[Trans Tiberim] Der alte Tempel des Serapis - Auf der Suche nach Hilfe

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    Nun stand ich hier unschlüssig zwar, aber auch wenn ich nicht wollte, ich brauchte seine Hilfe. Gute ich freute natürlich, dass ich ihn Wiedershen konnte, aber der Anlass war ja ein eher unerfreulicher. Würde er mir helfen.. können. Dass er zumindest versuchen würde mir zu helfen, stand für mich außer Frage, denn ich hatte ihm in die Augen gesehen, also er jenes Angebot unterbreitet hat und da stand nur Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit in seinen Augen. Nun stand ich hier und hoffte, dass er es auch wirklich konnte, dass er mir helfen konnte, bevor man meinem Leben auch auf eine so schändliche Weise ein Ende setzen würde, wie eben jenem armen syrischen Händler, denn ich war es, ich und Dracon, wir hatten die Beiden gesehen in der Nacht im Park.
    So stand ich nun wie schon damals vor diesem Tempel, doch dieses Mal wusste ich, dass ich ihn wiedersehe würde, damals war es ja ungewiss.
    Also ging ich zu einem der Priester.
    „Ich bin auch der Suche nach Serapio, kann ich ihn hier finden?“

  • Tja, ganz so einfach funktionierte das dann eben doch alles nicht. Der Schreihals bewies seine teuren Qualitäten und erreichte irgendwann also, nachdem er dem Verfolgten scheinbar irgendwann das sichere Gefühl gegeben hatte, dass er abgehängt worden war, das alte Serapisheiligtum in Trans Tiberim. Aus sicherer Entfernung beobachtete er.. und erkannte dabei sehr wohl die östlichen Züge des Kerls. Zusammen mit den Kenntnissen davon, dass der Händler ein Syrer war und der verdächtige Stricher ebenfalls der Beschreibubng nach eher aus dem Osten kam, war diese Erkenntnis hier doch überaus interessant! Was er wohl hier wollte..?

  • "Hier kannst du eine große Auswahl von Serapios finden." knarrzte der alte Priester Benivolus, der eben noch in Kontemplation über den Hof gewandelt war. "Doch ich meine zu wissen, welchen du aufsuchen willst."
    Nämlich jenen, der nach Ansicht Benivolus', deutlich zu viel Besuch von Fremden von aussen bekam, und damit deutlich zu viel Unruhe in die Gemeinschaft brachte. Sogar eine Prügelei hatte es gegeben. Man stelle sich das vor.
    "Wisse, dass dies ein Ort der Ruhe und inneren Einkehr ist." ermahnte er darum den Besucher grämlich, bevor er ihn aufforderte: Folge mir."
    Darauf führte er ihn an der Schmalseite des Tempels entlang, vorüber an der Bibliothek und aus dem öffentlichen Bereich hinaus zu den Behausungen der Kultmitglieder. In einem der Gärten war soeben eine Gruppe von Jüngern damit beschäftig, Laub wegzuschaffen und die Rosenbeete gegen die Kälte abzudecken. Der alte Priester wies auf einen von ihnen.
    "Meinst du den? - Serapio!"


    ~ ~ ~


    Ein Schritt und ein Zug mit dem Rechen. Immer ein Schritt und ein Zug mit dem Rechen. Er fuhr durch das Gras und zog das welke Laub mit sich. Es roch nach Erde, nach Herbst. Mit angenehm leerem Kopf rechte ich die Blätter zusammen auf einen Haufen. Da hörte ich meinen Namen gerufen, und als ich aufsah, stand am Rande des Gartens der alte Priester Benivolus, mit...
    Oh.
    Ich stellte den Rechen ab, bedächtig um mich einen Atemzug lang fassen zu können, dann ging ich auf die beiden zu. Der Priester verzog sich, mit einem letzten scheelen Blick über die Schulter (er hatte mich im Visier, schon seit einer Weile), aber ich war gerade nur überglücklich über das Wiedersehen.
    "Borkan." Ich strahlte ihn an, und – nein, Faustus, du bist hier mitten in der Tempelgemeinschaft! fiel ihm jetzt nicht um den Hals, sondern nahm nur seine Hand in die meinen und drückte sie ihm gesittet – nun ja, man könnte auch sagen deutlich länger als gesittet, aber nicht sehr kraftvoll, denn meine Rechte war noch immer ein bisschen lädiert von dem Kampf mit Licinus.
    "Ich freue mich, freue mich ganz ungeheuerlich dich zu sehen!" sagte ich, befangen von dem Wissen dass die anderen nicht weit von uns bei der Gartenarbeit waren, und noch befangener durch die Erinnerung an den unerwarteten, grandiosen, heißen, schamlosen, Olympia-reifen Kuss in der Subura.
    "Wie geht es dir?" Furchtbar förmlich klang das in meinen Ohren. Er wirkte irgendwie... gehetzt. "Ist alles in Ordnung?"

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    Klient - Decima Lucilla

  • Immer wieder sah ich mich nervös um. Wurde ich verfolgt? Nein es war niemand zu sehen. Ich nickte nur und fuhr mir nervös durch die Haare, als der Priester mich ermahnte. Ich nickte, wieder folgte ein nervöser Blick über die Schulter. „Ja den meine ich.“ sagte ich als ich schließlich MEINEN Seprapio erblickte.


    Mein Herz machte einen Sprung vor Freude, auch wenn der Anlass meines Besuches nicht der Beste war, so war zumindest für einen Augenblick vergessen warum ich hier war. Ich sog das Bild was sich mir bot in mich auf, ich schöpfte Kraft und Mut aus eben jenem Bild. Ja allein seine Anwesenheit ließ mich zumindest für einen Wimpernschlag alles um mich herum vergessen.


    Ein Lächeln stahl sich auf mein Gesicht, als ich ihn da so sah, vertieft in seine monotone Arbeit, so vertieft, ja dieser Welt gar ein Stück entrückt. Es schien ihm wirklich gut zu tun, dass hier. Ja all das hier im Tempel. Es war so friedlich hier so besinnlich.. sollte ich hier wirklich mit meinen Sorgen rein platzen? Sollte ich wirklich die Stille und die Andacht stören in dem ich die Realität, die so grausam und brutal sein konnte hier her tragen?
    Meine Hand hielt krampfhaft die Tabula fest, jene Tabula, die ich gerade dem Toten abgenommen hatte.


    Seine Hand, die meine berührte, nur einen Moment, aber lang genug um mir wenigstens ein Stück Vertrauen zu geben, dass ich vielleicht doch die richtige Entscheidung getroffen hatte, das es richtig war hier her zu kommen. Er strahlte mich an und auch ich brachte tatsächlich ein Lächeln zu Stande, wenn auch nicht so wie ich es wohl gern hätte. Wiedereinmal sah ich nervös über meine Schulter.
    Ich schüttelte den Kopf, nein nichts war in Ordnung. Wenn man schon den Händler am helllichten Tag ermordete, was würden sie dann wohl mit mir machen?


    „Ich brauche Hilfe – glaube ich.“ flüsterte ich. Ja ich sprach sogar so leise, das wohl selbst Serapio Mühe haben würde mich zu verstehen.


    Die Tabula schoss es mir durch den Kopf, ich holte sie also hervor und drückte sie ihm in die Hand.



    DER SYRER HAT SEINEN ZWECK ERFÜLLT. DAS GERÜCHT IST IM UMLAUF. JETZT LASS IHN SEINE BEZAHLUNG ERHALTEN UND BEREITE SEINEM LEBEN EIN ENDE. DANACH, WENN DIR DIE LEBEN DEINER FRAU UND KINDER DAS WERT SIND, BEENDE AUCH DEIN EIGENES LEBEN. SEI GRÜNDLICH UND LÖSCHE AUCH DIESE TABULA, BEVOR DU ZUR TAT SCHREITEST.


    MIT ERWARTUNGSVOLLEM GRUSS DEINES KLEINEN SOHNES,
    Q. VALENTINA


    „Sie haben einen Händler ermordet, weil er zu viel wusste.“ begann ich stockend zu erzählen. „Es geht um eine Iulia die sich Nachts in Rom mit Männer herumtreibt Ich habe sie gesehen. Ihr Vater der Iulius Dives scheint nun alle die die Wahrheit kennen zu beseitigen.“ Natürlich dachte ich das, woher sollte ich auch wissen, dass es die Frau des Iulier war, die hier anfing Leute um die Ecke bringen zu lassen.
    „Ich ...“ ja was wollte ich eigentlich? So genau wusste ich das auch nicht. Wie sollte er mir helfen? Vielleicht wollte ich ihn einfach auch nur noch einmal sehen. Die Zeiten waren ja nicht gerade die sichersten. „Kannst du die Tabula vernichten oder zumindest so aufbewahren, dass sie niemand findet? Was dort steht ist ein Lüge.“ Natürlich hatte ich mir die Wartezeit vor dem Tempel damit vertrieben zu entziffern, was auf der Tabula stand.
    Und ja genau das war es was ich wollte, ich wollte nicht das die Tabula in falsche Hände geriet, dass hier irgendwer in den Dreck gezogen wurde, der nicht damit zu tun hatte, Ich kannte nicht mal eine gewisse Valentina und mein syrischer Händlerfreund sicher auch nicht.
    Und seine Hände war sicher die richtigen, die wussten was zu tun war. Und so konnte ich ihn nochmal sehen. „Bitte ich weiß nicht an wen ich mich sonst wenden kann. Du bist der Einzige, dem ich noch vertraue.“
    Ok abgesehen von Apolonia und Dracon, aber die hatte ihre eigenen Probleme, die jetzt auch noch hier mit reinziehen, nein bei den Göttern. Ich hoffe so sehr, das er mir helfen konnte. Mein Blick, der wohl mehr als nur gehetzt wirken musste, nervös, fahrig und eine Spur von Angst lagen darin, aber auch eine gewisse Hoffnung, die ich an ihn knüpfte. Ja er war wirklich meine letzte Hoffnung auf Hilfe. „Bitte.“ flüsterte ich noch einmal.
    Ich wusste zwar nicht ob er mir wirklich helfen konnte, aber zumindest fühlte ich mich wie von einer Last befreit, seit ich ihm die Tabula in die Hand gedrückt hatte.

  • Schon bevor er das Wort ergriff, war offenkundig, dass etwas von großer Tragweite geschehen sein mußte. So freimütig er beim letzten Mal gewesen war, so erschüttert wirkte er jetzt. Unwillkürlich trat ich näher heran um ihn besser zu verstehen, als er mit gedämpfter Stimme zu sprechen begann. Ich nickte ermutigend, nahm die Tabula entgegen. Die halbverwischten, kaum lesbaren Worte streifte ich nur eines ersten Blickes, steckte sie ein, dann heftete ich die Augen wieder auf ihn.
    Es war eine unglaubliche Geschichte, die er da erzählte. Und unglaublich war auch, was für wunderschöne lange dunkle Wimpern er hatte, wie ein seidiger Vorhang legten sie sich über seine glutvollen Mandelaugen, um sich wiederum emporzuschwingen, als er mich mit einem so hoffnungsvollen Blick bedachte, dass sich das Herz in meiner Brust schmerzhaft zusammenkrampfte. Ich schmolz dahin, er hätte alles von mir verlangen können, ich hätte alles für ihn getan! Er stand da in dem Herbstgarten vor mir so anmutig in seiner Not als wäre er die schöne Andromeda, an den Fels gekettet während das Ungeheuer schon den Fluten entstieg, und ich... stand ganz automatisch sogleich etwas aufrechter als vorher, mit gestrafften Schultern, bereit Perseus-gleich meinen Rechen gegen jedweden Drachen zu schwingen.


    "Aber natürlich. Ich passe darauf auf. Es ist gut, dass du hergekommen bist" antwortete ich mit Gewissheit. Morde, Lügen, verängstigte Zeugen – das war eine Welt, in der ich mich auskannte, in diesem Metier war ich, bei aller Bescheidenheit, wirklich erfolgreich gewesen. (Nur dass ich beim letzten "Fall" mehr Dreck zu Tage gefördert hatte, als das Imperium vertragen konnte!)
    Die Fetzen an Information, die er mir da gerade gegeben hatte, hatten jedenfalls schon meinen Ehrgeiz geweckt, denn etwas sagte mir: diese Geschichte stinkt.


    Sanft legte ich Borkan die Hand auf den Arm, bedeutete ihm, mit mir mitzukommen. Ich führte ihn aus dem Garten hinaus, einen verlassenen Wandelgang entlang, wo wir in Ruhe sprechen konnten.
    "Iulius Dives und ein Mord? Unwahrscheinlich. Ich kenne ihn. Für sowas hat er nicht den Schneid." urteilte ich messerscharf, mich daran zurückerinnernd wie hilflos er der Erpressung durch die Megäre nachgegeben hatte, wie kategorisch er mein Angebot abgelehnt hatte, ich könnte mich darum kümmern sie zum Schweigen zu bringen. Oder... hatte er nur vorgegeben, die Erpressung sei der Grund für die Hochzeit, um sich mir gegenüber nicht dafür rechtfertigen zu müssen, dass er mich allein aus Karrieregeilheit abserviert hatte?
    "Oder sagen wir besser" fügte ich, mit einem Mal sehr bitter, zähneknirschend hinzu: "Ich glaube ihn ein wenig zu kennen, und ich glaube, dass so etwas nicht seine Art ist."
    Ruhig Blut, Faustus. Es ging hier: um Borkan. Es ging hier NICHT: um elegische Ex-Liebschaften aus meinem vorigen Leben
    "Erstens: Du sagst, sie sind hinter dir her, was ist passiert?" fragte ich, meine Besorgnis um ihn hinter einer beherrschten Fassade verbergend. Erst einmal mußte ich einschätzen, wie groß die Gefahr für ihn war, wie dringlich es war zu handeln. "Bist du angegriffen worden, bedroht, oder ist dir jemand auf den Fersen?"
    Und eine Frage nach der anderen stellend, ihn ruhig anhörend, versuchte ich mehr herauszufinden: "Zweitens: der Mord an dem Händler – wann ist das geschehen, wo, und auf welche Weise? Drittens – was hat es mit der Tabula auf sich?"

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  • Die Gewissheit und die Selbstsicherheit mit der er sprach nahmen mir einen großen teil meiner last, ja es war gut gewesen her zu kommen, nicht das ich großartig Alternativen gehabt hätte, aber nun wusste ich dass es wirklich das beste war war ich machen konnte.


    Er stand hier, wie mein persönlicher Gott, getaucht in die letzten Strahlen der untergehenden Sonne, deren rötlicher Schein durch die am Boden liegenden Blätter noch verstärkt wurde.
    Für einen Moment war ich gefangen in jenem Bild, wie gern, oh ja wie gern würde ich... aber schon klangen mir wieder die mahnenden Worte des Priesters im Ohr.
    Ich musste meinen Blick schon fast gewaltsam von ihm los reißen. Wie im Trance ließ ich mich von ihm führen, ja ich würde ihm überall hin folgen, sogar in die Feuer der Unterwelt und noch weiter wenn es sein musste.


    Stumm nur nickte ich, als er sagte, dass der Iulier keine Morde befehlen würde. Zweifelte ich? Nein! Ich glaubte ihm, ja ich glaubte an seine Worte, auch wenn eine Stimme ganz tief in mir drin versuchte mich zu mahnen, sie wurde beiseite geschoben und zum Schweigen gebracht, ja ich wollte glauben und ich glaubte.
    „Ich habe die Tochter des Iulier gesehen, sie hat sich des Nächtens im Park mit einem Mann getroffen. Nun..“ ich schaute verlegen zu Boden. „...habe es Greta und Ines erzählt, die haben es diesem und jene erzählt...“ Ich schaute ihn mit einem verlegenen Blick an. „... nun ist es Stadtgespräch in Rom. Der Händler nun der hat erzählt das sie sich tags zuvor, also bevor sich sich im Park mit einem Kerl getroffen hat, mit einem Soldaten auf dem Markt herumgetrieben hat. Er wurde nicht müde die Geschichte nun jedem der sie hören wollte oder auch nicht zu erzählen. Nun ist er tot und die Umstände seines Todes lassen nur den Schluss zu, dass er wegen dem was er gesagt hat getötet wurde.“ Ich atmete einmal tief durch. „Sein Mörder hat ihn abgestochen und sich dann selbst gerichtet. Das ist doch merkwürdig oder? Es war also kein normaler Mord...der Mord... ich bin direkt von dort zu dir gekommen...“ Wieder fuhr ich mir nervös durch die Haare. „Die Tabula fand ich in den Sachen des toten Angreifers. Ich habe ihn durchsucht um irgendeinen Hinweis zu finden wer er ist... wer ihn schickte.“ Ich schaute nun Serapio wieder direkt in die Augen, ja diese Augen, in den ich mich so gern verlor, aber ich riss mich zusammen und sprach weiter. „Nun und wegen diesen Umständen denke ich dass man ihn getötet hat, weil er zu viel zu sagen, zu viel gewusst hatte.“ Ich atmete tief durch.
    „Nein bedroht hat mich noch niemand. Ich weiß nicht mal ob wer weiß, das ich die Iulia gesehen habe. Nur so ein ungutes Gefühl und ich hatte einfach das Gefühl, ja mein Herz hat mir gesagt, dass ich herkommen muss, weil du bestimmt weißt was zu tun ist.“


    Nun nachdem ich alles gesagt hatte kam ich mir nüchtern betrachtet doch schon wieder albern vor. Nur weil man einen Händler auf den Markt umbrachte dachte ich schon wieder mal, dass halb Rom hinter mir her ist. Ja ich war eben ein Hasenfuß, der meinte das Pech der Welt für sich gepachtet zu haben.
    Ich konnte nur hoffen, das Serapio jetzt nicht in schallendes Gelächter ausbrach.


    Ach wie gern würde ich mich jetzt einfach in seine Arme werfen und von ihm halten lassen, auch wenn mir seine Nähe schon ein ganzes Stück Mut und Vertrauen zurückgab, würde ich einfach... 'Borkan du alter Träumer, du bist hier in einem TEMPEL!!!!' schallte mich meine innere Stimme.
    Aber ich erinnerte mich noch sehr gut an den Kuss, der mehr war als nur ein Kuss, er wir eine Verheißung, ein versprechen... oh wie ich es gerade verfluchte, das er hier in dem Tempel war....
    Und schon wieder mal schweiften meine Gedanken ab, ich vergaß einfach all das Schlechte der Welt, wenn ich nur in seiner Nähe sein konnte. So war es schon bei unserem ersten treffen gewesen, jeder andere hätte wohl einen heruntergekommenen Soldaten gesehen, aber ich habe nur in seinen Augen blicken müssen um darin die Erfüllung meiner Träume zu erkennen.
    'Borkan!' da war es wieder, mein schlechtes Gewissen.


    Mit einem verlegenen Lächeln wartet ich nun gespannt auf das was er sagen würde.

  • Des nächtens im Park. Mit einem Soldaten auf dem Markt. Stadtgespräch...
    Das tat ja so gut zu hören, dass der süße Dives in seinem verlogenen Dasein als jungdynamischer-Vorzeige-Ehemann nun also nicht 'nur' die Last seines zänkischen Weibes tragen musste. Nein, darüber hinaus mußte er sich nun offenbar auch mit den Jugendtorheiten seiner allzu lebenslustigen Adoptivtochter herumschlagen!
    Wie man sich bettet so liegt man!
    Ich lächelte schadenfroh, und hoffte, so für mich, dass er seinen Irrweg jeden Tag bitterlicher bereute.


    Zu hören, der Mörder habe "sich selbst gerichtet" ließ mich aufhorchen.
    "Ja, das ist sehr merkwürdig." Menschen hingen an ihrem Leben, und aus meiner Stadtkohortenzeit waren mir nur ganz, ganz wenige solche Fälle bekannt. "So etwas kommt eigentlich nur bei Verzweiflungstaten vor, zumal bei Eifersuchtsdramen. Meist in der Konstellation, dass der Mann erst die untreue Frau tötet, und dann sich selbst."
    Einen Händler mundtot zu machen, durch einen Selbstmordattentäter, das wirkte... höchst bizarr. Als würde man mit einem ganzen Haufen von Katapulten auf eine einzige Mücke schießen.
    (Allerdings, das hatte ich ja leider schon öfter erleben müssen, geschahen bisweilen einfach auch mal Dinge, Dinge, die so bizarr waren, dass sie das Fassungsvermögen des Verstandes aufs äußerste belasteten, und bei denen man sich eher in einem besonders wirren Groschenroman als in der Wirklichkeit wähnte.)
    "Darum würde ich normalerweise als erstes fragen, ob eine persönliche Beziehung zwischen dem Händler und seinem Mörder bestand. Weißt du da zufällig etwas?"
    Und ich dozierte weiter: "In der Geschichte findet sich dieses Phänomen der Angreifer, die ihr eigenes Leben zugleich opfern, ausserdem während unserer Befriedung Iudäas, bei den jüdischen Zeloten. Bei denen war es ihr eigentümlicher Glaube, der sie so dermaßen fanatisierte. - Es müssen jedenfalls überwältigende Affekte im Spiel sein, um einen Menschen zu so einer Tat zu bewegen."
    Jetzt verstand ich, welche Rolle die Tabula spielte, und hatte ein brennendes Interesse sie zu studieren.
    Borkan sah mich an, so... so absolut hinreißend, und der Augenblick dehnte sich, und ich hätte jetzt echt alles dafür gegeben, ihn in die Arme zu schließen... und ihn hinter die nächste Hecke zu ziehen, und dann... - Oh verdammt, ich war so ein miserabler Serapis-Anhänger! Ich schluckte, und sagte mit angerauhter Stimme:
    "Ich bin froh dass du gekommen bist. Ich passe auf dich auf, versprochen. Und lass uns dieser Sache auf den Grund gehen. "


    Die Tabula in den Händen betrachtete ich sie erst einmal ganz genau von aussen, dann klappte ich sie auf und begann mit zusammengekniffenen Augen das halbverwischte Geschriebene zu entziffern.
    An der Schmalseite des Wandelganges befand sich ein kleiner Schrein des Harpokrates. Ich trat zu dem Kohlebecken und zerrieb eine Fingerspitze Asche zu ganz feinem Pulver, bließ diese dann auf das Wachs. Die feinen Vertiefungen wurden dunkler, und Stück für Stück gelang es mir zu entziffern:


    DER SYRER HAT SEINEN ZWECK ERFÜLLT. DAS GERÜCHT IST IM UMLAUF. JETZT LASS IHN SEINE BEZAHLUNG ERHALTEN UND BEREITE SEINEM LEBEN EIN ENDE. DANACH, WENN DIR DIE LEBEN DEINER FRAU UND KINDER DAS WERT SIND, BEENDE AUCH DEIN EIGENES LEBEN. SEI GRÜNDLICH UND LÖSCHE AUCH DIESE TABULA, BEVOR DU ZUR TAT SCHREITEST.


    MIT ERWARTUNGSVOLLEM GRUSS DEINES KLEINEN SOHNES,
    Q. VALENTINA


    Verblüfft ließ ich die Tabula sinken.
    "Doch nicht etwa... Quintilia Valentina?! Das ist ja un-ge-heuerlich!"
    Mir war sonst keine Q. Valentina geläufig, und diese hatte, als Gast auf der vermaledeiten Hochzeit, zumindest Kontakt zu dem Kreis der Iulier.
    "Quintilia Valentina ist... eine wirkliche Dame." meinte ich zu Borkan, voll Hochachtung für die Frau, die mir damals in einer echt miesen Situation eine kostbare Freundlichkeit erwiesen hatte. "Dieser bizarre Mord, dazu geeignet Aufmerksamkeit zu erregen, dieser überaus plump gepflanzte Hinweis auf sie... – ein Mann, der dem Befehl sich selbst zu töten so brav folge leistet, wird wohl kaum den Befehl, die Tabula ordentlich auszulöschen, vergessen! Nein, das riecht gewaltig danach, dass ihr jemand etwas anhängen will. Wir müssen mit Quintilia sprechen. Und diese Tabula... naja, eigentlich ist sie ein Beweismittel, das in die Hände der Stadtkohorten gehört, aber... da gibt es nun mal viele Burschen, die nicht unbedingt von des Gedankens Blässe angekränkelt sind, und die sie am Ende wirklich verdächtigen würden."
    Mir kam natürlich der Gedanke, auch mit Dives zu sprechen, aber.... aber.... ich wollte ihn nicht sehen, nicht meine gar-nicht-so-alten Wunden wieder aufreissen. Wahrscheilich würde es sich am Ende nicht vermeiden lassen, aber......


    "Wir machen das so: zuerst besorge ich dir etwas anderes zum Anziehen, und du nimmst diese Kopfbedeckung ab, dann gehen wir zusammen hinten rum raus und suchen uns einen sicheren Unterschlupf." Mir schwebte da schon etwas vor. "Dann nehmen wir Kontakt mit Quintilia auf."
    Kaum hatte ich diesen Marschplan entworfen, erinnerte ich mich daran, wie bitterlich mir Dives einmal vorgeworfen hatte, ich habe immer ganz alleine bestimmt wo es mit uns langging, und dabei gar keine Rücksicht auf seine Gefühle genommen. Tja, das war wohl déformation professionelle. Aber ich war ja lernfähig, glaubte ich zumindest, darum hängte ich jetzt noch beflissen an:
    "Einverstanden? Oder was meinst du? ... Wir könnten natürlich auch einfach die Stadt verlassen und auf einem Landgut abwarten bis der Staub sich gelegt hat....."
    So reizvoll – verboten reizvoll – dieser Gedanke auch war... mir juckte es in den Fingern, der Sache auf den Grund zu gehen.

  • Ich verfolgte genau was er sagte und so bizarr die Situation auch war, ja vielleicht ging es mir sogar an den Kragen, aber dennoch war ich froh hergekommen zu sein, denn bisher hatte ich ihn entweder in Todessehnsucht erlebt oder melancholisch oder auf der Suche nach..., aber jetzt hier tat sich was. Er verändert sich, seine Augen... hatte ich schon mal erwähnt, dass es seine Augen waren, die mich am meisten faszinierten?... sie strahlten. Ja ich konnte nicht anders ein Lächeln war es, dass sich auf meine Lippen stahl.
    Ähm was …? Zuhören Borkan, nicht träumen zu hören.


    „Also nun so gut kannte ich ihn nicht, aber ich weiß das der Händler keine Beziehungen pflegte, er bewegte sich eigentlich nur unter seines gleichen, also unter uns Syrern.“ Wusste Serapio eigentlich das ich Syrer war? „Also nein ich würde fast behaupten wollen, dass er seinen Angreifer nicht kannte, denn wenn, dann wäre er wohl zurückgewichen, aber er verhielt sich so, wie er es bei jedem Kunden machte.“
    Viel mehr konnte ich ihm leider nicht sagen, denn man kannte sich zwar, aber so dicke war ich mit dem Händler auch nicht. Mal hier und da in einer Taverne ein kurzes Gespräch, ein Spiel vielleicht, aber nicht dass was man als näher kennen bezeichnen würde.


    Nun lauschte ich wieder seinen Ausführungen und ich musste mich wirklich selber immer wieder zur Ordnung rufen, damit meine Gedanken, welche für diesen Ort hier nun wahrlich nicht geeignet waren, nicht abschweiften. Aber er war so hinreisend, so so … und schwupp flogen meinen Gedanken wieder weg, hin zu jenem Moment in der Gasse, wo ich seine Lippen kosten durfte, sie waren so weich, so sinnlich, sie versprachen so viel mehr und vor allem, als er mich dann geküsst hatte... BEI DEN GÖTTER BORKAN REIß DICH ZUSAMMEN!...


    Was hatte er? Landgut? Landgut wäre toll, er ich ein Haus auf dem Land? Fortuna meint es gut mit mir... Schon war ich im Begriff LANDHAUS zu sagen, doch nein wollte ich mich wirklich verkriechen? Ich ja, aber sollte er sich wirklich...? Nein, jetzt da ich gesehen hatte, wie viel mehr er sein konnte und wie seine Augen funkelten als er vorgeschlagen hatte hier in Rom der Geschichte nachzugehen, wollte ich ihm das wirklich nehmen? Nein das wollte ich ganz sicher nicht.
    „Einverstanden.“ Ich strahlte ihn förmlich an, meine Augen funkelten.
    Ich hatte ja schon mal gesagt, dass ich ihm auch lachend in den Hades folgen würde, Hauptsache ich könnte mit ihm zusammen sein.

  • "Großartig." Ich strahlte zurück. "Vielleicht können wir... -" ...das mit dem Landgut ja im Anschluß machen! wollte ich schon sagen, besann mich im letzten Moment und spürte wie mir das Blut heiß in die Wangen schoß.
    "Ähm ja. - Komm mit..."
    Natürlich hatte ich noch jede Menge Fragen zu den Einzelheiten und den Hintergründen, doch im Augenblick erschien es mir vordringlich, erst einmal Land zu gewinnen. Mit Leuten, die ihre Angelegenheiten mittels Selbstmordattentätern regelten, war ganz sicher nicht gut Kirschen essen.
    Doch während ich Borkan durch den hinteren Teil der Gärten zu den Unterkünften führte, darauf bedacht, Begegnungen mit anderen Kultmitgliedern möglichst zu vermeiden... da war mir so leicht ums Herz, so luftig leicht... Hach! - Ein wunderschöner Mann, ein rätselhafter Mord – Ich war in meinem Element.


    Leichtfüßig wie schon seit einer Ewigkeit nicht mehr, führte ich Borkan in den Schlafsaal der Initiaten, der um diese Zeit verlassen war.
    "Dann lass dich mal verwandeln..." forderte ich ihn in (dem Ernst der Lage vielleicht nicht ganz angemessenem) neckendem Tonfall auf.
    Auf dem Kopfende meines Bettes lag ausgebreitet sein rotes Tuch mit den Fransen, das rote Tuch. Verstohlen nahm ich es an mich, dann kniete ich mich auf den Boden und zog den Korb, in dem ich meine Sachen aufbewahrte unter meinem Bett hervor. Ich gab Borkan meine Ersatztunika und eine weite Lacerna, beide aus grobem Leinen, dazu einen Stoffgürtel und eine aus Binsen geflochtene flache Kappe.
    "Es ist alles eben ganz einfach hier..." fügte ich entschuldigend hinzu, denn es war mir ein klein wenig unangenehm, ihm so schlichte, um nicht zu sagen ärmliche, Klamotten anzubieten.
    Ich wandte mich ab, um, wenn er sich umziehen würde, nicht gleich wieder schlagartig all meiner klaren Gedanken verlustig zu gehen, und packte derweil die Sachen, die ich mitnehmen wollte, in einem länglichen Stoffbündel zusammen. Aus den Augenwinkeln sah ich natürlich doch ein, zweimal (dreimal, viermal) hin. Aber immer nur ganz kurz.

  • War er nicht einfach zum anbeißen? Und nun er errötete, 100 Aurei würde ich für seine Gedanken geben. Ich folgte ihm also, ich fragte nicht mal wo es hingehen sollte. Ja ich vertraute ihm, ihm den ich doch eigentlich gar nicht kannte. Aber eine gute Freundin hat mir gesagt höre auf dein Herz, es wird dir den rechten Weg zeigen. Und ich tat eben dieses. Und mein Herz war es dass immer kurz davor war zu zerspringen und wie wild in meiner Brust hin und her zu hüpfen, wenn ich ihn nur sah, war es, dass mir gerade sagt: DU KANNST IHM VERTRAUEN. Wenn nicht ihm, wem dann?
    Serapio war so ganz anders, er war regelrecht aufgeregt, wie ein Kind. Ob diese nun an mir oder an den Neuigkeiten lag vermochte ich nicht zu sagen. Ich war jetzt einfach mal ein klein wenig selbstsüchtig und sagte mir, dass es wohl zum Teil auch am mir liegen musste und dieser Gedanke war es, der ein fast schon weltfremdes verträumtes Lächeln auf mein Gesicht zauberte.
    Verwandeln oh ja verwandle mich. Ich lachte fröhlich ob seines neckenden Tones.
    Natürlich hatte ich mein – sein Tuch erkannt und wieder war es mein Herz, dass gerade vor Glpck zu zerspringen drohte. Ich mahnte mich und rief mir in Erinnerung wo wir hier waren . Denn er ich - allein – ein Bett. Oh nein meine Gedanken waren definitiv gerade weder jugendfrei noch dem Ort angemessen.
    Ich nahm die Sachen entgegen und presste sie an mich. Einfach? Einfach? Die Sachen waren für mich pures Gold. Sie waren nicht nur von ihm, nein sein Duft hin an ihnen, wenn ich sie gleich überstreifen würde wäre es so, als wenn er es wäre, der meinen Körper... Nein nicht schon wieder mit den Gedanken abschweifen... das kommt später Borkan und wenn du dieses später noch erleben willst, dann reiß dich jetzt mal zusammen.
    „Nicht entschuldigen, ich bin es der zu danken hat.“ sagte ich schließlich, als ich meine Gedanken im Zaum und meine Sprache wieder gefunden hatte.
    Ohne viel federlesen, streifte ich meine Sache ab und die seinen über.
    Hmmmmmmmmm sie dufteten...
    Ich fing den ein oder anderen Blick von Serapio auf und lächelte – für meine Verhältnisse – schüchtern.
    „Sie passen wie für mich gemacht.“ sagte ich schließlich als ich fertig war und strahlte ihn an. „Und wie sehe ich aus?“ fragte ich schließlich mit einem breiten grinsen und drehte mich einmal um die eigenen Achse.
    Ja der Mann der vor einiger Zeit den Tempel betreten hatte war verschwunden, ich ging nun glatt als Römer durch, nun gut fast, ich hatte ja immer noch diese leichte orientalische Aura an mir.
    „Wohin nun?“ fragte ich und sah Serapio mit großen fragenden Augen an.

  • Jetzt war es doch passiert. Adios ihr klaren Gedanken!! Dieses... kokette Lächeln, und diese aus den Augenwinkeln erhaschte Ahnung von dem, was nun wieder verborgen war... unter den Klamotten, die ich so oft getragen hatte... das war einfach zuviel für mich. Als würde der Stoff, der nun seine Haut berührte, eine Verbindung herstellen, zwischen uns... Komplett abgelenkt saß ich da auf dem Boden, hielt mein altes Tribunengladius, welches ich soeben hatte umschnallen wollen, traumverloren in der Hand, und sah zu Borkan hin, gebannt, verzaubert, wie er sich da so ausgelassen vor mir drehte.
    Daran werde ich mich immer erinnern!, dieser Gedanke blitzte unvermittelt auf. Ich wünschte, ich könnte mich auch an unsere erste Begegnung besser erinnern, und wüßte, wie nahe wir uns dort eigentlich gekommen waren... doch das schwarze Loch, aus dem ich erst hier in der Obhut des Kultes wieder aufgetaucht war, hatte zuviel verschluckt. Hatten wir? Hatten wir nicht?
    "Wie Adonis." gab ich leicht benommen zur Antwort. War der nicht auch aus östlichen Gefilden zu uns gekommen? Doch dann erschien es mir, ob Adonis grausamen Todes, wie ein ganz schlechtes Omen, Borkan, in der Gefahr in der er schwebte, so zu nennen, und ich verbesserte mich: "Wie Hyakinthos!" – Was es auch nicht besser machte. Den Schönen war im Mythos doch meist ein tragisches Schicksal bestimmt. "Wie ein gestaltgewordener Traum." murmelte ich, und wandte, verlegen dass ich ihn so angestarrt hatte, den Blick ab.


    Linkisch stand ich auf, hängte mir den Gladiusgurt über die Schultern und trat auf ihn zu. Ich sagte mir, dass ich mich nun aber konzentrieren musste. Aber wirklich!
    "Warte... noch eine Kleinigkeit. Darf ich...?" Um sich zu verwandeln waren, alte Speculatoren-Weisheit, Veränderungen der Silhouette und Veränderungen am Kopf am wirksamsten, letztere weil die Leute da am meisten hinschauten. Mit klopfendem Herzen zupfte ich ihm die Haare unter der Kappe hervor, und gutrömisch in die Stirn. Dann holte ich noch etwas Kohle, und verwischte damit die prägnanten Konturen seines scharf ausrasierten Bartes. "So."


    Einmal tief durchgeatmet, dann schnürte ich mein Bündel, vergewisserte mich, dass auch von Borkans Sachen nichts zurückblieb, warf mir eine weite Lacerna über, die das Schwert verbarg, und zuletzt strich ich rasch noch die Decke über meinem Schlaflager glatt. So glatt dass die Kante messerscharf war – das tat ich manchmal wenn ich nervös war. Jetzt mit Borkan zu gehen, das war eine Entscheidung, die mich noch viel weiter vom Tempel entfernte, als die ganzen Ereignisse zuvor, doch ich hatte keinen Zweifel.


    "Hier lang. Es gibt einen Weg direkt rüber zur Getreidemühle, die jungen Initiaten nehmen den, wenn sie nachts ausbüxen..." Ich wußte nicht, ob tatsächlich jemand hinter ihm her war, doch so nebulös die Bedrohung auch war, so ersthaft erschien sie, darum sagte ich mir sicher ist sicher. Es konnte nicht schaden, die offensichtlichen Ein- und Ausgänge zu vermeiden.
    Ich machte noch einen ganz kurzen Abstecher zur Zelle Castus', um ihm Bescheid zu sagen, dass ich eine Weile fort sein würde, um einem Freund beizustehen, und ihn zu bitten, dies auch Anastasius auszurichten. Er versprach es.


    Darauf führte ich Borkan aus dem Gebäude, an einem der verbotenen Bereiche, den nur die Eingeweihten betreten durften, vorbei, zum Nutzgarten, und dort über eine feuchte Obstwiese zu einer Pforte in der Mauer. Vor langer Zeit, bevor die Mühle gebaut wurde, hatte dort das Ackerland der Kultgemeinschaft gelegen. Jetzt erklang das grollende Geräusch der Mahlsteine von der anderen Seite.
    Ich vergewisserte mich, dass wir alleine waren. Die Pforte war verschlossen, doch ganz leicht zu überklettern, und einige Trampelspuren auf der Wiese, und Schleifspuren am Holz der Türe, bezeugten, dass es ein beliebter Schleichweg war.
    Ich hatte ihn einmal erkundet, nicht für nächtliche Auschweifungen, nein - seit meiner Gefangenschaft war es wie... wie ein Zwang für mich, immer einen Fluchtweg im Kopf zu haben.
    Auch wenn die Türe nicht sonderlich hoch war, lehnte ich mich dagegen und verschränkte meine Finger, um Borkan - unnötigerweise aber ritterlich - eine Räuberleiter anzubieten. Dann schwang ich mich selbst hinauf und hinüber.
    Wir landeten auf einem Hof, wo eben einige weißbestäubte Arbeiter Mehlsäcke auf Karren luden. Einer lachte, als er uns sah, nahm aber nicht weiter Notiz von uns. Durch die breite Ausfahrt ging es hinaus in eines der Sträßchen hinter dem Tempelkomplex, dann in die nächste, im Bogen den Hang hinab, und so schlugen wir uns in die Gassen von Trans Tiberim...

  • Nach einem Fußmarsch durch die Stadt und über den Tiber erreichten die Urbaner den alten Tempel des Serapis, in welchem sich – einer äußerst glaubhaften Aussage eines Straßenjungen nach – der Flüchtige mit der gestohlenen Tabula angeblich versteckte. Einen Versuch war es wert, denn die Auswahl an Orten, an welchen die ermittelnden Urbaniciani sonst suchen könnten, war relativ gering, um nicht zu sagen gar nicht vorhanden.
    Avianus betrat den Tempel, hinter ihm folgte der Rest der Soldaten nach. Und, weil er sich in dem Komplex weder auskannte, noch wusste, ob der Dieb wirklich hier gewesen war, richtete er sich an den erstbesten Priester, den er erblickte: "Salve, Iunius Avianus, Optio der Cohortes Urbanae. Wir verfolgen einen Mann… ein junger Kerl, mit Bart und roter östlicher Kopfbedeckung, gebräunt, der hierher geflohen sein soll... dürfte noch nicht zu lange her sein." Er blickte flüchtig zurück zu Antias, obwohl er sich ziemlich sicher war, dass er die Beschreibung noch richtig im Kopf gehabt hatte, anstonsten würde der Tiro noch einmal einspringen.

  • Aufmerksam aus seiner Deckung heraus beobachtete der Verfolger den Verfolgten. Letzterer sprach mit einem eher älter erscheinenden Tempeldiener, bevor beide zusammen verschwanden. Wahrscheinlich sprachen sie an einem etwas ruhigeren Ort, irgendwo im hinteren Bereich des Tempels, nun über das Geschehene. Für den verfolgenden Beobachter bedeutete dies: Warten. Und: Warten. Und natürlich: Warten. Also wartete er geduldig und in der Gewissheit, dass eine Maus in einem Mauseloch irgendwann aus diesem ja auch wieder herauskommen musste. Aber die Zeit verging. Nichts tat sich. Vielleicht gab es einen Hinterausgang? (Wer allein unterwegs war, der konnte natürlich leider nicht alle Seiten eines Gebäudes gleichzeitig im Blick haben.)
    Es wäre vermutlich das beste, wenn er sich einfach möglichst unauffällig nun ebenfalls in den Tempelkomplex begab. Vielleicht waren die beiden ja auch noch irgendwo da und sprachen miteinander. Oder vielleicht ließen sich Hinweise finden, wohin sie sich verflüchtigt hatten. - Doch kaum hatte er diesen Entschluss gefasst, da musste er ihn notgedrungen auch schon wieder revidieren. Der Grund: Warum auch immer standen die Urbaner hier plötzlich auf der Matte. Das war natürlich unter dem Gesichtspunkt gut, dass er sich dann nicht überlegen musste, wie er die entwendete Wachstafel wieder zu den Stadtkohorten schaffte. (Falls die Urbaner überhaupt deswegen hier waren, natürlich.) Weniger gut allerdings war, dass er sich jetzt hier schleunigst verziehen musste. Die Stadtkohorten, das waren nämlich nicht so ganz seine Freunde. Tja, und damit war dann natürlich auch die ganze Verfolgung an dieser Stelle erstmal gestorben. Im Schutze einer größeren Klientengruppe (ohne die sich deren Patron wahrscheinlich einfach nicht in diese Gegend hier getraut hatte) verschwand also der Mann mit dem silbergrauen Mantel....

  • Antias sah sich schweigend um. Kein junger Mann mit gepflegtem Bart. Keine Tabula. Keine östliche Kopfbedeckung. Stattdessen ein östlicher Gott, der mit wissendem Blick aus marmornen Augen zu ihm herunter starrte. Zum Gefühlschaos, das Trans Tiberim in ihm hervorrief, gesellte sich nun auch noch ein nagendes schlechtes Gewissen. Wann hatte er das letzte mal einen Tempel betreten? Als Kind mit seinem Vater? Er konnte sich nicht erinnern. Hatte er sich nach der geglückten Rückkehr von Apolonia nicht vorgenommen, den Göttern zu opfern? Oh ja, hatte er, und zwar allen ihm bekannten Göttern. Dass Serapis nicht dazu gehörte, vermochte Antias nur mäßig zu beruhigen. Die kannten sich doch alle untereinander, oder? Wie hatte er sich nur zu solch einem Irrsinn hinreißen lassen können? Gerade ihm, den Göttern bislang fremd geblieben, war nichts gescheiteres eingefallen, als sie mit einem fahrlässigen Versprechen auf sich aufmerksam zu machen. Was zum Orcus sollte er überhaupt opfern und wie und wem zuerst? Als hätte er nicht schon genug Probleme zu lösen! Außerdem roch es hier irgendwie seltsam! Den anderen Milites schien der Geruch nicht weiter aufzufallen, vielleicht müffelte es ja in allen Tempeln. „Was riecht denn hier so komisch?“ flüsterte er Hispo zu. Der war allerdings zu versunken in der Betrachtung des Serapis, um sich zu einer Antwort herabzulassen. Na gut, auch egal. Sie waren schließlich weder zum Opfern noch zum Beten hier, sondern um zu ermitteln.

  • Ein gestaltgewordener Traum? Konnte er das wirklich so meinen? Ich hoffte es so sehr, ja ich warf eigentlich sämtliche Bedenken über Bord und ich hoffte nicht nur, nein in diesem jenen Moment beschloss ich zu glauben was er das sagte. Wenn ich ein Traum war, der Gestalt angenommen hatte, so würde ich ihm auch noch all seine anderen Träume erfüllen – wenn die Zeit dafür gekommen war.


    Als ob er fragen müsste, natürlich konnte – durfte er mich anfassen, wenn er wüsste, wie sehr ich mir das wünschte, wen es hier auch gerade um was ganz anderes ging, war ich dennoch nicht in der Lage zu antworten, sondern nickte einfach nur und genoss es einfach, dass er mir so nah kam, fast schön könnte man meinen, das er mich streicheln wollte, als er die Konturen meines Bartes verwischen, ja ich genoss diesen kurzen Moment.


    Aber dann hieß es wieder sich von ebenen jenen süßen Gedanken zu verabschieden. Ich folgte ihm also und ließ mir natürlich, auch wenn es eigentlich nicht nötig war über die Tür helfen. „Danke.“ hauchte ich ihm zu, bevor ich mich mit seiner Hilfe über die Tür schwang. Nun waren wir also wieder in den Gassen von Trans Tiberim, und ich folgte ihm, ohne zu fragen wohin es geht, denn mein Vertrauen in diesem Mann war grenzenlos...

  • Aufmerksam, unsere Umgebung hellwach im Auge behaltend, zog ich mit Borkan durch die Gassen. Die Anspannung floss durch meine Adern wie ein belebendes Fluidum. Von Zeit zu Zeit wandte ich den Kopf zu Borkan, und lächelte... Lächelte stumm, lächelte versonnen, einfach nur, weil es so verdammt großartig war, dass er hier war, dass es ihn wirklich gab, dass er zu mir gekommen war, dass er hier neben mir ging, auf unserem Weg durch das Viertel...

  • Zitat

    Original von Aulus Iunius Avianus
    Nach einem Fußmarsch durch die Stadt und über den Tiber erreichten die Urbaner den alten Tempel des Serapis, in welchem sich – einer äußerst glaubhaften Aussage eines Straßenjungen nach – der Flüchtige mit der gestohlenen Tabula angeblich versteckte. Einen Versuch war es wert, denn die Auswahl an Orten, an welchen die ermittelnden Urbaniciani sonst suchen könnten, war relativ gering, um nicht zu sagen gar nicht vorhanden.
    Avianus betrat den Tempel, hinter ihm folgte der Rest der Soldaten nach. Und, weil er sich in dem Komplex weder auskannte, noch wusste, ob der Dieb wirklich hier gewesen war, richtete er sich an den erstbesten Priester, den er erblickte: "Salve, Iunius Avianus, Optio der Cohortes Urbanae. Wir verfolgen einen Mann… ein junger Kerl, mit Bart und roter östlicher Kopfbedeckung, gebräunt, der hierher geflohen sein soll... dürfte noch nicht zu lange her sein." Er blickte flüchtig zurück zu Antias, obwohl er sich ziemlich sicher war, dass er die Beschreibung noch richtig im Kopf gehabt hatte, anstonsten würde der Tiro noch einmal einspringen.


    Der Aufmarsch der Urbaner auf dem belebten Vorhof der Tempelanlage sorgte für Aufsehen. Die Gaffer strömten zusammen, um die Soldaten und den angesprochenen Priester, einen kahlköpfigen Mann mit sanften Zügen, der erstaunt antwortete:
    "Salve, Optio Iunius Avianus... Ich bin Perspiciens, Priester des Ewigen Serapis. - Ein flüchtiger Verbrecher? Nein, nein, es ist niemand gekommen, um in dem Asylum unseres Tempels Schutz zu suchen."
    Mit nicht eben erfreutem Blick auf die ansehnliche Reihe der Bewaffneten sprach er: "Ich werde die anderen Mitglieder des Kultes zusammenrufen. Doch zuvor bitte ich dich um eines. Dies ist das Heiligtum des Ewigen. Waffen zu tragen ist hier nicht angebracht. Zumal in dieser Menge. Darum sei bitte so gut, deine Soldaten draussen warten zu lassen. Oder, ihr könnt eure Waffen natürlich auch ablegen, ganz wie du willst."


    Ein Raunen und Wispern, ein Tratschen und Munkeln verbreitete sich, ausgehend von den Worten flüchtiger Verbrecher auf dem Hof unter den Besuchern des Tempels und den dort ansässigen Händlern, unter den Jüngern und Initiaten, Mysten und Priestern...
    Es dauerte nicht lange, da kam ein knorriger alter Priester zielstrebig auf den Optio zu.
    "Genau so einen Burschen habe ich gesehen!" teilte er ihm ohne Umschweife mit. "Was hat er angestellt?"

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  • Der alte Priester machte ihnen tatsächlich Vorschriften. Sowas sah man auch nicht jeden Tag. Erst bedachte Avianus den Mann mit skeptischem Blick, stellte dann allerdings fest, dass eine Ansammlung haarloser Greise wohl kaum eine Gefahr für sie darstellen würde, und außerdem, dass sie diejenigen waren, die um Hilfe baten. Dennoch etwas widerstrebend winkte er zwei seiner Milites heran, um einem von ihnen schließlich Gladius und Scutum zu reichen. Den Pugio hingegen behielt er am Gürtel. Inzwischen war er lange genug Soldat, um sich völlig unbewaffnet unwohl zu fühlen.
    "Ihr habt den Mann gehört", sagte er zu den restlichen verbliebenen, Antias, Hispo und Sulca, damit sie es ihm gleich taten, und die beiden anderen voll beladen zurück zum Tor marschieren konnten.
    Nur kurz darauf trat ein weiterer Priester auf sie zu, und Avianus stellte gleich darauf fest, dass Gerede zwischen den Leuten in der Tempelanlage schnell die Runde machte, und bei diesem zweiten Priester wenigstens die Chance bestand, dass er ihnen helfen konnte, wenn sie sich schon an die Vorschriften halten mussten, die sein Vorgänger ihnen gemacht hatte.
    "Er hat mögliches Beweismaterial von einer Leiche gestohlen, eine Tabula", bekam der Priester sogleich als Antwort zurück. "Weißt du, ob er sich noch hier aufhält?"

  • "Danke." sprach sanft der Priester Perspiciens zu dem verständigen jungen Mann. Angesichts dessen Entgegenkommen, übersah er den Pugio geflissentlich.
    Der zweite Priester, Benivolus, dagegen sah grimmig drein, und wiederholte ganz empört:
    "Einen Leichnam bestohlen!" Und sowas kam hierher, und brachte ihnen die Urbaner ins Haus! Als ob die Schlägerei vor kurzem nicht schon schlimm genug gewesen wäre...
    "Das weiß ich nicht. Ich habe dann nicht weiter auf ihn geachtet. Er wollte mit einem unserer jungen Initianden sprechen. Ich brachte ihn selbst dorthin, also nach hinten in die Gärten, – wobei ich ihn noch ermahnte dass dies ein geweihter Ort ist. Denn ich muß sagen, Optio, der Mann erschien mir gleich suspekt!"
    Benivolus streckte das Kinn vor, schnaubte unwillig, und sprach zu seinem Priesterkollegen: "Als ob ich es gewußt hätte."

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  • Wie erwartet war der alte Priester von seiner Antwort schockiert... was für die Cohortes Urbanae lediglich ein Vorteil sein konnte. Avianus hatte – vermutlich zu Recht – das Gefühl, dass die Urbaner im Tempel nicht besonders willkommen waren, denn ihre Methoden für Ruhe und Ordnung zu Sorgen deckten sich wohl eher weniger mit den Vorstellungen der Priester, offenbar waren sie aber willkommener als jemand der Tote bestahl und mit dem Diebesgut zu ihnen flüchtete.
    "Vielleicht kann uns dieser Initiand, von dem du sprichst, weiterhelfen. Ist es möglich, dass man uns ebenfalls dorthin führt?", fragte er gelassen nach dem im Grunde offensichtlichen. Aus irgendeinem Grund erinnerte ihn der alte Priester enfernt an das lästige Weib, welche er zu Beginn über den Mord befragt hatte – die hatte ja auch von Anfang an gewusst, dass mit dem Kerl etwas nicht stimmte. Doch solange er nicht ebenfalls anfing, aus dem Nähkästchen zu plaudern, war alles in Ordnung, und sonst müssten eben wieder seine Nerven herhalten.
    "Mit eurer Hilfe lässt sich dieser Mann doch bestimmt finden, sollte er noch hier sein."

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