http://www.kulueke.net/pics/ir…ia/villa_atrium_klein.pngWeil das duccische Anwesen außerhalb Mogontiacums lag, hielt Witjon nicht täglich, sondern nur jeden zweiten Tag eine morgendliche Salutation ab. Das Sippenoberhaupt der Nachfahren des Wolfrik legte anders als die meisten Cives Mogontiacums keinen Wert darauf, dass seine Klienten jeden Tag wertvolle Zeit damit verschwendeten, ihn in seiner Villa aufzusuchen und sich meist ohne Ergebnis die Beine in den Bauch zu stehen.
Statt dessen entband er sogar einige Klienten von der lästigen Salutationspflicht, wenn diese aus besonderen Gründen nur Nachteile daraus ziehen würden. So war beispielsweise Sönkes Fall gelagert, der ja schon seit Jahren als Marcus Marius Madarus in der Legio II Germanica seinen Dienst tat und darob keine Möglichkeit hatte der Salutatio beizuwohnen.
Auf der anderen Seite gab es aber auch einige Klienten, die beständig darauf beharrten an der Salutatio teilzunehmen, obwohl sie es Witjons Meinung nach nicht mussten. Besonders einige Männer, die jüngst das römische oder mogontinische Bürgerrecht erworben hatten, waren der Überzeugung sie müssten durch beharrliche Erfüllung aller ihrer Klientenpflichten ihre Tauglichkeit unter Beweis stellen. Witjon sah ihnen diese starre Herangehensweise nach, denn er wusste wie stark verwurzelt ein solches Denken auch in den 'frisch romanisierten' Kreisen der provinziellen Gesellschaft mittlerweile war.
http://www.kulueke.net/pics/ir…lla_kaminzimmer_klein.pngDas Prozedere der Salutatio entsprach dem üblichen Hergang. Während im Atrium die Klienten laut schwatzend Schlange standen und dabei ein leichtes Frühstück serviert bekamen, hörte Witjon im Kaminzimmer (gerade im Winter bevorzugte er schon morgens diesen Ort wegen seiner guten Beheizung) die Sorgen, Nöte, Lobgesänge oder Pläne seiner Günstlinge.
Das tat er jedoch nicht allein, sondern gewöhnlich im Beisein der fünf engsten Vertrauten unter seinen Klienten, die bereits einen angemessenen Rang in der Hierarchie der Civitas erlangt hatten. Diese Crème de la Crème aus Witjons Klientenschaft setzte sich aus zwei reichen Kaufleuten, einem angesehenen Handwerker, einem Decurio Mogontiaci und einem gut situierten Bauern zusammen. Diese fünf waren freilich nicht zu jeder Salutatio vollzählig, hatten sie schließlich ebenfalls ihre eigenen Geschäfte zu besorgen oder ihre eigenen Klienten zu beschäftigen, so dass meist nicht mehr als zwei 'Berater' bei Witjon saßen. Dass Witjon sich mit seinen Klienten auseinandersetzte, hielt jene Vertrauten in der Regel aber nicht davon ab, sich in gedämpftem Ton über gänzlich andere Themen auszutauschen.
Hatte schlussendlich keiner der Klienten mehr etwas auf dem Herzen und war die Salutatio damit abgeschlossen, entließ der Hausherr seine Gästeschar mit der Übergabe der Sportula, der "Körbchen". Diese setzten sich von Mal zu Mal unterschiedlich zusammen. Manchmal gab es etwas für den Magen, häufig einfach etwas Geld, manchmal auch etwas Nützliches zum Weiterverarbeiten wie einfacher Stoff. Hierbei achtete Witjon jedoch stets auf eine gewisse Verhältnismäßigkeit, denn er sah es nicht ein seinen Klienten massenweise geldwerte Kleinigkeiten in den Hals zu werfen, um am Ende selbst zahlungsunfähig gegenüber seinen Geschäftspartnern dazustehen.