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Im Stadtteil Trans Tiberim, am Südhang des Janus-Hügels, steht ein alter Tempel, der der Verehrung des Serapis geweiht ist. Verschachtelte Gebäude und Gärten schließen sich auf mehreren Ebenen an ihn an, sie beherbergen die Kultgemeinschaft, sowie eine Bibliothek und ein kleines Armenhospital.
Der Tempelkomplex stammt noch aus den letzten Jahren der Republik, einer Zeit in der der Kult von Isis und Serapis durch Senatsbeschlüsse immer wieder ausserhalb des Pomeriums verbannt wurde. Mittlerweile ist der Kult längst offiziell anerkannt, einige seiner Feste sind Teil des römischen Festkalenders geworden, und er hat großen Anklang in der römischen Gesellschaft gefunden. Vielleicht weil er den Gläubigen ein ganz anderes, ein mystisches und viel persönlicheres Verhältnis zu ihren Göttern bietet, als die geschäftsmäßigen Rituale des römischen Staatskultes.
Unter den flavischen Kaisern, die den Kult besonders förderten, entstand eine prachtvolle Tempelanlage von Isis und Serapis auf dem Marsfeld (und diese erfreut sich insbesondere unter den wohlhabenden Römerinnen so großer Beliebtheit, dass Ovid in seiner 'Ars Amatoria' jene "weihrauchduftenden Altäre" einem jeden, der auf der Suche nach einer Geliebten ist, wärmstens empfiehlt.)
So groß und prunkvoll wie sein jüngeres Gegenstück auf dem Marsfeld ist das Serapeion auf dem Ianuculum bei weitem nicht, und selbstverständlich schon gar nicht zu vergleichen mit dem legendären Serapeion von Alexandria.
Zur Zeit seiner Erbauung stand der Tempel frei, von Pinien und Zypressen umrahmt, doch mittlerweile ist die Stadt den Hang hinauf gewuchert, und der Tempelkomplex ist umgeben von Gassen und Wohnhäusern, zur Rechten bedrängt von einem Mietsstall, zur Linken von einer städtischen Wassermühle, wo sich beständig knirschend das Mahlwerk dreht...
Wenn man das Hauptportal der Anlage durchschreitet, gelangt der Besucher auf den grob geplasterten Vorplatz des Tempels, wo ein reges Treiben herrscht, von Gläubigen (meist Leute aus dem Viertel), und von Händlern, die Opferzutaten, Blumenketten, Amulette und heiße Würstchen feilbieten, von Menschen die auf der Suche nach Rat und Weissagung sind und von Kranken die sich Heilung erhoffen. Hin und wieder verirren sich auch ein paar Touristen aus der Provinz hierher, verlassen den volkstümlichen Tempelkomplex aber schnell wieder, um spektakulärere Bauwerke zu besichtigen.
Vor dem eigentlichen Tempel, an der Stirnseite des Vorhofes, erhebt sich ein kleines Exemplar eines Obelisken, ganz verwittert, die schwarze Oberfläche ist abgegriffen von den unzähligen Händen die über den Stein gestrichen haben, und die Hieroglyphen darauf sind nur noch zu erahnen.
Aus roten Ziegeln ist der Tempel gemauert, und von seinem halbkreisförmigen Giebel herab lauert, direkt über dem Altar, mit gefletschten Zähnen ein schauriges Untier mit drei Köpfen – der eines Löwen, der eines Wolfes, und der eines Hundes.
Durch die Tempeltüre, die jeden Morgen rituell geöffnet wird, und erst bei Sonnenuntergang wieder geschlossen, sieht man im Allerheiligsten die Standfigur des Gottes, umgeben von Votivgaben. Auf hellenistische Weise ist Serapis dagestellt als bärtiger Gott der Ewigkeit, gekrönt mit dem ährenumwundenen Kalathos, in der Hand hält er den Schlangenstab.
Jede Stunde werden die Hymnen zu seinen Ehren gesungen. Eine Schar von Priestern mit kahlgeschorenen Schädeln, gekleidet in weiße Leinengewänder, sowie von Mysten auf verschiedenen Stufen der Initiation, versieht den Tempeldienst, kümmert sich um die Gläubigen, vollführt Rituale und deutet Träume. Einige, die den Serapis in seinem Aspekt als Gott der Heilung besonders verehren, betreiben in einem flachen Nebengebäude ein kleines Hospital, welches vor allem von den Armen der Umgebung aufgesucht wird (denn bei jenen, die es sich leisten können, ist es ja bekanntlicherweise üblich, sich bei Krankheit einen Medicus nach Hause zu bestellen).
An die Rückseite des Tempels schließt sich die Bibliothek an, sowie die Unterkünfte der Kultmitglieder und die Gärten. Dort befinden sich auch, teilweise unterirdisch liegend, die nichtöffentlichen und nichtzugänglichen Bereiche der Verehrung, von denen niemand, der die Weihen nicht erfahren hat, wissen kann was dort geschieht. Während jene, die es wissen - darüber schweigen.