Winken? Wanken? Nun also winkte Lepidus ab und der Iulier hörte sich an, was sein Freund zu sagen hatte.
"Es mag in der Tat sehr viel Richtiges in dem stecken, was du sagst. Dennoch gebe ich zu bedenken, dass bezüglich der Kontinuität - du sagtest, dass einmal gewonnene Stimmen nicht so schnell wieder von einem abfallen - einige Dinge noch mehr Berücksichtigung finden sollten. So ist doch mittlerweile ein Credo des Augustus vergleichsweise klar, oder? Egal ob noch zu Kriegszeiten Freund oder Feind versucht er allem Anschein nach bei vielen Entscheidungen ein möglichst neutrales Urteil zu fällen. So sind wieder Leute auf freiem Fuße, die unter dem Scheusal noch gehängt oder mindestens in die Verbannung geschickt worden wären.", führte er an. "Das ist ein politisches Zeichen - nicht zuletzt auch für den Senat und sein Wahlverhalten, wie ich meinen will.", war Dives überzeugt. Die Botschaft: Neutralität und Sachlichkeit. "Hinzu kommt aber auch, dass ich mich auf quasi verjährte Zusagen selbst von edlen Senatoren niemals einfach blindlings verlassen würde. Denn wie einem das bekommt, durfte mein Onkel Iulius Proximus spüren, als er zum Quaestor Classis kandidierte: Eigentlich in einer Umgebung und Zeit befindlich, in der es für einen Iulier nicht hätte schwer sein dürfen gewählt zu werden, fiel seine Kandidatur trotzdem durch. Und dabei hatte er noch zwei Jahre zuvor, als noch mehr Kritiker auch gegen ihn im Senat saßen, noch mehr als doppelt so viele Stimmen errungen. - Was war also passiert? Ich wage zu behaupten, dass er einfach nicht genug aufzufallen vermochte - ein Fehler, den ich nicht wiederholen möchte.", zuckte er kurz mit den Schultern, bevor er es sich nicht nehmen lassen konnte auch ein altes Sprichwort hervorzukramen: "Und zuletzt, möchte ich sagen, heißt es auch: 'Fortes fortuna adiuvat.' Den Tüchtigen hilft das Glück.", weshalb es sowieso immer schlecht war, wenn man nur nach unauffälliger, durchschnittlicher Mittelmäßigkeit strebte.
Bezüglich der Acta-Redaktion oder des für Dives selbst weit weniger ominösen (was er hier natürlich niemandem auf die Nase rieb) Verfassers eines Leserbriefes hielt der Iulier sich zurück und schwieg. Denn in der Tat war auch er der Meinung, dass es prinzipiell nicht schlecht war, wenn man einen Kaiserklienten zum Patron hatte. Andererseits war wohl aber auch wenigstens ein bisschen etwas daran, dass der Aurelius vergleichsweise noch nicht sonderlich oft als Senator in der Curia Iulia war, während der Augustus selbst - wie zuvor ausgeführt - seit dem Bürgerkrieg dem Consular Purgitius in Sachen Neutralität Konkurrenz machen zu wollen schien. Da musste man sich, so man nicht zum Candidatus principis erklärt wurde, doch durchaus Gedanken machen, wer der eigenen Kandidatur dann also die nötige Rückendeckung in der Curia geben sollte, oder nicht?
"Ja, in der Tat spreche ich vielleicht auch meinen Nachbarn Petilius Sophus ebenfalls mal darauf an. Er hat meine Wahl unterstützt, meinen Verwandten im Chaos der Befreiung Romas Schutz gewährt und im Gegensatz zur Casa Iulia wird sein Haus auch nicht gerade in der Folge der Plünderungen renoviert, sodass er auch durchaus aktuell die potenziellen Mittel haben sollte, um große Müllberge zu produzieren...", erwiderte Dives in dieser Sache, obwohl er so spontan jetzt nicht wusste, ein wie großer Müllproduzent sein petilischer Nachbar für gewöhnlich war.
"Hm. In der Tat will ich dir hier natürlich gerne helfen, mein Freund. Doch erzähle mir, weshalb lehnte ihn die Administratio Imperatoris ab? Er hat doch nicht etwa... irgendetwas angestellt?", erkundigte er sich vorsichtig. "Hier ist mein Großonkel, soweit ich weiß, nämlich sehr genau mit den Vorschriften: 'Zum Dienst im Exercitus Romanus wird nur berufen, wer frei, gesund und unverheiratet ist, keine Straftaten begangen und keine ehrlosen Tätigkeiten ausgeübt hat.' Das erfüllt er doch alles, oder?", ahnte er nicht, dass hier der Hamster wohl an anderer Stelle humpelte...