Die Iulisch-Sergische Hochzeit | Der Brautzug

  • Der Weg schien sich unendlich vor ihnen zu ziehen. Valentinas Blick war leicht getrübt und dennoch schien sie hellwach zu sein. Die Mischung machte es eben. Wenn sie sich das im momentanen Zustand fragen könnte, dann wollte sie sicherlich nicht wissen, wie sie sich morgen fühlen würde. Aber für den Moment war das nicht wichtig. „Varus.“ Wiederholte sie leise den Namen, der ihr genannt worden war. Als ob sie ihn beim ersten Mal nicht ganz verstanden hätte. Dann nickte sie und legte den Kopf in den Nacken um ihren Wegbegleiter besser anschauen zu können.
    Da auch Valentina eigentlich sehr auf ihr Äußeres bedacht war, wäre sie sicherlich nicht begeistert darüber gewesen, dass genannter Varus ihr gerade die Hochsteckfrisur ruinierte. Aber wie schon mal bemerkt, für den Moment war ihr das ganz egal. Sie war nur froh endlich nicht mehr alleine zwischen all den Leuten laufen zu müssen und ihre Begleitung war wirklich nett. Sie war tatsächlich nicht mehr alleine.


    „An sich mag ich Hochzeiten schon. Naja, ich war noch nicht auf all zu vielen, aber trotzdem sind sie schön. Aber hier ist ja nicht mal die Braut schön.“
    Den letzten Satz sagte Valentina abfällig und sah dann zu, wie die unschöne Braut in ihr neues Heim getragen wurde. Nie würde sie sich in nüchternem Zustand so über jemanden äußern. Nicht in der Öffentlichkeit.
    Als der Zug vor dem Haus dann ins Stocken geriet, drehte sich die junge Quintilia zu ihrem Begleiter um direkt vor ihm zum stehen zu kommen. Sie legt ihren Kopf wieder in den Nacken, damit sie, die schon ein wenig kleiner war, ihm ins Gesicht sehen konnte. „Und jetzt? Ich will jetzt nicht wieder alleine sein.“ Beide Hände legte sie ihrem Gegenüber auf die Brust. Später würde ihr dieses Verhalten sicherlich eine ungesunde Röte ins Gesicht treiben. Für den Moment war das aber alles vollkommen normal. Sie fühlte sich gut in seiner Gesellschaft und wollte nicht, dass dies jetzt schon wieder aufhört.

  • Varus kniff eine Auge ganz und das andere fast ganz zu und versuchte noch einen Blick auf Fausta zu erhaschen. Ganz so als ob er sie den ganzen Abend nicht gesehen hätte und nun prüfen wollte ob sie nun wirklich hässlich oder nicht war. Es war allerdings zu spät weshalb er nur leicht abwinkte:
    "Nu ja... nu isse ja auch schon wech..."


    Varus trank noch einen Schluck und bot auch Valentina den Weinkrug ein weiteres Mal an.


    Während dessen fing es ganz langsam an das die Gäste, nun wo Braut und Bräutigam im Haus verschwunden waren, sich zerstreuten.


    Varus legte seine Arme um Valentina als diese sich an ihn wandte und sah ihr einen Moment tief in die Augen.
    "Ich auch nicht.... alleine sein ist gar nicht gut.... mag ich gar nicht mehr...",
    er sah sich einen Moment um.


    Ihm fiel eine große Mietsänfte, immerhin getragen von 12 starken Sklaven, auf. Sie schien zu dem großen fetten Gast zu gehören der vorhin vor Valentina gegangen war. Ein Lakai näherte sich nämlich nach dem eintreffen dieser Sänfte, mehrere weitere folgten, dem dicken der offenbar noch an einem anderen weiblichen Gast der Hochzeit gefallen gefunden hatte. Diese wurde nämlich von ihm belagert und belabert.


    Varus grinste und nahm eine von Valentinas Händen.
    "Komm mit!"


    Sie leicht hinter sich herziehend, falls sie etwas dagegen hatte war sein Zug und Griff nicht stark so das sie ihre Hand leicht befreien konnte, ging er zu der Sänfte. Einem anderen Bediensteten drückte er eine ganze Handvoll Denare in die Faust und sagte:
    "Endlich ist die Sänfte für mich und meine Begleitung da!"


    Schnell gab er Valentina ein Zeichen und wollte ihr beim einsteigen helfen.
    Falls sie das mitmachte folgte er ihr sogleich in die Sänfte, zog die Vorhänge zu und gab das Kommando an die Träger loszulaufen. Erst einmal nur weg von hier.


    Im inneren der Sänfte welche mit schweren Vorhängen die Außenwelt relativ gut abhielt, waren etliche Kissen und dergleichen so das zwei Leute, oder ein sehr großer Mensch sehr bequem sitzen konnte. Auf der einen Seite war in einem kleinen Regal eine Wein- eine Wasseramphore sowie 3 Becher eingelassen. Auf der anderen Seite ein paar Naschereien sowie eine Pfeife mit ähnlichem Rauchwerk wie es auf der Hochzeit verteilt wurde.


    Varus machte es sich bequem ließ neben sich aber genug Platz und Kissen das Valentina neben ihm liegen konnte.

  • Als ihr Gesprächspartner sich so intensiv auf Fausta konzentrierte, keimte in der jungen Quintilia tatsächlich so etwas wie Eifersucht auf. Denn hässlich im Sinne von hässlich war die Braut ja nun wirklich nicht. Dafür war Valentinas Gefühlswelt an diesem Abend mehr als in Aufruhr. Würde sie jetzt neben sich stehen und sich sehen können, sie wäre sicherlich entsetzt über ihr lockeres Auftreten. So war sie normal nie. Aber ja, der Mann vor ihr gefiel ihr sehr gut und der sollte der Braut nicht so intensiv nachschauen. Zwar hätte er sie jetzt ohnehin nicht mehr haben können, aber dennoch sollte das nicht so sein. Fast wollte sie schon etwas sagen und dieses etwas wäre sicherlich schnippisch geworden, so wie Valentina gerade drauf war, aber da konzentrierte sich Varus ja zum Glück gerade noch rechtzeitig auf sie. Er legte sogar seine starken Arme um sie. Das fühlte sich noch gleich viel besser an. Glücklich, und mit vom Wein geröteten Wangen, sah sie zu ihm auf, als er bestätigte auch nicht alleine bleiben zu wollen. Er sah sich um, was er wohl suchte? Dann nahm er ihre Hand und lief zügig los.


    Natürlich brauchte der nicht mehr ganz nüchterne Verstand der Quintilia einen längeren Moment, bis sie begriff, aber dann gluckste sie wie ein kleines Mädchen und eilte hinter Varus her. Ihrerseits nun seine Hand sogar noch etwas fester haltend, damit sie diese nicht verlor. Sie erkannte auf was er zuging und ihr Herz schlug vor Aufregung. Wann hatte sie das letzte Mal etwas so aufregendes gemacht? Valentina konnte sich nicht erinnern. Sie saß so schnell in der Sänfte wie das mit ihrem Gewand und in ihrem Zustand überhaupt möglich war, wobei Varus ihr tatsächlich gut helfen musste. Dann zog sie ihn ihrerseits helfend in die Sänfte und streckte die Beine aus. Ach hier war es schön gemütlich. Als säße Valentina zum ersten Mal in so einem Gefährt, sah sie sich aufmerksam um. Eigentlich vertrat sie die Meinung, dass man selbst gut zu Fuß gehen konnte und sich nicht von anderen Leuten tragen lassen musste. Nur wenn der Anlass es verlangte. Aber jetzt verschwendete die junge Frau keinen, einzigen Gedanken daran. Im Gegenteil, sie lachte kurz auf, als die Sänfte kurz wankte, während die Männer sie hochhoben. „Ziemlich stürmische See heute.“ Als ob Valentina so große Erfahrung mit der Seefahrt hatte.


    Dann kam sie wieder näher zu Varus und legte erneut ihren Kopf auf seine Schulter, während sie es sich neben ihm bequem machte. Ein störendes Kissen zwischen ihnen wurde einfach zur Seite geschoben. Ein paar Momente sagte keiner von ihnen was, dann aber hob Valentina den Kopf und suchte den Blick von Varus. „Danke.“ Meinte sie dann in halblautem Ton. War das ein Anflug von Nüchternheit oder konnte sie trotz ihres Zustandes erkennen was hier gerade passierte? „Es ist schön hier.“ Und damit lies Valentina eindeutig offen ob sie nur die Sänfte damit meinte oder auch ihre Gesellschaft. Sie lächelte leicht, dann legte sie ihren Kopf wieder an seine Schulter. Ein klein wenig hatte diese Geste etwas von festklammern. Nein, heute Nacht wollte Valentina wahrlich nicht alleine sein.

  • "Ich danke dir und ja es ist schön hier...", gab Varus als Antwort und eine ganze Weile ließen sie sich schweigend durch die Gegend tragen. Varus veränderte noch einmal leicht seine Position. Danach lag er mit Valentina im Arm so bequem wie es in der Sänfte nur möglich war und man war in einer Position in der man sehr lange bleiben konnte.


    Nachdem sie etliche Blocks vom Abfahrtsort entfernt waren blickte Varus einmal kurz durch die Vorhänge nach draußen. Sie waren inzwischen am oberen Teil des Hanges des Esquilin angekommen. Durch eine Baulücke wo nur noch ein halb verwilderter Hortus zeugte das hier mal ein großes Haus gestanden hatte und wohl bald ein neues entstehen würde, hatte man guten Blick auf Teile von Rom und konnte in einiger Entfernung sogar den Tiber sehen.
    "Hier anhalten und absetzen!" gab er den Trägern zu verstehen.
    Er entdeckte eine Kordel am Rand der Sänfte und zog neugierig daran. Als Ergebnis des Zuges verschob sich ein Ausschnitt des Zeltdaches der Sänfte und erlaubte so einen quadratischen Ausschnitt auf den Sternenhimmel.
    Varus blickte einen Moment versonnen in den Himmel und fing unbewusst an Valentina über den Oberarm zu streicheln.
    Ob ihr das wohl recht war ging es ihm dabei durch den Kopf und er blickte in ihr Gesicht.

  • Das leichte Schaukeln der Sänfte hätte fast dafür gesorgt, dass Valentina einschlief. War sie eben noch so wach und aufgedreht durch den Wein und das Räucherwerk, fühlte sie sich hier drinnen an der Seite dieses Mannes so wohl, dass ihr mehr als einmal die Augen zugefallen waren.
    Erst als die Sänfte wieder abgestellt wurde, wachte Valentina aus ihrem Halbschlaf wieder auf und blickte sich um. Waren sie Zuhause? Aber da wollte sie nicht hin. Sie wollte nicht, dass die Zeit mit ihrer neuen Bekanntschaft schon vorbei war. Doch als Varus durch die Vorhänge nach draußen blickte, konnte auch Valentina einen Blick erhaschen. Nein, sie waren nicht in der Straße, in der ihre Casa stand. Eindeutig nicht. Erleichtert lehnte sie sich wieder zurück und besah sich dann ebenfalls staunen den Nachthimmel.
    Erst mit etwas Verspätung bemerkte sie die zärtliche Geste von Varus und als sie seinen Blick auf sich spürte, drehte sie ihren Kopf so, dass sie seinen Blick erwidern könnte. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte und verstand in ihrem Zustand auch nicht was Varus sie mit diesem Blick vielleicht fragen wollte, deswegen lächelte die junge Quintilia nur und besah sich anschließend wieder den Sternenhimmel.
    "Wirklich wunderschön." Murmelte sie leise.

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