Bald purpurhell / Bald weiß und bleich


  • Frühling in Trans Tiberim. Befreit aus der Enge ihrer Behausungen bevölkerten die Menschen luftig gekleidet die Strassen. Kinder spielten fröhlich lärmend, ein Barbier schliff seine Schermesser mit ohrenbetäubendem Kreischen, ein Schuster hämmerte auf dem Gehsteig an seinen Waren, vor einer Garküche drängte sich die Kundschaft... Die Luft war lind, es roch nach Holzrauch, aber noch fast gar nicht nach Müll, die üblen Stadtausdünstungen der Sommerhitze waren nur einen entfernte Vorahnung.
    Langsam ging ich durch die Straßen. Was da um mich herum war – lag weit, sehr weit, fort. Betraf mich so wenig, als wäre es ein Bild an irgendeiner Wand, über das im Vorübergehen flüchtig der Blick schweifte. Und auch der Sturm, der getobt hatte und gewütet... hatte sich gelegt, in dem Augenblick als der Entschluß über mich gekommen war. Wie ein Schlafwandler ging ich die Straße entlang. Warm angezogen in meiner Paenula, unter der verborgen ich das Gladius trug, aber kalt, immerzu so kalt von innenheraus.


    Ich hatte alle Bande gelöst. Und ich wußte jetzt auch, was ich die letzten Male falsch gemacht hatte. Ich hatte es tun wollen, weil es erwartet wurde, und weil es keine stärkere Geste gegen das inthronisierte Unrecht gab als diese, und ich hatte es vor allem tun wollen wie es erwartet wurde. Aber ich war nunmal kein Held. Mir fehlte diese unmenschliche Härte, die vonnöten war, um sich selbst einen kalten Stahl in den Leib zu rammen. Ich fand es sogar... recht barbarisch... meinen Körper, der zugegebenermaßen nicht mehr im Bestzustand war, mir aber doch sehr lange gut gedient hatte, der viel mitgemacht, der bis nach Mesopotamien marschiert und bis nach Nubien geritten war, der sich von schlimmen Verletzungen erstaunlich gut erholt hatte, und, der, bei aller Bescheidenheit, nicht gerade übel ausgesehen hatte, der Begehren geweckt und in vollen Zügen ausgekostet hatte, und der mich jeden Tag mit einem Strom von Empfindungen, einer ganzen Palette lebhafter Regungen versorgt hatte... diesen Körper so grausam zu behandeln.


    Aber etwas hatte sich verändert. Die Dinge waren.... klarer geworden. Die verlogene Brut, die sich in dieser Stadt die 'vornehme Gesellschaft' nannte war mir egal. Meine "Freunde" hatten sich im Augenblick meines Falles schlagartig unsichtbar gemacht, von meinen Liebschaften wollen wir lieber schweigen, und für meine Familie war ich auch nur noch ein Hindernis beim Anbiedern an das Mörderegime.
    Von daher... war ich jetzt frei, frei es nur für mich zu tun. Und einfach nur weil ich nicht mehr konnte. Und... auf meine Weise.


    Drüben, auf der anderen Seite des Tibers, hält sich ja hartnäckig das Bild von Trans Tiberim als schmuddeligem Viertel voll von Fremden, kreativen armen Schluckern, Neu-Römern mit Einwanderungshintergrund, dubiosen orientalischen Kulten etc. Diese Leute wären überrascht gewesen von den schmucken Strassenzügen an den Hängen des Ianiculums, von den hübschen Stadthäusern, mit dem Luxus von reichlich Raum erbaut, umrahmt von Palmen und Oleander. Ich ging da vorbei, langsam, schon ausser Atem von der leichten Steigung.


    Der Purpurgarten begrüßte mich wie einen alten Bekannten. (Was ich auch war.) Der Türhüter geleitete mich in den begrünten Innenhof, dort umfingen mich die leise perlenden Klänge einer Laute, und der Mohn, ja, der Mohn allüberall in bunt glasierten Töpfen stand er in voller Blüte. In Purpur und Glut prangten die Blumen, in Mondweiß und Safrangelb, durchscheinend fleischfarben und in duftigem Amethyst. Ich steckte die Hand aus, und fuhr langsam, durch die kühlen Blüten. Die Luft war duftgeschwängert, nicht von den Blumen selbst – sie leuchteten ja nur, sie dufteten nicht – sondern von dem Rauch ihres segensreichen Saftes. Die Gäste genossen, manche auf geschmackvollen Klinen unter der Pergola, andere im Garten oder in sich zum Hof öffnenden Alkoven, Morpheus' Gabe.
    Ich wählte eine Kline in einer abgeschiedenen Laube. Der Diener brachte mir das übliche, richtete alles her. Zudem orderte ich einen ganz beträchtlichen Vorrat "zum mitnehmen". Er verschwand, um es mir einzupacken. Müde... unendlich müde... lehnte ich mich auf die Kline zurück und griff nach der Opiumpfeife.

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  • Borkan leistet wirklich gute Arbeit im Lupaner und Morrigan hatte ja so eine Ader, dass man gute Arbeit auch belohnen musste. Also hatte sie sich den jungen Mann gegriffen und ihn eingeladen.
    Die beiden verstanden sich wirklich gut, ob es nun daran lag, das Morrigan ihn jetzt besser behandelte als die Vorbesitzer des Lupaners oder daran, dass sie aus dem selben Kulturkreis kamen konnten man nicht sagen, es wird wohl eine Mischung aus beidem sein.


    In viele lange Gesprächen hatte sie rausbekommen, dass er eher den Männern zu getan war. Frauen waren eher eine lästige Pflicht für ihn. Sie hatte ihm versprochen schon bald jemanden einzustellen, der sich um die Frauen kümmern sollte, so dass er sich dann ausschließlich um die Römer mit der entsprechenden Neigung kümmern konnte.


    Seine Augen hatte gestrahlt, als sie ihm das verkündete hatte. Vielleicht auch deshalb, weil er er jedes Mal über seinen Schatten springen musste, wenn er Römerinnen „bedienen“ musste wollte Morrigan ihn nun belohnen.


    Eigentlich hatte sie ihm nur Geld geben wollen, damit er sich ein wenig Vergnügen gönnen konnte, aber es hatte sich herausgestellt, dass er seit seiner Ankunft hier, den Lupaner noch nie wirklich verlassen hatte.
    So waren sie also gemeinsam unterwegs zum Purpurgarten.


    Eine kurze Begrüßung mit dem Türwächter folgte. Ja Morrigan war hier bekannt, jeder wusste, wer und was sie war, dass öffnete ihr hier so manche Tür, die sonst wohl verschlossen geblieben wäre.


    Sie gab die Bestellung ab und verabschiedet sich dann von Borkan.
    „Genieße deinen freien Tag.“ sagte sie mit einem Lächeln auf den Lippen und verschwand dann wieder in der Menschenmenge die sich hier in Trans Tiberim durch die Gassen wälzte.


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    Morrigan, kleine, verrückte, liebenswürdige Morrigan, so hat sie mich doch tatsächlich hierher geschleift. Ohwohl geschleift war wohl nicht der richtige Ausdruck. Sie hatte mich gefragt, ob ich mir mal einen Tag der Entspannung gönnen möchte. Natürlich hatte ich ihre Frage mit ja beantwortet. Wenn man schon mal so ein Angebot bekam, wäre man schon ganz schön dämlich es abzulehnen. Auch wenn es mir jetzt besser ging, ja man konnte sagen der Wechsel an der Spitze des Lupaners war gerade für mich mehr als nur ein Gewinn, war ich froh und dankbar für jeden Tag, an dem ich nicht mit einer gierigen Römerin das Bett teilen musste.
    Ich ekelte mich regelrecht davor. Oh wie schön wäre es doch Zärtlichkeiten mit einem Mann... ich sollte eindeutig das Träumen lassen, bisher hatten sich ja kaum Römer mit solchen Neigungen zu uns verirrt. Langsam glaube ich schon, dass solche Männer hier gar nicht existieren. So werde ich wohl weiterhin, auch wenn es mir keine Freude macht, den Frauen dass geben was sie verlangen.


    Mann führte mich also in den Garten, die vom Blumen und Opiumduft geschwängerte Luft raubte mir fast den Atmen. Verrückte Perserin, sie wusste wirklich wie man einen Mann glücklich machen konnte. Aber woher zum Teufel wusste sie von meinem Laster? Wollte ich es wissen? Nein eigentlich wollte ich es nicht und ich war ihr sogar dankbar dafür, dass sie mich hergebracht hatte, so konnte ich endlich alles mal vergessen, alles hinter mir lassen und mich einfach nur mal den Illusionen hingeben.


    Ich entdeckte eine abgeschiedenen Laube, ja die wäre genau richtig, dort könnte ich mich zurückziehen, mich dem Rausch hingeben.


    Als ich die Laube betrat lag dort natürlich schon jemand gerade wollte ich mich schon wieder hinaus schleichen, da fiel mein Blick auf sein Gesicht.
    Was für ein Gesicht. Fasziniert blieb ich stehen und betrachtete den Mann, seine Züge wirkten müde, geheimnisvoll und so unendlich traurig.
    Fast schon automatisch hob ich meine Hand, schnell jedoch besann ich mich eines Besseren, aber zu gern hätte ich ihn gestreichelt, ihm seine Traurigkeit genommen.
    Auch wenn ich es besser wusste konnte ich dennoch nicht umhin näher an die Kline zu treten um ihn noch genauer zu betrachten.
    Und ich wurde nicht enttäuscht. Mein Blick glitt über den Körper des vor mir dösenden Mannes. Fast schon kam es mir vor als läge der Gott Apollo vor mir.
    Nur noch einen Moment wollte ich hier stehen und den Anblick in mich aufsaugen, dann könnte ich mich den Träumen im Opiumrausch hingeben und diese Trugbilder würden heute sein Gesicht tragen.
    Oh ja wie es wohl wäre wenn meine Hände über seinen Körper streicheln würden, wenn die seinen über meinen gleiten, wenn ich ihm die Traurigkeit aus dem Gesicht zaubern würde. Wie sähe sein Gesicht wohl in dem Moment der vollkommen Befriedigung aus?


    Nur noch einen Moment dieses Bild in mir aufsaugen... ja nur so einen Moment...

  • Durch die von üppigem Blattwerk umrankten Wände der Laube stachen die Sonnenstrahlen, schräg, wie Speere, von gold zu grün sich verfärbend.... ein dämmriges Wassergrün füllte die kleine Kuppel... und dieses unwirkliche Licht sickerte hinein in mein flaches, von den ersten Zügen aus der Opiumpfeife nur sacht umwölktes Dahindösen... Ich war gefallen, in diesem halben Tagtraum, und ich wußte nicht, ob es der Chaboras war, oder der Fluss bei Vicetia, der mich in seine glasigen Tiefen gesogen hatte. Ich trieb dahin, zwischen den Toten, all den toten Kameraden, Treibgut im Strom waren wir alle, und ich dachte mir, in diesem Traum, ganz losgelöst, dass es doch wohl eher der Styx war, der mich verschungen hatte... Die auf und ab wogende Transparenz, die quecksilbrig sich wölbend, dehnend und verschwimmend sich wandelnde Fläche über mir kam näher, und dann durchbrach mein Kopf die Wasseroberfläche. Da sah ich Felsen, nichts als Felsen. Kein Baum, kein Strauch, keine Menschenseele, absolute Einsamkeit. Der Strom, der mit mit sich riss, wand sich durch eine graue Öde scharfkantiger Steinblöcke, und in der Luft lag der Geruch von Asche und verbranntem Fleisch... und ein Brausen. Ein gefräßiges Brausen, dem ich stetig näher kam, und von dem mir, mit jener absoluten Sicherheit des Traumwissens, klar war, dass es mich nicht bekommen durfte.
    Ich kämpfte. Schlug mich mit heftigen Stößen durch die aufgewühlten Wassermassen, bis zum Ufer, griff nach den Felsen, glitt ab an Algen und Moder, griff erneut danach, zerschnitt mir an den schieferscharfen Steinen die Hände, reckte mich verzweifelt nach dem viel zu hohen Uferrand, vermochte ihn nicht zu erreichen, fiel zurück in die gierigen Fluten. Dann sah ich ihn... da, auf dem Felsen an dem der Strom mich vorrübereissen wollte, selbstvergessen ruhend, sich räkelnd. Er hatte das Kinn auf die Faust gestützt und seine Augen leuchteten blau, so ungeheuer blau, wie der unendliche Himmel, wie das Meer vor Tarraco in der gleissenden Mittagssonne, blau wie Hyazinthen und Vergissmeinicht.
    Ich schrie seinen Namen. Ich streckte die Hand nach ihm.
    "Marcus! Marcus Dives! Dulcis Dives! Marcus meus! Hilf mir!"
    Wie der Sonnenglanz auf seinem Haar huschte, als er langsam den Kopf zu mir wand. Wie liebevoll sich die honiggoldwarmen Strähnen an seinen elegant geschwungenen Nacken schmiegten. Wie vollendet gemeißelt sich die Muskeln der entblößten Wade in ihrem Spiel abzeichneten, als er sich träge reckte. Wie olympisch die Gleichgültigkeit, als er sich uninteressiert abwandte, und sich mit der schönen Hand, anstatt sie mir zur Rettung zu reichen, lediglich eine Strähne zurückstrich, lasziv hinter das Ohr.
    Und schon war ich von der Gewalt des Stromes weitergerissen, und schon war er entschwunden, und in meinen Ohren gellte das Toben und Brausen und dumpf ein Dialog aus längst vergangener Zeit:
    "Was mag er denken, der Apoll?" hatte ich gefragt.
    Und die Antwort hatte gelautet: "Nichts! Höchstens, wann er endlich von diesem Felsen herunter klettern darf!"
    Ich war allein. Unendlich allein.
    Ich gab auf.
    Der Strom und die Trauer verschlangen mich.


    Das Entsetzen war noch um mich, als ich aufschreckte. Von den Schritten dessen, der da in die Laube getreten war. Der Diener sei zurückgekommen dachte ich, mit der georderten Dosis. Zittrig richtete ich mich auf, fuhr mir über das schweißklamme Gesicht, und schlug meine mir jetzt erstickend schwer erscheinende Paenula heftig zur Seite. Es war aber nicht der Diener, sondern... ein wohlgestalter Fremder, und er betrachtete mich auf eine Weise, die ich abgewrackte Existenz absolut nicht erwartet hätte – und die mich ausgesprochen argwöhnisch gemacht hätte, wenn ich noch über einen Funken Klarheit verfügt hätte, doch wie die Dinge lagen, war es mir, erdrückt von dieser grauenvollen Einsamkeit, benebelt vom Mohn, vollkommen GLEICHGÜLTIG, ob er ein Angestellter des Purpurgartens oder ein zufälliger Gast oder ein bezahlter Auftragsmörder war. Ich wollte nur nicht so unendlich ALLEIN sein, in meinen letzten Momenten, und darum bot ich ihm sogleich die Opiumpfeife an, reichte sie ihm hastig hin, mit einem maskenhaft verzerrten Lächeln:
    "....Möchtest du...........?!"

  • [SIZE=5]Die musikalische Inspiration [/SIZE]


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    Diese Augen oh bei den Göttern, sie waren so voller Traurigkeit, so voller Verletzlichkeit, Einsamkeit... Ich verlor mich für einen langen Moment in der tiefe dieser Augen, wollte meine Blick nicht abwenden, wollte in ihnen ertrinken. Es war als zogen sie mich in ihren Bann in einen Strudel in dem ich unweigerlich ertrinken würde, aber ich würde mit einem Lächeln hineinspringen... oh diese Augen, dieser Blick. Es schien fast, als wäre der Besitzer jener Augen dieser Welt schon ein ganzen Stück entrückt, als wäre er auf dem Weg in eine andere bessere Welt. 'Nimm mich mit.' hätte ich ihn am liebten angefleht. Aber ich tat nicht der gleichen sondern blieb einfach steh und versank in jenem Blick, wie durch einen dicken Nebel drangen seine Worte an mein Ohr. So viel würde ich ihm gern sagen, die Worte und Gedanken, die mir gerade durch den Kopf schwirren.. doch sie bleiben ungesagt, meine Lippen stumm, fast wie versiegelt, selbst wenn ich wöllte, mehr als ein Krächzten würde meine Lippen jetzt nicht verlassen.
    Das Lächeln, nein das passte so gar nicht, nein es verlieh dem so wunderschönen Gesicht eher etwas aufgesetztes unmenschliches.
    Ich nahm also die angebotenen Pfeife, meine Hand berührte dabei sanft, fast schon zärtlich die seine und zog daran. Sofort zog mich das Opium in seinen Bann, oh ja viel zu lange war es her, dass ich einen solchen Rausch genießen durfte, dieser Welt entfliehen konnte, mich in meine eigenen zurückziehen konnte. Nun löste sich auch meine Zunge. „Danke... darf ich?“ ich deutet auf dem Platz neben ihm. Ja zu gern würde ich mich mit ihm zusammen dem Rausch hingeben, seine Nähe genießen, ihn betrachten wie man eine Statue betrachtete, mir dieses Bild einprägen, damit es mich in so manch schwerer Stunde... Oh ihr Götter, was spielt ihr wieder mit mir, warum habt ihr meine Schritte hier her gelenkt. Ich musste hier weg – nein auf keinen Fall – doch ich musste hier weg – ich werde ihn nie wiedersehen. Ein weiterer tiefer Zug an der Pfeife folgte. Immer noch stand ich vor ihm, bevor ich jedoch fliehen würde, ja fliehen vor diesem Mann mit den so unendlich traurigen Augen, beugte ich mich zu ihm meine Hand umfasste sanft sein Kinn und ich hob seine Kopf an, so dass sich unsere Blicke trafen. Ich wusste, das ich hier mit dem Feuer spielte, aber gerade in diesem Moment würde ich jedes noch so heiße Feuer umarmen. Mein Daumen fuhr sanft über die Kontur seiner Lippen....
    Das Opium es vernebelte meine Sinne hier verschwamm gerade der Traum und die Realität, wie gern würde ich von diesen Lippen kosten, meine Hände über diesen wundervollen Körper wandern lassen, mich fallen lassen in diesen wunderbaren Augen versinken und ihnen die Traurigkeit nehmen... ein Traum, ein wundervoller Traum... aber wer war ich schon, ich der hier gestrandet war in dieser elenden Stadt, nicht gefangen, aber auch nicht frei.
    Mein Hand zog sich zurück... ich müsste eigentlich gehen, doch war ich unfähig mich zu bewegen, meinem Blick von ihm zu lösen, er hatte mich eindeutig in seinen Bann gezogen...

  • Ich lümmelte mich entspannt auf meiner Kline, schlürfte sanft einen Kelch Wein und genoss in aller Ruhe den betäubenden Duft des Opiums. Ab und zu gönnte ich mir einen amüsiert- verstohlenen Blick in Richtung Nachbarlaube, wo zwei angekiffte Typen miteinander anfingen rumzuturteln. Der eine sah aus wie dieser vormalige Prätorianerpräfekt Faustos Decimos Serapeio(Verfluchtes Latein!). Jedenfalls hatte ich diesen Mann schon mal hoch zu Ross aus der Menge heraus bei einer Parade gesehen.

  • Die Glut der Pfeife erblühte, als der Fremde daran sog, und der blutige Schimmer legte sich auf seine exquisiten Züge, so duftig sanft wie das fallende Blatt einer Mohnblüte. Mandelaugen...
    "...Ja." murmelte ich.
    Noch hatte ich kaum gekostet vom Opium hier, und das was ich zuvor schon verzehrt hatte war auch nur eine Kleinigkeit gewesen, zudem war ich einiges gewöhnt, und darum trieb ich noch immer an der Oberfläche des Rausches, losgelöst bereits, und doch noch nicht entrückt genug, um zu glauben, dass ein so WUNDERSCHÖNES Wesen wie dieses hier sich einfach aus Lust an der Freude zu einem heruntergekommenen Aussätzigen wie mir gesellen würde. Aber schon entrückt genug, dass ich es nicht mehr hinterfragte... ob er nun ein Handlanger von irgendeinem meiner mannigfaltigen Feinde war, der bei der Farce von Hochzeit meine Spur aufgenommen hatte... oder ein Kurtisan auf der Suche nach Kundschaft... oder ein raffinierter Dieb, der mir die Börse stehlen würde sobald er mich eingewickelt hatte. Es war mir so gleichgültig, vollkommen bedeutungslos, solange da nur... jemand war, zwischen mir und dem Entsetzen.
    Sacht berührte er mein Kinn, hob meinen Kopf, ich ließ es geschehen und tauschte mit ihm einen verschleierten Blick, und die Lügen in seinen Augen sahen so täuschend echt aus. Unter seiner Berührung fiel die Taubheit von meinen Lippen, und ich bekam Lust, noch einmal zu küssen, ihn zu küssen. Ich umfasste seine Hand, als er Anstalten machte, sie zurückzuziehen.
    "...Bleib." bat ich ihn, und rückte ein wenig zur Seite, damit er Platz finden konnte auf der Ruheliege, neben mir.


    Dann nahm ich wieder die Pfeife entgegen, und rauchte, langsam, mit halbgeschlossenen Augen. Als ich sie wieder öffnete, und mich leicht aufrichtete, um die Pfeife auf dem Tablett abzulegen, fiel mein Blick, an dem schönen Fremden vorbei und durch eine Lücke im Blattwerk der Laube, direkt in zwei dunkle Augen - zwei uns verstohlen betrachtende dunkle Augen in einem Gesicht, von dem ich nicht hätte sagen können, ob ich es auf den ersten Blick eher als 'kühn' oder als 'verworfen' bezeichnet hätte.
    Wo kam denn der auf einmal her, das fragte ich mich im ersten Augenblick verwundert, denn ich hatte ja nicht umsonst eindeutig eine abgeschiedene Laube aufgesucht. Aber auch diese Frage versandete in ihrer Belanglosigkeit, und ich erwiderte den Blick dieses heimlichen Beobachters einen Atemzug lang unverwandt – IRONIE, Ironie des "Schicksals", oder wie auch immer man es nennen möchte, mich in den Augenblicken wo ich der Welt den Rücken kehrte noch einmal mit Männern zu umgeben, die zu schön waren um wahr zu sein – bevor ich mich an den Fremden neben mir heranbeugte, mit den Fingerspitzen langsam seine Wange berührte, den hohen Wangenknochen nachfuhr, den Schwung der Braue.
    "... du bist... schön... wie ein Falke am Morgen über den zerklüfteten Ufern des Chaboras..." murmelte ich. Meine Hand glitt an seinen Nacken, hielt ihn, langsam beugte ich mich näher, bis meine Lippen trocken und leicht die seinen streiften. Ich war ausser Übung. Enorm ausser Übung. Aber seine Lippen fühlten sich warm und lebendig an. Sie atmeten. Behutsam küsste ich diese Lippen, opiumsanft und und wehmütig.

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    Die Bitte zu bleiben, nahm ich natürlich an, wie hätte ich ihm auch widerstehen können? Vorsichtig nahm ich also neben ihm Platz, dicht genug um die Wärme seines Körper zu spüren die. Allein diese Nähe reichte schon aus, dass Schauer über meinen Körper liefen.
    Sein Blick glitt an mir vorbei, schien so wie seine Gedanken abzuschweifen. Wie gern würde ich ihm zu rufen, dass er bei mir bleiben solle... Aber wer war ich schon, ein kleines unbedeutendes Nichts.
    Seine Hand auf meiner Haut – das Opium, es musste das Opium sein, dass mir dies vorgaukelte, mir dieses Traum erfüllen wollte, ich schließe meine Augen und beschließe, dass ich mich diesem Traum hingebe – ein wohlig warmes Gefühl ist es, welches sich auf meiner Haut dort wo sie berührt wird, ausbreitet. Ja ein Traum denn dies konnte unmöglich die Wahrheit sein, ein solcher Mann... nein es konnte nur ein Traum sein... aber er fühlt sich so wunderbar real an, so wirklich, so richtig... oh wunderbares geliebtes Opium...
    Seine Worte so schön, so lyrisch... was soll ein einfach Mann wie ich darauf nur sagen... nichts, denn jedes Wort würde wohl die Stimmung nur stören, ich lächle, ja ich lächle, ein Lächeln welches dieser Welt schon ein ganzes Stück entrückt scheint.
    Sein Kopf er nähert sich dem meinen, die Welt scheint in diesem Moment für mich den Atmen anzuhalten, sind es meine Wünsche und Sehsüchte, die mir der Opiumrausch heute erfüllen will?
    Er fühlt sich echt an, ja so echt, als würde es wirklich passieren und es fühlt sich richtig an, als müsste es genau in diesem Moment passieren - unsere Lippen treffen sich, von all der Professionalität ist nicht mehr geblieben bei mir, ich mir nur noch ein Mann, ein Mann mit Sehnsüchten, voller Sehnsucht nach diesem ja nur nach diesem einen. Oh Schicksal welch grausamen Streich spielst du mir? Habe ich nicht schon genug gelitten? Habe ich nicht schon alles verloren? Warum also hast du mich hier her geführt, meine Schritte zu ihm gelenkt?
    Seine Lippen auf den meinen sind es jedoch, die all jene Gedanken pulverisieren, so dass sich sich ins Nichts auflösen.
    So ist es meine rechte Hand, die sich in seinen Nacken legt, ihn zärtlich streichelt und näher zieht, meine Lippen sind es die seinen Kuss sehnsüchtig empfangen und all meine Sehnsüchte zurückgeben.
    Was auch immer er sucht, ich werde es ihm geben sei es für diesen Moment oder für den Rest meines Lebens....

  • Wie kuschelig und bequem war doch diese Kline, so ganz anders als die harten Schiffsplanken. Angetrunken und benebelt vom blauen Dunst schummelte ich keck amüsiert durch das Blattwerk hinüber zu den zwei einsamen Herzen. Die beiden Männer wähnten sich offenbar ganz für sich allein und unbeobachtet...(sollte mir recht sein)..."Hmmm... zugedröhnt wie Pythia und Sybille, aber immer noch geil wie zwei Schildkröten aus Kaunos." Ein freches Kichern kam über meine Lippen. Ich drehte mich nun ganz auf den Bauch und spannte aufmerksam weiter. Wollte ja bloß nichts verpassen, immerhin gab es Leute die für solche Vergnügungen mit harter Münze bezahlten."Autsch!" "Der Faustos hat mich gesehen!" Kommentierte ich den plötzlichen Blickkontakt des Präfekten. Irgendetwas hatte den Mann trotz seines Rausches auf mich aufmerksam werden lassen.Warscheinlich machte ich doch zuviel Lärm, aber nachdem sich unser beider Blicke für ein paar Sekunden gekreuzt hatten, wandte sich der Römer wieder unverhofft seinem Gespielen zu...ich hingegen wandte mich erstmal ab und widmete mich wieder dem Wein. "Scheiße!"

  • Seltsam war es... diesen Fremden zu küssen... so unerwartet wie unverhofft noch einmal zu küssen... und diesen Kuss mit so viel... Sehnsucht?... erwidert zu spüren. Ihn zu küssen war wie... ein leises Echo... ein schwacher Nachklang all der Küsse, die ich in meinem Leben genossen hatte. Zärtlich waren seine Hände in meinem Nacken, und wie ein leiser Abschiedsgruß des Lebens an mich folgten sie den Pfaden, die so viele andere Hände streichelnd dort gegangen waren. Unweigerlich stiegen da die Gesichter derer, die ich geliebt hatte, empor vor meinem inneren Auge... Das wollte ich nicht. Nicht noch mehr Abschiede. Traurig, und zugleich doch schon sehr weit fort, blickte ich den Fremden an, suchte durch sein Bild die aufsteigenden Erinnerungen zu vertreiben, fuhr mit den Fingern langsam durch sein Haar, so dass das rote Tuch um seinen Kopf sich löste und herabglitt.
    "... Wer bist du?" fragte ich ihn, fragte ich ihn nachdenklich. Ich mochte seine Lippen. Ich MOCHTE das falkenhafte in seinen Zügen, den Hauch des Orientalischen. Träge umschwebten uns die Schlieren. Ich mochte die Linien seines Körpers unter meinen Händen... langsam verfolgte ich sie, erkundete sie träumerisch. Merkwürdige Muster waren das, die die Sonnensplitter da um uns in den Rauch malten. Ein Kaleidoskop aus Traum und Licht...


    ... wo hindurch leise der Diener wieder hinzu getreten war. Er brachte uns, ohne sich ob unserer Zweisamkeit eine Regung anmerken zu lassen, eine Karaffe mit Wein, schenkte uns ein, und er versah auch die mittlerweile leer gerauchte Pfeife mit einem neuen Stück Opium. Aber vor allem brachte er mir, fein säuberlich in einem Holzkästchen verpackt, den Opiumvorrat, den ich zuvor "zum Mitnehmen" geordert hatte.
    "...Leg es einfach da hin..." murmelte ich.
    Der Diener tat wie geheißen, legte es auf das Beistelltischchen neben der Kline. Ich konnte die Augen nicht davon lassen.
    Es fing an mit einem Kästchen in Trans Tiberim. Es endet mit einem Kästchen in Trans Tiberim.

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    Diese Lippen, diese Hände waren es, die mich in eine Welt entführten, in der es alles so schön so leicht sein könnte. Berauscht von der Droge und von ihm, mutig geworden waren es nun meine Hände, welchen zärtlich seinen Körper erkundeten, die Konturen seines Gesichtes nachzeichneten, den Hals abwärts glitten....
    Wer war ich, ein Niemand, ein Nichts und doch wollte ich alles für ihn sein... wenn es auch nur einen Wimpernschlag in der Zeit sein würde...
    „Ich bin nur ein großer Träumer, doch mit Träumen fängt es an...“ antworte ich ihm leise... bevor ich mich wieder in seinen Augen verliere – in denen diese so unendliche Traurigkeit liegt. Warum diese Traurigkeit? Hat er all das Gute Verdrängt? Sieht er nur das Böse im Herz? Hat er das Lieben verlernt? Hängt sein Leben am Seidenen Faden? Sieht er keine Zukunft? Was ist ihm nur passiert?


    Den Diener, ich nehme ihn kaum wahr, doch sehe ich was er bringt... viel... es ist zu viel... nein – Ich nehme sein Gesicht vorsichtig in meine Hände.
    „Bitte geh nicht. Ich möchte das du bleibst... Was hoffst du zu finden in einer anderen Welt?“

  • Kaum hatte der Bedienstete die Laube verlassen, öffnete ich das Kästchen. Darin lagen die braunschwarzen Klumpen, hinter deren unscheinbaren Äusserem sich eine Unendlichkeit von Traum und Glück verbarg, von Freiheit und Vergessen und....
    Ich nahm eines der Stücke zwischen Daumen und Zeigefinger, rieb darüber, prüfte die zähe Konsistenz, roch daran, kostete mit der Zungenspitze. Es war gutes Zeug, eben jenes welches wir gerade rauchten. Ja. Es war mehr als genug.
    Just bei diesem Gedanken war es, dass sich die Hände des schönen Träumers so sanft um mein Gesicht legten... er leise zu mir sprach. Verwundert sah ich in an – war ich denn so leicht zu lesen... und vor allem... was interessierte es ihn? Seine Mandelaugen waren dunkle Brunnen. Ein Windhauch ging durch die Laube, ließ die Rauchschwaden tanzen.
    "Finden...?" wiederholte ich trist. Eigentlich wollte ich... alles leugnen, seine Frage ins Lächerliche ziehen, und ihm irgendwas von irgendeinem wilden Fest erzählen, welches ich mit vielen Freunden zu feiern gedachte und wofür ich dieses Opium gekauft hatte..... aber die Worte wollten mir nicht über die Zunge kommen.
    "Es ist nicht... um etwas zu finden." antwortete ich ihm statt dessen langsam. "Nein... ich habe andere Gründe. - Aber... finden werde ich dabei dann vielleicht... die Antwort auf eine Frage, die... - Seit Edessa stelle ich mir diese Frage... - Und das ist lange her. Mein halbes Leben schon. Es ist so..." begann ich zu erzählen, und mit einem Mal sah ich es wieder alles vor mir, so genau als stünde ich dort... "ich hatte einen Freund, damals, er hieß Lucullus, und hatte... sehr viel Mut und ein großes Herz... und glaubte doch eigentlich an gar nichts... Er war stark und stand mir bei, damals.... Er liebte das Opium, und... ausserdem ein Mädchen namens Luciana.... aber so ganz abgeneigt war er mir auch nicht..." Ich lächelte. Lächelte wehmütig, als ich uns sah, dort, am Ufer des Euphrates im Staub sitzen und kameradschaftlich das Opium teilen, und wie ich - sehr jung war ich da, sehr jung wir beide - dann den Kopf an seine Schulter legte, und er mich 'Blauauge' nannte. Schwer lehnte ich den Kopf in die Hände des schönen Träumers, so wie damals an diese Schultern.
    "Doch dann kam die Schlacht. Und vor uns... die parthische Reiterei. Es war wie... Gewitter und Erdbeben und alle Furien und Harpien und Keren zugleich, als die Panzerreiter auf uns zu sprengten. Und Lucullus... er wandte sich zu mir, und rief mir etwas zu, durch das Getöse rief er zu mir: "Faustus! Wir sehen uns dann auf der anderen Seite!"."
    Das hatte ich noch nie jemandem erzählt. Wozu erzählte ich es dem Fremden? Mein Gesicht verhärtete sich, ich schloß knapp:
    "Er fiel. Ich habe überlebt. Und seitdem frage ich mich... ob er noch auf mich wartet. Auf der anderen Seite. Und sich fragt... warum zum Henker ich so lange brauche."
    Nun ja. Jetzt konnte ich es herausfinden. Ich griff nach meinem Weinkelch, und begann das Opium da hineinzubröckeln, Stückchen für Stückchen zu zerpflücken und in den roten Wein zu rühren.

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    Aufmerksam höre ich ihm zu, fahre dabei nachdenklich seine Konturen nach. Er wollte also von dieser Welt gehen, weil er hoffte einen Kameraden - einen Freund wieder zusehen?


    Den nun gut bestückten Weinkrug nahm ich ihm aus der Hand. „Du kannst es trinken wenn du willst. Ich werde dich nicht aufhalten. Aber ich möchte, dass du mich erst anhörst.“ Der Weinkrug wurde abgestellt und ich nahm seinen Kopf wieder in meine Hände. „Du glaubst also Zeit hat auf der anderen Seite eine Bedeutung? Meinst du nicht, das dein Leben hier ein Wimpernschlag im diesseits ist? Was ist wenn dein Lucullus dich fragt, warum du diese Welt so feige verlassen hast? Er starb im Kampf – ehrenhaft nennen es die Germanen – warum willst du nicht wenigstens versuchen ihm gleich zu tun? Du bist doch ein Soldat? Warum ziehst du nicht hinaus und kämpfst? Wenn du den Tod suchst, sollte doch gerade ein Angehöriger der Armee genug Chancen finden, sein Leben zu beenden – warum also so....?" Ich zeigte auf den gefüllten Krug. „... Es ist also ein Flucht, aber wovor fliehst du? Vor dem Leben? Hat dich der Mut verlassen, dein Leben zu leben? Du denkst du bist in einer ausweglosen Lage? - Nichts ist so ausweglos, dass man nicht gegen sein Schicksal ankämpfen könnte.“


    Ich beugte mich herab und küsste seine Lippen. Nein dieser Mann konnte nicht gehen, es war noch so viel Leben in ihm.
    Ich hob seinen Kopf, so dass ich ihm direkt in die Augen sehen konnte.
    „Die Wahrheit ist das Leben ist hart und gefährlich. Wer nach seinem eigenen Glück sucht, findet es nicht. Wer schwach ist muss leiden. Wer nach Liebe verlangt, wird enttäuscht werden. Wer gierig ist, wird nicht gefüttert werden. Wer nach Frieden strebt wird Streit finden. Wahrheit ist nur für Unerschrockene. Freude ist nur für den, der sich nicht fürchtet, allein zu sein. Liebe nur für den, der bereit ist sie zu geben. Komm zur Ruhe und ruhe in dir selbst. Deine Zeit, an dem du den Fluss überschreiten wirst, wird eines Tages kommen, aber noch ist sie nicht da. In dir ist noch zu viel Leben. Sag mir wie ich dir helfen kann, damit du es auch siehst, damit du siehst, dass das hier nicht die Lösung deiner Probleme ist.“

  • "He...!" protestierte ich (sanft), als er mir den Wein (sanft) einfach aus der Hand nahm. "Was soll denn das...?!"
    Und dann kam ich auch noch in den Genuß der selben ollen Phrasen, die ich schon von meinem liebsten Massa vernommen hatte, bevor er sich (wieder mal) aus dem Staub gemacht hatte.
    "Bona Dea, Dulcis... Es geht hier doch nicht um Lucullus. So sehr war ich nun auch nicht in ihn verschossen. Ich weiß nicht ob er wartet... keine Ahnung, ich weiß nicht was da drüben ist, oder, ob da überhaupt was ist....."
    Es gab da ja sehr verschiedene, und größtenteils sehr vage Ansichten. Die Floskel von 'den elysischen Feldern wo unsere lieben Verblichenen weilten', war nun mal... nicht viel mehr als eine Floskel.
    Ich seufzte und schüttelte ein wenig den Kopf. Ich mußte niemandem mehr etwas beweisen. Doch der Unsinn, der da von seinen hinreißenden Lippen perlte, reizte mich zum Widerspruch. "Willst du etwa behaupten, Marcus Porcius Cato Uticensis, der große Cato, Verteidiger der römischen Republik, der lieber den Freitod wählte, als sich dem stumpf obsiegenden Unrecht zu unterwerfen, sei ein Feigling?" sprach ich schleppend. Absurd... Mit sanfter Empörung fuhr ich fort:
    "Möchtest du etwa der edlen Lucretia, die sich ohne zu Zögern den Dolch in den geschändeten Leib stach, Unehrenhaftigkeit unterstellen? Erkennst du nicht die Tapferkeit des Dichters Petronius, der im Kreise seiner Freunde mit Gleichmut verblutete, weil seine Verse den Mächtigen zu viel Wahrheit enthielten? Du bist kein Römer, nicht wahr Pulcherrimus? So unkundig wie du über die Mors voluntaria sprichst."
    Aber dass er mich erneut geküsst hatte – das gefiel mir. Und auch, dass sich dieser mysteriöse Schöne gerade so um mich bemühte... fast so als wäre ich noch immer derselbe wie früher - bevor diese ganze Lawine von Unrat über das Imperium hereinbrach, bevor ich alles verlor - ... gefiel mir... Da konnte nicht mal die Ansammlung schwer erträglicher (Binsen-)Weisheiten, die er mir gerade zuraunte, etwas daran ändern. (Naja... das mit der Wahrheit, die nur für die Unerschrockenen war, war vielleicht doch nicht ganz so verkehrt.)


    Ich lächelte... desillusioniert (aber sanft).
    "Schöner Träumer." flüsterte ich, und hauchte ihm meinerseits einen leichten Kuss auf die Lippen, "hier sucht niemand eine 'Lösung'. Denn es gibt keine. Ich will nur dass es aufhört."
    Ich hatte BILANZ gezogen, und jeder vernünftige Mensch musste mir zustimmen, dass es nach alles was geschehen war schon seit langem nur noch diesen einen Weg für mich gab.
    "Auch du würdest fraglos verstehen, würde ich dir erklären wie es dazu kommt – aber das tue ich wohl besser nicht, denn es wäre gefährlich für dich."
    Ich griff an ihm vorbei und nahm erneut meinen Kelch zur Hand, ließ den roten Wein mit den Schlieren halbgelöster Klumpen im Becher kreisen, und fragte den Träumer dann leise... zögernd, den Blick auf das Rot gerichtet –
    "Aber wenn du... mir wirklich helfen möchtest... Es gibt etwas, wofür ich dir sehr dankbar wäre."

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    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

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    Ich schaute ihn fast schon traurig an.
    „Ja ich bin kein Römer und ja ich nenne es feige. Seinem Leben ein Ende zu setzen ist doch wie eine Flucht, eine Flucht vor Problemen. Problemen denen man sich nicht zu stellen Willens ist. Ich könnte auch flüchten, mein Leben ist nicht das was ich mir erträumt habe, aber ich flüchte nicht, nein ich stelle mich dem Leben und versuche es besser zu machen. Ja vielleicht bin ich auch nur ein hoffnungsloser Träumer, aber ich habe wenigstens Träume die ich verfolge, die ich zu erreichen versuche. Ich flüchte nicht vor dem Leben.“
    Ich deutete auf den Becher in seiner Hand „Du willst flüchten? Dich in der Nacht davon stehlen? Dann tu was du tun musst, denn wer bin ich schon, dass ich dich davon abhalten könnte? Nur ein Niemand, dessen Worte nur Phrasen sind, der für dich nur ein Gesicht unter tausenden ist. Doch bevor du trinkst, überlege, was du alles zurücklassen würdest, welche Wunden du reißen würdest.“
    Es machte mich wirklich traurig, aber wenn er springen wollte, dann würde ich ihn nicht davon abhalten. Ich hatte ja schon vom ersten Moment an gewusst, das es mal wieder nur das Schicksal war, welches mir wie immer nur einen grausamen Streich spielte. Erst lenkte es meine Schritte zu eben jenen Mann um ihn mir dann sofort wieder zu entreißen.


    Helfen, ich ihm helfen? Wobei? Mein Blick wurde fragend. „Was kann ich für sich tun?“ Ich würde sogar alles tun, damit er nur bei mir bliebe, nicht unbedingt bei mir, aber hier in dieser Welt, hier wo die Hoffnung bestand, dass ich ihn wiedersehen konnte... „Sag mir wie ich dir helfen kann?“ Ich nahm sanft seine Hand und schaute ihm tief in die Augen.

  • "Du erinnerst mich... total an meine letzte Liebschaft..." reminiszierte ich versonnen vor mich hin, während der schöne Fremde weiter auf seiner peregrinen Begriffstutzigkeit gegenüber unserer römischen Mors voluntaria beharte. Es berührte mich nur sehr, sehr fern, denn wenn es eines gab, dessen ich mir sicher war, dann dass ich im Dienste Roms, im Kampf gegen die Verschwörerbrut und beim Einstehen für die Wahrheit auch auf meinem verlorenen Posten mehr Mut bewiesen hatte, als ich es mir (früher) jemals zugetraut hätte. Und damit lächelte ich nur milde, als er den Untergang meiner Welt mit seinen kleinen peregrinen Kümmernissen verglich, und zauste ihm sacht das rabenschwarze Haar. "Der wußte auch nie, wann es besser ist, nichts mehr zu sagen... Und er war schön... ebenso betörend schön wie du... wenn auch ein ganz anderer Typ..."
    Eigentlich... war er doch gar nicht mein Typ gewesen... mit seinem sonnig strahlenden Blondhaar... seinen treuherzigen Vergissmeinicht-Augen... eigentlich entsprach der dunkle Träumer mit seinem exquisiten orientalischen Touch doch viel mehr meinem Beuteschema... und trotzdem hatte der Blonde mir mein Herz (oder sollte ich besser sagen, 'die kläglichen Reste, die Manius davon übrig gelassen hatte') gestohlen. "Verraten hat er mich dann... wie sie alle... sobald Fortuna nicht mehr mit mir war... sobald Macht und Pracht und Einfluß dahin waren... hat auch er mich fallen lassen... wie sie alle."
    Aber nun war da jemand, jemand der mich so innig tief ansah als würde ihm wirklich was an mir liegen, und ich krallte mich in diese sanfte Illusion, die mich beschirmte, vor der monströsen Einsamkeit, vor der zermalmenden Gewissheit voll und ganz und unendlich ALLEIN zu sein.
    Ich erwiderte seinen zauberischen Blick, spielte ein wenig mit dem Kelch in meiner Rechten, streichelte seine Finger mit der Linken.
    "Bleib bei mir." bat ich ihn. "Ich habe... habe Angst allein zu sterben." Und so sehr konnte mich kein Rausch entrücken, dass mir bei diesen Worten nicht eine kalte Hand die Kehle zugeschnürt hätte. "Bleib bei mir," bat ich ihn flehentlich, "bis es vorbei ist..... - ja?"


    Der erste Schluck benetzte kühl meinen Gaumen. Es war ein vorzüglicher Wein, und der vertraute Beigeschmack des darin gelösten Opiums legte sich lindernd auf mein zerfleischtes Gemüt.
    "Und ich will es dir erklären..." murmelte ich, "damit auch du verstehst... warum kein Platz mehr für mich ist, in dieser Welt."
    Sacht legte ich meinen Kopf an seine Schulter. Es fühlte sich gut an. Ich nahm noch einen Schluck. Diesmal erwischte ich mehr von dem ungelösten, klumpig im Wein herumschwimmenden Zeug, das nicht wirklich gut schmeckte, und würgte es entschlossen herunter. (Eigentlich war das keine Art, das gute Opium zu sich zu nehmen, es zu trinken und zu essen war so grob, hatte nichts von dem sinnlichen Genuß des Rauchens, es entfachte nicht den Geist-erhebenden und Wesen-beflügelnden Zauber der Traumblume, es wirkte ausgesprochen körperlich, ja bleiern... aber ich wollte eben sicher sein).
    "Was ich zurücklasse ist nichts als Qual. Alles habe ich verloren. Alles was ich je erreicht habe, wurde mir genommen. Und die Wahrheit, um deren willen ich all dies auf mich genommen habe... will niemand hören. Weil es gefährlich ist. Weil ganz Rom in viehischer Gleichgültigkeit vor denen buckelt, die sich mit Gift an die Macht gemordet haben, die tausende von Soldaten sinnlos zur Schlachtbank führten, die Lüge zu Wahrheit, und Wahrheit zu Lüge und Ehre zu Unehre und Unehre zu Ehre erklärt haben. Ich kann es nicht mehr ertragen: Wie die Römer, um die zu schützen ich gegen die Deserteure und Frevler in die Schlacht gezogen bin, nun meinen Fall verhöhnen. Wie sie mich zum Aussätzigen machen. Wie die, die ich einst für Freunde hielt, mich nicht mehr zu kennen vorgeben, damit mein Unglück nicht auf sie abfärbt. Wie ich sehen muß, wie einst ehrenhafte Männer alles verraten, was sie ehemals hochhielten... um sich einen Platz am Fressnapf des neuen Diktators zu sichern. Wie einer, den ich einst rasend geliebt habe... sich als infamer Verschwörer entpuppt... der mich so ungeheuerlich belogen und benutzt hat, dass ich es noch immer nicht glauben kann. Wie sie sich alle abwenden. Wie... mich selbst... meine Familie... in aller Öffentlichkeit... vor dem Senat... diffamiert, um ihren Stand zu verbessern..."
    Kleine Schlucke, nahm ich, immer wieder, während ich ihm dies alles erzählte, leise und stockend.
    "Und wenn ich weiter kämpfen würde, weiter und mit allen Mittel – was könnte geschehen, als dass ich mich vollends aufreibe, an der Feigheit und Falschheit dieser Stadt... an die ich früher doch tatsächlich mal geglaubt habe.... und meine Familie würde immer in Gefahr sein. - Oder aber... ich wäre erfolgreich, und es würde zu einem neuen Umsturz führen. Mit noch mehr Blutvergießen. Noch mehr Römern, die sich gegenseitig abschlachten. Noch mehr Leid. Es gibt keinen Ausweg... als diesen."


    Ich leerte den Becher, würgte das Zeug angestrengt herunter. Der klumpige Bodensatz verkleisterte meine Kehle. Mir war etwas übel... Wie Blei lag mein Kopf an des Fremden Schulter. Und sowie das Blei meine Glieder erfüllte, kam nun eine weiche, warme Gleichgültigkeit über mich. Die Wände der Laube verwandelten sich in Vorhänge aus Buchstaben, die leise gegeneinander klimpernd im Winde wogten... Durch sie hindurch erblickte ich die gesamte Stadt, ja dahinter das gesamte Reich, als ein biblioides Geflecht von Zeilen und Sätzen und Absätzen, schimmernde Lettern und sich verzweigende Stränge und Kolonnen von Einsen vermischt mit aufrecht stehenden "Ovalen". Ich wollte meinem Gefährten berichten, was ich da sah, welche wundersamen Erkenntnisse mir zuteil wurden, doch meine Zunge war so schwer, und ich so unglaublich müde. Ich schloß die Augen. Mein Atem ging... ruhig.... fast unmerklich... still... Frieden. Glücklicher Frieden. Alles, alles was geschehen war, ging mich nichts mehr an, es war nur mehr eine Geschichte, die irgendwann, irgendwo, irgendjemand irgendwem erzählt hatte. Alles war gut...bis auf den Umstand, dass da noch immer diese Übelkeit war, und dass diese Übelkeit... wuchs. Und wuchs...
    "...mir ist.... so... schlecht..."
    Großartige letzte Worte.


    ~ ~ ~


    Dieser träge Halb-Gedanke 'Großartige letzte Worte, Faustus.' ist das letzte woran ich mich noch vage zu erinnern meine. Wie eine sumpfige Insel in bodenlosem Gewässer... Was danach geschah... ist schwarz, abgrundtiefe Finsternis, ein Loch klafft in meinem Erinnern... Doch das "mir ist so schlecht" natürlich nicht meine letzten Worte waren, wirst Du, lieber Leser, Dir sicherlich schon gedacht haben. Denn wären sie es gewesen, könnte ich Dir, lieber Leser, diese meine Geschichte wohl kaum erzählen...

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    Allein? Natürlich würde ich ihn nicht allein lassen. Sacht seinen Kopf streichelnd flüsterte ich leise. „Hab keine Angst, ich werde für dich da sein, dich nicht allein lassen... nicht verlassen.“ Ich konnte nichts mehr für ihn tun, er hatte sich entschieden, war vielleicht einmal zu oft enttäuscht worden in seinem Leben. Er hatte Unrecht, denn ich wusste sehr wohl, wann es besser war zu schweigen und dies war jetzt der Moment. Ich hätte ihm erzählen können, dass mir Macht und Ruhm egal waren, das es im Leben wichtigeres gab als das. Aber was würde es nützen? Nichts – also bliebe jene Worte ungesagt und ich nahm Serapio fest in meine Arme, wenigstens in diesem Moment sollte er sich geborgen, aufgehoben und geliebt fühlen. Er sollte nicht allein sein, nicht in diesem Moment, wo er sich anschickte diese Welt – mich – zu verlassen. Wie gern würde ich ihn aufhalten, wie gern würde ich ihm sagen, dass er dies nicht tun muss, dass es andere Wege gab. Aber ich lauschte nur stumm seinen Worten und streichelte dabei sanft über seinen Kopf. Seine Worte berührten mich tief im Inneren – Tränen liefen mir in kleinen Bächen über das Gesicht - ich beachtete sie nicht. Ich hatte nur Augen für ihn, wollte mir seine feinen Züge einprägen, wollte ihn in mein Gedächtnis brennen, so dass er auf dieser Welt nicht vergessen werden würde.
    Alles in mir schrie – Lass ihn nicht gehen! - doch ich tat nichts um es zu verhindern.
    Vorsichtig nahm ich ihm den leeren Becher aus der Hand, stelle ihn beiseite nur um Serapio dann noch fester in meine Arme zu schließen, ihm einen Kuss auf die Stirn zu hauchen.
    Ruhiger wurde sein Atmen er ging, war bereit zu gehen, das Leben wich aus seinem Körper.
    Still saß ich mit dem Sterbenden im Arm da, haderte mit seinen und mit meinen Göttern. Warum taten sie nichts? Warum halfen sie nicht. Warum ließen sie es zu?


    Leben? Es war noch Leben in seinem Körper? Der Körper wehrte sich und siegte über den Geist? Das Gebräu wurde wieder hinausbefördert. Ich hielt den krampfenden Körper, der nicht bereit war diese Welt zu verlassen, der nach dem Strohhalm griff, der versuchte sich gegen das nahenden Ende zu stemmen. Schnell befeuchtete ich das Tuch und kühlte Stirn und Nacken, bevor ich es ihm schließlich um den Nacken band.
    „Die Götter haben anders über dich entschieden.“ Hauchte ich ihm zu, bevor ich den Körper auf meine Arme nahm und zu dem mir einzig logisch erscheinenden Ort brachte.

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