.


    Velia bedachte Kyriakos mit einem nicht deutbaren Blick. "Ich denke ich kenne keinen anderen Spartaner, dem seine Ehre so egal ist wie dir. Du wärst ein schlechter Mann, wenn du zulassen würdest, dass deine Frau fremdgeht. Willst du dich derart für eine Frau selbst aufgeben ist sie es nicht wert, glaube mir. Einen Funken Stolz muss jeder in seinem Herzen bewahren, das hält uns am Leben und unterscheidet uns von den Tieren." Stolz war etwas ganz anderes als Glück. Stolz war eine noble und nützliche Eigenschaft und auch wenn die Lupa sonst nicht gerade der Sonnenschein persönlich sein mochte, stolz war Velia alle Mal. Sie hielt ihr Haupt meist einer Königin gleich erhoben. Und wenn schon, dass sie bloß eine ordinäre Straßendirne aus den suburanen Gedärmen der Ewigen Stadt war spielte keine Rolle, dann war sie eben die Königin des Drecks. Auch egal. Sie nahm Kyriakos' Bezahlung entgegen und sah dann auf in seine braunen Augen. "Es ehrt mich, dass du denkst ich wäre eine Heirat wert, meine Antwort hast du ja schon erhalten. Schau wieder mehr auf dich selbst und versuche deinen Stolz wiederzufinden. Vielleicht ändert das etwas in deinem Leben zum besseren. Schau auf dich selbst, ja?" Und zum Abschied gab sie ihm noch einen Kuss, ohne, dass sie jedoch dabei etwas empfand.

  • Von Glück hatte Kyriakos nie gesprochen, sondern vom Glücklichsein. Wie all die Jahre zuvor redeten sie aneinander vorbei. War sein Latein so schlecht oder ihre Gehirne so verschieden? Kyriakos hatte Velias Launen ertragen, ihre Angriffe, doch eines hatte sie bislang nie getan - ihn beleidigt. Velias Worte schnitten tief in seinen Geist. Viel wichtiger noch, sie zerschnitten das Band das zwischen ihnen bestanden hatte. Kyriakos kam aus dem Nichts der Vernichtung. Er hatte sich selbst körperlich und geistig verkauft, sich selbst damit geschändet und dieser Frau die Hand gereicht, um sie durch sein Leid aus dem Dreck zu ziehen. Warum? Weil er es konnte und gerne wollte.


    "Vielleicht habe ich keinen Stolz, aber ich habe etwas Besseres, Velia: Größe."


    Er wischte sich den toten Kuss aus dem Gesicht, kehrte der Lupa den Rücken zu und ging.


    Tanz der Satyren >>

  • Pullus und Lurco machten sich auf den Weg zum Magnum Momentum. Endlich angekommen betraten die beiden Urbaner in voller Montur und der Hand auf dem Schwertgriff das Lupanar. Jedem war somit unmissverständlich klar, dass es sich um eine dienstliche Angelegenheit handelte.


    Mitten im Lupanar blieben sie stehen und schauten sich um.


    "Peregrinus KYRIAKOS, Deine Anwesenheit wird von den Urbaner verlangt", rief Pullus in das Gebäude hinein.


    Sie konnten schlecht jede Tür aufreissen und rammelnde Senatoren stören. Das machte sich schlecht in der Vita der Karriere.

  • << Tanz der Satyrn


    Nach der Nacht mit Serenus hatte Kyriakos einige Stunden seinen Rausch ausgeschlafen. Vom Wein vernebelt waren Serenus und Marsyas in seinen Träumen zu wahrhaftigen Satyrn mutiert, die auf Hufen über die Wiesen rannten, sich balgten, liebten und erneut durch das Gras sprangen, bis das Licht eine Brücke vor ihnen schlug. Gleich goldenem Hauch schwang sie sich hinauf in höhere Sphären. Leichtfüßig sprang Serenus darüber, Funken stoben unter seinen Hufen, als er zurück in den Himmel kehrte, hinauf zu Helios, doch Marsyas trug diese Brücke nicht. Wie sehr er sich mühte, er fand keinen Halt und Serenus stieg höher und höher. Die Rufe von Marsyas hörte er nicht oder ignorierte sie, bis er in der Sonne verschwand. Schweißgebadet war Kyriakos aufgewacht und sofort aufgestanden.


    In den öffentlichen Thermen hatte er sich frisch gemacht, um den Schweiß und den Traum von sich zu waschen, ohne dass Letzteres ihm vollends gelang. Zu real hatte all dies angemutet. In eine weiße Chlamys gehüllt war er hernach zum Magnum Momentum aufgebrochen, um nach Velia zu sehen, ohne sich jedoch bislang dazu durchringen zu können, sie anzusprechen. Stattdessen hatte er draußen gewartet. Was zwischen ihnen noch war oder nicht war, lag in einem unangenehmen Zustand der Schwebe, Klärung wäre angesagt, doch Kyriakos zögerte.


    Da sah er die beiden Urbaner in der Tür des Magnum Momentum verschwinden. So, wie sie einmarschierten, waren das keine Kunden. Besser, er sah nach dem Rechten. Er verließ seinen verborgenen Beobachtungsposten gegenüber des Eingangs. Hinter dem hölzernen Rankengitter hervor, dass einen wackeligen Balkon trug, trat er aus dem Schatten in die Sonne. Ein erneuter Gedankenblitz von Serenus, nicht gut, gar nicht gut war das. Die Straßenseite wechselte er über die steinernen Erhebungen, um nicht in den Unrat treten zu müssen mit seinen nackten Füßen, und folgte den Soldaten ins Innere. Ihn empfing Kühle und der schwere Duft von Parfum und Öl, vermischt mit dem Geruch von frischem Schweiß und Wein. Er merkte, dass er noch immer nicht ganz nüchtern war, zu intensiv war dies alles. Er ließ sich nicht anmerken, wie sehr er erschrak, als der Urbaner seinen Namen rief. Was mochte nun wieder sein?


    »Ich bin hier«, sagte er ruhig. »Wie kann ich euch helfen?«

  • Lurco und Pullus atmen erleichtert auf.


    "Schön Dich wohlbehalten wieder zu sehen. In diesem Fall können wir uns beide helfen Kyriakos. Dieser Ort hat zu viele Ohren. Begleite uns zur Castra. Dort erfährst Du alles nähere und ich hoffe Du kannst uns weiterhelfen", antwortete Lurco umgänglich und machte ein einladendes Handzeichen.


    Pullus und Lurco führten den gebeutelten Kyriakos nach draußen und gingen gemeinsam Richtung Castra. Der Mann war das erste Opfer der Raben gewesen. Jedenfalls das erste Opfer von dem sie nun aufgrund der Schädel den Zusammenhang zu den Raben herstellen konnten.


    Inwieweit Nicon und die Sklavin in den Brandanschlag und Mord verwickelt waren, konnte möglicherweise Kyriakos klären.

  • Da Hairan wusste, dass Kyriakos im Lupanar Magnum Momentum Aufenthalt bezogen hatte, begab er sich dorthin, um ein Schreiben abzugeben.
    Er hatte es zweimal versiegelt, aber auch ansonsten wusste er, dass die Lupas abergläubisch waren wie sabinische Großmütter und die Sachen eines Magus nicht anrühren würden. Eine Ausnahme bildeten vielleicht die respektlosen Zwillinge, doch die waren schon länger nicht mehr in der Gegend gesehen worden, genauso wenig wie Nicon oder Satizarbanes.
    Ein Mädchen nahm den Brief so vorsichtig an, als enthielte er eine Fluchtafel und legte ihn auf Kyriakos' Bett:


    Chaire Freund Kyriakos,
    es erfüllt mich mit Befriedigung, dir so schnell gute Nachricht senden zu können.
    Zu Korinth liegt ein zwölfjähriges Mädchen begraben, das gesund und kräftig an Leib und Gliedern, aber unbegreiflich langsam im Denken war. Sie hieß Melanippe, Tochter des Myles, und dieser Myles ist ein spartiatischer Vollbürger, geboren in Sparta.
    Er wird nichts dagegen haben, einem anderen das Glück einer edlen Geburt zu verschaffen, zumal er es niemals wissen wird.
    Und Melanippe, deine amatrix, die mit dir Sparta verließ und die du mit eigenen Händen entbunden und dann begraben hast, weilte bei der Geburt ihres Sohnes schon seit elf Jahren als Schatten im Hades, so dass sie von ihrem späten Kinderglück genauso wenig mitbekommen wird.
    Vor zehn Jahren vernichtete im Tabularium von Megara in der Provinz Achaia ein Feuer einige Urkunden, die das Amt seit jener Zeit versucht hat, von den damals registrierten Bürgern erneut zu kopieren.* Leider war dir von diesem Brand nicht bekannt, daher hast du jetzt erst deine Abschrift mit einem Boten nach Megara senden können.
    Welch Ironie des Schicksals, nicht wahr, nach dem dir ein wütendes Feuer deine Existenz genommen hat, sichert ein anderes Feuer die Existenz deines Sohnes.
    Ich hoffe, es stört nicht, dass Nymphis nun schon zehn Jahre zählt.
    Der Notar möchte tausend Sesterzen für seine Aufwendungen, besonders der Versand der Abschrift der Urkunde nach Megara und die Bestechung des dortigen Notars.

    An den Kalenden des Mai DCCCLX A.U.C.** erschien der spartiatische Vollbürger Kyriakos in den Hallen des Tabularium von Megara, um die Geburt eines Knaben zu melden und ihn als Sohn anzuerkennen:
    Nymphis
    geboren am ANTE DIEM VIII ID APR DCCCLX A.U.C. *** zu Megara, Provinz Achaia
    Vater: Kyriakos von Sparta
    Mutter: Melanippe, Tochter des Myles, spartiatische Vollbürgerin, postpartal verstorben
    .


    Ich hoffe dieser Brief ist Dir ein Licht in der Dunkelheit, denn es liegt in meiner Natur, Ratsuchenden beizustehen, die Tränen der Notleidenden zu trocknen und Siechende von ihren Qualen zu erlösen.

    Hairan Karena von Hyrcania


    Sim-Off:

    *Die Geburt eines Kindes war pätestens nach 30 Tagen den Behörden zu melden. Es wurde eine Urkunde in zweifacher Ausfertigung ausgestellt; eine für das Stadtarchiv, eine für die Familie.
    ** 1.5.107 n. Chr.
    *** 6.4.107 n.Chr.

  • Irgendwo musste man schlafen. Und Kyriakos übernachtete mit Nymphis einstweilen hier, ohne die Dienste einer Lupa in Anspruch zu nehmen. Wie hätte er das tun können? Und so hielt das Lupanar für ihn als bloße Herberge her. Die Huren, die ihn kannten, behandelten ihn dennoch halbwegs gastlich, immerhin zahlte er. So allein, wie er sich im Moment fühlte, war er sehr lange nicht gewesen. Evenor und Nicon waren in dem Gassengewirr verschwunden, um Nicon zu suchen. Sie fürchteten, er sei einem der vielen Morde zum Opfer gefallen und hielten nur nach seiner Leiche Ausschau. Hoffnung, ihn lebend zu finden, hatte keiner. Als Kyriakos von der Caupona mit dem Essen zurückkehrte, lag ein Schreiben auf seinem Bett. Er stellte die beiden Schüsseln auf den winzigen Tisch, um es zur Hand zu nehmen.


    »Was steht da?«, wollte Nymphis wissen.


    Kyriakos las den Brief bis zu Ende. Sein angespannter Gesichtsausdruck lockerte sich, als ein Funken Hoffnung in seinem schwarzen Herzen erglomm. »Der Name deiner Mutter, den ich dir bis heute verschwiegen haben. Sie heißt Melanippe, Tochter des Myles. Du bist geboren in Megara. Zehn Jahre bist du alt, Nymphis. Nicht sieben, ich habe mich verzählt. Nun weißt du, von wem du mütterlicherseits abstammst.«


    »Ich dachte, ich komme aus Sparta«, sagte der Junge halb enttäuscht, halb trotzig. Sein neues Alter war ihm offenbar egal, genau wie der Name der Mutter, an die er sich nicht erinnerte. Aber dass Sparta etwas Gutes war, das wusste er. Sparta war älter und größer als Rom, seine Herrlichkeit unübertroffen und die besten Krieger kamen von dort. Nymphis wollte Sparta sehen und seine Hopliten. Der Rest kümmerte ihn nicht.


    »Der Ort deiner Geburt spielt keine Rolle, auf das Blut kommt es an. Du bist Spartiate, ein Vollbürger von Sparta. Und Freund Hairan hat dafür gesorgt, dass wir es beweisen können. Komm her, Kleiner.« Kyriakos schloss seinen Sohn fest in die Arme. Er hielt den schmalen Kinderkörper und drückte einen Kuss auf die schwarzen Locken, die seinem Haar glichen.


    »Wann kommt Python«, murrte Nymphis.


    »Bald. Und nun iss. Wenn wir gegessen haben, wirst du schlafen und ich werde Hairan seinen verdienten Lohn bringen.«

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