Die Gedanken Ravillas resonierten mit einer Intuition, die Clemens auch bei seiner Rede damals in Worte zu fassen versuchte. Es leuchtet ein, dass der Welt eine tiefere Ordnung zugrunde liegt. Dichter wie Denker loben gleichermaßen eine wohlgeordnete Welt, bei der jedes Teil das andere in liebevoller Detailarbeit ergänzt.
Doch warum sehnt sich nahezu jede Seele dann nach mehr? Der Gedanke scheint als einziges Teil keinen Platz im Ganzen zu haben; aber doch ist er da. Wenn alles einen Sinn hat, dann doch auch das.
Die Sonne schoss aus dem Wolken hervor und hüllte den Tempel in einen warmen, matten Glanz. Zusammen mit den warmen Worten seine Freundes hielt damit auch eine leicht berauschende Schwerelosigkeit Einzug, die den aedituus - ganz seiner Göttin getreu - mitzog.
"Ist es wirklich so schlimm bestellt um die Gleichheit? Verglichen mit den Alten und den Göttern ist mein Leben kurz. Doch sah ich so viele Menschen, die sich nach Neuem und Größeren sehnen. Gewisse Bedürfnisse sind auch jedem gemein: Alle sehnen sich beispielsweise nach Obdach, Essen, Trinken. Ein wenig Unterhaltung wäre sicher auch für niemanden falsch. Wenn wir alle etwas nach demselben streben, dann reicht das schon aus, um uns irgendwo alle zu vereinen.
Braucht es dann wirklich eine Hierarchie, um das zu befriedigen?"
Wie die Stimmung einen doch die Umstände vergessen ließ! Keinen Gedanken schenkte Clemens an die Stellung des aedilis, den er einen Moment zuvor noch zum Gespräch einlud. Ihm war dessen Person und Präsenz durchaus bewusst; doch hatten Einladung und Stimmung jede Vorsicht vor dem Amt, das hinter Flavius Gracchus wie ein schlafender Löwe lauerte, verschwinden lassen.