Die Antworten des Kaisers gefielen dem Iunier nicht besonders, aber er ließ sich nichts anmerken. Auch wenn sich einiges im Palast verändert hatte, so war eines seit der Regierungszeit von Kaiser Valerianus gleich geblieben - das sehr zentralistisch aufgebaute System. So gut wie alles lief hier im Palast zusammen und wurde in aufbereiteter Form an den Kaiser weitergegeben und von diesem letzten Endes auch entschieden. Ob es sich dabei um die Ernennung eines Kommandeurs oder Offiziers, eines Statthalters oder einem der 1890 Centurionen aus den Legionen handelte - Classis, Stammeinheiten und Auxiliares noch nicht mitgezählt. Er entschied über die Zukunft und die Karriere jedes einzelnen Mannes. Und wie es nun klang, war er sogar daran interessiert über jeden einzelnen Scriba zu entscheiden, der hier im Palast eigenstellt werden sollte. Selbst die Verleihung einer Diploma, der untersten aller zivilen Auszeichnungen, die sich der Ausgezeichnete höchstens an seine Wand hängen konnte und die recht bald irgendeinem aus den unterschiedlichsten Gründen verliehen werden konnte, war dem Kaiser vorzulegen.
Für den Iunier, der als Procurator am Kaiserhof auf der gleichen Stufe wie ein Präfekt einer Auxiliares oder der Legionen in Aegyptus stand und ausreichend Erfahrung mit sich brachte, war diese aufgezwungene Unselbstständigkeit nicht ganz verständlich. Vor allem da es im Gegenzug auch bedeutete, dass der Kaiser mit einem fast übermenschlich wirkenden Arbeitspensum konfrontiert wurde. Vielleicht war es auch gerade diese Abhängigkeit und Bevormundung, die mittlerweile viele Senatoren und Eques zurückschrecken ließ, sich aufzuraffen und nach dem Bürgerkrieg einem neuen Verwaltungsamt oder einem militärischen Kommando anzunehmen. Doch wer war schon der neue Procurator, als das er diese Gedankengänge an seinem ersten Arbeitstag dem Kaiser des römischen Reiches mitteilen konnte. Er nickte daher nur und machte sich dementsprechende Notizen.
"Wie du wünscht mein Kaiser."
Da er nun auch schon einige Aufgaben und Informationen zusammen hatte und von seiner Seite aus mit den offenen Punkten fertig war, ordnete er kurz die Unterlagen auf seinem Schoß, bevor er zum Kaiser aufsah.
"Von meiner Seite wäre es das gewesen. Gibt es noch Aufgaben oder Punkte, die du mir mitgeben oder besprechen möchtest?"