"Ja richtig", bemerkte Lepidus auf seine Schwester, die den Stammbaum sehr gut im Kopf hatte. Er selbst musste immer wieder mal einen Blick darauf werfen, um diese oder jene Konstellation in Erfahrung zu bringen. Bei der Breite des Stammbaums verlor er leider oft den Überblick. "Wer hätte das gedacht? Da sind wir ja sogar irgendwie weit entfernt miteinander verwandt", sprach er zu Dives und lächelte verhalten. Wenn man lange genug suchte, war man wahrscheinlich mit jedem besseren Römer auf irgendeine Art und Weise verwandt. Davon war er fast überzeugt. Man musste nur lange genug suchen, aber wer hatte schon die Zeit dazu? "Leider geht es dem guten Dolabella nicht allzu gut. Er hatte vor einiger Zeit einen recht merkwürdigen Anfall. Seitdem befindet er sich in Süditalia und erholt sich."
Fast hätte der Tiberier schon selbst nachfragen müssen, wer denn eigentlich noch so an bekannten Persönlichkeiten in der Veneta war, aber offensichtlich wusste der Iulier, wie er Lepidus begeistern konnte. Wenn er unter dem Dach einer Factio Kontakt zu dem ein oder anderen einflussreichen Senator kommen konnte, dann würde das seinem bisherigem kläglichen Patrizier-Dasein sicher noch den entsprechenden Schubs in die richtige Richtung geben. "Ah, Aelius Quaro ist also an der Spitze der Veneta. Ich hoffe für dich, dass du schon bald mit ihm in Kontakt treten kannst. Wollen wir hoffen, dass er den Krieg gut überstanden hat. Allerdings wundert es mich, dass der eigene Bruder offensichtlich für Valerianus nicht im Testament bedacht wurde. Was das wohl für Gründe hatte?" Das fragte sich wohl nicht nur der Tiberier allein Lepidus stellte diese Frage aber auch mehr nur so in den Raum, immerhin würden sie dann schon wieder zu sehr ins Politische abgleiten. "Aber du scheinst dich bei der Veneta in sehr guter Gesellschaft zu befinden, wahrlich verlockend." Damit hoffte der Tiberier ausreichend Interesse bekundet zu haben. In seinen Gedanken hatte er auch schon einen Plan gefasst, wie er das mit der Factio bald angehen würde. Er setzte diesen selbstzufriedenen Gesichtsausdruck auf, den Kopf leicht zur Seite geneigt und die Augen seitlich nach oben gewandt, so wie er es wohl stetig tat, wenn er eine gute Idee hatte, die er bald zur Ausführung bringen wollte. Derweil nippte er von seinem Becher.
Derweil konnte er gleich das etwas schönere Thema aufnehmen: die große Frage, die man sich natürlich stellen musste: Wagenrennen oder Gladiatorenkämpfe? Erstaunlich aus Lucias Mund zu hören, dass sie die Wagenrennen interessanter als die Kämpfe fand. Hatten sie ihm als sie noch jünger waren nicht immer von den Gladiatoren vorgeschwärmt? Wie stark und kräftig sie doch waren und wie mutig und heldenhaft sie die Schlachten in der Arena schlugen? Oder verwechselte er das irgendwie? Auf heranwachsende Damen sollen die Gladiatoren ja ohnehin eine sehr anziehende Wirkung haben, auch wenn das Lucia als edle Dame aus gutem Hause vielleicht ungern zugeben würde. Lepidus lächelte sie jedenfalls einfach an, diesmal ohne eine Spitze. Das alberne Geschwister-Necken war ja auch irgendwann einmal genug, wie er sich selbst zügelnd, erkannte. "Ich für meinen Teil bin da sehr stimmungsabhängig. Es gibt Tage, da langweilen mich Wagenrennen einfach nur und ich würde dann lieber einen schönen Tod in der Arena begutachten. Aber ein bisschen Abwechslung schadet ja bekanntlich nie. Wie hältst du es denn mit den Gladiatoren, Dives?" Vielleicht war ja besonders Dives nicht nur ein Liebhaber des fließenden Blutes, sondern darüber hinaus ein großer Fan von großen muskelbepackten verschwitzten Männerkörpern. Wer wusste das schon so genau?