Area | Dunkle Träume -Dunkle Gestalten

  • Auf dem Weg zurück zur Villa war ich brav neben der Sänfte des Flaviers her getrottet. Auch wenn scheinbar alle Passanten, an denen ich vorbeilief, mir nachschauten und sich wunderten, weshalb ein Vertreter der römischen Aristokratie sich nur einen Sklaven leisten konnte, der verdreckt war und stank und dessen Kleider zerrissen waren, war ich einfach nur froh, endlich den Carcer hinter mir gelassen zu haben.


    In der Villa dann hatte ich endlich Gelegenheit, mich zu waschen und neu einzukleiden. Eine größere Essensration gestand man mir auch zu. Irrte ich mich oder hatte ich bereits die Vorzüge des römischen Lebens zu schätzen begonnen? Auf jeden Fall fühlte es sich einfach nur gut an, wieder sauber und satt zu sein.


    Irgendwie hatte ich gehofft, Scato würde mich noch einmal zu sich zitieren, um mit mir über das zu sprechen, was sich in den letzten Tagen ereignet hatte. Doch er verlor darüber kein Wort mehr. Seinen Dank, den er am Morgen im Carcer kleinlaut und ziemlich verkühlt an mich gerichtet hatte, war schon mehr, als man von ihm hätte erwarten können.
    Nachdenklich verrichtete ich daher mein Tagewerk und erwischte mich immer wieder dabei, dass ich grübelnd innehielt. Es war irgendwie seltsam. Im Grunde war ich ja froh, dass ich wieder hier in der Villa war, die doch so etwas wie eine Art Zuhause für mich geworden war auch wenn ich nie ganz mein Ziel, eines Tages wieder nach Hause zu kommen, aufgegeben hatte.


    Am Abend ließ ich mich erschöpft auf meinem Lager nieder. Nicht einmal das Schnarchen meiner Mitbewohner konnte mich davon abhalten, relativ schnell einzuschlafen. Wie in vielen Nächten zuvor, beförderten mich meine Träume wieder zu jenem Augenblick, in dem ich meine Frau und meinen Sohn sterben sah. Und dann ganz plötzlich fand ich mich in diesem seltsamen Traum wieder, den ich vor einigen Nächten schon einmal geträumt hatte. Wieder lief ich auf der nassen Straße und wieder glaubte ich, von dunklen Gestalten verfolgt zu werden. Ich begann zu rennen, stolperte aber und stürzte in ein tiefes dunkles Loch. Dieser Ort glich meiner Zelle, in der ich noch am Morgen gesessen hatte. Allerdings entdeckte ich an der Stelle der Tür nur grob behauene Steine, die undurchdringlich waren. Ein banges Gefühl machte sich breit, da ich schnell begriff, dass ich nicht allein war. Wieder tauchten sich windende Tentakel aus dem Nicht auf und wollten sich meiner bemächtigen. Doch diesmal kam mir Aislin nicht zu Hilfe…


    Als meine Träume drohten, mich ganz und gar mit in ihre Abgründe zu reißen, erwachte ich schweißgebadet und stürzte aus meinem Bett. Ich nahm mir nicht einmal die Zeit, mir eine Tunika überzustreifen. Ich musste hier raus. Einfach nur raus, denn sonst drohte ich zu ersticken.


    Im Dunkeln rannte ich durch die Gänge, die mich irgendwann im Hof ausspuckten. Dort stolperte ich über irgendetwas, was mir im Weg gelegen hatte, so dass ich strauchelte und mich gerade noch rechtzeitig mit meinen Armen abfangen konnte als ich stürzte.
    Leise fluchend hielt ich mein linkes Knie, welches ich mir bei meinem Sturz aufgeschürft hatte.
    Die Nacht war kalt und klar. Aber die Kälte machte mir nur wenig aus. Ich war ja keiner von diesen verweichlichten Römern, die bereits bei dem ersten Tröpfchen Regen in Panik verfielen. Die Winter in meiner Heimat waren durchaus kälter und ungemütlicher.
    Wenn ich mein Augenmerk gen Himmel gerichtet hätte, dann hätte ich eine Unmenge Sterne erblicken können, die leuchtend am Firmament standen. Doch das tat ich nicht. Keuchend blieb ich an der Stelle hocken, an der ich gelandet war und versuchte, wieder meinen Atem zu beruhigen. Im Licht der Sterne kam mir der ausgestoßene Atem wie weißer Rauch vor.
    „Warum verfolgst du mich? Lass mich endlich in Frieden!“ stieß ich schluchzend aus und erwartet natürlich keine Antwort, da ja niemand da war, der mir auf meine Frage eine Antwort hätte geben können.


    Sim-Off:

    Reserviert

  • Scato hatte die letzten Tage kaum ein Auge zu bekommen. Der Senat war eher zwiegespalten was seine bevorstehende Kandidatur anging, bei den Göttern, selbst bei seiner Familie war er sich der Unterstützung nicht vollends gewiss, und so sehr er sich darum bemühte seine kühle, berechnende Fassade auch in dieser Krise aufrecht zu erhalten, so sehr bohrten die Gedanken in seinem Kopf, kreisend krallten sie sich tief in seinem Inneren fest, war die Kandidatur ein Fehler? Vielleicht. Würde er aufgeben? Niemals. Er kannte seine Fähigkeiten, er wusste wozu er fähig war, welche Ambitionen er hatte, und was ihn sein langjähriges Studium in Athen gelehrt hatte. Doch die Tatsache dass er dies dem Senat nur unzulänglich hatte vermitteln können, ging nicht spurlos an ihm vorbei.
    Der junge Flavier wälzte sich in seinem Bett, der Raum, für gewöhnlich recht groß, ausreichend, so würde es Scato an guten Tagen sagen, wurde unerträglich klein, beklemmend, die Dunkelheit, die Stille, seine Sinne wurden nicht mit Reizen überflutet, und dennoch waren diese erdrückenden Impressionen unerträglich.
    Er richtete sich auf, zog einen feinen Umhang über seine Tunika, schlüpfte achtsam in seine Sandalen und ging an die frische Luft.
    Er ging ein paar zaghafte Schritte, sah die Sterne, und den leicht rötlichen Schimmer der sich über den Nachthimmel legte ob all der Lichter die noch immer in der Stadt brannten. Es war eigentlich nicht die Art des jungen Flaviers in eine Form der Melancholie abzugleiten, und dennoch konnte er sich dieser in diesem Moment nur schwerlich entgegensetzen. Sein Start in den Cursus Honorum, obgleich sehr spontan, so war er direkt sehr holprig. Er wusste um die Gepflogenheiten der Gesellschaften, und er hoffte, dass er all dies wieder hinbiegen könnte, eventuell während seiner Amtszeit, wenn es denn dazu käme, doch momentan schwand die Hoffnung, und Pessimismus machte sich breit...
    Seine Beine trugen in noch einige Schritte, als er plötzlich eine Stimme hörte. In der Dunkelheit konnte er diese schwerlich zuordnen, im seichten Licht der Lampen sah man nur Umrisse, Schemen, doch Scato, bemüht seine innere Unruhe zu verbergen, antwortete gewohnt kühl und bedacht..
    "Ich habe keinerlei Ambitionen dir zu folgen.", antwortete er der Gestalt, welche ohne Zweifel zum flavischen Haushalt gehörte, auch wenn er nicht wusste ob es sich um einen Sklaven, einen Angestellten oder einen Verwandten handelte, und er seine Antwort deshalb so neutral wie möglich formulierte.

  • Leise vor mich hin schluchzend kauerte ich, einem Häufchen Elend gleich, auf dem Boden. Mein Knie brannte ein wenig, wahrscheinlich blutete es auch. Aber das war natürlich nicht der Grund, weshalb ich so verzweifelt war. Es waren meine Träume, die mich verzagen ließen. Träume, in denen des Nachts die Schatten der Vergangenheit mich zu peinigen versuchten und dunkle Gestalten, die mich verschlingen wollten. Wenn dies nur ein simpler Alpdruck gewesen wäre, der kam und auch wieder ging, dann wäre alles nicht so schlimm gewesen. Doch diese Träume waren anders gewesen, sie kamen immer wieder, fast jede Nacht… und sie wirkten so… real.


    Als sich jedoch wider Erwarten scheinbar aus dem Nichts eine Stimme erhob, die mir zu antworten schien, erschauerte ich bis tief ins Mark. Das war doch nicht möglich! Träumte ich etwa noch immer oder wollten mich meine Sinne nun vollends verwirren? Ganz gleich was es war, blitzschnell kehre meine Körperspannung wieder zurück. Sofort schoss ich hoch und wandte mich suchend um. Die läppische kleine Verletzung an meinem Knie hatte ich längst schon wieder vergessen. Recht bald erkannte ich einige Schritte hinter mir die Umrisse eines dunklen Schattens. Aufgrund der mangelhaften Lichtverhältnisse konnte ich nicht erkennen, um wen es sich bei der in einem Umhang verhüllten Gestalt handelte. Ich glaubte wieder in meinen Traum zurückgerissen worden zu sein, in dem sich mir nun diese dunkle Gestellt entgegengestellt hatte, deren Tentakel wahrscheinlich sogleich aus dem Dunkel erscheinen würden, um mich gierig zu packen und mit sich zu reißen.
    Doch so einfach wollte ich mich dieser Kreatur nicht ergeben. Mutig stellte ich mich ihr entgegen.
    „Was willst du dann von mir? Alles was mir lieb und teuer war besitzt du doch schon!“, blaffte ich zurück.
    „Wenn du nun auch noch mein Leben willst, dann bist du zu spät. Denn selbst das gehört mir nicht mehr. Vor ein paar Tagen, als dieser Irre den Römer abstechen wollte, da hättest du es dir nehmen können, “ fügte ich noch verbittert hinzu und wartete ab, was nun passieren würde.

  • So langsam fiel der Groschen, diese Gestalt vor ihm war sein eigener Sklave, Angus, und er redete mehr als seltsame Phrasen. Hatten diese wenigen Stunden im Carcer ausgereicht um ihm den Verstand zu rauben? Scato hob verstört die Augenbrauen, ihm missfiel die Art wie sein Sklave wie er mit ihm sprach, "Hör auf so einen Unfug zu reden! Wie redest du mit mir?", echauffierte sich Scato und ging ein paar Schritte auf Angus zu, "Reiß dich zusammen Angus, wie siehst du überhaupt aus?!, fragte der junge Flavier, denn sein Sklave war offensichtlich nicht einmal vernünftig gekleidet...

  • Mit wirklich allen Paradoxien hatte ich gerechnet, da ich der festen Überzeugung war, mein Traum sei nun grausame Wirklichkeit geworden. Doch wenn ich nicht so durch den Wind gewesen wäre und einen Moment einen klaren Gedanken gefasst hätte, dann hätte mir eigentlich klar sein müssen, dass diese Gestalt dort nicht die leibhaftig gewordene Kreartur aus meinem Traum sein konnte.


    Ich war wie vor den Kopf gestoßen, als bei mir langsam durchsickerte, dass die Stimme meinem Dominus gehörte. Als er mir entgegentat, konnte ich im Dämmerlicht endlich sein Gesicht erahnen. Ungläubig wich ich ein zwei Schritte zurück und wäre dabei beinahe auch noch gestolpert. Mich fröstelte auf einmal, was allerdings nicht ungewöhnlich war. Denn selbst dem stärksten Burschen wird nach einiger Zeit in einer winterlichen Nacht kalt, wenn er nur mit einem Lendenschurz bekleidet ist.


    „Du bist das?“ fragte ich schließlich. „Du bist es wirklich.“ Ein Anflug der Erleichtung war in meiner Stimme erkennbar. Langsam fragte ich mich, was nur mit mir los war. Der Römer musste ja glauben, ich sei verrückt geworden.
    „Ver... äh verzeih Dominus,“ begann ich zu stammeln, nachdem ich mich geräuspert hatte. „Ich… ich konnte nicht schlafen und da… ja, da musste ich einfach an die frische Luft.“

  • Scato hob erneut seine Augenbrauen, er war etwas überrascht ob der offensichtlichen Verwirrung seines Sklaven, und mit einer abwägenden Lippenbewegung überlegte er wie seine angemessene Reaktion auf diese Tatsache aussehen würde..
    "Nun, das ist offensichtlich Angus, sonst würdest du nicht so vor mir stehen.", antwortete Scato ernst, und blickte in die Nacht hinaus, ein schweres Ausatmen entfuhr ihm, als er seinen Blick erneut auf den Himmel warf, "Es mag dich überraschen, obgleich wir wenig gemeinsam haben, so fand auch ich an diesem Abend keinerlei Schlaf, auch wenn unsere Gründe grundverschieden sein sollten.", war sich Scato sicher, denn was Verstand ein Sklave schon Politik, von Wahlen, und solch schwerwiegenden sowie belastenden Tagen welche vor dem jungen Flavier standen. Doch vielleicht vermochte sein Sklave ihn abzulenken, ihn zu zerstreuen, denn ein wenig Ablenkung konnte der angehende Politiker schon gebrauchen..
    "Erzähle mir Angus, was ist geschehen? Du schienst sehr aufgebracht. War es die Zeit im Carcer?", fragte Scato, und setzte sich auf einer der kühlen Steinbänke welche draußen standen. Nach einem kurzen zögern, immerhin war Angus ein Sklave, noch dazu sein Sklave, bot Scato auch ihm zögerlich einen Platz an, auf einer anderen Bank versteht sich..

  • Der Römer musste nun wirklich denken, ich sei jetzt völlig übergeschnappt. Mir selbst war ja meine Reaktion auch total peinlich. Aber was gesagt war, war eben gesagt und es war ganz klar, dass Scato nun auch eine Erklärung forderte.
    Dass wir beide grundverschieden waren und so gut wie nichts gemeinsam hatten, hätte ich ihm auf der Stelle unterschreiben können. Interessant dabei fand ich allerdings der Aspekt, dass auch er nicht hatte einschlafen können, warum auch immer.
    Na ja, ich hatte eigentlich gehofft, ihm bereits einen triftigen Grund zu liefern, weshalb ich hier draußen war. Aber mein ganzes Gebaren hatte wohl Anlass dazu geboten, noch einmal genauer nachzuhaken, was mir letztlich sehr unangenehm war. Dieser Mann vor mir war beileibe kein guter Kumpel, dem man irgendwelche persönlichen Vertraulichkeiten zutrug. Drum blockte ich erst einmal mal ab, als er den Carcer erwähnte.


    „Ach nein, der Carcer hat mir wenig ausgemacht, “ log ich und tat so, als hätte ich diese Episode auf die leichte Schulter genommen. Aber verdammt nochmal, es gab es für mich nichts schlimmeres, als eingesperrt zu sein. Mal ganz abgesehen davon, dass ich im Carcer auch noch die Bekanntschaft mit der Peitsche gemacht hatte. Außerdem wollte ich mir nicht noch ganz die Blöße geben und vor ihm herumzujammern, wie furchtbar es mir ging und wie beschissen mein Leben doch war.


    Scato nahm schließlich auf einer der Steinbänke Platz. Ihn zog es anscheinend noch nicht so schnell in sein warmes bequemes Bett zurück, denn nach einer Weile bot er auch mir den Platz auf der benachbarten Bank an. Mindestens genauso zögerlich setzte ich mich. Ich fror bereits jetzt schon und die steinerne Bank machte ganz und gar nicht den Eindruck, als dass sie warm und mollig war. Warum war ich auch halbnackt herausgerannt, ich hiernverbrannter Idiot!? Na ja und außerdem fand ich es nicht gerade prickelnd, direkt neben ihm zu sitzen.


    Eine Weile blieb ich erst stumm dort hocken, biss die Zähne zusammen, damit ich nicht bibbern musste und überlegte nebenbei noch, ob ich ihm wirklich von meinem Traum erzählen sollte. Das kam mir total idiotisch vor, denn ich konnte mir nicht vorstellen, dass ausgerechnet Scato sich interessierte, was in mir vorging.
    „Ich sehe immer wieder ihre Gesichter vor mir und den Augenblick, als sie starben,“ begann ich irgendwann ruhig und sachlich zu erzählen. „Aislin... meine Frau hat freiwillig den Tod gewählt und hat unseren Sohn mitgenommen, denn sie wusste, was ihnen bevorsteht.“ Ich wünschte, ich hätte ihr damals auch nachfolgen können. Doch es war alles anders gekommen. Wieder entstand eine Pause, die nicht ganz ungewollt war, denn eigentlich glaubte ich, ihm bereits schon viel zu viel anvertraut zu haben.
    „Und dann taucht da immer wieder diese dunkle Gestalt auf, die alles mit sich reißen will und gegen die ich meistens keine Chance habe.“ Inzwischen hatte ich meine Beine angezogen und hielt sie mit meinen Armen eng umschlungen am Körper. So war ich wenigstens ein bisschen gegen die Kälte geschützt.

  • Scato hörte sich die Worte an welche aus Angus Mund nur zögerlich zu entfliehen schienen, und zunächst blieb er stumm..
    Nach einer kurzen Bedenkpause, welche er sich gönnte, immerhin sprach er ja hier mit seinem Sklaven, und es war nicht umgekehrt, begann Scato sein philosophisches Repertoir, welches er sich in Athen angeeignet hatte, zur Anwendung zu bringen..
    "Nun.. Angus..", begann Scato langsam zu sprechen, "Ich weiß du verabscheust mich und die meinen.", sprach Scato ziemlich kühl und mit einem eisigen Blick in den Garten hinaus, "Glaube mir, ich bin nicht so sehr von Ignoranz und Eitelkeit durchdringt, dass ich deine Motive nicht verstehen würde, und deine Familie, wäre es die meine, auch ich würde sicher trauern." erklärte der Flavier und bemerkte dass es Angus fröstelte, einen Umstand, welchen er für diesen Moment überging, "Und dennoch, es gibt nichts was du zu befürchten hast. Deine Familie, nun, ich weiß nicht wie dein Wissen über unsere Gepflogenheiten sind, jedoch solltest du ihnen gedenken, sie wachen über dich, sowie deine Ahnen über sie wachen." belehrte ihn Scato, und hoffte natürlich auch ihm die römische Kultur näher zu bringen, "Diese schwarze Gestalt, vielleicht sind es deine Ahnen welche klagen, du solltest ihnen während der Parentalia etwas opfern, schaden kann es ja nicht." auch wenn Scato kurzzeitig helfen wollte, so kamen seine Worte wohl mehr als Ignorant, und als plumper Versuch der Romanisierung Angus' rüber, ein Umstand, der dem jungen Flavier nicht wirklich auffiel..
    "Aber eventuell ist es auch einfach die Veränderung, in diesem Haus, fernab der Heimat, der Familie, eine Situation welche auch ich nur zu gut kenne. Auch mich plagte die Schlaflosigkeit, sowie auch in diesen Tagen, doch auch das wird vorübergehen.", sprach Scato nun etwas ruhiger, und blickte Angus kurz an"Doch, zieh dir was an, wenn du dich erkältest wirst du wohl kaum in der Lage sein mich erneut zu beschützen. Und wenn du schon einmal drinnen bist, bringe doch eine Schale Oliven mit.." schlug er vor, auch wenn der Vorschlag eher ein, der Situation entsprechend, nett verpackter Befehl war..

  • Irrte ich mich, oder versuchte der Römer mich gerade zu trösten? Er tat das auf seine ganz typische belehrende Art, wie er es oft zu tun pflegte. Doch dabei erkannte ich, dass unsere Vorstellungen von dem, was nach dem Leben kam, nicht besonders weit auseinandergingen. Natürlich wusste ich, dass Aislin und unser Sohn nun an einem anderen, einem viel besseren Ort waren. Und natürlich warteten sie dort auch auf mich. Genauso wie mein Vater und meine Mutter, die bereits vor einigen Jahren gestorben waren, dort auf mich warteten. Dass man seinen Ahnen opfern konnte, war mir allerdings neu und daher zeigte ich gerade an diesem Punkt besonderes Interesse.
    „Ich weiß, dass sie nun in einer anderen Welt sind und dort auf mich warten. Der Tod ist nicht das Ende. Er ist nur der Beginn von etwas Neuem. Doch wie kann ich ihnen ein Opfer bringen? Was muss ich da tun? Gibt es dafür einen besonderen Ort? Ich weiß, ihr baut euren Göttern Tempel und sperrt sie darin ein. Unsere Götter hingegen sind allgegenwärtig. Sie leben zum Beispiel in Flüssen und Quellen oder in Bäumen.“ antwortet ich und hätte beinahe schon vergessen, dass ich ja eigentlich fror. Doch der Flavier musste bemerkt haben, dass ich vor Kälte wie Espenlaub zitterte. Drum ließ ich es mir nicht zweimal sagen und ging ins Haus.
    Nachdem ich mir eine Tunika, Sandalen und eine wollene Paenula übergestreift hatte, suchte ich mir den Weg in die Küche. Unterwegs fand noch ein Öllämchen und nahm es mit, damit ich unterwegs nicht wieder stolperte.


    Nach einer Weile kehrte ich mit einem Tablett in der Hand in den Hof zurück. Neben dem Lämpchen hatte ich ein Schälchen mit Oliven und zwei Becher mit herrlich duftendem heißem Würzwein auf das Tablett gepackt.
    „Ich dachte mir, etwas Warmes kann nicht schaden,“ kommentierte ich meine Entscheidung, als ich Scato den dampfenden Becher reichte. Die Oliven stellte ich neben ihm ab, genauso wie das Lämpchen. Dann setze ich mich wieder.


    „Du meinst, diese Träume werden eines Tages vergehen? Meinst du wirklich?“ fragte ich, um dort wieder anzuknüpfen, wo wir zuvor stehengeblieben waren.
    „Übrigens“, fügte ich etwas noch später hinzu. „Ich verabscheue dich nicht… nicht wirklich,“ entgegnete ich einen Moment später. „Zugegeben, als ich dich zum ersten Mal sah, hatte ich nur Verachtung für dich übrig. So hatte ich mir früher immer den typischen Römer vorgestellt… arrogant, dekadent und selbstsüchtig.“ Ein bisschen war ich schon selbst über meine Freimütigkeit überrascht. Aber da gerade er dieses Thema angeschnitten hatte, wollte ich ihm auch meine Meinung kundtun und ihm nicht noch mehr Honig ums Maul schmieren. „Aber ich gelange allmählich zu der Überzeugung, dass sich der wahre Scato nur hinter dieser Fassade versteckt. Was ich damit sagen will, ich hätte es weitaus schlimmer treffen können. Und eigentlich bin ich froh, dass ich hier gelandet bin. Ich hoffe, du nimmst mir meine Offenheit nicht zu sehr übel.“ Und wenn doch, dann war es halt eben so…

  • Scato war überrascht über die Offenheit seines Sklaven, nicht negativ, eher darüber was für Gedankengänge der vermeintliche Barbar zu haben schien, er hatte ihn wohl intelektuell weit unterschätzt, eine freudige Überraschung, nicht nur wegen der Summe welche er in ihn investiert hatte, sondern weil auch er, ähnlich wie Lupus, irgendwann einmal mit Rat und Tat zur Stelle sein könnte, eine Eigenschaft welche ein guter Dominus forcierte, und zu fördern hatte, konnte doch jeder dahergelaufene Bauer mit genügend Kraft den Posten des Leibwächters bekleiden.
    Doch nachdem Scato seine gewohnt strategischen Überlegungen beiseite gelegt hatte, kam er auf die Parentalia, und das seltsame Verständnis auf den römischen Glauben zurück, welchen Angus zu haben schien..
    "Nun, zur Zeit ist Parentalia, man opfert seinen Ahnen kleine Gaben wie getränktes Brot oder Früchte an den Gräberstraßen, oder eben den Ahnenschreinen. Doch ich bin mir sicher dass ein Opfer auch die Ahnen erreicht, wenn du keinen speziellen Ort zum opfern hast, schließlich wachen sie über dich, und wie könnten sie das, so weit entfernt?", erklärte Scato nüchtern, und fragte eher rhetorisch, hatte er doch eine recht gefestigte Vorstellung seines Glaubens, "Und wir sperren unsere Götter nicht ein, wir ehren sie mit prächtigen Bauten, und bewahren unseren Frieden mit ihnen. Wer wären wir, unsere Götter in die Gefangenschaft zu zwingen?" sprach er weiter.
    Sein Blick folgte Angus kühl in die Villa und wieder hinaus, und zu seiner Freude hatte er noch einen Bonus zu den Oliven mitgebracht, der Bursche wurde ein richtig guter Untergebener, Scato war zufrieden, und nickte kurz als Zeichen des Dankes..
    Als Angus weitersprach, war der junge Flavier noch viel überraschter von seiner Offenheit, und er wusste für einen Moment nicht so recht, ob er eingreifen, oder ihn gewähren lassen sollte, jedoch entschied er sich für letzteres, denn nicht nur war es eine gute Übung für die Politik, sondern Scato schätzte Ehrlichkeit, einiger weniger zwar, aber nun da er Angus als aussichtsreichen Sklaven für sämtliche Lebenslagen erkannt hatte, gestand er diesem etwas mehr Offenheit zu..
    "In der Tat.", gab er zurück, noch immer mit wenig Anzeichen positiver Stimmung, aber ebenso wenig irgendeinem Anzeichen von Unwohlsein, "Nun, ich kann nicht behaupten dass du deinen Zorn gut versteckt hättest." sagte Scato etwas süffisant, und quittierte Angus' Analyse seines Charakters zunächst mit einem Anflug eines Grinsens, bevor er doch noch antwortete, "Es freut mich natürlich dass du dich in deiner Aufgabe langsam einfindest. Und ja, vielen Sklaven der Flavii geht es besser als so manchem Römer." schließlich gab es genug römische Bürger in den Armenvierteln, welche täglich von der Hand in den Mund leben mussten, und nicht wie die Sklaven eine saubere, warme Unterkunft, frisches Essen, und die Aussicht auf einen kleinen Verdienst und Freizeit hatten. Doch Scato fuhr fort, "Eventuell können wir uns darauf einigen dass der, wie du so sagst, wahre Flavius Scato, durchaus verschiedene Charakterzüge hat. Die Welt der Politik und der hohen Gesellschaft erfordert eine gewisse Kälte, einen großen Ehrgeiz, und eine Abwägung zwischen Moral und dem erreichen des Ziels. Jedoch bin auch ich nicht gänzlich vor den allzu menschlichen Gefühlen gefeit, auch wenn ich diese oftmals gut zu unterdrücken verstehe. Habe ich ein Ziel, dann will ich es erreichen, und es gibt wenig dass mich zum Einhalten verleiten kann." Scatos Blick flackerte ein wenig, als sich der brennende Ehrgeiz in ihm Gehör verschaffte, bevor er wieder etwas ruhiger wurde, "Aber eventuell hat Lupus dir auch schon berichtet dass ich durchaus Loyal zu meinen Vertrauten bin, seien es nun andere ehrenhafte Römer,..", Scato hielt kurz inne, und erhob ganz kurz nur seinen Becher, "...oder mir gut gediente, ebenfalls loyale Sklaven."

  • Naja, ich hatte ja bisher wirklich nicht viel am Hut mit der Religion der Römer. Klar, die Namen von ein paar ihrer Götter waren natürlich auch mir geläufig. Zumal in den römischen Siedlungen in Britannia die Tempel und Heiligtümer wie Pilze aus dem Boden sprossen. Aber einen solchen Tempel hatte ich noch nie von innen gesehen. Umso interessanter fand ich es, als Scato mich sozusagen aus erster Hand aufklärte.
    Anfangs wollte ich ihn noch mit dem Einwand unterbrechen, dass die Gräber meiner Verwandten oder die Asche meiner Frau und meines Sohnes unerreichbar für mich waren. Doch das ließ ich schön brav sein. Natürlich war mir schon längst aufgegangen, dass diese nächtliche Begegnung etwas ganz Besonderes war, die sich wahrscheinlich so schnell nicht wiederholen würde. Also tat ich gut daran meinen Dominus nicht zu sehr zu verärgern. Vielleicht stieß ich ja nebenbei auf ein paar gutverwertbare Informationen, die mir mein Leben als Sklave erleichtern konnten.


    Als ich wieder auf der Steinbank Platz genommen hatte, hielt ich den Becher mit dem dampfenden Würzwein in Händen und wärmte mich erst einmal daran, bevor ich zum ersten Schluck ansetzte. Dieser Wein roch nicht nur gut er schmeckte auch einfach fantastisch. Die Römer wussten eben zu leben, das musste man ihnen schon lassen.
    Und ich war auch erstaunt darüber, dass der Flavier meine kritischen Worte nicht unterbunden hatte oder mich gar dafür maßregeln wollte.
    Auch ich musste unwillkürlich Grinsen, als er davon sprach, wie er unser erstes Zusammentreffen erlebt hatte. „Ja, ich muss zugeben, da war ich sehr zornig. Allerdings sollte man aber nicht vergessen, dass ich einige Stunden zuvor auf einem Holzpodest wie ein Stück Vieh zum Kauf angeboten wurde und man mich in Ketten durch halb Rom geschleift hatte.“ Dann erinnerte ich mich plötzlich daran, wie Aislin mich immer als besonders friedfertig beschrieben hatte…
    „Dabei war ich einer der wenigen, der die Männer in meinem Dorf zur Besonnenheit aufgerufen hatte. Doch leider war ich damit nicht besonders erfolgreich, wie man sieht…“ Noch einmal führte ich den Becher zu meinem Mund und nahm diesmal einen besonders kräftigen Schluck, um die dunklen Gedanken, die sich schon wieder auszubreiten versuchten, hinfort zu schwemmen.


    „Dennoch werde ich nie damit aufhören, meinem alten Leben nachzutrauern,“ gab ich nach einer Weile zu bedenken, um ihm ganz schnell klarzumachen, dass ich mich noch lange nicht damit abgefunden hatte, auf immer und ewig unfrei zu sein. Natürlich war das Leben in Rom ein ganz anderes. Alleine schon die Tatsache, dass ich in dieser riesigen Stadt gefangen war, verursachte in mir ein befremdendes Gefüh im Magenl. Mir fehlte das Grün der Wälder und Wiesen, das klare kühle Wasser des Flusses, der sich in der Nähe unseres Dorfes entlang schlängelte, um sich nach einem halben Tagesritt schließlich ins Meer zu ergießen.


    Doch recht schnell richtete ich wieder meinen Fokus auf das, was er über seine Charakterzüge zu sagen hatte. Ich fand es sehr aufschlussreich, auch wenn ich wenig von Politik oder, wie er es nannte, der „hohen Gesellschaft“ verstand. Dass er von Ehrgeiz beseelt war, war unübersehbar. Und auch hier entdeckte ich plötzlich eine Gemeinsamkeit. Allerdings war mein Ehrgeiz von ganz anderer Natur geprägt.
    „Auch ich habe in Ziel vor Augen, welches ich mit jeder Faser meines Körpers vorantreiben werde,“ meinte ich und ließ daran keinen Zweifel, wie ernst es mir damit war. „Du kannst dir meiner Loyalität sicher sein, wenn dies der Weg ist, um eines Tages wieder frei zu sein.“

  • Das Argument mit dem Holzpodest und der Versteigerung wirkte auf Scato einigermaßen schlüssig, er hatte viele seiner Sklaven seit seiner Kindheit, oder seiner Jugend, und diese waren ihm selten zugeführt worden bevor sie sich gänzlich mit ihrem Schicksal arrangiert hatten, sodass Scato noch keinen Sklaven hatte der einigermaßen ungezähmt war, zumindest nicht in seinem direkten Umfeld. Er nickte verständnisvoll als Angus ihm von seinen Gefühlen berichtete, und auch seiner Rolle im "Dorf", was für Scato wie ein herrliches Klischee aus den Geschichten und Schriften klang, hatte er doch selbst stets in größeren Städten gelebt, und konnte sich ein Leben auf dem Dorf nur schwerlich vorstellen..


    "Es ist gut dass du ein Ziel vor Augen hast Angus, das hält die Sinne scharf, und stärkt den Charakter.", erklärte Scato zunächst etwas belehrend, wohlwissend dass Angus mit seiner darauffolgenden Aussage ein ihn brennend interessierendes Thema angeschnitten hatte, und sicherlich sehnsüchtig auf die Antwort Scatos wartete, "Auch wenn ich hoffe dass du mir einmal für mehr als nur dein Ziel loyal bist, so kann ich deinen Willen bestärken. Wenn du mir gut Dienst, so sollst du deine Freiheit eines Tages wiedererlangen. Ich weiß nicht wann, doch zeige gehorsam, und ich stelle sicher dass du diese auch noch ausleben kannst." gab ihm Scato zu verstehen und nippte erneut an seinem Becher. Es war nicht so dass der junge Flavius in seinem tiefsten Inneren ein Philantrop war, ganz und gar nicht, sein Ehrgefühl verlangte es, selbst einen Sklaven für gute Dienste zu belohnen, und welches Geschenk könnte größer sein?

  • Nein, die Sehnsucht nach meiner verlorenen Heimat und dem Leben, das ich geführt hatte, würde niemals vergehen. Ich vermisste es, auf die Jagd zu gehen, die Arbeit mit dem Vieh, die Ausritte auf meinem Pferd. Ganz gewiss würde ich mich auch noch in ein paar Jahren dabei erwischen, wenn ich all diesen Dingen nachweinte.


    Natürlich war der Flavier hocherfreut darüber, was da soeben aus meinem Mund gedrungen war. Einen besseren Sklaven konnte man sich wahrscheinlich kaum wünschen. Doch ob meine Loyalität jemals über das hinaus ging,was nötig war, um mein Ziel zu erreichen… Nun ja, das war fraglich. Trotz allem stand Scato auf der anderen Seite. Er mochte sich vielleicht mir gegenüber erkenntlich zeigen, für dass, was ich leistete, ja mir sogar die Freiheit versprechen, doch so etwas wie ein Freund, dem man ewige Treue schwörte, war er bei Leibe nicht.


    „Ich danke dir für deine Versprechen… dass du mir eines Tages die Freiheit in Aussicht stellst.“ Wenn der Tag der Freiheit endlich gekommen war, würde ich endlich Rache nehmen können. Vielleicht würden dann auch meine Träume verschwinden. Ich würde nicht eher ruhen, bis ich den Verräter, der unser Dorf ins Verderben gestürzt hatte. Erst dann, wenn ich ihn von seinem jämmerlichen Leben befreit hatte…
    „Aber ich hätte da noch... eine Bitte…, Dominus.“

  • Scato trank einen Schluck und griff eine Olive als Angus schließlich eine Bitte an den Flavier hatte. Eigentlich ein Affront, und hätte Scato nicht so eine seltsam offene Stimmung in sich getragen, so hätte er Angus wohl zurecht gewiesen, doch es konnte ja heute nicht schaden sich das mal anzuhören, schließlich war der Flavier für jede Ablenkung dankbar...
    "Eine Bitte? Nun.. Ich muss sagen, das ist unkonventionell, doch ich höre sie mir gerne an.", sprach Scato und fragte sich was wohl jetzt kommen würde, allzu groß dürfte die Bitte ja nicht sein, schließlich dachte, und hoffte er, dass sich Angus trotz dieses privaten Gesprächs seiner Rolle weiterhin bewusst war..

  • War ich den jetzt vollkommen übergeschnappt? Wie kam ich nur auf die Idee, ihn um etwas zu bitten? Mein Heimweh musste wohl mit mir durchgegangen sein. Oder wirkte bereits der Wein? Apropos Wein, bevor ich weiter reden konnte, musste ich zuerst noch einen Schluck trinken.
    Ja, also um was wollte ich ihn denn nun bitten? Um einen Ausflug zu Pferd, um dann anschließend jagen zu gehen? Dem würde er wohl kaum zustimmen. Scato war nicht der Typ, der die Stadt verließ, um sich dann auf dem Rücken eines Pferdes durch die Landschaft tragen zu lassen und um dann irgendein Tier zu erlegen, dessen Fleisch anschließend am Lagerfeuer gebraten wurde.
    „Ich habe mir gedacht… es wäre doch gut, wenn… wenn ich etwas mehr Übung bekäme… um dich besser beschützen zu können, meine ich.“ Meine Güte, musste ich jetzt auch noch stottern?

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