Wer will, der darf. - Wer nicht will, darf auch.
>>> Ein Großteil der Hochzeitsgäste, davon konnte ich mittlerweile wohl ausgehen, war nicht nur ein bisschen angetrunken, sondern diesem und jenem Genussmittelchen sei dank auch anderweitig gut drauf, als die Nacht über den Tag hereinbrach. Ich selbst hatte mich als Gastgeberin ein kleines (!) bisschen zurückgehalten. Immerhin hatte ich ja auch noch weitere Pläne heute Nacht! Aber dazu zu gegebenem Zeitpunkt mehr. Jetzt standen mit dem Einbruch der Nacht ja erstmal der traditionelle Brautraub und Brautzug auf dem Programm:
Das wichtigste Ereignis war dabei wohl die Entzündung der Weißdornfackel am Herd der Casa Sergia. Denn wen interessierte es schon, dass ich zuvor dem Schoß meiner Cousine Severa (sie war meine nächste weibliche Verwandte und damit Mutterersatz für dieses Ritual) entrissen worden war? Die Fackel aus Weißdornholz würde es schließlich später an der Casa Iulia sein, um die sich alle Gäste dann traditionell streiten würden! Der Göttin Ceres heilig sollte das Ding angeblich Glück bringen. Ein Glück fragte mich niemand darach, was ich von dieser Geschichte hielt. Naja.
So setzte sich der Brautzug von der Casa Sergia aus also langsam in Bewegung. Vorneweg lief ein junger Kerl, dessen Eltern wohl noch lebten (irgendwer hatte mir gesagt, dass das sehr wichtig wäre), mit der Weißdornfackel in den Händen. Flankiert wurde er von noch zwei jungen Kerlen, die aus meiner doch leicht angeschwippsten Sicht gut und gerne auch seine identischen Zwillerlinge sein konnten. Und knackig waren die Burschen, heisa! Und noch lebenden Eltern hatten auch sie.. hatte mir irgendwer erzählt. Irgendwo in meinem Rücken unterdessen wurden mir Rocken und Spindel nachgetragen. Das war noch so eine Sache, mit der ich nicht besonders viel anfangen konnte, weil ich schließlich mein Personal dafür hatte, sich mit solchen Tätigkeiten zu befassen! Was brauchte ich also Rocken und Spindel?! - Aber andererseits natürlich: Wenn man mir Sachen nachtragen wollte, dann sollte man mir eben Sachen hinterhertragen! Wie hieß es doch so schön: Nem geschenkten Gaul guckt man nicht ins Maul....
Uff. Und apropos Gaul. Irgendwie schaffte ich es, dass mir diese blöde Tiberia-Kuh ins Blickfeld rutschte. So ein richtiges optisches Fettnäpfchen.. war sie aber eigentlich gar nicht, fand ich. Oder lag das am Wein? Konnte man sich Leute also wirklich schöntrinken? Oder aber waren meine kleinen aegyptischen "Glücklichmacher" schuld an meiner Wahrnehmung? "Gut, dass wir zwei beiden uns heute nochmal sehen, Tiberia!", sprach ich die Patrizierin mit geweiteten Pupillen legere an. "Ich wollte dir nämlich noch sagen, dass ich finde, dass du heute gar nicht mal so schrecklich aussiehst!" Ich überlegte. Richtig begegnet war ich ihr bisher nur in den Thermen, oder? Und damals war sie nackt gewesen. Ich verzog meine Augenbrauen unzufrieden damit, dass ich offensichtlich nicht das gesagt hatte, was ich hatte sagen wollen. Aber mit etwas Glück merkte diese verzogene Neureiche das ja nicht! "Ich meine, dafür, dass du dich sonst mit Freundinnen umgibst, die ihrerseits Freundschaften zu Sklaven unterhalten.", versuchte ich noch nachträglich auszuweichen. Aber so richtig zufrieden war ich auch mit diesen Worten nicht und winkte nur ab. "Aber keine Sorge. Ich will dich hier bestimmt nicht von irgendwelchen Scherzgesängen auf meine Kosten abhalten. Darauf brennst du doch sicherlich schon den ganzen Abend, nicht?" Ich konnte mir ein dämliches Grinsen nicht verkneifen. Und nein: Dämlich war hier ganz bestimmt nicht gleichbedeutend mit besonders damenhaft! Soviel war ja wohl mal sicher.