Hortus | Die unheimliche Begegnung der etwas anderen Art

  • Nur noch wenige Minuten und die Sonne tauchte einmal mehr hinab.
    In diesem Land war alles anders. Selbst der Sonnenuntergang! Dabei hatte ich mich in den letzten Wochen wahrlich bemüht, mein Temperament zu zügeln und gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Äußerlich war ich Scatos Sklaven geworden, doch in mir brannte noch immer die inbrünstige Flamme des Hasses! Alleine sie war es, die mich am Leben erhielt und mich tagtäglich anspornte, alle Demütigungen, die ich zu erleiden hatte, hinzunehmen.
    Und damit ich eines Tages ganz sicher meine Rache haben würde, war es wichtig, sich mit meinem Gott gut zu stellen.
    Ich hielt nichts von den römischen Tradition, einen Gott in einem Altar, der in einem Haus stand, einzusperren. Mein Gott lebte in der Natur. Ich fand ihn in einem Baum wieder oder in einem Fluss. Da ich bislang dieses Haus nicht verlassen durfte, wohl aus Furcht ich könnte fliehen, musste ich mich mit dem Gegebenen zufrieden geben.
    So fand ich an diesem frühen Abend meinen Weg in den Hortus, der genau wie alles andere um mich herum fremd war.
    Ich hatte mich ein wenig umgesehen, um einen geeigneten Platz zu finden. Nach einigem Suchen fand ich ihn in Gestalt einer Birke. Genau dort ließ ich mich nieder auf meine Knie und richtete meinen Blick gen Himmel. „Goßer Lugh! Sie auf mich herab! Vergiss nicht deinen treuen Diener, den man in die Fremde verschleppt hat!“ Im stillen Gebet verharrte ich eine Weile, mit den Gedanken nur bei Lugh und bei…


    Sim-Off:

    Reserviert! :)

  • ... Flavius Fusus vermutlich gerade nicht. Jedoch ist es eben jener, der kurz zuvor - während Angus' Suche noch andauerte - ebenfalls den hortus betreten hatte, ohne dabei einen nennenswerten Lärm zu veranstalten. Aufmerksam auf den betenden Sklaven wird er selbst aber auch erst gerade, als er dessen himmelwärts adressierte Anrufung vernimmt. Neugierig orientiert er sich in der Flavischen Anlage, bis er des Sprechers schließlich nahe einem der schattenspendenden Bäume ansichtig wird.


    So nähert sich der Patrizier von Neugier getrieben auf eher leisen Sohlen, ohne jedoch bewusst zu schleichen. Er hat sich ohne die besonderen Erfordernisse einer Reise für den heutigen Tage von seiner Leibsklavin schon etwas sorgfältiger herausputzen lassen als dies noch bei seiner Ankunft der Fall gewesen war. Folglich trägt er heute die standesgemäße toga und ist auch sonst sehr gepflegt, wobei ein Hauch von Kosmetik seine Jugend noch zusätzlich perfektioniert und ihn ein frischer, blumiger Duft umweht.


    Mit etwas Abstand zu Angus bleibt der junge Mann schließlich stehen, um dessen Tun zu beäugen. Immer wieder gleitet sein Blick dabei nach oben, während er die umliegenden Dächer nach etwas abzusuchen scheint. Da vorerst keine weitere Anrufung mehr ausgesprochen wird und er selbst auch nichts entdecken kann, räuspert er sich schließlich verhalten. "Mit wem sprichst du, Sklave? Ich sehe niemanden...?"
    Noch überlegt der relativ frisch eingezogene, ob ihm der Name 'Lugh' als einer seiner Anverwandten entfallen sei.

  • Nein, ganz sicher nicht waren meine Gedanken bei einem der Flavier. Vielmehr bat ich darum, in diesem Leben noch mit dem Verräter abrechnen zu können. Cedrec, dieser Name hatte sich wie die Brandmarkung, die man mir auf dem Sklavenmarkt verpasst hatte, in meinem Kopf eingebrannt. Ich bat Lugh auch darum, mir Kraft zu spenden, auf dass ich diese schwierige Zeit hier überstand.


    Natürlich hatte ich keine Ahnung, wer sich um diese Zeit noch alles im Garten herumtrieb. Deshalb hatte ich ja diesen Platz mit großer Sorgfalt ausgesucht. Ein Platz, an dem so schnell niemand vorbei kam. Das allerletzte, was ich nun gebrauchen konnte, waren ungebetene Gäste, die mich in meiner Meditation störten.
    So war ich denn auch ganz vertieft, als mich plötzlich aus heiterem Himmel diese Ansprache traf. Ein überraschtes Zusammenzucken war das Resultat, worauf ein rasches Umwenden folgte, um die Quelle dessen zu finden. Nun, meine Augen mussten nicht lange in die Ferne schweifen. Eine fremde Gestalt, in eine römische Toga gehüllt, hatte sich unweit hinter mir platziert und fixierte mich.

    Recht schnell stellte ich mich wieder auf meine Füße und strich recht ungestüm dieses „Kleidchen“ glatt, was man mir zum Anziehen gegeben hatte. Eine Tunika so ganz ohne Hosen – nee, das ging gar nicht!
    „Ich habe mit Lugh gesprochen,“ antwortete ich, als ob es das normalste auf der Welt war. Natürlich hätte ich mir denken können, dass dieser römische Banause keine Ahnung hatte, wovon ich sprach. Und überhaupt, wer war der Kerl – oder war es vielleicht eine Frau – oder gar eine Mischung aus beidem?


    „Und wer bist du… was bist du?“ Dem Geruch und der Farbe in seinem Gesicht nach zu urteilen, hätte dieses Wesen glatt als Frau durchgehen können. Doch eine Spur Maskulinität war an ihm noch zu erkennen. Dies konnte selbst noch so viel Schminke im Gesicht nicht verbergen.

  • Im Hintergrund hält sich indes die getreue Sklavin das noch recht jungen und teils auch unerfahrenen Flaviers auf. Sie ist durch reichlich Übung und Erfahrung recht gut darin, sich unauffällig zu verhalten und nicht bemerkt zu werden. Dennoch vermag die ungewöhnliche Haarfarbe das eine ums andere Mal ihre 'Kunst' zu sabotieren.


    Vulpes wird sie genannt, bereits seit frühester Kindheit, da ihr Schopf so manchen aus ihrem Umfeld wohl an ein Füchsin erinnert hatte und teilweise mag dieser Vergleich auch hinsichtlich des Wesens der Sklavin passend erscheinen. Ihr gesamtes Leben hat sie bereits im Besitz der Flavier verbracht, nachdem sie in Baiae als ein Produkt und Ergebnis gezielter 'Zucht' auf die Welt gekommen war. Seither hat sie eine strikte Erziehung zur bestmöglichen Erfüllung ihrer Rolle als Sklavin 'genossen'. Erst vor kurzem wurde Vulpes schließlich auf den jungen Flavius Fusus überwiesen, um ihn für seine ersten Schritte in der urbs aeterna eine verlässiche, ruhige Sklavin an die Seite zu geben.


    So wartet sie mit etwas Abstand im Schatten eines Säulengangs und hält sich zurück. In den Sklavenbestand der Villa noch nicht so recht eingeführt, weilte sie am heutigen und gestrigen Tage nach Fusus erfolgtem Einzug stets in seinem unmittelbaren Umfeld. Eine der nächsten ihr bevorstehenden Herausforderungen dürfte damit auch sein, sich in Bälde dem Vilicus dieses Anwesens vorzustellen und sich in dessen Regime einzufügen.

  • "Iullus Flavius Fusus, Sohn des Titus Flavius Milo und..." entgegnet er überrumpelt und unterbricht sich wieder.
    Der Patrizier blinzelt überrascht. Mag er generell auch von umgänglicher Natur sein, so haben sich gewisse Standesunterschiede doch tief in sein Weltbild eingegraben. Demzufolge irritiert es ihn nicht schlecht, dass er von einem Sklaven so harsch nach seiner Identität gefragt wird, ohne dass jener sich zuvor selbst ausgewiesen hätte. Auf den ersten Blick ist ihm die Verwandtschaft mit Flavius Scato schwerlich anzusehen, zumal sie vom Wesen her so äußerst unterschiedlich geraten sind. Noch einmal räuspert sich Fusus vernehmlich und zieht die säuberlich zurechtgezupften Brauen zusammen, auf dass er Angus mit etwas schärferem Blicke bedenkt.


    "...aber das ist hier nicht die Frage, Sklave. Zwar verweile ich erst seit gestern in diesem Haushalt, doch steht mir fraglos ein deutlich höheres Maß an Respekt zu, als du ihn mir gerade zu zollen gedenkst..." bemüht er sich um Autorität und begradigt seine Haltung, um sich eine stärkere Präsenz zu geben. "Wer bist du und wer ist dieser Lugh mit dem du hier konferierst?" Erneut blickt er sich etwas argwöhnisch im hortus um, ob er wohl etwas übersehen haben mag.

  • Noch ´n Flavier! Dies war wohl mein erster Gedanke. Wie hätte es auch anders sein können! Spätestens jetzt, nach dem er mir seinen Namen und seine Abstammung verraten hatte, hätte mir auffallen müssen, mit wem ich es zu tun hatte. Jedoch mangelte es mir noch an Erfahrung und, was nicht unerheblich war, die Orientierung im flavischen Stammbaum. Sonst hatte ich mich wahrscheinlich anders verhalten, als ich es nun tat.


    Sein ganzes Gehabe erinnerte mich doch stark an Scato. Allerdings erinnerte mich so ziemlich jeder dieser gepuderten Gecke an Scato. Respekt sollte ich ihm zollen. Dabei konnte ich mich gar nicht erinnern, ihn respektlos behandelt zu haben. Ganz im Gegenteil zu ihm. Seine seltsame Erscheinung war es vielmehr, die meinem Mundwerk freien Lauf gewährt hatte.


    „Ich bin Angus, Sohn des Donall und ein Krieger der Carvetii.“ War es etwa respektlos, die Dinge beim Namen zu nennen? Nun ja, die Tatsache, dass ich nicht nur ein Krieger der Carvetii gewesen war, sondern vorrangig nun Sklave des Flavius Scato war, ließ ich mal ganz außer Acht.
    Auch ich hatte meine Haltung seiner angepasst, Ich war immer noch stolz darauf, wer ich war und was ich, nun ja, einmal gewesen war. „Und Lugh ist der Beschützer meines Volkes.“


    Seltsamerweise schien der Flavier nach jemand Ausschau zu halten. Weshalb sah er sich sonst so voller Misstrauen um? Gab es etwa noch weitere ungebetene Besucher, die jeden Augenblick und urplötzlich aus den Büschen hervorgesprungen kamen und vor denen man sie besonders in Acht nehmen sollte? Vorsichtshalber tat ich es ihm gleich und versuchte, bei angehaltenem Atem, so unauffällig wie möglich meine Blicke kreisen zu lassen. In der Stille vernahm ich das Zwitschern eines Vogels, das Summen einer Fliege … und... ein knackendes Geräusch.
    „Ich glaube, wir sind nicht alleine,“ gab ich kurz danach im Flüsterton zu bedenken und deutete mit meinem Kinn an, aus welcher Richtung jenes Knacken herrührte.

  • Fusus blinzelt überrascht. Das Verhalten des Sklaven verwirrt ihn zunehmend. Bislang war er hauptsächlich mit solchen Exemplaren konfrontiert, die sich bereits längst mit ihrer Rolle abgefunden hatten und ihrer Position auch positive Aspekte abgewannen. Folglich ist der junge Mann gerade etwas unsicher, wie mit diesem 'wildgewordenen' Angus umzugehen war. Sollte er sich fürchten? Als ihm dieser Gedanke kommt, weicht der Flavier auch tatsächlich einen halben Schritt zurück. Vorsichtshalber. Nur für den Fall.


    "Dann ist jener Lugh soetwas wie der Häuptling deines ehemaligen Barbarenstamms?" versucht er aus den Erläuterungen schlau zu werden. Doch gilt es natürlich auch, sich um dessen Position im flavischen Haushalt gewahr zu werden. "Wessen Sklave bist du, Angus? Gehörst du zu zur Entourage des Flavius Gracchus?" Der Name des Senators schien ihm für einen ersten Versuch den Besitzer zu erraten wohl am Naheligendsten.


    Hatte er zuvor noch nach dem vermeintlich Angesprochenen Lugh gesucht, ist dieses Kapitel für Fusus nun ad acta gelegt. Er legt daher den Kopf etwas schief und meint nach einem kurzen Blick in die bedeutete Richtung nur: "Wir befinden uns im Anwesen der Flavier. Natürlich ist es angesichts der zahlreichen Bewohner und Bediensteten grundsätzlich schwer, hier wirklich allein zu sein."

  • Während die junge Frau das Gespräch zunächst lediglich aus der Ferne beobachtet, bemerkt sie wie ihr Herr ein Stück weit vor dem ihr noch fremden Sklaven zurückweicht. Nur kurz zögert sie darauf, dann setzt sie sich in Bewegung, sich dem ungleichen Paar hinzu zu gesellen. Still bahnt die Sklavin sich den Weg durch die Anlage. Sie verschleiert nicht ihr Kommen, kündigt es aber auch nicht explizit an. Ihre grünblauen Augen erfassen wachsam die Situation und versuchen eine etwaige Brenzligkeit abzuschätzen. Ruhe geht von ihr aus und keinerlei Anzeichen von Aggression.


    So will sie etwas versetzt hinter ihrem Herrn Position beziehen, dessen Alter sie nur um wenige Jahre übertrifft. Dennoch wirkt sie irgendwie erwachsener und erfahrener als dieser spezielle Flavier. Sie trägt eine sehr einfache und unspektakuläre Tunika, ihr rötliches Haar ist offen und nur teilweise aus dem Gesicht zurückgesteckt. Insgesamt macht sie einen schon fast auffällig gepflegten und sauberen Eindruck. Ein Zustand, der nicht allein auf die Vorgaben ihres Herrn zurückzuführen ist, sondern vor allem auch ihren eigenen Ansprüchen entspringt.

  • Dieser junge Mann war in der Tat sonderbar. Womöglich lag es an seinem Alter, was sein Verhalten erklären konnte. Ich schätze mal, er war noch keine zwanzig. Vielleicht gerade mal siebzehn oder achtzehn Jahre alt. Wer wusste das schon, bei so viel Schminke. Im Grunde bestätigte er mir damit nur wieder meine Ansichten über seinesgleichen.
    „Lugh, ein Häuptling? …eines Barbarenstammes?“ Ein wenig runzelte ich die Stirn. Nun gut, seine Unwissenheit war gewiss auch in seiner Jugend begründet. Seine Vorstellungen entsprachen denen der meisten Römer.
    „Nein, ganz und gar nicht! Lugh ist der Gott des Krieges, des Handwerks aber auch der Sonne. Er ist der, der uns das Licht bringt,“ versuchte ich auf einfache, verständliche Weise zu erklären. Selbst die Römer hatten Lugh´s Namen in der Bezeichnung ihrer Stadt Luguvalium beibehalten. Doch dieser Ort war nun unglaublich weit weg.


    Bedauerlicherweise holte mich der junge Flavier wieder mit seiner anschließenden Frage auf den Boden der Tatsachen zurück. Der Stolz, den ich gerade eben noch empfunden hatte, schmolz wie das Eis des Winters in der Frühlingssonne dahin. Dementsprechend veränderte sich auch meine Körperhaltung, gerade noch strotze ich vor Stolz, nun sackte ich förmlich in mich zusammen.
    Ich wollte schon antworten, doch dann war wieder dieses knackende Geräusch zu hören. Eine willkommene Ablenkung, die für ein kurzes Aufflammen meines Selbstbewusstseins sorgte.
    „Natürlich, das weiß ich auch!“, entgegnete ich energisch. „Aber jemand belauscht uns!“ Das war es, was ich eigentlich damit sagen wollte. Und kaum hatte ich es ausgesprochen, trat auch schon eine Gestalt weiblichen Geschlechts zu uns heran.
    „Oh…!“ war alles, was ich noch hervorbrachte. Erstaunt musterte ich die junge Frau, die eine gewisse Ähnlichkeit mit den Frauen Britannias hatte. Dennoch war sie weit davon entfernt, eine von „uns“ zu sein. Doch ihr Anblick war eine reine Freude! Das rötliche Haar, das hübsche Gesicht… wenn ich nicht noch um Aislin getrauert hätte, dann…
    Möglich, dass mein Blick erst einmal eine kurze Ewigkeit auf ihr ruhte, bevor ich wieder klar denken konnte. Irgendetwas bewirkte ihre Anwesenheit bei mir, ich konnte nur nicht mit Bestimmtheit sagen, was es war.

  • "Ah... Ein Gott also. Nun, wenn du meinst..." zieht er die Schultern nur etwas hoch und interessiert sich damit vorerst nicht weiter für dieses Thema. Mit einem Sklaven eine theologische Diskussion zu führen, läge ihm mehr als nur fern.


    Allmählich nähert sich die Geduld des sonst so gutmütigen Flaviers einem vorläufigen Ende. Fusus' glatte Stirn legt sich vorwurfsvoll in Falten und wiederum sieht er sich veranlasst, seine Frage zu wiederholen: "Willst du mir nicht antworten, oder kannst du es nicht?" klingt er jedoch eher ein wenig genervt als wirklich verärgert. "Wessen Sklave bist du, Angus?" Dieses Mal legt er einen strengeren Nachdruck in seine Stimme und fokussiert sein Gegenüber.


    Als seine eigene Sklavin hinzutritt und die Aufmerksamkeit vorübergehend auf sich zieht, seufzt der Flavier verhalten. Seiner spürbaren Genervtheit zum Trotze stellt er die junge Frau mit wenigen Worten vor: "Das ist Vulpes, meine Leibsklavin. Sie belauscht uns nicht, sondern begleitet mich auf meinem Rundgang. - Und mich deucht, dass wir diesen alsbald fortsetzen sollten..."

  • Die junge Frau verharrt auf ihrer zurückgezogenen Position in demütiger Haltung. Vulpes ist es gewohnt stets mit viel und gründlicher Überlegung vorzugehen. Stets achtet sie sehr darauf, keine überstürzten Taten zu begehen oder Verhaltensweisen an den Tag zu legen, die sie zu einem späteren Zeitpunkt womöglich bereuen könnte. Insbesondere in Gegenwart ihres Herrn verhält sie sich somit geradezu wie ein Musterbeispiel einer gehorsamen Sklavin. So spricht sie auch jetzt nicht, ohne dazu aufgefordert zu sein.


    Eine Weile mustert sie den Fremden wachsam mit ernster, kaum durchschaubarer Miene als sei er in erster Linie ein bislang unbekannter Faktor, den es einzuschätzen gilt. Ihr Blick lässt Rückschlüsse zu, dass sie ihre Umgebung sehr aufmerksam wahrnimmt und sich ein eigenes Bild, sowie eine eigene Meinung stets im Stillen vorbehält. Von einer gebrochenen, hilflosen Gestalt oder auch einem rebellischen Sturkopf ist sie gleichermaßen weit entfernt. Schließlich sieht sie jedoch auch immer wieder zu dem Flavier, ob jener ihr mit einem Wink oder auch einem Wort neue Anweisungen zu verstehen gäbe.

  • „Ja, mein Gott! Deswegen kam ich zum Beten her.“ Und du hast mich unterbrochen. Natürlich dachte ich mir den letzteren Teil nur und sprach ihn nicht aus. Schließlich hätte mir das gleiche passieren können, wenn er an meiner Stelle gewesen wäre.
    Als nun dieses aparte Wesen mit den rotgoldenen Haaren aufgetaucht war und sich still und ergeben hinter dem Flavier postierte, war es beinahe um mich geschehen. Selbst den schärferen Ton, den nun der Flavier mit seiner wiederholten Fragerei anstimmte, wäre um Haaresbreite an mir vorbei gegangen. Im Grunde war der Togaträger in der Anwesenheit jener wunderschönen Rose lediglich zu schmückendem Beiwerk degradiert worden, welches allerdings unabdingbar war.
    „Wie? Ach ja, ich gehöre zu Flavius Scato. Du weißt schon, der Kerl mit den lustigen Löckchen.“ Ich konnte ja nicht ahnen, wen ich vor mir hatte. Doch selbst jetzt trieb es mir manchmal noch ein Grinsen ins Gesicht wenn ich daran dachte. Doch bevor ich wieder von der Hauptsache abschweifte, fiel mein Blick wieder auf das hübsche weibliche Wesen, welches er als seine Sklavin vorgestellt hatte. „Aha, Vulpes …“ Seltsamer Name, aber irgendwie doch passend.
    „Du bist neu hier angekommen, sagst du? Dann kann ich dich ja ein bisschen herumführen. Ähm, ich bin zwar auch noch nicht solange hier, aber naja, ein wenig kenne ich mich hier auch schon aus.“ Natürlich hatte ich dieses Angebot nicht ganz ohne Hintergedanke gemacht. Vor Vulpes wollte ich mich natürlich von meiner besten Seite zeigen und außerdem hatte ich es mir zur Aufgabe gemacht, herauszufinden, ob sie auch sprechen konnte…

  • Flüchtig kann man ein erheitertes Glucksen von Fusus hören, als dieser die eigentlich doch recht unverschämte Beschreibung seines großen Bruders vernimmt. Er hat Mühe sich zusammenzureißen und die gebotene Contenance zu wahren. Einmal tief durchgeatmet funkelt zwar immernoch ein leichter Schalk in seinen Augen, doch der sicherlich angebrachte Tadel kommt ihm glücklicherweise dennoch über die Lippen: "Das mit den 'lustigen Löckchen' will ich überhört haben, Sklave. Du solltest dich künftig hüten, in respektloser Art und Weise von deinem Herrn zu sprechen, welcher zufällig auch mein Bruder ist. Andere Flavier oder auch der hiesige Vilicus..." Kurz stockt der junge Mann und blinzelt angesichts einer sich plötzlich einstellenden, weniger positiv belegten Erinnerung. Ein kurzes Kopfschütteln soll die bösen Geister der Remniszenz vertreiben. "...könnten sich bei solchen Worten als aufmerksamere Zuhörer herausstellen." Was eigentlich wohl ein strenger Tadel sein sollte, klingt nun doch mehr nach einem gut gemeinten Ratschlag. Diese strenge Sklavenbesitzer-Masche liegt Fusus einfach nicht.


    Ein missbilligendes Brummen ist dennoch von ihm zu hören, als Angus nun einfach ein Gespräch mit seiner Sklavin beginnen will, um ihr an seiner Stelle eine Führung durch die Villa anzubieten. Und so wird der Sklave mit einem weiteren halbherzigen Tadel konfrontiert: "Ich muss doch sehr bitten, Sklave Angus. Du hast noch einiges an gutem Benehmen zu lernen. Wie ich bereits erwähnt hatte, begleitet sie mich in diesen Minuten auf meinem Rundgang. Überdies wird sie sich in nächster Zeit noch dem ... Vilicus vorstellen müssen, um sich so bald als möglich effektiv in den Haushalt einfügen zu können. Ehe dies nicht erledigt ist, wird sie keine Zeit haben für irgendwelche Freizeitbeschäftigungen." Sein Missmut ist durchaus aus den Worten des Flaviers herauszuhören, fast scheint der junge und etwas weiblich geratene Kerl ein wenig zu schmollen. Trotzig hebt er sein Kinn und sondiert die Umgebung nach einer Fortführung seiner Wege.

  • Die Sklavin wirkt weder überrascht noch beunruhigt angesichts der kleinen Standpauke ihres Herrn. Ruhig und geduldig hört sie sich das Gesagte bis zum Ende an und nickt schließlich bestätigend, auch an Angus' Adresse. Eine knappe, sparsame Geste ihrerseits, außerhalb von Fusus' Sichtfeld, soll dem Britannier bedeuten Ruhe zu bewahren und einen späteren Zeitpunkt abzuwarten. Vulpes zieht es stets vor, solche Situationen nicht eskalieren zu lassen und spricht so auch in diesem Moment noch immer kein Wort. Allein ein sehr flüchtiges Schmunzeln kann Angus womöglich um ihre Mundwinkel erahnen. Doch kaum glaubt er schon feine Grübchen entdeckt zu haben, da sind sie auch schon wieder verschwunden. Zu ernst ist der jungen und als Sklavin doch recht erfahrenen Frau die Erfüllung ihrer Rolle als treue und verlässliche Dienerin.

  • Meine zugegebenermaßen etwas unverschämte, jedoch auch recht treffende Art der Beschreibung Scatos löste in dem jungen Flavier wenigstens kurzzeitig eine Heiterkeit aus, die aber recht schnell von einer, wenn auch gespielten Ernsthaftigkeit abgelöst wurde. Jedoch erschütterte es mich regelrecht, als er mich über seine verwandtschaftlichen Bindungen zu Scato aufklärte. Völlig baff war wohl der treffendste Ausdruck dafür, als ich meine Hände vor den Kopf schlug. „Oh, entschuldige bitte! Das tut mir sehr Leid! Glaub mir es war nicht meine Absicht… Ich hatte ja keine Ahnung.“ 'Zum Glück hat er nur wenig gemein mit seinem Bruder.' Diesen Gedanken jedoch behielt ich doch besser für mich, schließlich wollte ich seine Gutmütigkeit nicht überstrapazieren. Es war schon genug, dass ich mich soeben vor Vulpes zum Affen gemacht hatte. Diese leicht unterkühlte Schönheit, zur Unterstreichung der Worte ihres Herrn nickte sie nur. Nur zu gerne hätte ich ihre Stimme vernommen. Doch sie bleib stumm, wie ein kalter Fisch im Wasser. Aber hatte sie mir soeben etwa ein kleines flüchtiges Lächeln geschenkt? Ja, es war ganz sicher ein Lächeln gewesen. Oh ich Glücklicher! Mit meiner plumpen Art hatte ich sie noch nicht ganz vergrault. Damit das auch so blieb, gelobte ich mir hier und nun Besserung, auf dass sie sich mir eines Tages vielleicht offenbaren würde.


    Da ich inzwischen in höheren Sphären schwebte und nur noch Augen für sie hatte, litt meine Aufmerksamkeit etwas darunter, weshalb mich sein erneuter Tadel anfänglich nur peripher tangierte. „Ja, natürlich, dominus!“ entwich es mir demütig. Doch wer in meine Augen sah, konnte deutlich erkennen, dass ich bereits ganz weit weg war, jenseits dieses Gartens… auf einer saftig grünen Wiese… nur sie und ich… und Flavius Fusus! Ach ja richtig, Fusus war ja auch noch da und redete weiter auf mich ein, was meinem kleinen Höhenflug ein jähes Ende bescherte.
    „Äh ja, dann möchte ich dich nicht weiter aufhalten“, antwortete ich räuspernd und wirkte schon etwas betreten.

  • Mit der Reaktion und den Antworten des Sklaven ist der Flavier zufrieden. Er nickt leicht, in seinem flüchtigen Zorn auch schon wieder besänftigt, und schenkt Angus sogar ein kurzes, wohlwollendes Lächeln. Dessen Interesse oder gar Begeisterung für seine eigene Sklavin Vulpes nimmt er nicht wahr - zu wenig achtet der junge Mann zumeist auf diese feinen Details und Anzeichen von Gefühlsregungen, so er mit Angehörigen maßgeblich niedereren Ranges und Standes spricht. "Gut, gut... Womöglich wird es sich eines Tages ja noch begeben, dass mein Bruder mir deine Dienste zur Verfügung stellt..." meint er daher nur, fast schon etwas geistig abwesend. Alles in allem beschließt sich für Fusus folglich doch - trotz der vorübergehenden Differenzen - ein eher positives Fazit aus dieser Begegnung.


    Er will sich gerade abwenden und ein wenig plan- und ziellos die nächste Richtung einschlagen, da fällt ihm doch noch etwas ein und er hält inne. Ein weiteres Mal wendet er sich an Angus und erkundigt sich: "Dir ist nicht zufällig bekannt, wo der hiesige Vilicus anzutreffen ist?" Nachdenklich runzelt Fusus die Stirn, nunmehrig von seinen eigenen Überlegungen gefangen und im Geiste von einer gewissen Sorge umwölkt. Es widerstrebt doch sehr, jenen Sciurus aufzusuchen, zumal er vor diesem - sei er auch ein Sklave - aufgrund von frühen, verschwommenen Erinnerungen eine gewisses Furcht verspürt. Nichtsdestotrotz würde diese Begegnung wohl einigermaßen unausweichlich sein.

  • Vorübergehend war die Sklavin innerlich von einer gewissen Anspannung erfüllt, als sich Differenzen und Spannungen zwischen Fusus und Angus abzeichneten. Selbstverständlich hätte sie nötigenfalls auf der Seite ihres Herrn eingegriffen und mitunter auch zu unangehmen Maßnahmen gegriffen, die dem Britannier wohl weniger gefallen hätten. Sie selbst ist zwar keine Anwenderin von körperlicher Gewalt (und hätte gegen den kräftigen Angus auch kaum bestanden), doch weiß sie natürlich durch ihre Erfahrung in flavischen Haushalten sehr genau, wem man wie welche Informationen zu vermitteln hatte, um eine entsprechende Bestrafung zu gewährleisten. Ungeachtet dessen verspürt sie allerdings keinerlei Veranlassung diesem Sklaven ein solches Ungemach bereiten zu wollen - sowie überhaupt ihren Einstand in der Villa Flavia Felix derart zu beginnen - und ist folglich erleichtert, dass die Eskalation durch sein Einlenken und die wenig streitbare Natur des Flaviers verhindert wird.


    Durchaus hat Vulpes (genauer beobachtend als ihr Besitzer) die ihr durch Angus zuteil werdende Aufmerksamkeit bemerkt und sinnt insgeheim eine Weile über deren mutmaßliche Bedeutung nach. Dabei ruht ihr ernster Blick eine Weile forschend auf dem Sklaven. Sie ist allerdings zu vorsichtig, als dass sie sich augiebigen Interpretationsversuchen hingeben würde. Ihr Leben hat in den letzten Jahren einen sehr ruhigen und von außerordentlichen Höhen und Tiefen befreiten Verlauf genommen. Große Emotionen sind der eingefleischten Sklavin bisher fern geblieben und als überwiegend von der Vernunft gesteuerter Mensch ist ihr dies auch sehr recht. Somit kommt sie zu dem vorläufigen Schluss, dass jener Mann vermutlich noch nicht allzu viele Rothaarige gesehen haben mag und die Ursache für seine Neugier vermutlich in ihrer Haarfarbe läge.


    Vulpes begradigt ihre Haltung als Fusus den Aufbruch ankündigt und lässt den Blick kurz durch den Garten schweifen. Nun wirkt sie wieder nüchtern und ungerührt, denn die Pflicht beginnt wieder gezielter zu rufen und verlangt nach ihrer Aufmerksamkeit.

  • „Es wäre mir ein Vergnügen!“, entgegnete ich dem Flavier und lächelte ihm freundlich zu. Am Ende sollte es nicht heißen, ich wäre unfreundlich zu Scatos Bruder gewesen.
    Mit einem gewissen Maß an Wehmut wollte ich mich bereits abwenden. Die kleine Füchsin, deren Augen mich forschend angeblickt hatten, würde nun jeden Moment mit Fusus entschwinden. Doch ich wäre nicht Angus, hätte ich bereits schon ans Aufgeben gedacht! Irgendwann später, vielleicht heute Abend noch… oder vielleicht morgen… ganz gleich wann, würden sich unsere Wege wieder kreuzen und hoffentlich war dann dieses Jungelchen nicht in der Nähe! Vulpes… sollte ich jemals an den Göttern gezweifelt haben, ab heute wusste ich, es gab sie irgendwo!


    Doch dann hielt ich doch inne, denn dem Flavier fiel wohl doch noch eine Frage ein, die er mir stellen konnte. Zugegebenermaßen schnitt er damit eine Thematik an, derer ich mich selbst noch nicht gestellt hatte, obschon mir schon einige Gerüchte zu Ohren gekommen waren. Dieser Vilicus sollte ein ziemlich eigenartiger Kerl sein, vor dem man sich am Besten in Acht nahm. Immer wenn ich jemanden über ihn sprechen gehört hatte, konnte ich eine Beklemmung in dessen Stimme mit heraushören. Und ich hätte schwören können, dem Flavier ging es ähnlich, als er ihn erwähnte. Seltsam, dabei war der doch auch nur ein Sklave! Aber offenbar verfügte er über so viel Macht, dass selbst Fusus... vor ihm kuschte.


    „Oh, äh tut mir leid, aber da kann ich dir nicht weiter helfen. Mit dem Vilicus hatte ich noch nichts zu tun…“ Oder besser gesagt, ich war ihm erfolgreich aus dem Weg gegangen.
    Noch einmal fiel mein Blick flüchtig auf Vulpes , dann auf Fusus. „Ich geh dann mal. Aber wenn ich dir in anderen Dingen helfen kann, stehe ich dir gerne zur Verfügung.“

  • Der Flavier nickt nur und wirkt dabei wiederum ein wenig geistesabwesend. "Ja, ja... Gewiss." Als hätte der Sklave in dieser Frage eine große Wahl. Dennoch hat Fusus die von Angus geäußerte Willigkeit sehr wohl als solche registriert ohne diese momentan auf Falschheit zu verdächtigen und macht sich im Geiste eine kleine, mentale Notiz. Es hat sich auch in seinem noch nicht allzu langen Leben bereits immer wieder gezeigt, dass ein williger Sklave im Vergleich mit einem insgeheim widerspenstigen Exemplar deutlich angenehmer im Umgang sei. Für einen harmonieliebenden Herrn wie Fusus hat dies schon immer als großer Vorteil gegolten.


    "Dann werden wir... respektive Vulpes... wohl noch anderweitig Erkundungen einziehen", resümiert er hinsichtlich der Suche nach dem Vilicus. Für den Moment stellt er jenes Anliegen aber vorerst hintenan, um seinen eigenen Überblick hinsichtlich der Villa mit Priorität zu behandeln. Ein letztes Mal fokussiert er Angus sodann noch unmittelbar und meint schließlich: "Ich werde darauf zurückkommen. Vale, Angus."
    Es zeigt sich also, dass der Flavier sich tatsächlich des Angesprochenen Namen gemerkt hat. Damit wendet er sich aber auch ab und setzt seinen Spaziergang durch den Hortus fort. Sonderlich zielstrebig geht der Flavier dabei nicht vor, orientiert sich jedoch grob an einem der abzweigenden Gänge in das Innere der Villa. Er kümmert sich indes auch nicht sonderlich um die ihn begleitende Sklavin, welche wohl hinsichtlich ihrer Pflichterfüllung wohl sein vollstes Vertrauen zu genießen scheint. Ohne sie zu rufen, einen Wink zu geben oder auch nur nach ihrem Verbleib zu sehen, erwartet er schlichtweg als selbstverständlich, dass sie ihm wie ein unauffälliger Schatten folgen möge.

  • Die Erwartungen des Flaviers in seine Sklavin werden freilich nicht enttäuscht. Ihm folgend setzt auch Vulpes sich in Bewegung, um den von Fusus gewählten Pfaden zu folgen. Dabei gilt noch ein letzter, musternder Blick dem britannischen Sklaven, wobei ihre Miene wiederum schwerlich zu lesen ist. Verhalten nickt sie ihm zum Abschied zu, bleibt in dieser Begegnung also weiterhin stumm, und schließt sich dann endgültig ihrem Herrn auf seinem weiteren Weg an. Gewiss hat sie das eine oder andere Wort im Sinn, was ihr gegenüber Angus zu äußern durchaus auf der Zunge läge, jedoch verschiebt sie dies zwecks Vermeidung jeglichen Ungemachs von Seiten der Herrschaft auf einen späteren Zeitpunkt. Nachdem er wie nun wohl auch sie nun dem Haushalt dieser Villa angehören, ist von einer späteren Gelegenheit zweifellos auszugehen. Vulpes' Gang hat nichts Besonderes oder gar Beschwingtes an sich, da ihre Bewegungen zu Gunsten sparsamer Effektivität jeder Zier und Finesse entbehren.

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