Ordnung muss sein

  • Am nächsten Tag entschloss sich Pacatus, die Decuriones mit weiterem Futter für Diskussionen zu versorgen. Diesmal hatte er die Marktordnung, beziehungsweise deren Entwurf aus den Tiefen seiner Regale hervorgeholt. Wieder bat er ums Wort, erhielt es auch und wandte sich an die Mitglieder des Ordo.


    "Werte Decuriones. Ich möchte, dass nach der ruhmvollen Stadterhebung in unserem Municipium auch alles nach Recht und Ordnung vor sich gehen kann, einen Entwurf für eine Marktordnung Eurer geschätzten Aufmerksamkeit zuführen. Auch hier hat es eine längere Weile gedauert, bis dieses Werk vollendet werden konnte. Aber, wie Ihr wisst, gute Arbeit braucht ihre Zeit. Das ist hier nicht anders als in Roma, wo man sich hin und wieder auch Zeit lässt. Ich habe versucht, in diesem Entwurf einerseits den Bedarf an Regelungen auf ein Minimum zu beschränken, andererseits war es mir wichtig, der Vielfalt der Märkte in Mogontiacum und der Verschiedenheiten der hier gehandelten Marktgüter gerecht zu werden. Jeder von Euch erhält auch eine Abschrift, damit wir alle auf dem gleichen Stand sind."



    ENTWURF EINER MARKTORDNUNG FÜR DIE CIVITAS MOGONTIACENSIS


    I. Handel
    (1) Handel im Sinne dieses Edictums ist das öffentliche Feilbieten und der öffentliche Verkauf von Waren.
    (2) Jeder römische Bürger und jeder Peregrinus ist berechtigt, Handel zu betreiben.
    (3) Handel darf nur auf Marktplätzen und in Tabernae stattfinden.


    II Marktplätze
    (1) Hauptmarkt ist das Forum im Vicus Apollinensis. Zu diesem Hauptmarkt gehört auch die Basilica.
    (2) Vicinalmärkte bestehen auf den Marktplätzen der folgenden Vici: Vicus Navaliorum, Vicus Salutaris, Vicus Victoria, Vicus Novus, Vicus Britannicus und der Marktplatz in den Canabae Castellae.
    (3) Jeder zum Handel Berechtigte kann auf diesen Märkten einen Marktstand betreiben. Händler, die nicht in der Civitas Mogontiacensis ihren Sitz haben, können nur auf dem Hauptmarkt oder auf dem Markt des Vicus Navaliorum Marktstände einrichten.


    III. Tabernae
    (1) Jeder zum Handel Berechtigte kann eine Taberna betreiben oder verpachten.
    (2) Jeder zum Handel Berechtigte kann städtische Tabernae in den Magazinen der Basilica anmieten und nutzen.


    IIII. Marktzeiten
    (1) Die Marktzeit erstreckt sich von der zweiten bis zur neunten Stunde. Tabernae außerhalb der Basilica können ihre Öffnungszeiten auch in die Nacht ausdehnen, wenn sie für ausreichende Beleuchtung sorgen.
    (2) Am Tag nach den Nundinae findet in der Basilica kein Markt statt. Die Duumviri können bei Bedarf jederzeit den Markt in der Basilica schließen, wenn sie dies neun Tage vorher bekanntgemacht haben.
    (3) An den Nundinae ist ein Drittel des Forums im Vicus Apollinensis vor dem Capitolium für die Marktstände der Bauern und den Viehmarkt reserviert.


    V. Größe der Marktstände
    (1) Jeder Marktstand darf eine Breite von höchstens 20 Fuß und eine Tiefe von höchstens zwölf Fuß haben.
    (2) Zwischen den Marktständen muss ein Durchgang von sieben Fuß und vor den Marktständen eine Gasse von 15 Fuß freigehalten werden.
    (3) Die Pferche auf dem Viehmarkt dürfen höchstens 40 Fuß im Geviert betragen. Dazwischen sind Gassen von 15 Fuß freizuhalten.


    VI. Größe der Tabernae
    (1) Der Verkaufsraum einer Taberna muss eine Breite von mindestens 15 Fuß und eine Tiefe von mindestens zwölf Fuß haben.
    (2) Die Fläche unter dem Porticus vor der Taberna ist von jedweder Nutzung für Handelszwecke freizuhalten.


    VII. Gebühren
    (1) Für die Genehmigung eines Marktstandes wird eine Gebühr von fünf Sesterzen erhoben. Die Genehmigung gilt für drei Monate und zwar sowohl für die Vicinalmärkte als auch für den Hauptmarkt.
    (2) Für die Genehmigung einer Taberna wird eine Gebühr von zehn Sesterzen erhoben. Die Genehmigung gilt für Jahr. Will der Betreiber einer Taberna zusätzlich einen Marktstand eröffnen, wird eine Gebühr von 20 Sesterzen erhoben. Diese Genehmigung gilt für drei Monate.
    (3) Der Pachtzins für eine städtische Taberna in der Basilika beträgt 40 Sesterzen pro Jahr. Eine Gebühr für die Genehmigung wird hierbei nicht erhoben.
    (4) Für Marktstände und Pferche des Bauern- und Viehmarkts werden keine Gebühren erhoben, sofern die Betreiber für die Reinigung der Flächen Sorge tragen. Andernfalls ist der Aedil berechtigt, eine Reinigungsgebühr zu erheben.


    VIII. Sicherheit
    (1) Jeder Betreiber eines Marktstandes oder einer Taberna hat drei Eimer Wasser mit einem Mindestinhalt von jeweils zwei Congii vorzuhalten.
    (2) Während der Marktzeiten ist jeglicher Verkehr von Karren und Kutschen auf dem Marktgelände verboten.


    VIIII. Verstöße
    Verstöße gegen diese Marktordnung werden mit einem Strafgeld von mindestens 20 Sesterzen und höchstens 200 Sesterzen geahndet. Im Einzelfall legt der Aedil die Höhe des Strafgelds fest. Dagegen kann bei den Duumviri Widerspruch eingelegt werden.

  • Auch die zweite Initiative des Matiniers war durchaus berechtigt und dringlich, wie der alte Petronier feststellte - schon der Töpferstreit seines Sohnes damals hatte ja die Probleme der fehlenden Marktordnung verdeutlicht. Der jetzt vorliegende Antrag war allerdings nur bedingt nach Crispus' Geschmack: sehr abstrakt und sehr juristisch! Er war definitiv kein Fan der Juristerei, aber abgesehen davon erschien ihm manches etwas überflüssig:


    "Danke für diese Vorlage,Matinius - eine Marktordnung ist tatsächlich eine unverzichtbare Sache für ein Municipium! Allerdings hätte ich doch ein paar Fragen dazu:


    Seh ich das richtig, dass im Prinzip jeder handeln darf und das zu den selben Konditionen? Und ist diese lange Definition dann nicht fast ein bisschen überflüssig? Bzw. wollen wir nicht die Municipes unseres Municipium etwas bevorzugen? Zum Beispiel dass alle fremden Händler höhere Gebühren zahlen müssen? Oder eben nur Municipes auf den Vicinalmärkten verkaufen dürfen..."

  • Pacatus musste den Einwand des Petroniers erst einmal in seine Bestandteile zerpflücken, bevor er darauf eingehen konnte. Er nahm sich erst mal die 'lange Definition' zur Brust.


    "Verehrter Petronius Crispus, oft muss man zuächst gewisse Definitionen treffen, um darauf dann Vorschriften aufbauen zu können. So habe ich in Artikel I, Absatz 1 klarstellen wollen, dass es hier lediglich um den 'Markthandel' geht, also nicht etwa um den Handel in Kontoren oder Börsen. Weitere notwendige Definitionen finden sich dann in Artikel II, Absätze 1 und 2, den Hauptmarkt und die Vicinalmärkte betreffend. Alles weitere im Entwurf sind dann tatsächlich Vorschriften."


    Er kratzte sich am Kopf, um seinen Gedanken etwas mehr Flughöhe zu verleihen. "In diesem Sinne benutze ich die Definition in Artikel II, (1), um auswärtige Händler dann mit Artikel II, (3) auf den Hauptmarkt und den Markt am Hafen zu beschränken. Wenn dem hochgeschätzten Ordo diese Einschränkung, die ja die mogontinischen Municipes etwas bevorzugt, zuwenig ist, dann kann man natürlich auch über eine Erhöhung der Gebühren für Auswärtige reden. Allerdings sollten wir daran denken, den Fernhandel nicht ungebührlich belasten."

  • Zwar sagte Crispus der Begriff "Börsenhandel" nichts, allerdings war das auch nicht sehr verwunderlich, denn immerhin verstand er nicht sonderlich viel vom Gewerbe an sich, sondern überließ solche Fragen seinem Sklaven Privatus. Aber Kontore waren ihm dann doch bekannt - wenn man es genau nahm, war sein Lagerhaus ja auch so etwas...


    "Und den Handel in Kontoren lassen wir dann komplett unreguliert? Ich würd's nicht so kompliziert machen und einfach sagen: Gehandelt wird auf den Märkten - den auf dem Forum und den in den Vicinalmärkten - und in städtisch genehmigten Betrieben - ob das dann Kontore, Tabernae, Gasthäuser oder sonstwas sind ist ja im Grunde egal. Oder bezieht sich "Taberna" auf irgendeine besondere Art von Taberna?"


    Der Begriff war ja sehr weitläufig: Einerseits nannte man den Verkaufsraum in Handwerksbetrieben so, andererseits Gaststätten und schließlich mietbare Verkaufsräume in der Basilica...


    Auf die nächste Erklärung konnte er spontan allerdings nicht antworten - das war doch ein bisschen zu juristisch und er musste erst auf dem Entwurf nachsehen, worauf es sicih bezog.


    "Naja, aber wenn 'jeder zum Handel berechtigte' einfach jeder ist, dann muss man das doch nicht so umständlich schreiben, oder? Wär es dann nicht kürz, wenn man die Definition weglässt und stattdessen immer direkt 'jeder' schreibt?"


    Der letzte Punkt war dagegen wieder etwas leichter verständlich:


    "Und zu den Fremden: Der Fernhandel wird ja sowieso vor allem über den Handel auf dem Forum abgewickelt, oder nicht? Höhere Gebühren könnte ich mir auch vorstellen, aber die Vorstellung, dass im Vicus Britannicus ein Fernhändler Gewürze aus dem Osten und Stoffballen anbietet, wirkt auf mich auch ein bisschen komisch... Abgesehen davon, dass ich denke, dass man Fremde auch besonders kontrollieren muss..."

  • Aha, dies war nun also der Tag, an dem sein seliger Klient dieses besagte Projekt vorstellte, das sie beide schon plaudereimäßig thematisiert hatten. Witjon nahm die Abschrift dankend entgegen und studierte sie erstmal fleißig, während dann schon die Debatte begann. Da half es nicht, dass es allerlei Details zu beachten gab, auf die Matinius und Petronius sogleich zu sprechen kamen. Witjon wollte hören, wie Pacatus seinen Entwurf verteidigte, entschied sich allerdings, ihm hier und dort Schützenhilfe zu leisten.


    "Nun, es stellt sich erstmal doch vielmehr die Frage, ob es unseres Erachtens Personen geben soll, die gerade nicht zum Handeln berechtigt sind, nicht wahr?"


    "Was die Kontrolle angeht, halte ich besonders den Warenverkehr aus Germanien beziehungsweise dorthin für beachtenswert. Auch wenn sicherlich Gewürde oder feine Stoffe ihren Weg hierher finden, müssten wir nicht eher darüber nachdenken wie wir den Kaufmann aus Borbetomagus im Süden oder aus Colonia im Norden hierher locken? Die Standgebühren hin oder her, aber Einfuhrgebühren sind doch eine viel einträglichere Angelegenheit..."

  • "Die könnte man aber genauso kaum woanders kontrollieren als am Wall des Vicus Apollinensis!"


    platzte es aus Crispus heraus. Der andere Punkt irritierte ihn dagegen allerdings ein bisschen.


    "Aber mit Cives und Peregrini sind ja alle Menschen einbezogen - dass Tiere und Sklaven nicht handeln dürfen, versteht sich ja wohl von selbst! Oder willst du irgendwen ausschließen, Marsus?"

  • Zitat

    Petronius Crispus: .. Wär es dann nicht kürzer, wenn man die Definition weglässt und stattdessen immer direkt 'jeder' schreibt? .. dass Tiere und Sklaven nicht handeln dürfen, versteht sich ja wohl von selbst!"


    "Werter Petronius Crispus, Du hast ein bißchen recht. Nach allgemeiner Rechtsauffassung dürfen Sklaven keinen Handel treiben. Wenn wir jedoch in unserer Marktordnung schreiben, dass 'jeder' Handel treiben darf, dann würden wir ja genau dies den Sklaven entgegen der allgemeinen Rechtsauffassung erlauben. Das wollte ich vermeiden."

    Zitat

    Petronius Crispus: "Und den Handel in Kontoren lassen wir dann komplett unreguliert? .."


    "Vorschriften sind nur dann wirksam, wenn man ihre Befolgung auch kontrollieren kann. Und dafür bin ich zuständig. Ich kann aber nicht kontrollieren, was hinter verschlossenen Türen vor sich geht."

    Zitat

    Petronius Crispus: "... aber die Vorstellung, dass im Vicus Britannicus ein Fernhändler Gewürze aus dem Osten und Stoffballen anbietet, wirkt auf mich auch ein bisschen komisch.."


    "Dann zum Stichwort 'Fernhändler' noch das Folgende: Ich wollte mit der Marktordnung zum Einen den Fernhandel nicht behindern, ihn aber zum Anderen von den Vicinalmärkten fernhalten, damit die Municipes dort ungehindert Handel treiben können. Natürlich kann ich mir auch nicht vorstellen, dass ein Fernhändler sich ausgerechnet den Vicus Britannicus auserwählt, aber sehr wohl könnte er es auf dem Vicinalmarkt in den Canabae versuchen, denn dort hat er einen Großkunden vor der Nase."

  • Zitat

    Original von Titus Matinius Pacatus
    "Werter Petronius Crispus, Du hast ein bißchen recht. Nach allgemeiner Rechtsauffassung dürfen Sklaven keinen Handel treiben. Wenn wir jedoch in unserer Marktordnung schreiben, dass 'jeder' Handel treiben darf, dann würden wir ja genau dies den Sklaven entgegen der allgemeinen Rechtsauffassung erlauben. Das wollte ich vermeiden."


    "Naja, aber wenn die sowieso ausgeschlossen sind, müssen wir das ja nicht auch noch tun. Ich meine, das wird ja wohl kaum jemand auf die Idee kommen, wegen sowas zu klagen oder so..."


    Crispus verstand nicht wahnsinnig viel von der Juristerei, aber Iulius hatte einmal gesagt, dass generell vor allem das gesetzlich zu regeln war, was Unklarheiten brachte. Oder Geld.


    Zitat

    Original von Titus Matinius Pacatus
    "Vorschriften sind nur dann wirksam, wenn man ihre Befolgung auch kontrollieren kann. Und dafür bin ich zuständig. Ich kann aber nicht kontrollieren, was hinter verschlossenen Türen vor sich geht."


    "Naja, die Argumentation finde ich jetzt ein bisschen komisch - wenn wir danach gehen könnte man ja auch auf ein Verbot von Taschendiebstahl verzichten, weil das auch kaum zu kontrollieren is'! Nene, wir müssen schon zumindest versuchen, das zu kontrollieren! Oder die Leute zwingen, nur dort zu handeln, wo wir es kontrollieren können!"


    Zitat

    Original von Titus Matinius Pacatus
    "Dann zum Stichwort 'Fernhändler' noch das Folgende: Ich wollte mit der Marktordnung zum Einen den Fernhandel nicht behindern, ihn aber zum Anderen von den Vicinalmärkten fernhalten, damit die Municipes dort ungehindert Handel treiben können. Natürlich kann ich mir auch nicht vorstellen, dass ein Fernhändler sich ausgerechnet den Vicus Britannicus auserwählt, aber sehr wohl könnte er es auf dem Vicinalmarkt in den Canabae versuchen, denn dort hat er einen Großkunden vor der Nase."


    "Naja, vom Forum aus ist's auch nur ein Katzensprung zur Castra. Und die Legion schließt normalerweise sowieso Direktverträge mit ihren Zulieferern. Aber is' ja egal. Ich glaub' nicht, dass fremde Händler stark abgeschreckt werden, wenn sie nur noch auf dem Forum handeln dürfen. Und da wäre ich auch dafür, weil man es dort eben gut kontrollieren kann. Den Handwerkern von hier kann man wohl kaum vorschreiben, dass sie nicht in ihren Werkstätten handeln, aber Leute aus anderen Orten müssen ihre Waren eh hierher bringen, da isses dann auch egal, ob sie die dann noch bis zum Forum bringen. Gerade auch wegen sowas wie Einfuhrgebühren. Ich hätte da prinzipiell nix dagegen, aber sie müsste eben verhältnismäßig sein. Und man braucht jemanden, der sie eintreibt, also müssten wir wohl die Zölle verpachten oder so..."


    Da Kommunenn kaum angestelltes Personal hatte, beauftragte man ja normalerweise Privatpersonen mit viel Geld für diese Aufgabe. Die streckten die zu erwartende Steuersumme vor und besetzten dann die Zollstellen, durften dafür aber einen Anteil an den Zöllen selbst einstreichen. Wenn man alles richtig machte, war das ein lukratives Geschäft...

  • Warum hackte der alte Legionär so hartnäckig auf dem Punkt herum, bei dem es um das Wort 'jeder' ging? Pacatus fand keine Erklärung dazu und beschloss daher, selber hartnäckig zu bleiben.


    "Ich gebe ja zu, dass Deine Formulierung für Artikel I, (2) kürzer ist, ich meine aber, dass die meinige den Vorteil hat, klarer zu sein."


    Jetzt zum Handel in Kontoren. Pacatus sah sich außerstande, dies zu kontrollieren. "Ich vertrete die Auffassung, dass der Aedil nur das Geschehen im öffentlichen Raum kontrollieren darf. Somit macht es keinen Sinn, Regelungen in eine Marktordnung aufzunehmen, deren Kontrolle über den Zuständigkeitbereich eines Aedils hinausgehen würde. Oder sind Dir, werter Petronius Crispus, Fälle in anderen Municipia bekannt, in denen dem Aedil oder einem anderen Magistratus solche Aufgaben zugewiesen wurden?"


    Und dann die Einfuhrzölle. Anscheinend waren die Konsequenzen aus dem Vorhaben an der Uferstraße den Decuriones nicht gewärtig. "Ich bitte darum, bei der Erhebung von Einfuhrzöllen Vorsicht walten zu lassen. Ich erinnere daran, dass der Ordo Decurionum das Vorhaben Uferstraße bewilligt hat und den Quaestor gebeten hat, die Höhe für einen Zoll zu dessen Finanzierung festzulegen. Der Quaestor hat inzwischen festgelegt, dass zwei vom Hundert auf den Wert der über den Hafen eingeführten Güter erhoben werden sollen. Jeder weitere Zoll wird sich ungünstig auf das Marktgeschehen in Mogontiacum auswirken."

  • "Naja, das is' Geschmackssache und muss wohl von der Mehrheit der Decurionen entschieden werden."


    bemerkte Crispus zur Frage der Definitionen. Letztlich war es ihm auch relativ egal...


    "Aber trotzdem verstehe ich nicht, wieso Kontore schwieriger zu kontrollieren sein sollten als Tabernae. Beziehungsweise was nutzt es, wenn man den Handel auf dem Markt reguliert und dann alle Händler lieber private Geschäfte machen, die niemand kontrolliert und die noch nicht einmal verboten sind?"


    An dieser Stelle meldete sich Ovinius Sabinus zu Wort:


    "Ich nehme an, wir müssten zuerst festlegen, was die Marktordnung genau leisten soll. Soll sie den Markt neben anderen Möglichkeiten des Handels regulieren? Oder soll sie jeden Handel regulieren? Wenn es um ersteres geht, dann erscheint es durchaus sinnvoll, dass wir uns auf die Märkte und die Tabernae der Basilica beschränken. Wenn nicht, dann müssen wir grundsätzliche Regeln setzen."


    Der alte Petronier blickte etwas verdutzt drein - was Sabinus sagte, stimmte wirklich! Wenn man es so betrachtete...


    "Dann müssten wir aber auch klar machen, dass es immer um die Tabernae der Basilica geht, weil das eben ein ziemlich weiter Begriff is'..."


    Und bezüglich des Einfuhrzolls hatte er natürlich auch noch etwas zu sagen...


    "Ich denk' auch, dass das mit den Zöllen eine ziemlich aufwändige Geschichte ist. Standgebühren finde ich auch übersichtlicher und für den Handel schonender!"

  • Zitat

    Petronius Crispus: "Aber trotzdem verstehe ich nicht, wieso Kontore schwieriger zu kontrollieren sein sollten als Tabernae..."


    Es schien hier reihenweise Missverständnisse zu geben, die man erst einmal niederringen musste. Pacatus seufzt leise.


    "Werter Petronius, ich habe nicht umsonst in Artikel I (1) gesagt: 'Handel im Sinne dieses Edictums ist das öffentliche Feilbieten und der öffentliche Verkauf von Waren'. Damit wollte ich klarstellen, dass diese Marktordnung ausschließlich den Markt und den Handel im öffentlichen Raum betrifft. Marktstände und Tabernae sind öffentlicher Raum, denn sie können von jedermann ohne weiteres betreten werden. Also auch von einem kontrollierenden Aedil."
    "Wenn aber irgendwo in Mogontiacum zum Beispiel Freya Mercurioque mit einem Händler aus der Silva Arduina die Lieferung von 80 Bären für Gladiatorenspiele vereinbart, dann findet dies in den meisten Fällen nicht im öffentlichen Raum statt, sondern vielleicht in einem privaten Tablinum oder in einem Kontor. Erst dann, wenn die Bären auf unserem Forum zum Verkauf angeboten werden, erscheinen sie auf dem öffentlichen Markt und dann, aber erst dann greift unsere Marktordnung und der Aedil kann seine Kontrolle ausüben. Insofern ist der Einwurf von Ovinius Sabinus richtig: Unsere Marktordnung soll nicht jeden beliebigen Handel regulieren, das macht ja die Lex Mercatus, sondern eben nur den auf unseren Märkten und Tabernae."

    Zitat

    Petronius Crispus: "Dann müssten wir aber auch klar machen, dass es immer um die Tabernae der Basilica geht, weil das eben ein ziemlich weiter Begriff is'..."


    "Das verstehe ich nicht, werter Petronius Crispus, vielleicht kannst Du so gut sein und einen entsprechenden Text dazu formulieren, den wir dann in die Marktordnung aufnehmen könnten? Ja, und zuletzt noch: Das, was Du zu den Zöllen und Standgebühren gesagt hast, findet meine vollkommene Zustimmung."

  • "Naja, Taberna is' ja im Grunde jeder Verkaufsraum, von der Garküche in den Canabae bis zum Geschäft in der Basilica. Deswegen sollten wir, wenn, dann immer dazuschreiben 'Tabernae in der Basilica Germanica' oder so."


    Stellte sich aber noch die viel grundsätzlichere Frage, was man konkret alles regulieren wollte. Und das sah der Alte auch ein bisschen anders als der junge Aedil:


    "Aber ich würde trotzdem auch ein paar Worte zu allgemeinen Geschäften in Mogontiacum verlieren. Dass man zum Beispiel Betriebe und Handelsstellen aller Art anmelden muss. Weil wenn wir nicht wissen, wo überhaupt Handel stattfindet, dann haben wir nicht einmal die Möglichkeit, Stichproben zu machen! Und dann können wir auch nicht feststellen, wenn jemand zu hohe oder zu niedrige Preise macht und so weiter. Außerdem können wir für die Eröffnung von Betrieben auch eine kleine Gebühr erheben für die Konzession!"

  • Pacatus fragte sich langsam, ob der alte Crispus den Marktordnungsentwurf überhaupt gelesen hatte. Seine Einwände gingen an dem, was dort drin stand manchmal meilenweit vorbei. Oder hatte Crispus Begriffe im Kopf, die ganz anders waren, als die, die man gemeinhin benutzte?


    Zitat

    Petronius Crispus: " .. Deswegen sollten wir, wenn, dann immer dazuschreiben 'Tabernae in der Basilica Germanica' oder so."


    "Verehrter Petronius Crispus, die Marktordnung betrifft alle Tabernae, nicht nur die in der Basilica. Das wird in Artikel III, (1) und (2) eindeutig klargestellt."


    Zitat

    Petronius Crispus: "Aber ich würde trotzdem auch ein paar Worte zu allgemeinen Geschäften in Mogontiacum verlieren. Dass man zum Beispiel Betriebe und Handelsstellen aller Art anmelden muss. Weil wenn wir nicht wissen, wo überhaupt Handel stattfindet, dann haben wir nicht einmal die Möglichkeit, Stichproben zu machen! Und dann können wir auch nicht feststellen, wenn jemand zu hohe oder zu niedrige Preise macht und so weiter. Außerdem können wir für die Eröffnung von Betrieben auch eine kleine Gebühr erheben für die Konzession!"


    "Noch einmal, geschätzter Petronius Crispus: Diese Marktordnung gilt für das öffentliche Feibieten und den öffentlichen Verkauf von Waren und Dienstleistungen nach Artikel I auf unseren Märkten. Alles übrige ist Sache der Gerichte. Wenn sich ein Käufer bei einem nicht öffentlichen Handel übervorteilt fühlt, kann er klagen. Aber ich vermute, dass Du auf etwas anderes hinaus willst: Dir scheint es ein Dorn im Auge zu sein, dass das hier ansässige Handelskonsortium Freya Mercurioque gänzlich ungeschröpft davon kommt."

  • Sim-Off:

    Nur, damit noch mal klar ist, warum ich mich an dem Begriff so aufhänge: Das lat. "taberna" bedeutet "Laden, Werkstatt, Wirtshaus, Schaubude, gewerblicher Raum in einer Insula, Hütte" (siehe hier). Wenn ich Dich richtig verstehe, dann meinst du vor allem die Bedeutung "Laden" - allerdings würde ich das lateinische Wort nicht so eng sehen, zumal es eben sim-technisch Grauzonen gibt wie meinen Steinbruch, der SimOn kein richtiger Laden ist, aber eben doch auch öffentlich verkauft... Wenn das nicht das Problem ist, sag Bescheid.
    Achja, und bitte die Ruppigkeit nicht persönlich nehmen, die gleich folgen wird ;)


    Der Alte traute seinen Ohren kaum, als Pacatus ihn so unsachlich von der Seite anmachte - an Freya Mercurioque hatte er nicht gedacht, aber selbst wenn, dann betraf es ja seinen Steinbruch und seinen Schneiderhandel genauso! Entsprechend unfreundlich fielen seine Kommentare aus:


    "Also das ist nun wirklich absoluter Blödsinn, Matinius! Ich habe nichts gegen dieses Konsortium, ich bin sogar ein Kunde von ihm! Hier, Duccius Marsus, ist der Curator des Konsortiums und dazu quasi mein Schwiegersohn!"


    Freya Mercurioque war nun wirklich ein Kampf, den er vor Jahren aufgegeben hatte! Er sah noch einmal auf den Entwurf und entdeckte etwas, was seine Position vielleicht klarer machen konnte:


    "Mir geht's schlicht und ergreifend darum, dass wir klären, worüber wir eigentlich reden! Du redest hier immer von öffentlichem Handel und so - was ist denn das genau? Oder genauer gesagt - was ist nichtöffentlicher Handel? Wo genau findet der statt?"


    Einer der Decuriones meldete sich zu Wort, der offensichtlich ein wenig genervt war:


    "Das sagte Aedil Matinius doch bereits, Petronius: Der Handel in einem Kontor oder private Verträge, die nicht auf dem Forum geschlossen werden!"


    "Und was ist dann mit einer Werkstatt? Ist die Hütte von Willigis in meinem Steinbruch dann eine Taberna im Sinne der Marktordnung? Oder das Lagerhaus, von dem aus ich meine Schneiderware verkauf'? Manche Leute kommen direkt dahin. Andere kommen aber zu mir nach Hause und schließen dort den Vertrag ab - dass es einmal unter die Marktordnung fällt und einmal nicht, ist doch Quatsch!"


    Nun meldete sich Tarquitius Bacillanus, ein ehemaliger Aedil, in der Hoffnung, die Lage etwas zu beruhigen:


    "Fakt ist doch, dass jeder Handel nur von einem behördlich konzessionierten Betrieb aus erfolgen darf, siehe § 4 Lex Mercatus. Dort ist allerdings nicht definiert, inwiefern Räumlichkeiten zu so einem Betrieb gehören und wo Verträge entsprechend abzuschließen sind. Die Anmeldung eines Jagdbetriebes erlaubt es der Freya Mercurioque eben den Bären zu verkaufen - wo auch immer sie will. Und wenn wir uns Matinius' Entwurf zur Marktordnung ansehen, dann ist das auch völlig irrelevant, denn das Geschäft selbst wird weder besteuert, noch sonst irgendwie reguliert. Es geht einzig und allein die Anmeldung und die Gebühren für den Unterhalt von Ständen und Tabernae. Die Frage, was genau wir unter Taberna verstehen, ist dafür allerdings schon relevant - geht es lediglich um Geschäfte, die direkt am Forum liegen unter besagtem Porticus aus Artikel VI (2)? Oder eben auch der Verkaufsraum eines... sagen wir Bäckers mitten in den Canabae oder Petronius' Lagerhaus im Vicus Navaliorum, das nicht direkt am Vicinalmarkt liegt?"


    Einen Moment war Crispus verwirrt - die Juristerei war definitiv nicht seine Stärke. Aber wenn er so darüber nachdachte, machte es doch irgendwie alles Sinn, was der Tarquitier gesagt hatte.


    "Meine ich ja!"


    Diesen wenig qualifizierten Kommentar überging Bacillanus allerdings, sondern lieferte auch gleich einen Vorschlag:


    "Ich sehe somit zwei Optionen: Entweder wir sagen genau, für welche Art von Tabernae die Regularien vorliegen müssen, indem wir sie nach Branche - etwa nur reine Handelsbetriebe ohne Werkstatt -, Lage - etwa sämtliche öffentlich zugänglichen Verkaufsräume innerhalb der geschlossenen Siedlung oder auch nur die direkt an Foren und Vicinalmärkten - oder Baulichkeit - etwa alle freistehenden Verkaufsgebäude - eingrenzen. Oder wir lassen die Baulichkeiten von Tabernae generell unreguliert und verlegen uns lieber darauf, etwa die Konzessionierung von Betrieben allgemein mit Gebühren zu belegen. Das wäre etwas, was die Frage von öffentlich-privat erübrigt. Und ob Petronius' Hütte am Steinbruch nun 15 Fuß oder 13 breit ist, ist ja nun wirklich nicht entscheidend. Oder nicht?"


    Er sah fragend zu Pacatus, wohin auch Crispus blickte, der allerdings noch immer verärgert war wegen der unsachlichen Unterstellung, die der Matinier ihm an den Kopf geworfen hatte.

  • Zitat

    Petronius Crispus: ".. Du redest hier immer von öffentlichem Handel und so - was ist denn das genau?"


    Autsch, da hatte Pacatus auf jemand den Fuß getreten. Manchmal hilft's, wenn der Fußbesitzer dann von der Wut gepackt, exakt auf den richtigen Punkt kommt.


    "Verzeih, werter Petronius Crispus, dass ich ganz kurz der Lust an der Sottise nachgegeben habe. Deine Reaktion hat mich aber weiter gebracht. Mit dem Artikel I habe ich mich nämlich endlos lange gequält. Ich suchte einen Begriff mit dem ich den Handel mit dem Endkunden beschreiben konnte. Jetzt komme ich drauf: ich meinte den Kleinhandel, den Einzelhandel. Das ist es nämlich, was sich auf dem Markt und in den Läden abspielt und was Gegenstand einer Marktordnung sein sollte. Das Merkmal 'öffentlich/nicht öffentlich' ist dafür völlig untauglich. Schreiben wir also in Artikel I (1): Handel im Sinne dieser Marktordnung ist ausschließlich der Einzelhandel."


    Zitat

    Petronius Crispus: ".. Ist die Hütte von Willigis in meinem Steinbruch dann eine Taberna im Sinne der Marktordnung? Oder das Lagerhaus .."


    Jetzt noch die Tabernae. Pacatus kratzte sich ausgiebig am Kopf.


    "Ja natürlich, Petronius Crispus, das sind sie. Wenn nämlich unsere Ahnen von einer Taberna gesprochen haben, dann meinten sie gewöhnlich einen Schuppen. Heutzutage meinen wir damit einen Laden, in dem Waren für den Verkauf an Kunden angeboten werden und die finden sich verteilt in den Häusern der ganzen Stadt, oft auch direkt mit Werkstätten verbunden. Wenn Willigis in seiner Hütte Kunden empfängt, ihnen Waren verkauft und den Kaufpreis entgegennimmt, dann haben wir es mit einer Taberna im Sinne von Artikel III, zu tun, für die somit nach Artikel VII,(2) eine jährliche Gebühr von 10 Sesterzen zu entrichten ist.


    Gegenstand der Genehmigung ist also hier nicht die Taberna als Gebäude, sondern der Betrieb eines Verkaufs- oder Gastraums in einer Taberna. Vielleicht sollte ich das noch in Artikel III deutlich machen.


    Verstehst Du, ich wollte in der Marktordnung den Unterschied zwischen Marktstand und Taberna klarstellen. Das ist wichtig, weil der Besitzer oder Pächter einer Taberna, denk mal an den Streit der Töpfer, gegenüber den Betreibern von Marktständen den Vorteil hat, dass er sozusagen über einen ständig vorhandenen,'gebauten' Marktstand verfügt. Und deshalb muss er, wenn er zusätzlich einen Stand auf dem Markt betreiben will, nach Artikel VII,(2) eine höhere Gebühr berappen."

  • Die Entschuldigung beruhigte Crispus keineswegs einfach so - so etwas ärgerte den Alten doch ziemlich, zumal von einem deutlich jüngeren Decurio! Was er dazu weiter schwafelte, leuchtete ihm auch nicht so recht ein:


    "Also meinst du mit Taberna dann doch irgendwie jeden Raum, in dem gehandelt wird? Also quasi auch mein Tablinium? Weil sonst könnte ich Willigis ja einfach sagen, dass er nichts mehr direkt verkaufen soll, sondern die Kunden in mein Haus schleusen soll - dann würde ich mir die Gebühr sparen. Ist ja wahrscheinlich sowieso praktischer, weil der Steinbruch ein bisschen außerhalb is'... Oder muss ich dann zweimal zahlen, einmal für mein Tablinium und einmal für meinen Steinbruch?"


    Auch Tarquitius Bacillanus gab noch einmal etwas zu bedenken:


    "Im Übrigen hätte ich ebenfalls eine Nachfrage: Verstehst Du unter Einzelhandel dann jeden Handel mit Personen, die die Produkte nicht mehr weiterverarbeiten oder verkaufen?"

  • Quintus Varius Celer

    http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/e-roemer-maenner/13.jpg Es wurde noch eine kurze Zeit lang über Einzelheiten diskutiert, bis sich die Ermüdungserscheinungen der Decuriones übermäßig häufig einstellten.* Der Duumvir zog also lieber einen Schlussstrich:


    "Meine Herren, in Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit halte ich es für sinnvoll, diesen Tagesordnungspunkt auf die Sitzung in der nächsten Woche zu vertagen. Bis dahin habt ihr noch einmal Zeit, euch über die einzelnen Fragestellungen auszutauschen und euch Gedanken zu machen. Abschriften der Marktordnung sind euch allen ausgehändigt worden, nutzt sie also."


    Damit schloss er die Sitzung und verließ den Saal in voller Vorfreude auf einen ruhigen Abend, den er mit seiner Frau und seinen Kindern verbringen würde.


    Sim-Off:

    *Da Pacatus ja leider nicht mehr antworten wird, können wir auch hier erstmal bis nach der Beerdigung pausieren...



    NDM

  • Auch Witjon verließ den Sitzungssaal mit einiger Erleichterung. Diese Diskussion empfand er von Anfang an als anstrengend, da man sich vor lauter Gesetzestext leicht im Klein-Klein der Formulierungen verlieren konnte. Dass dies die letzte Sitzung war, in der er seinen Klienten vor dem Rat sprechen hören würde, kam ihm dabei natürlich nicht in den Sinn. Deshalb verabschiedete er sich mit einem freundlichen Winken und strebte dann schnell über das Forum nach Hause in fröhlicher Erwartung eines erfrischenden Bieres.

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