Cubiculum | Caius Flavius Scato

  • Inzwischen war einige Zeit vergangen. Ich hatte es zumindest wieder in Scatos Cubiculum zurück geschafft. Auch mein Äußeres sah nun wieder gepflegt aus, wenn man einmal von meiner leicht wild anmutenden Haarmähne absah, die Scato scheinbar so zu gefallen schien. In mir drinnen aber herrschte noch immer die gleiche Verlorenheit, die mich zu Morrigan getrieben hatte, um ihr zu sagen, dass es keine Zukunft mehr gab für uns. Niemand hier in der Villa wusste davon, wie ich mich fühlte. Denn darüber sprach ich nicht. Wahrscheinlich interessierte es auch niemand. Also behielt ich es für mich und daher nagte es an mir und würde mich eines Tages von Inneren heraus ganz aufgefressen haben.


    Bevor ich in Scatos Cubiculum eingetreten war, hatte ich, wie üblich, seine Post abgeholt. Dabei war mir gleich eine Schriftrolle aufgefallen, die schon eine längere Reise hinter sich haben musste. Allerdings dachte ich mir nichts dabei und legte sie, inzwischen im Cubiculum angekommen, dann mit der anderen Post auf Scatos Tisch ab. Danach tat ich das, was ich immer tat – dumm in der Ecke herumstehen, bis ich wieder gebraucht wurde. Immer, wenn ich dort stand begannen meine Gedanken wieder um das Erlebte zu kreisen und auch das, was ich erst kürzlich bei meinem Besuch bei Morrigan erlebt hatte. Aber ich sann auch über den Flavier nach. Eines war mir nämlich an Scato in der letzten Zeit aufgefallen. Er war nicht mehr wie sonst. Irgendetwas beschäftigte, nein bedrückte ihn. Er verließ sogar kaum noch das Haus und mied das Zusammentreffen mit anderen Leuten. Anfangs dachte ich noch, es läge an mir und meiner Unfähigkeit, ihn zu beschützen. Für ein zartes Gemüt wie ihn war das doch schon eine ziemlich harte Sache gewesen. Entführt und mit dem Tode bedroht zu werden. Das steckte nicht jeder so leicht weg. Und schon gar nicht, wenn der eigene Leibwächter einem dann auch noch im Stich ließ, weil er was Besseres zu tun hatte. Allerdings konnte es auch an dieser Frau liegen, die er sich vor der Nase hatte wegschnappen lassen. Aber dass er es so schwer nahm, hätte ich nicht geglaubt.


    Ich registrierte ihn erst wieder, als er nach der Schriftrolle gegriffen hatte, die mir zuvor schon aufgefallen war. Offenbar löste sie bei ihm so etwas wie Freude aus. Und ehe ich mich versah, hielt er sie mir vor die Nase und verlangte von mir, den Brief laut und deutlich vorzulesen.
    Auch das noch, dachte ich. Inzwischen klappte es ja ganz gut mit dem Vorlesen. Jedenfalls wenn die Schrift nicht zu krakelig war und keine schwierigen Wörter oder Namen meine Zeilen kreuzten.
    Ich nahm also die Rolle, brach das Siegel und öffnete die Rolle. Nach einem kurzen Räusperer konnte es los gehen:
    „Manius Claudius.Maecenas“ Wer war das denn? Musste man den kennen? „Villa rustica Claudiana Eleusis Achaia Ad Caius Flavius Scato Villa Flavia Felix Roma Italia Salve Caius, mein geschätzter Freund!” ,las ich ohne Punkt und Komma weiter. Aha, ein Freund also! Aus Achaia, wo immer das auch liegen mochte. Kurz sah ich zu ihm auf, um seine Reaktion zu sehen. Dann las ich weiter.
    „Wie lange ist es her, seit wir zuletzt voneinander gehört haben? Ich für meinen Teil denke gerne an die schöne Zeit unserer gemeinsamen Studien in Athen zurück. Im Nachhinein übertreibe ich sicherlich nicht, wenn ich behaupte, diese Zeit war die schönste, in meinem bisherigen Leben. Tagsüber widmeten wir uns den Schriften der Philosophen und abends und abends dem Wein, Weib und Gesang.“ Sieh an sieh an! Weib Wein und Gesang! So hatte ich ihn gar nicht eingeschätzt.
    Nun begann ich doch etwas langsamer und vor allen Dingen betonter zu lesen. Schließlich war das ja scheinbar doch ein ganz „netter“ und vor allen Dingen ein interessanter Brief, der dieser Maecenas geschrieben hatte.
    „Letztendlich aber müssen wir in die Zukunft schauen. Wie mir zu Ohren gekommen ist, hast du bereits erfolgreich begonnen, den Cursus Honorum zu beschreiten. Ich indes werde aber wohl meine Karrierepläne in Rom vorerst hinten anstellen müssen. Unglücklicherweise haben die Götter meinen Vater vor einigen Monaten ganz unerwartet zu sich genommen. Auf einen Schlag war es vorbei, mit dem süßen Lotterleben. Seitdem lastet nun die Aufgabe auf meinen Schultern, mich um unsere Ländereien und unser Anwesen in Athen zu kümmern.“ Oha, es war jemand gestorben. Mein Beileid! Nun, wie ich diesen Maecenas so einschätzte, war er all die Jahre vorrangig mal „Sohn“ gewesen. Und jetzt, da Papi tot war, ging ihm der Arsch auf Grundeis. Willkommen im Leben, konnte ich ihm da nur zurufen!
    „Dennoch gibt es auch Gutes zu berichten. Stell dir vor, in wenigen Monaten schon werde ich endlich in den Hafen der Ehe einlaufen! Meine Zukünftige, Sempronia, entstammt einem traditionsbewussten Zweig der Gens, die sich bereits vor zwei Generationen in Athen niedergelassen hat. Ihre Mutter ist…. oh, das "ist" ist durchgestrichen! …war um drei oder vier Ecken mit dem verblichenen Prinzeps verwandt! Mit ihr habe ich einen wahren Glücksgriff gemacht. Erinnerst du dich noch an die üppige Statue der Aphrodite im Park nahe der Agora? Dann kannst du dir auch ungefähr das Aussehen meiner Braut vorstellen. Noch vor der Olivenernte wollen wir uns das Jawort geben. Wie du siehst bin ich schon voll in meiner neuen Rolle als „Bauer“ aufgegangen.“ Soso, eine Frau hatte er auch schon, naja fast. Die Umschreibung ihrer Kurven trieb mir dann doch ein Grinsen ins Gesicht. Ich kannte zwar diese Statue nicht, konnte mir aber lebhaft vorstellen, wie sie ausschaute.
    „Wie steht es mit dir, guter Freund? Bist du schon in festen Händen? Einem so ansehnlichen jungen Mann, der mit deinen Qualitäten ausstaffiert ist, laufen die Frauen Roms sicherlich scharenweise hinterher.“ Ja sicher! Schön wär´s.
    „Für meine Schwester wird es nun auch langsam Zeit, sich zu binden. Auf dem Totenbett meines Vaters habe ich versprochen, einen geeigneten Gatten aus einem traditionsgebunden und standesgemäßen Haus für sie zu finden.“ Aha, eine Schwester gab es also auch noch!
    „Du erinnerst dich doch sicher noch an meine Schwester Agrippina? Jenes kleine nervige Gör, das uns ständig beim Lernen störte und dich jedes Mal angehimmelt hat, wenn du uns besucht hast. Inzwischen ist aus dem hässlichen… also äh, das war jetzt auch durchgestrichen… das "hässlich" meine ich. ….Entlein ein schöner prächtiger Schwan geworden. Süße sechzehn ist sie nun, also in einem perfekten Alter, endlich vermählt zu werden. Unsere Stiefmutter, der es selbst all die Jahre verwehrt geblieben ist, eigene Kinder zu gebären, war und ist uns eine aufopferungsvolle Mutter. Unter ihren Fittichen hat sich Agrippina zu einer gebildeten, tugendhaften und sittsamen Frau entwickelt. Du würdest sie kaum wiedererkennen.“ Wie hieß die kleine Kröte? Agrippina? Das klang wie eine gefährliche ansteckende Krankheit Auf jeden Fall wollte er sie an den Mann bringen, das war klar.
    „In Kürze schon werde ich sie, in Begleitung eines Klienten meines Vaters, zu unseren Verwandten nach Rom senden. Leider kann ich sie nicht selbst begleiten, da mir die Arbeit hier über den Kopf wächst. Solange ich keinen fähigen Verwalter für die Latifundien gefunden habe, wird sich daran so schnell auch nichts ändern. Maevius Tullinus, eben jener Klient, wird sich in meinem Auftrag nach einer guten Partie für sie umsehen und mich auf dem Laufenden halten.“ Ach du liebes bisschen, uns blieb auch nichts erspart!
    „Da sie in Rom niemanden kennt und ihr selbst die dortigen Familienmitglieder fremd sind, möchte ich dich bitten, hin und wieder ein Auge auf sie zu haben. In einer Zeit, da die Rechte unseres Standes immer weiter beschnitten werden, müssen wir Patrizier zusammenstehen und uns gegenseitig unterstützen. Außerdem wird sich Agrippina wahnsinnig freuen, dich wiederzusehen. Sie ist eh schon ganz aus dem Häuschen, endlich nach Rom reisen zu dürfen. Nun, du weißt ja, wie Frauen so sind...“ Aber es sollte noch schlimmer kommen, wie es schien. Wetten, zum Schluss konnte ich mich noch mit der kleinen Kröte herumärgern! Sechzehnjährige waren nicht zu unterschätzen! Erst recht nicht wenn sie römische Patrizierinnen waren.
    „In diesem Sinne würde ich mich freuen, bald von dir zu hören. Vielleicht schaffe ich es auch irgendwann einmal nach Rom. Dann können wir gemeinsam in den Erinnerungen guter alter Zeiten schwelgen. Mögen die Unsterblichen dich stets begleiten! Herzlichst Manius Claudius Maecenas.“ Wenn das keine Neuigkeiten waren!

  • Ein Lächeln huschte über Scatos Lippen, immerhin war der Brief nur so mit Anekdoten gefüllt, und Scato erinnerte sich gerne an die alten Zeiten des Studiums, als die Welt noch eine einfachere für ihn war, und er mit seinem alten Freund die Vergnügungsviertel Athens unsicher machen konnte.
    Es ging aber um Agrippina, jenes junge Ding an welches er sich noch erinnerte, damals war sie ein junges Mädchen gewesen, nichts was ihn wirklich interessiert hätte, aber jetzt?
    Es wäre töricht nach Prisca solch eine Chance nicht zumindest zu erwägen, immerhin wird es bald Zeit, und eine Ehe hilft immer bei der politischen Karriere, gerade mit den Claudiern, er würde es in Erwägung ziehen, sie treffen, sich um sie kümmern, alleine schon um der alten Freundschaft willen..
    "Interessant, interessant..", befand Scato und fasste sich ans Kinn, bevor er sich zu Angus umwandte..
    "Ich sollte ihm umgehend antworten.", sagte Scato nun wieder mit etwas Elan, und griff sich eine Schriftrolle..


    Ad Manius Claudius Maecenas
    Villa rustica Claudiana
    Eleusis - Achaia


    Mein lieber Freund,


    wie sehr habe ich mich über deinen Brief gefreut, und muss mich gleichzeitig entschuldigen, auch ich hätte dir aus Rom schreiben sollen, doch die Ereignisse in der Hauptstadt ließen leider wenig Spielraum für etwaige Vergnügen.
    Es freut mich dass du eine geeignete Braut gefunden hast, ich bin mir sicher dass sie ein richtiger Segen für dich ist, und bedauere dass ich es nicht zur Vermählung schaffen werde, dennoch wünsche ich euch beiden den Segen der Götter, auf dass eure Ehe viele Kinder bringt mein Freund!


    Nun zu deinem Anliegen: Genre kümmere ich mich um deine Schwester während sie in Rom weilt, fühle mich jedoch verpflichtet dir mitzuteilen dass ich ebenfalls noch nicht vermählt bin, und die Gesellschaft in Roma durchaus viel in diesen Umstand hineininterpretieren könnte.
    Aber wir lassen die Gesellschaft Gesellschaft sein, und ich freue mich auf Agrippina, deinen Worten zufolge ist sie ja eine richtige Blume geworden.


    Du kannst deinem Klienten, oder deiner Schwester nur allzu gerne mitteilen dass sie in der Villa Flavia Felix vorstellig werden sollen, sobald sie in Rom angekommen sind. Ich werde mich mit Freuden um sie kümmern, und freue mich auf ein Wiedersehen nach all der Zeit.


    Dennoch, du solltest uns in Rom besuchen, oder meinen Landsitz in Pyrgi, ich freue mich auf ein Wiedersehen, oder zumindest darauf erneut von dir zu hören werter Freund!


    Mögen die Götter dich und die deinen stets beschützen!


    Caius Flavius Scato


    Bedächtig rollte Scato die Schrift zusammen, und reckte seinen Arm Angus entgegen, "Sorge dafür dass diese Schrift umgehend versandt wird.", sagte er knapp und wandte sich wieder dem Fenster zu.. Das würde interessant werden.

  • Nachdem ich zu Ende gelesen hatte, rollte ich den Brief vorsichtig wieder zusammen. Dann sah ich zu dem Flavier hinüber. Er hatte doch tatsächlich ein Lächeln aufbringen können. Eine Tatsache, die recht selten geworden war. Der Brief seines Freundes hatte ihn zumindest zeitweise aus seinem Loch geholt und lockerte nun seine getrübte Stimmung etwas auf.
    Gleich darauf begann er eine Antwort zu verfassen. Zwar hatte ich keinen blassen Schimmer, was er schrieb, doch konnte ich es mir halbwegs zusammenreimen. Natürlich würde er sich um die Kleine kümmern, die hoffentlich nicht wirklich so hässlich war, wie man zunächst an Hand des Briefes vermuten konnte. Vielleicht half ihm das dann auch, über diese andere Frau hinwegzukommen.
    Scato, du Glücklicher! Für dich hält das Leben noch so Manches bereit, dachte ich bei mir. Nein, ich war nicht neidisch! Wieso hätte ich neidisch sein sollen? Ich kannte das Mädchen ja noch gar nicht. Am Ende war sie schlimmer, als die Pest!
    Den Brief zu schreiben, ging dem Flavier recht fix von der Hand. Er rollte den Papyrus zusammen und streckte mir die Rolle entgegen. Ich nahm sie und sagte brav: „Ja, Dominus“. Dann verschwand ich mit eiligen Schritten. Vielleicht ging der Brief ja heute noch raus...

  • Scato befand sich gerade in seinem Zimmer als ein Sklave die Kunde von den Wahlergebnissen vorbeibrachte.
    Der Flavier, vorher mit sorgenvollem Gesicht unterwegs, nervös und unruhig wurde schlagartig anders.
    Es war ein Erdrutschsieg. Es gab kein anderes Wort dafür. Erdrutschsieg.
    Er war sich unschlüssig warum das Volk scheinbar etwas auf ihm hielt, und er hatte in einem kurzem Moment eine Sympathie für die gesichtslose Masse, jedoch ging es in diesem Augenblick hauptsächlich um ihn.


    Der einst gescholtene, verbitterte und kaltherzige Scato hob nun sein Kinn. Er streckte die Brust und ging beschwingt. Er nunmehr elanvoll, ehrgeizig, und naja, immer noch ziemlich kaltherzig.
    Auch wenn er dem Trinken seit seiner weinlastigen Zeit abgeschworen hatte gönnte er sich einen Becher, schließlich gab es durchaus was zu feiern.

  • Der Sklave führte mich zum Cubiculum des Flavius Scato. Nicht wissend, ob es auch die Aufgabe des Sklaven sein würde mich vorzustellen - denn immerhin hatte jener ja nach seinem Namen gar nicht gefragt und nur vom Ianitor übernommen - so übernahm ich dann lieber gleich selbst das Wort. "Salve Caius Flavius Scato", grüßte ich und versuchte dabei bestimmend und selbstbewusst zu klingen. Sowas würde man doch sicherlich von einem zuverlässigen Angestellten erwarten. Nur nicht übetreiben, denn bei alle dem musste ich ja noch wie ein Untergebener wirken, der wusste, wo sein Platz war. Da mochten dann Schmeicheleien das Bild auch ins rechte Licht blicken. "Ich bin Quintus Marcius Rex, der Mann, dem du so freundlich auf sein Inserat geantwortet hast. Es ist mir eine überaus große Ehre, heute in deinem Haus zu Gast sein zu dürfen und die Chance von dir zu erhalten, mich vorzustellen und mich für einen entsprechenden Posten als dein untergebener Scriba beweisen zu können". Hoffenlich war mir der Einstieg einigermaßen gelungen. Man wusste ja: der erste Eindruck und besonders die ersten Worte konnte entscheiden, wie man sich gegenüber jemandem verhielt und welche Meinung man von jemandem hatte. Korrekturen ließen sich später nur sehr mühsam vollziehen.

  • Scato saß an seinem Tisch und studierte einige Unterlagen welche er vor seinem Amtsantritt gerne alle verinnerlicht haben wollte als plötzlich dieser Mann in seinem Raum stand.
    Erst einmal starrte ihn Scaro nur mit seinem kalten Blick an, und es dauerte eine Weile bis es ihm dämmerte dass er es war der ihm geschrieben hatte.
    "Ahja. Setz dich." sagte er knapp und löste seinen Blick wieder von dem Marcius auf seine Unterlagen. Einige Momente verharrte er auf eben jenen, bis er die Seite zu Ende gelesen hatte und wieder aufblickte.
    "Nun, was sind deine Qualifikationen?" fragte er wieder knapp nach während ein Sklave ungefragt zwei Becher mit verdünntem Wein auf den Tisch stellte.

  • Der Patrizier war offensichtlich schon sehr mit der Arbeit beschäftigt, kein Wunder, hatte er doch gerade ein wichtiges Amt erhalten, worin er sich sicher erst einmal einarbeiten musste. Allerdings verwirrte mich sein etwas nichtssagender Blick. Es sah ganz so aus, als könne er sich gar nicht mehr recht an mich erinnern. Ohje, dachte ich, vielleicht hatte er schon längt jemand anderen gefunden. Wer wusste schon wie viele er noch zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hatte? Es war wohl ein bisschen naiv von mir anzunehmen, dass ich hier der Einzige wäre, der einen solch begehrten Posten wollte. Ich bemühte mich zusammenzunehmen und einfach gerade heraus seine Fragen zu beantworten. "Nun..." begann ich dann leider doch etwas zögerlich. "Ich habe erfolgreich die Elementar- und Grammtikschule besucht" Dass meine Familie dann doch nie das Geld übrig hatte, mich letztlich noch auf eine Rhetorikschule zu schicken, musste ich wohl nicht extra erwähnen. Meine Familie gehörte schon lange nicht mehr zu jener Nobilitas, die sich das leisten konnte. "Meine Fähigkeiten in Lesen, Schrift und Ausdruck, aber auch im Rechnen konnte ich aber auch im Rahmen meiner bisherigen Tätigkeiten weiter trainieren und ausbauen. Beispielsweise habe ich in einem Fischereibetrieb in Ostia "Zur mageren Makrele" bei Marcus Marius Macer gearbeitet. Später kam ich auch noch beim Architekten Cnaeus Cocceius Casca unter, dessen Korrespondenzen ich bearbeitet habe. Leider hatten beide mit finanziellen Schwierigkeiten zu tun, weshalb sie einige Stellen streichen mussten" Daran hatte ich selbst natürlich keinen Anteil. Es war ja nicht seine Schuld, dass Marius Macer faulen Fisch auf die Märkte brachte und sich damit um den Ruf brachte und dass im Zuge des Bürgerkrieges die Aufträge für Cocceius Casca ausgeblieben sind. Aber das wäre zu viel der Geschichte, weshalb ich es unerwähnt ließ. "Abgesehen davon würde ich mich als loyal und pflichtbewusst bezeichnen. Ich würde mich der Arbeit selbstverständlich mit ganzer Kraft widmen und alles dafür tun, dass du mit mir und meinen Leistungen zufrieden bist." So zumindest die Versprechungen. Charakterliche Stärken konnte man ja viele hervorheben, aber ob ich mich denn auch tatsächlich so verhalten würde, das musste man wohl einfach herausfinden.

  • Noch immer starrte Scato nur auf seine Schriftrollen. Er wollte direkt klarmachen wer der Herr im Hause ist, denn von seinen Angestellten würde er absoluten Respekt und Gehorsam erwarten...
    Erst nachdem der Marcier schon einen Moment lang nichts mehr gesagt hatte legte der Flavier seinen Blick auf diesen.
    "Wie steht es um deinen Umgang? Politische Korrespondenzen? Recherche? Ich erwarte das ein Scriba in meiner Gesellschaft kaum auffällt, mich jedoch enorm bei meiner Arbeit unterstützt." hakte Scato skeptisch nach und trank einen Schluck. Die Bezahlung wäre für ihn ja kein Problem, aber er wollte auch kein Geld für unfähige Angestellte ausgeben welche ihn eventuell noch blamieren würden..

  • Man wollte mich hier wohl ganz auf die Probe stellen. Eine Ewigkeit verging, ehe sich der Patrizier bemüßigte mir zu antworten. Ein endloses Zwischenspiel von Gedanken, die hin und her wankten zwischen "Soll ich noch was sagen" und "erstmal still bleiben" entfaltete sich in meinem Kopf. Doch irgendwann durchbrach der Flavier die Stille dann auch selbst und innerlich konnte ich ein bisschen durchatmen in der Hoffnung nichts falsch gemacht zu haben. "Ich denke, ich verfüge über angemessene Umgangsformen und gepflegtes Äußeres, was sich während der Beschäftigung nicht ändern wird. Ich weiß, wann ich mich im Hintergrund halten muss" Letztlich wollte der Patrizier sicher auch die ganzen Lorbeeren allein erhalten für die Arbeit, die ich leisten würde. Das konnte er ihm nicht verübeln, schließlich war er ja der gewählte Magistrat und ich hatte Glück wenn ich überhaupt an seiner Seite arbeiten durfte "Politische Korrespondenz habe ich bisher noch nie getätigt, bin aber zuversichtlich, dass sich dies bewerkstelligen lässt. Recherchearbeiten sind mir sehr lieb. Ich bin neugierig und trage gern Informationen zusammen" Archive wälzen sollte nicht das Problem sein. Nur zu wissen, wo man alles findet, das musste ich mir noch aneignen. "Selbstverständlich werde ich mich mit der Beschaffenheit deines Amtes vertraut machen müssen, wie es wohl jeder Neuling auf einem Felde tun muss, um zu wissen, wo die entsprechenden Informationen zu erhalten sind. Doch ich bin gewillt mich schnell einzuarbeiten, um dann das bestmöglich Ergebnis zu erzielen und dir möglichst baldig von Nutzen sein kann." Fast hätte ich daran gedacht, ihm eine Art Geld-Zurück-Garantie zu geben, sollte ich ihn je enttäuschen, aber das wäre wohl zu viel der Unterwürfigkeit, zumal der Flavier sicher ohnehin genug Geld hatte und ihn diese Garantie nicht im Ansatz reizen würde.

  • Scato widmete sich wieder seinen Schriftstücken, er wollte dem Marcier gar nicht erst das Gefühl geben sich mit Scato auf einer Ebene unterhalten zu können, auf der anderen Seite dachte er jedoch sehr scharf nach und legte sich bereits die Konditionen des Engagements zurecht sie mussten plausibel und angemessen sein, aber vom flavischen Prunk würde er wenig abbekommen..
    "100 Sesterzen die Woche. Zusätzlich stelle ich dir eine Insula in Rom. Du kannst ja schwerlich immer aus Ostia anreisen." unterbreitete Scato sein Angebote und ließ es kurz sacken, "Darüber hinaus erwarte ich absolute Pünktlichkeit. Und Diskretion denn du wirst mir auf Schritt und Tritt folgen wenn ich in Amtsangelegenheiten unterwegs bin. Also?"

  • Was ich auch sagte, der Flavier ließ sich seine Stimmung kaum anmerken. Als wenn ihn meine Worte völlig gleichgültig seien. Er beschäftigte sich lieber mit den Dokumenten als mit dem, was ich zu sagen hatte. So schien es zumindest und deshalb glaubte ich auch auch, dass er mir jeden Augenblick eine Absage erteilen würde. Doch auch hier hatte ich mich getäuscht. Das Verhalten dieser Leute an der Spitze der römischen Hierarchie musste ich mir wohl noch irgendwie erschließen. Denn wie es aussah, hatte ich den Job tatsächlich erhalten. "Das ist sehr großzügig!", sprach ich in Dankbarkeit. 100 Sesterzen waren ein gutes Gehalt und dazu auch noch eine Unterkunft in Rom. Das war mehr als ich verlangen konnte und von daher wagte ich es keinesfalls noch in irgendwelche Verhandlungen zu treten. "Ich bin mir der einmaligen Chance, die ich hier erhalte bewusst und deshalb werde ich alles tun, was du von mir abverlangst. Ich werde dir Folgen und jede Aufgabe bewältigen, die für mich ansteht. Danke Flavius!" Das hatte ich auch wirklich vor! Es war so etwas wie Euphorie, die aus mir sprach. "Hast du schon eine bestimmte Insula im Auge, wo ihr Flavier eure Angestellten für gewöhnlich unterbringt? Ich würde mir ansonsten eine Unterkunft hier auf dem Quirinal nehmen, damit ich jederzeit schnell bei dir vor Ort sein und mit dir gemeinsam den Weg in die Amtsstuben antreten kann" Das hielt er nur für zu logisch. In einem Notfall könnte der Flavier selbst am Abend noch schnell einen Boten zu mir schicken, auf dass ich baldigst zur Verfügung stünde. Man wusste ja nie, was die Amtsgeschäfte erfordern würden und welche Umstände eintraten.

  • "Such dir eine Bleibe. Zu den üblichen Preisen. Ich erwarte jeden Tag absolute Pünktlichkeit also solltest du dir etwas zentrales suchen." gab Scato knapp zurück und erhob sich dann um dieses Gespräch zu beenden, schließlich hatte er noch einiges vor, "Ich gebe dir noch eine Woche um deine Angelegenheiten in Ostia zu regeln. Ich erwarte dich in einer Woche zur hora tertia in meinem Officium." bemerkte der Flavier und geleitete dann seinen neuen Angestellten zur Tür seines Cubiculums..
    "Angus hier führt dich heraus. Ich wünsche dir einen sichere Rückreise und sehe dich dann in einer Woche." verabschiedete Scato den Mann weiterhin zurückhaltend und beäugte ihn noch einmal. So wie er sich ausdrückte könnte er tatsächlich was taugen, aber er war Teil des Plebs, von daher machte sich Scato noch keine allzu großen Hoffnungen.

  • Bisher hatte ich nur dekorativ die hintere Ecke links des Cubiculums ausgekleidet und hatte dabei meine Gedanken schweifen lassen. Das Geschwafel dieses Fremden interessierte mich nicht die Bohne. Jedenfalls solange er nicht ausfallend wurde oder gar gewalttätig. Da dies aber beides nicht zutraf, machte ich damit weiter, was ich gerade machte – dekorativ rumstehen.
    Als mein Name jedoch fiel, war ich sofort wieder präsent. Ich trat hervor und wartete darauf, bis Scatos frischgebackener Scriba sich erhob, um sich zu verabschieden und zu gehen. Wahrscheinlich würde ich den Kerl von nun an öfters zu Gesicht bekommen.

  • Alles in trockenen Tüchern, dachte ich mir. Und noch eine Woche Zeit bis die Arbeit wirklich losging. Nagut, die würde ich mit dem Abbruch der Zelte in Ostia und der Wohnungssuche in Rom auch gut füllen können. "Vielen Dank für alles. Mit meiner Pünktlichkeit kannst du rechnen", bestätigte ich noch einmal, weil dieser Punkt für den Flavier offenbar überaus wichtig war. "Vale Bene" Anschließend sollte mich wohl ein Sklave namens Angus herausgeleiten. Bisher war dieser mir erschreckenderweise gar nicht aufgefallen, so dass ich mich wunderte, als dieser zum Vorschein kam. Das war wohl die Art von Unauffälligkeit, die sich der Flavier auch für mich wünschte. Der Sklave machte einen jungen Eindruck, er war vielleicht gar nicht älter als ich selbst, dazu auch noch recht groß, athletisch gebaut und mit recht maskulinem Gesicht. Was dieser Sklave wohl für Tätigkeiten hier innerhalb des Schlafgemachs des Flaviers zu vollziehen hatte? Ich kicherte nur innerlich ein wenig. Was diese noblen Leute brauchten, das bekamen sie eben auch recht schnell. "Na dann wollen wir mal", sprach ich zum Sklaven und ließ mich von diesem hinausführen.

  • Es war schon ein wenig später am Tag. Scato saß an seinem Tisch in seinem Cubiculum, mit etwas Wein, Käse, und ein paar Früchten, und studierte einige Dokumente, vor allem aber das Dokument welches ihm sein neues Landgut bei Sulmo garantierte, welches er persönlich vom Princeps erhalten hatte, und dass er schon bald zu besuchen und zu nutzen plante.
    Er war zufrieden. Und hatte seine jüngsten Erfolge mit einem vielleicht etwas überteuerten Sklavenkauf gefeiert, wobei er mehr den Triumph über die Konkurrenz denn die eigentlich erworbene Ware feierte.


    Es war ruhig in der Villa, hier und da hörte man ein paar Schritte welche sich in den langen Gängen stets zu wiederholen schienen, als es plötzlich an der Tür klopfte. Zweimal kurz, einmal lang, ja das mussten seine Leute sein.
    "Ja." rief er nur kurz, rollte seine Schriftrolle zusammen, und lehnte sich mit seinem Wein in der Hand zurück um seine neueste Errungenschaft zu begutachten. Hoffentlich sprach sie ein wenig Latein, es nervte ihn immer furchtbar wenn die Sklaven schwer von Begriff waren und sich obendrein bei Bedarf auch einfach dummstellen konnten.

  • Als die fremden Männer an ihre Seite traten und nach ihren Armen griffen, fauchte Iduna auf einmal wie ein junges Kätzchen. Dieses Geräusch ließ die beiden Männer in lautstarkes Gelächter ausbrechen, so dass Iduna über und über errötete. Grinsend warfen sich die Männer immer wieder Blicke entgegen und verwirrten Iduna sichtlich. Offensichtlich machte es den Männern auch noch Spaß ihren Geist zu verwirren. Bei diesem Gedankengang presste die junge Germanin ihre Lippen zu einem blutleeren Strich zusamnen. Während sie von den beiden Männern umbarmherzig voran getrieben wurde und Iduna stolpernd einen Schritt vor den anderen setzte.


    Immer wieder ließ sie ihren Blick, wenn auch nur aus dem Augenwinkel, in jedes Eck gleiten. Dann jedoch vernahm sie die tuschelnden Stimmen der beiden Männer und zog unwillkürlich ihren Kopf zwischen die Schultern. Wenn sie noch länger einen Fuß vor den anderen aetzen müsste, würde sie einfach auf der Stelle umkippen. Denn ihre Füße schmerzten bei jedem Schritt. Und dennoch ließ sie sich den Schmerz nicht anmerken, oder versuchte dies zumindest. Beinahe hätte Iduna vor Erleichterung leise aufgeschluchzt, als einer der beiden Männer gegen das Holz einer Türe pochte und offensichtlich um Einlass bat.


    Dieser wurde dem kleinen Gespann gewährt und Iduna fühlte sich durch den entstandenen Türspalt in einen fremdartigen Raum geschoben. Die beiden Männer zogen sich zurück, sodass Iduna mit dem unbekannten Römer alleine war. Und alleine diese Tatsache ließ ihr einen heissen und zugleich eisigen Schauer den Rücken hinab rieseln. Vorsichtig hob sie ihren Blick abn und schenkte dem Herrn ein etwas verrutschtes Lächeln.

  • Als die Sklavin, seine Sklavin, mehr oder weniger in den Raum geschoben wurde, blickte Scato erst einmal etwas pikiert. Seine Leute hätten sie wenigstens einmal waschen können anstatt ihm mit diesem Anblick zu belästigen.
    Aber der Erstkontakt stellte immer etwas spannendes dar, besonders bei solch zierlichen Gestalten, denn Scato liebte es mit Menschen zu spielen.
    Er lehnte sich schweigend ein bisschen nach vorn und schnitt mit einem kleinen Messer ein wenig Käse ab, bevor er das Messer wieder ablegte, und eben jenes Käsestück mit einem Haps im Mund verschwand.
    Dann erhob er sich, ging langsam auf das Mädchen zu, und umkreiste sie einmal, "Wie ist dein Name?" fragte er monoton und sah sie dabei nicht an, sondern blickte praktisch durch sie durch.

  • Nachdem sich Iduna in den Raum geschoben fühlte, hatte sie den Eindruck, als wäre sie in diesem Augenblick lediglich eine kleine Maus und der Römer die gefräßige Katze. Zum Glück konnte der Ältere keine Gedanken lesen. Und so verharrte das junge Mädchen regungslos, als wäre sie festgewachsen, an Ort und Stelle. Dann jedoch kam Leben in die Szenerie. Jedoch war es nicht Iduna die dieser Szenerie den Hauch von Farbe verlieh. Es war der Römer.. derjenige der auf sie geboten hatte und dessen Münzen den Besitzer gewechselt hatten. Denn sonst wäre sie garantiert nicht in seiner Villa, nicht wahr? Immer wieder spürte Iduna seinen musternden Blick auf sich und widerstand ihn direkt anzublicken. Lieber richtete sie ihren Blick zu Boden ..auf ihre Fußspitzen. Abermals schluckte Iduna vernehmlich und warf dem Römer einen verzweifelt fragenden Blick entgegen. Schließlich hatte sie kein einziges Wort verstanden, was er über seine Lippen dringen ließ.

  • Scato seufzte merklich auf, natürlich hatte niemand den Anstand besessen der Sklavin auch nur einen Hauch von Sprachkompetenz zu vermitteln. Aber gut, nun war sie hier, und die Furcht war oft noch der beste Lehrer.
    Scato fuhr seinem neuen Besitz durch die Haarspitzen, das rote Haar machte sie zu einer Rarität, und zum ersten Mal blickten seine kühlen Augen direkt in ihre..
    "Egal wie du heißt. Jetzt heißt du Attica." sagte er und blickte ihr weiter in die Augen, so als könnte sein Blick ihr diesen Namen einhämmern,
    "Attica, verstehst du?" fragte er nun mit Nachdruck und ließ von ihren Haaren ab.
    "Sprichst du unsere Sprache? Ein wenig?" hakte er erneut nach, während er sich wieder auf seinen Stuhl setzte, und einen Schluck Wein trank. Das Leben war gut.

  • Pure Verzweiflung war es die Iduna umgab, als würde sie einen Heiligenschein tragen. Die Worte des Römers klangen so fremd in ihren Ohren, so dass die junge Germanin auch schon zusammenzuckte. Und als er sie zu umkreisen begann, wie eine Honigbiene den leckeren Honig, wäre das junge Mädchen am liebsten rückwärts aus seiner Nähe geflohen. Jedoch hielt sie etwas oder jemand an Ort und Stelle. Ob es sein eindringlicher Blick war, der Iduna eine Gänsehaut bescherte? Nervös verkrallte sie ihre Finger in dem Sklavenkittel, der wie ein Sack an ihrem schmalen Körper hing. Als sich seine Finger dann auch noch in ihre Richtung ausstreckten, weiteten sich Idunas Seelenspiegeln. Während ihr das Herz bis zum Hals pochte. Nervös begann sie ihre Unterlippe zu beknabbern, als seine Stimme an ihr Ohr drang und ihre Sinne augenblicklich schärfte. “Attica“ Wiederholte die junge Rothaarige das Wort. Wobei sie sich nicht bewusst war, dass er ihr, als sein Besitztum, gerade einen neuen Namen gegeben hatte. Und noch immer verweilten seine Finger in ihren roten Locken. So wie es ihre Mutter immer getan hatte, wenn sie sie mit einem Lächeln in den Schlaf gesungen hatte. “Ich... schwer...“ Leise mutete Idunas Stimmlein an, kaum mehr als ein flüstern. Schließlich hatten die Händler keine Zeit verschwendet um ihrer neuen Ware die Grundzüge des Lateinischen nahe zu bringen. Wieso auch? Dieses rothaarige Geschöpf musste sich nicht unbedingt verständigen; so dachte zumindest der Händler.

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