ZitatOriginal von Marcus Iulius Licinus
Nie sollte erkundet werden, wie Licinus den Aufenthaltsort Serapios erfahren hatte. Wie er seine Wege nachvollzogen hatte, nachdem er das Haus in Transtiberim leer vorgefunden hatte. Fakt war, er stand nun hier, fühlte sich nicht wohl in seiner Haut, wusste nicht, was er sagen sollte und wusste nicht, was er überhaupt denken sollte. Und am wenigsten wusste er, wer dieser so ganz unsoldatisch aussehenden Männer nun sein Waffenbruder war.
Er stach in seinem Militärmantel unter der hießigen Menge durchaus hervor. Weit weniger förderlich dafür erkannt zu werden, war es dann, sich im Schatten des Einganges aufzustellen. Licinus hielt sich schnurgerade und ließ seinen Blick über die Köpfer wandern. Welcher war wohl der, den er suchte? Und was sollte er ihm nur sagen.
"Wer hat die Gestalten der Sterne geschaffen?" sangen die Mysten vor dem Standbild des Allgottes.
"Wer hat ihren Weg erfunden?
Wer war der Erzeuger der Früchte?
Wer hat die Berge in die Höhe gehoben?
Wer hat den Winden befohlen, ihr Werk nach den Jahreszeiten zu vollführen?
Wer ist der Gott der Ewigkeit, der die Ewigkeit hervorbringt und in Ewigkeiten herrscht?
Du, der EINE unsterbliche Gott."
Weihevoll schwang sich die Litanei empor, im Dämmerlicht der großen Cella, stieg auf zwischen dem roten Schein der Flämmchen und den blauenden Weihrauchschwaden.
Mit untergeschlagenen Beinen saß ich an der Seite, zusammen mit den anderen Tempelmusikern, und blies die Rohrflöte. Sie war aus ägyptischem Schilfrohr, verziert mit einem Segensspruch. Ich mochte dieses Instrument gerne, und ich liebte es, gemeinsam mit den anderen Flöten, den Trommel und Zimbeln den Chor zu begleiten. Ich fand es ein wenig ironisch, dass das Flötenspiel, dieses verpönte Steckenpferd, welches ich früher immer nur verschämt, meist hinter verschlossener Türe und dann lange auch gar nicht mehr, betrieben hatte, hier nun mit einem mal zu etwas Anerkanntem geworden war. Hier zählte es nicht, ob ich mein Gegenüber effizient mit dem Gladius abstechen konnte, Tirones schleifen oder eine Armee befehligen oder staatsfeindliche Umtriebe aufdecken konnte... hier zählte es, dass ich passabel die Flöte blies. Das war schon seltsam. Aber gut.
Und wenn ich dort bei den Zeremonien den kleinen Klang meiner Flöte sich mit dem großen Ganzen vereinen und zur Lobpreisung des Ewigen sich erheben ließ... dann war ich Serapis, dann war ich dem Ewigen nahe, auf eine nicht mit Worten zu fassende Weise näher als jemals sonst.
Jetzt nickte Castus, der den Takt vorgab, uns zu, und wir begannen ein lebhafteres Zwischenspiel. Darauf folgte wieder der Gesang, den unsere Melodie nur leise schwebend umrankte.
"Du bist der Erzeuger von allem;
du teilst allen ihre Seelen zu und du lenkst alles,
König der Ewigkeiten und Herr;
du, vor dem die Berge und die Ebenen erzittern,
die Wasser der Quellen und der Flüsse,
die Waldschluchten auf der Erde und die Winde,
alles, was entstanden ist;
der hoch droben leuchtende Himmel und alle Meere fürchten dich,
allmächtiger Herrscher, heiliger Gott, Herr über alles.
Durch deine Kraft sind die Elemente und wächst alles,
in der Luft und auf der Erde,
im Wasser und im Hauch des Feuers.“
Hymnus auf den EINEN Gott aus der wunderbaren Wiki.