Tablinum | SAL et TDV

  • Schon allein aus praktischen Gründen war Sextus nach der morgendlichen Salutatio direkt im großen und äußerst repräsentablen Tablinum der Villa Aurelia geblieben. Die Zeit zwischen dem letzten der Leute, die den Morgen nutzen wollten, um mit ihm zu reden, angemeldet oder nicht, und ihre obligatorischen zehn Minuten seiner Aufmerksamkeit bekamen, und dem folgenden angekündigten Besuch von Duccius Vala nutzte er mit dem Studium der ein oder anderen Rechtsschrift in Vorbereitung auf den von ihm angestrebten Cursus Iuris. Endlos trocken, wie er befand. Aber nachdem er sich in seinem Leben nicht nur durch sämtliche Schriften über Ackerbau, Astronomie und Astrologie, Botanik, Viehhaltung und in jüngster Zeit auch die ein oder andere über militärische Kriegsführung gequält hatte, war das hier auch nicht trockener als der Rest davon.


    Nachdem er sich also in eine äußerst uninteressante Passage über... Sextus hatte keine Ahnung, worüber genau der Text eigentlich zu debattieren meinte. Im weitesten Sinne Erbrecht. Als er also gerade kurz davor war, zu entscheiden, dass ein vormittägliches Schläfchen unter Umständen nicht die schlechteste Idee des heutigen Tages wäre, wurde dann auch sein Besuch angekündigt.
    Also gab er den Schriftkram einem der beweglichen Inneneinrichtungsgegenstände, erhob sich von seinem bequemen Sitz, ließ sich noch die Falten seiner Toga kurz richten und erwartete dann den Besuch. “Duccius Vala, willkommen in meinem bescheidenen Heim“ grüßte er den Ankömmling freundlich. Auch wenn er nach wie vor nur darüber spekulierte, was Grund des Besuches war. Die wahrscheinlichste wenngleich langweiligste Erklärung war wohl der anstehende Wahlkampf. Allerdings konnte es aufgrund der Dauer ihrer Bekanntschaft auch das ein oder andere abweichende Thema sein.

  • "Aurelius Lupus.", grüßte Vala seinen Verbündeten, wenngleich er nicht umhin kam leichtes Befremden ob der expliziten Erwähnung seines Gentilnomen zu zeigen. Sie kannten sich lange genug, und hatten beileibe genug zusammen durchgemacht um auf derartige Förmlichkeiten eigentlich verzichten zu können, "Bescheidenes Heim schelt dich entweder lügen oder neuerdings mit Humor gesegnet. Wie ich sehe bist du deiner Rüstung entkommen..."

  • “Allerdings“, erwiderte der Aurelier und bot seinem Gast mit einer Handbewegung einen der bequemen Stühle zum Platz an, während er sich selbst ebenfalls auf einem niederließ. Da noch nicht Mittag war, verzichtete er darauf, sein gegenüber ein wenig Brot und moretum anzubieten, allerdings ließ er mit einem Wink einen sklaven mit Wein und Wasser herantreten, so sein gast welchen wollte. “Und sie sogleich im finstersten und hintersten Winkel der Villa verstauen lassen, auf dass sie nie mehr das Tageslicht erblicke.“
    Dass Vala ebenso froh darüber war, die siene abgelegt zu haben, bezweifelte Sextus allerdings doch stark. Während des ganzen Feldzuges hatte er mehr als einmal den eindruck, dass der Duccier die ganze Angelegenheit weit mehr genoss, als es statthaft gewesen wäre. Allerdings hatte der Mann auch eine Entshculdigung: er war Germane. Da erwartete Sextus auch irgendwie nicht viel anderes als ein wenig Affinität zu Blutvergießen und Schlachten.
    “Aber sag, gibt es einen speziellen Anlass, warum du um das Treffen gebeten hast? Du hast doch wohl nicht etwa Sehnsucht nach mir?“ Auch wenn Sextus eigentlich keinen Humor besaß, von dem er wusste, war die Gelegenheit zu so einer Einlage einfach zu gut, als dass er sie nicht genutzt hätte. Man musste keinen Humor besitzen, um einigermaßen überzeugend vorgeben zu können, welchen zu haben.

  • "Natürlich gibt es den.", schmunzelte Vala matt während er sich einen Becher mit Wasser reichen ließ, "Nichts anderes als die schnöde politische Notwendigkeit. Ich bin unter anderem gekommen um unser Vorgehen im Wahlkampf mit dir zu besprechen."

  • Die Wahlen? Lang-wei-lig. Und sehr berechenbar.
    “Wieso unser Vorgehen? Ich stehe nicht zur Wahl. Oder wie meinst du das?“
    Sextus selbst winkte den Sklaven wieder mit einer ganz nebensächlichen Handbewegung weg, ganz so, als würde er eine Fliege verscheuchen. Der Tag war noch jung, er wollte noch keinen Wein. Zumindest nicht mehr al den obligatorischen Becher, den er während der Salutatio getrunken hatte.

  • Das irritierte Vala dann doch, und er kam nicht umhin das auch zu zeigen: "Du siehst mich verwirrt... ich ging bisher davon aus, du könntest es kaum erwarten dich wieder in die Reigen des Politischen zu werfen und würdest parallel mit mir zum Aedilis Curulis kandidieren."

  • Sextus lächelte wissend. “Man kann Politik machen... oder man kann Politik machen. Es gibt Dinge, um die ich mich dringend kümmern muss. Meine Familie sicher zurück nach Rom bringen, meine Cousine endlich wieder verheiraten... Dann werde ich Spiele abhalten, bei denen es wichtig ist, dass sie als Spiele von mir als Privatperson wahrgenommen werden und nicht als die eines Ädilen missverstanden werden. Ich muss das Vermögen meiner Familie wieder ordnen und konsolidieren. Noch ist der genaue Schaden durch Salinator nicht beziffert, vielleicht muss ich hier auch die ein oder andere Klage einreichen. Es würde ein schlechtes Licht auf unseren neuen Kaiser werfen, würde ich als Ädil seine Feinde verklagen, nachdem ich für ihn schon in den Krieg gezogen bin. Dazu noch die ein oder andere Kriegsnachbereitung. Und zu guter Letzt muss ich auch wieder heiraten und da entsprechende Verhandlungen führen, damit ich die Flavier nicht mit meiner neuen Brautwahl letztlich vor den Kopf stoße. Das ist eine Frage, die du für dich im übrigen auch beantworten solltest. Es ist für einen Senator unstandesgemäß, nicht verheiratet zu sein.“
    Kurz zuckte Sextus mit den Schultern und lehnte sich leicht zurück. “Man kann auch ohne Amt Politik betreiben. Auch außerhalb des Senats. Und mich wieder vernünftig zu positionieren geht da erst einmal vor. Das eine Jahr kann ich warten, Ädil zu werden. Meine Familie oder die Spiele oder auch die Hochzeit können das eher nicht.“

  • "Aaaaaaaaaaaaaaaaahso.", antwortete Vala so viel- wie absolut nichtssagend und versteckte seine Gedanken dazu hinter einer unbekümmerten Miene, "Dann halt nur meinen Wahlkampf. Ich wäre um Unterstützung deinerseits nicht undankbar, wie du dir sicherlich denken kannst. Zudem strebe ich auch abseits der Kandidatur gewisse Projekte im Senat an, unter anderem eine Dokumentationspflicht für Magistrate, du erinnerst dich vielleicht daran wie schwer mein Vorgänger Iulius Centho mir die Arbeit als Decimvir Litibus Iudicandis gemacht hat... ich würde anderen dieses Schicksal gerne ersparen. Ebenso würde es zu einer gewissen Transparenz verhelfen, die so Ausfälle wie den Iulius leichter belangbar für seine schlampige Arbeit macht."

  • “Wie könnte ich den vergessen?“ fragte Sextus und verdrehte schon bei der Erinnerung an den Iulier die Augen. “Es ist mir bis heute schleierhaft, wie der danach noch hat Quästor werden können. Seinen Senatorenposten hat er wohl auch nur sehr tiefen Kriecharbeiten in vescularischen Hinterteilen zu verdanken.


    Wenn du den Vorschlag einer vernünftigen Dokumentation der Magistrate einbringst, kannst du dir meiner Unterstützung sicher sein. Es ist schon eher eine Schande als ein Wunder, dass niemand zuvor die Idee gehabt hatte, das vorzuschlagen, was ja bei Ädilatstätigkeiten beispielsweise auch Gang und Gebe ist.“

  • "Anders ist das wohl nicht zu erklären... und es erklärt, warum der Mensch immernoch vom Erdboden verschluckt ist. Er steht jedenfalls immernoch recht weit oben auf der Liste.. vielleicht würde ein Kopfgeld zur Beschleunigung dessen Auffindung beitragen.", dachte Vala laut nach, dem immernoch schleierhaft war warum man die Verfolgung von flüchtigen Vescularianern nicht stärker verfolgte.


    "Genaueres wird dir natürlich eingegeben, sobald es da genaueres gibt...", kam Vala auf das Thema mit der Dokumentationspflicht zurück, "..es müssten halt genaue Regelungen für jedes für die Res Publica maßgebliche Amt festgelegt werden. Das steckt allerdings noch in den Kinderschuhen, denn erst einmal gilt es abzuklopfen ob ein solches Vorhaben überhaupt tendentiell eine Chance hätte... was ich hiermit nun tue. Ein weiteres Vorhaben ist allerdings von dezent weitreichenderer Natur, mein eigentliches Steckenpferd in den nächsten Monaten... die Abschaffung der Schola Atheniensis."

  • Sextus zuckte zur causa Iulii nur mit den Schultern. So wichtig war ihm dieser Einfaltspinsel nun nicht, dass er dafür Privatvermögen ausgeben würde, den Mann zu finden. Sollte er wieder auftauchen, gab es ganz andere Mittel und Wege, ihn zu bekämpfen, und solange er sich wie ein Kaninchen in einem Loch vergrub und fernblieb, war es kein Problem. Ein wichtiges Amt bekleiden oder gar Einfluss geltend machen würde der Iulier ohnehin nicht mehr wieder mit dieser Vergangenheit.


    Die andere Sache war da schon etwas interessanter. Das wie und was einer Dokumentation würde sowieso im Senat erörtert werden müssen. Und zum Teil gab es ja auch bereits Dokumentationen über die Tätigkeiten der Ädile beispielsweise. Und sie beide selbst hatten ihren Nachfolgern bei den Vigintiviri eigentlich auch ein bestelltes Feld hinterlassen. Sofern die nachrückenden Generationen dieses nicht verdorren ließen, war schon ein Anfang geschafft, auf den man aufbauen konnte.
    Die Sache mit der Schola aber war da doch etwas verwunderlich. “Ich wusste nicht, dass du ein Problem mit der Schola hast. Wie kommt es, dass du sie abschaffen möchtest?“

  • "Ich muss kein Problem mit ihr haben, um sie abschaffen zu wollen.", konstatierte Vala lässig, "Die Ressourcen der Res Publica, die sie bindet, könnte man ohne weiteres gerade in Anbetracht der angeschlagenen Staatskasse besser verwenden. Vor allem da es einen funktionierenden Markt an Bildungsmöglichkeiten gibt, der diese Aufgabe ohne weiteres mit weitaus geringerer staatlicher Steuerung übernehmen könnte. Das spart Geld und dürfte letztlich zum gleichen Ergebnis führen... es kümmert sich bisher ohnehin jeder um seine Bildung oder die seiner Kinder, ob sie das nun bei der Schola machen oder bei den privaten Schulen ist dabei für das Endergebnis wenig maßgeblich... doch für die Staatskasse sieht es anders aus."

  • Sextus sparte sich ob des Einstiegskommentars ein Rollen mit den Augen. Wenn Vala den homo novus heraushängen lassen wollte, dann sollte er. Mit der Rückkehr in heimische Gefilde hatte Sextus sich vorgenommen, vermehrt die Werte der Stoa wieder zu leben und sich nicht von solchen Kleinigkeiten ablenken zu lassen. Auch nicht von nervigen Kleinigkeiten.
    “Die Kurse der Schola finanzieren sich aus den Kursgebühren der Teilnehmer. Aus diesen erhobenen Gebühren wird das Entgelt für die Lehrer bezahlt und...“
    Ein Klopfen und Hämmern drang zwar leise, aber doch störend von Seiten des hinteren Gartens heran und unterbrachen kurz Sextus Konzentration. Das hatte er vollständig vergessen. Er winkte kurz eines der beweglichen Hausintarsien herbei und flüsterte ihm leise den Befehl zu, dass die da draußen mit ihrem Krach gefälligst noch warten sollten, bis er das Haus verlassen hatte.
    Der Sklave dackelte ab, und Sextus wandte sich wieder dem Gast zu. “Entschuldige, ich lasse gerade Umbaumaßnahmen am Haus durchführen. Du benötigst nicht zufällig ein bis zwei Pferde oder trägst dich mit dem Gedanken, auch ohne zwingenden Grund welche zu kaufen?“ Warum auch immer jemand mitten in einer Stadt, in der man nicht reiten durfte und in der nur der Flamen Dialis, seine Frau und die Virgo Maxima einen Wagen tagsüber fahren durften, Pferde haben wollte. Eine Tatsache mehr, weswegen Sextus den Abriss dieses elenden Pferdestalles im hinteren Bereich der Villa angeordnet hatte. Abgesehen davon, dass das Gebäude beständig nach Mist stank, was bis in den Garten herüberwehte. Im Sommer noch mehr als im Winter.


    Das Hämmern hörte auf, und Sextus war zufrieden. “Wo waren wir? Achja, Schola. Wie schon gesagt, finanzieren sich die Kurse selber, mitsamt der Kosten für fremde Lehrer über die Kursgebühren. Die Ämter an der Schola sind ehrenamtlich und damit selbstverständlich unbezahlt. Was bleibt, sind die Kosten für die Instandhaltung des Gebäudes, der Sklaven und und der Verwaltung. Das Gebäude wird wohl kaum abgerissen werden. Allein die Bibliothek mit ihren Abschriften wird wohl weder umverlegt noch gar vernichtet werden.“ Kaiser sammelten seit jeher Bücher und Schriftrollen. Nicht umsonst war die Bibliotheke des Museions Alexandria beispielsweise im Privatbesitz des Kaisers. “Und wohl auch nicht verkauft. Die Sklaven sind schon gekauft und müssen versorgt werden, ebenso müssen sie sich um die besagten Schriftrollen und das Gebäude so oder so kümmern. Auch hier sehe ich keine Einnahmen für den Staat. Und die Verwaltung wird soweit ich weiß von den ehrenamtlichen Trägern gestellt.


    Von daher ist dies wohl eher ein Verlust für die Staatskasse, da Einnahmen aus Kursgebühren wegfallen, während Fixkosten bleiben, die, wenngleich höher als die Einnahmen, nicht vermieden werden können, durch die Einnahmen aber gemindert werden.
    Und wenn ich dies sehe, wird es ein Senator Germanicus Avarus, der in der Vergangenheit einer der größten Verfechter der Rechte und Privilegien der Schola war, es erst recht sehen.


    Von daher bräuchte ich schon einen...“ etwas weniger fadenscheinigen “greifbareren Grund, warum ich unterstützen sollte, etwas abzuschaffen, was mein Vetter vor dem Krieg noch durch seine Arbeit selbst mitgeführt und gefördert hat.“
    Vala hielt sich bei seinen Ausführungen so knapp, und dazu waren diese noch in Sextus Augen so wirr, so dass er eine Sorge um den Staatshaushalt an der Stelle sicherlich nicht glauben mochte. Wenngleich ihm kein Grund einfiel, warum Vala ihm bei dieser Sache anlügen sollte.

  • Als der Aurelier ins Reden kam, hörte Vala ihm eine ganze Weile schweigend zu, weil der Respekt das gebot. Die Frage nach dem Pferd verneinte er einfach stumm den Kopf schüttelnd um sich weiterhin dem preiszugeben was der Aurelier da offensichtlich für eine Meinung mit Fundament hielt und es Vala immer schwerer machte nicht allzu deutlich zu machen was er von dem Gerede hielt. Als Lupus schließlich geendet hatte, kam Vala dann allerdings doch nicht umhin ihm einen langen Blick zu schenken der ziemlich deutlich machte was er von dem gerade gesagten dachte.
    "Danke für diese umfassende Aufklärung über deinen Stand des Wissens.", nahm er schließlich wieder das Wort an sich ohne allzu belehrend zu klingen, "Allerdings habe ich meine Hausaufgaben vor einem derartigen Projekt gemacht, und ich kann dir sagen: nee, stimmt nicht. Die finanzielle Ausstattung der Schola basierte vor allem aus einem Geschäftsprinzip des ehemaligen Rectors der Schola, Medicus Germanicus Avarus, das mit vielen Dingen zu tun hatte, nur nicht mit dem eigentlichen Sinn der Schola Atheniensis. Überteuerte Angebote auf den Markt stellen und diese als Spende zu deklarieren ist eine sehr eigenwillige Strategie um den von dir deklarierten Ausgleich zu erzielen und wurde nicht umsonst in der Folge abgeschafft, da sie mit dem eigentlichen Sinn und Zweck der Schola kaum zu vereinbaren waren. Lässt man also diese sinnfremde Einnahmequelle weg, was derzeit geschieht, ist das, was die Schola am Laufen hält vor allem der Spendenfundus... der oft genug aus dem Umkreis der Res Publica stammt. Und Spenden als reguläre Einnahmequelle anzusehen um dann die selbstständige Finanzierung einer Institution zu propagieren halte ich für gewagt. Ich will damit nicht sagen, dass sie finanziell angeschlagen wäre, das derzeitige Ist der Schola ist groß genug... aber zu behaupten, sie würde keine Ressourcen der Res Publica binden ist eine sehr, sehr positive Auslegung der Sachlage."
    Vala ließ die Worte wirken und verkniff sich jegliche Erwartungshaltung... sowie die nonverbale Kommunikation dieser, und kam nach einem Schluck Wasser zum nächsten Punkt: ""Darüber hinaus ist der Punkt des Sinn und Zwecks ein weiterer, der zu dem Entschluss geführt hat das Ende der Schola als Bildungsinstitution der Res Publica herbeizuführen. Sie hatte lange genug Bestand, aber noch länger hatte die Res Publica ohne sie bestand, und trotzdem Rom zur Urbs gemacht die heute die Welt beherrscht... mit entsprechendem Personal. Kurzum: Genausowenig wie es Sinn und Zweck der Schola Atheniensis ist, in die Wirtschaft durch eigene Warenangebote einzugreifen, ist es auch nicht Sinn und Zweck der Res Publica in die Bildung seiner Bürger und Bewohner durch die Schola einzugreifen. Es gibt traditionell einen freien Bildungsmarkt der jahrhundertelang potente und fähige Römer zu den größten Staatsmännern ihrer Zeit mit einem ebenso entsprechend ausgebildeten Sattelpersonal hervorgebracht hat. Die Schola Atheniensis mag zwar eine zeitlang ein nettes Projekt gewesen sein, doch wirklich römisch ist sie nicht. Es wäre daher durchaus opportun durch eine Abschaffung der Schola den traditionellen Bildungsmarkt wieder zu stärken, durch eine Rückführung ihrer Finanzmittel in die Staatskasse zu deren Konsolidierung beizutragen und letztlich personelle Ressourcen freizustellen."

  • Na, das mit dem Überreden üben wir nochmal, dachte sich Sextus nur trocken. Zu Valas Ausführungen fehlte eigentlich nur noch ein passendes 'mach gefälligst, was ich sage, du dummer Trottel', um es zu vervollkommnen. Und dabei war es Vala, der etwas von Sextus wollte, nicht umgekehrt.


    “Das mag so ja richtig sein, dass das Geld, welches die Schola im Moment angehäuft hat, daher stammt. Allerdings ist das für dein Anliegen absolut unerheblich. Wie du selber sagst, wurde der nicht ganz rechtmäßige Teil daran bereits eingestellt, das Vermögen aber ist geblieben. Eines, über das der Staat auch so verfügen kann, ohne die Schola zu schließen. Dafür genügt ein Befehl des Kaisers, oder ein Senatsbeschluss.


    Und auch für die Stärkung des Bildungssystems bedarf es nicht einer gänzlichen Abschaffung der Schola. Da genügt schon eine Abänderung der zugehörigen Lex, um freien Lehrern dieselben Befugnisse zu erteilen wie jenen, die im offiziellen Auftrag der Schola lehren.“ Da Vala ohnehin andauernd vergaß, dass Sextus Haruspex war, unterließ er den Hinweis an der Stelle. In diesen dummen Barbarenschädel war schon die vorigen Male nie hineingegangen, dass ein Haruspex sehr viel studierte und lernte und nicht nur irgendwelches Zeug brabbelte.


    “Und was die Freistellung von Ressourcen angeht... wie bereits gesagt, wird das Gebäude der Schola wohl kaum geräumt und aufgegeben werden, allein der Bibliothek wegen. Die Sklaven dort fegen nun die Räume und pflegen die Schriftrollen, und auch später werden sie die Flure fegen und die Schriftrollen versorgen. Wenn dadurch vielleicht fünf Sklaven zwei Tage häufiger in der Kanzlei auch tätig sein können, macht dies keinen nennenswerten Unterschied.
    Du allerdings sprichst hier von der Abschaffung von ehrenamtlichen und damit unbezahlten Posten. Und verzeih mir, aber günstiger als umsonst geht nicht. Du kannst bei deren Abschaffung nicht mit der Kostenfrage argumentieren. Und wenn dies dein einziges Argument hierzu ist, kann ich dich darin nicht unterstützen.“

  • Das Reden des Aurelius irritierte Vala dann doch zutiefst, auch wenn er tunlichst vermied dies zu zeigen. Während er Lupus so zuhörte, kam er dann allerdings doch nicht umhin sich unter dem einen oder anderen Vorwand umzusehen und nach einer vierten Wand zu suchen... fand sie allerdings nicht, was das Gebaren des Gastgebers umso wunderlicher machte. Natürlich kam Vala der eine oder andere Gedanke, allerdings blieben die besser da wo sie waren und so war alles was Vala hier an Reaktion zeigte eine neutrale Maske, die so etwas wie ehrliches Interesse an den Reaktionen des Aurelius heuchelte.
    "Ist es nicht.", schüttelte Vala bedächtig mit leisem Lächeln den Kopf, "So der Kaiser auf das Vermögen der Schola zugreift, fehlt ihr letztlich die finanzielle Basis die sie laut deinen Ausführungen autark und unabhängig macht. Nur eine Rückkehr zur Geschäftspraxis des Germanicus würde eine Abschöpfung des Vermögens der Schola weniger drastisch für diese machen, aber: da waren wir schon und das wurde vollkommen zurecht als Zweckfremd verworfen."


    Ein weiterer Schluck Wasser gab dem Aurelier die Gelegenheit zu weiteren Ausführungen, die Vala nur mit einem langen Blick quittierte: "Es geht nicht nur um eine Stärkung des Bildungssektors... es geht um eine Stärkung des traditionellen Bildungsgedankens der Urbs, zu welchem die Schola eben nicht gehört. Und der die Schola auch nicht braucht. Die Bildung der Menschen ist Privatsache, und nicht die der Res Publica, und man wird kaum eine Stärkung der traditionellen Bildung durchsetzen können, wenn man weiterhin von Staatsseite aus mit einer zweckfremden Institution dagegenhält. Dementsprechend: die Schola muss weg."


    Der abschließende Teil des Aurelius ließ ihn dann doch hörbar seufzen, auch wenn er sich weiterhin größte Mühe gab nicht das geringste von seinem Inneren in dieser Begegnung nach außen zu kehren: "Und wieder liegst du falsch.. würde die Schola derart gerieren, wären auch die Obligationen bei Inanspruchnahme des Angebots hinfällig, was sie allerdings nicht sind... und du kannst die Ressourcenbeanspruchung nicht einfach wegreden, nur weil sie nicht in dein Konzept passt. Noch einmal: die Schola ist nur wegen der zweckfremden Betriebsamkeit unter Germanicus Avarus und größerer Spenden der Elite der Res Publica wirtschaftlich unabhängig.. was wiederum bedeutet, dass sie eben das nicht ist. Aber das ist auch nur EIN Grund sie abzuschaffen... der vorrangige ist eine Rückkehr zum traditionellen Bildungsverständnis der Urbs und einem größeren Rückzug der Res Publica aus eben demselben. Dass dabei Geldmittel freiwerden, die zur Konsolidierung der angeschlagenen Staatskasse beitragen können... mei.. wer will da nein sagen?"

  • “Ich habe nie behauptet, die Schola wäre autark und unabhängig. Alles, was ich gesagt habe, und was du geflissentlich ignoriert hast, ist, dass sie ihre Kosten durch ihre Einnahmen senkt. Natürlich verursacht sie Kosten, wie jedes öffentliche Gebäude Kosten verursacht. Und natürlich werden öffentliche Kosten auch vom Staat getragen.
    Und darin liegt auch der größte Mangel deiner Argumentation: Das Gebäude, die Räume, die Sklaven, all jene gehören dem Staat bereits. All sie generieren Kosten. Ob dieses Gebäude nun für die Schola genutzt wird oder zu einem anderen Zweck. Diese Kosten verschwinden nicht. Das Gebäude wird selbst durch eine Abschaffung der Schola sich nicht in Luft auflösen. Und der Staat wird kein öffentliches Gebäude verkaufen. Auch nicht seine Sklaven. Und allein aufgrund der Größe der Bibliothek wird diese in diesem Gebäude bleiben. Und selbstverständlich auch nicht veräußert werden. Auch die Sklaven, die sich um die Schriftrollen kümmern, werden genau dort bleiben und weiterhin dieselbe Arbeit machen.
    Oder was hast du gedacht, was durch eine Schließung der Schola mit dem Gebäude, den Schriftrollen und den Sklaven dort passieren würde?“
    Bislang war Vala um diese Frage ja herumgetanzt wie eine Katze um den heißen Brei.


    “Und an deiner Stelle, als Mann mit peregrinen Vorfahren, wäre ich zumindest in der Senatsrede vorsichtig, zu konstatieren, was römisch ist und was nicht. Dieses Argument könnte sehr leicht auf dich zurückgeworfen werden.“
    Und ja, Sextus ließ sich das von einem Halbbarbaren mit nicht dem mindesten Verständnis für die Zusammenhänge von Staat und Religion da auch nicht gerne implizit vorwerfen, nicht römisch zu sein, nur weil er nicht die Meinung teilte, die Schola müsse zwangsweise abgeschafft werden, um Kosten für den Staat zu sparen.

  • Mit jedem 'Argument' des Aureliers bekam Vala immer mehr den Eindruck, dass hier weitaus mehr im Argen lag als die Argumentation seines Gastgebers. Dass es hier kaum mehr um die Sache ging war relativ schnell deutlich geworden, als Lupus sich beharrlich weigerte sein fehlendes Sachwissen einzugestehen und das von Vala als solches anzunehmen... infolgedessen wurde die Sache immer abstruser und das Gespräch entwickelte sich zur Farce.


    "Noch einmal: die Kosten verschwinden, denn die Schola ist nicht nur ein reiner Instandhaltungsposten, sondern auch mit Salären für die Lehrenden verbunden.", machte Vala deutlich, ohne sich die Mühe zu machen explizit die Schwachstellen seines Gegenübers zu identifizieren, denn er wusste mittlerweile nur allzu gut was dann geschehen würde. "Und dem Reformkonzept liegt durchaus die Beibehaltung einer öffentlichen Bibliothek zugrunde, in welchem die von dir erwähnten Werke aufbewahrt werden. Nichtsdestotrotz nimmt diese einen Bruchteil des Gebäudekomplexes der Schola ein... und wenn man es genau nimmt: deiner Ausführung zufolge kann die Res Publica nahezu jede Kosteneinsparung vergessen, weil offensichtlich überall gewisse Aufwendungen explizit mit inbegriffen sind. Und auch wenn du es noch so laut beschreist... das ist einer der Vorteile der Reform, da kannst du dich winden und wenden soviel du willst. Ein weiterer ist die Stärkung des traditionellen Bildungswesens... und das sollte ein Römer einsehen können, auch ohne dass ein Mann mit peregrinen Vorfahren ihm das vorhalten muss."


    Irgendwie konnte Vala dem ganzen, so unsinnig diese Unterhaltung offensichtlich war, einen gewissen Humor nicht absprechen, und seine Mundwinkel wanderten in der Folge leicht nach oben. Dass es letztlich nur Zeitverschwendung war, der er sich hier hingab, konnte er zumindest damit begegnen, dass er den Aurelier und seine recht eigenwillige Wahrnehmung mit einer gewissen Belustigung begegnete.

  • “... die dann einen Lohn erhalten, wenn sie unterrichten, wofür die Schüler wiederum Gebühren zahlen, die die Aufwendungen für den jeweiligen Lehrer im Allgemeinen übersteigen, wodurch die Schola hier mehr einnimmt, als sie an dieser Stelle ausgibt...“ wiederholte Sextus schon das, was er schon zuvor in den Holzkopf vor ihn hineinzubringen versuchte, im Bezug auf die erste Bemerkung seines Gegenübers.


    Allerdings empfand Sextus das Gespräch mittlerweile nicht mehr als nutzbringend, sondern lediglich als anstrengend – und das war die nette Umschreibung. “Bist du hergekommen, um mich um Hilfe zu bitten, oder um mich zu beleidigen? So langsam solltest du dich entscheiden“, merkte er reichlich trocken und emotionsfrei an. Wenn Vala im Senat ähnlich zu argumentieren gedachte, musste sich Sextus über die ganze Angelegenheit ohnehin keine Gedanken machen, da die Senatoren schon allein deshalb gegen ihn stimmen würden, weil sie ihn nicht leiden mochten, unabhängig vom Inhalt seiner Vorschläge. Als ob die Tatsache, dass er ein homo novus war, nicht ausreichen würde. Immer so vom Ehrgeiz zerfressen, dass sie nicht einmal das Ziel wirklich erkennen können, weil sie so auf den Weg fixiert sind...
    Wenn Germanicus Avarus nicht mit einem Mal im Senat einschlafen würde beim Thema Schola, würde Vala ihm so direkt ins Messer laufen. Und Sextus hatte nach dieser 'Diskussion' mehr Gründe, dabei zu applaudieren, als etwas dagegen zu unternehmen.

  • "Das... mit Verlaub... ist Quatsch. Zum überwiegenden Teil besteht das Klientel der Schola aus Bürgern. Die zahlen für den Cursus Res Vulgaribus nicht einen Dupondius... und für die Cursu Continui nur ein einziges Mal etwas. Germanicus Avarus hat die Betriebe nicht umsonst eingeführt, die dank der Steuerfreiheit und der überteuerten Verkäufe die Finanzen der Schola sanierten... weil die Schola es mit ihrem eigentlichen Angebot nicht konnte."
    Was für ein Theater! In welchem Vala hier auch saß, es war das falsche, was sein verständnisloser Blick auch ziemlich deutlich machte. Als der Aurelius sich dann auch noch beleidigt gab, wurde umso missverständlicher klar gemacht, dass es hier nicht mehr um eine Sache ging, sondern um's Recht behalten.. und das war Vala definitiv nicht wichtig genug, als dass er mit dieser Diskussion noch Zeit und Energie verschwenden wollte.
    "Solltest du das als Beleidigung aufgefasst haben, ist das bedauerlich. Ebenso bedauerlich ist, dass ich dich offensichtlich nicht für die Sache gewinnen kann.", womit er die Sache de facto für beendet erklärte. Für ein Fegefeuer der Eitelkeiten war er nicht zu haben.

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