Über die dampfenden Rippen des geschmorten Nagers hinweg studierte Antias die Reaktion seines Bruders. Begeisterung sah anders aus, was freilich kein Wunder war. Mit den Jahren war das Lesen für Ferox sicher zu einer Art Mysterium geworden, das umso bedrohlicher wirkte, je weniger man sich damit auseinandersetzte. Ferox hatte eben das gleiche Verhältnis zur Literatur wie Antias zur Reiterei, nämlich gar keins. Antias musste da bedächtig vorgehen, im Idealfall eine gewisse Begeisterung für das geschriebene Wort in seinem Bruder wecken. Seine eigenen Reitversuche hatten sich bislang darauf beschränkt, verkrampft den Rücken eines Gaules zu erklimmen und dann dort zu warten, was weiter geschah. Natürlich war nie das geschehen, was er erwartet hatte. Entweder hatte sich das Vieh nicht von der Stelle gerührt oder ihn einmal missmutig angeschnaubt und dann abgeworfen. Auf dieses Weise durfte Ferox sich den Litterae nicht nähern.
„Keine Sorge, Ferox..“ schmunzelte Antias verständnisvoll, spülte die Reste des Siebenschläfers mit einem gewaltigen Schluck Cervisia hinunter und ließ einen röhrenden Rülpser gegen die Tavernendecke steigen. „ ..wenn schon, gehen wir das ganze schön langsam an. In den ersten Tagen wirst du nach Dienstende ohnehin keinen Kopf für so was haben, und später muss ja auch nicht gleich ein virtuoser Scriba aus dir werden. Das wird schon. Alles, was es dazu braucht, ist ein langer Atem, und – bei den Göttern – den braucht man in der Grundausbildung sowieso.“ Gesättigt und zufrieden sah Antias sich nach der Wirtin um. Zum einen, weil er gerne noch einen Krug bestellt hätte, zum anderen, um sich zu erkundigen, ob die hübsche Griechin wohl noch weitere Dienste im Angebot hatte als kreativ zusammen geschmurgeltes Kleingetier. Immerhin war Ferox im Begriff, sein Intimleben für mindestens ein paar Monate auf Eis zu legen, da erschien es angeraten, vorher noch einmal den Aquaeductus so richtig durchzuspülen.