[Taberna Medica Alpina]

  • Flore folgte Alpina und und setzte sich auf die Liege ehe sie sich langsam hinlegte. „Nein es sind nicht wirkliche Schmerzen, nur fühlt es sich oft so dumpf im Rücken an. Gespürt aber eigentlich nur einmal einen seltsames Rucken. Von Zeit zu Zeit ist da noch so ein seltsames ziehen. Entschuldige bitte, ich kann es nicht besser beschreiben. Vielleicht stell ich mich nur an, aber es ist meine erste Schwangerschaft.“ Flore überlegte ob sie wieder aufstehen sollte und gehen sollte, weil sie sich gerade ziemlich zimperlich benahm. Frauen bekamen seit Ewigkeiten Kinder und sie stellte sich so an.

  • Alpina hörte aufmerksam zu. Sie kannte all die Beschreibungen von Zuständen rund um die Schwangerschaft und Geburt. Jede Frau empfand die Vorwehentätigkeit anders und somit musste jede ernst genommen werden.
    "Alles hat seine Richtigkeit, Flore. Wenn du es so empfindest, dann ist es so. Ich nehme an, dass das was du beschreibst Vorwehen sind. Ich taste jetzt mal die Lage deines Kindes, höre die Herztöne ab und ertaste den Muttermund. Wenn das Ziehen auftaucht oder ein dumpfer Schmerz im Rücken, dann sag es mir."


    Routiniert machte sich Alpina an die Untersuchung. Das Kind lag startbereit im Becken. Es war schon recht tief im kleinen Becken. Der Tastbefund vaginal bestätigte das Gefühl. Der Muttermund war verstrichen, doch noch nicht geöffnet. Herztöne waren deutlich hörbar und gleichmäßig. Als Alpina gerade die Untersuchungsergebnisse mitteilen wollte und Flore beruhigen, spürte sie wie sich die Gebärmutter krampfartig zusammenzog. Flores Bauch sah aus wie eine feste Kugel. Eine Vorwehe.
    "Das war eine Vorwehe, Flore. Dein Kind ist bereit geboren zu werden. Es wird nicht mehr lange dauern. Die Herztöne sind gut, der Muttermund ist auch schon nicht mehr tastbar. Ich würde sagen nur noch wenige Tage, vielleicht auch nur noch eine Nacht oder ein Tag... "


    Sie sah die junge Frau ernst an. "Möchtest du außer mir noch jemanden an deiner Seite haben, wenn die Geburt losgeht. Soll ich dem Vater Bescheid geben, wenn das Kind da ist? Ich kann es auch in einer geheimen, schriftlichen Nachricht mitteilen, wenn es seine Frau nicht wissen soll."


    Alpina nahm an, dass Flore sich mit einem verheirateten Mann eingelassen hatte.

  • Flore war beruhigt aber dennoch nervös, in wenigen Tagen also. „Und was meinst du wird alles gut gehen und das Kind ist gesund?“ sie wusste selber, das Alpina diese frage nicht beantworten konnte, sie musste sie aber einfach los werden.
    „Dabei sein? Nein meine Freunde leben außerhalb der Stadt und können nicht kommen. Aber Mechthild könnte dabei sein, ja Mechthild ist eine gute Wahl. Was den Vater betrifft, der ist weg, den sehe ich wohl nie wieder.“ Sie konnte Alpina wohl kaum erzählen, Dass der Vater des Kindes gar nicht so weit weg im Carcer der Legio war, weil er sie Alpina vergewaltigt hatte.
    Jetzt war es wieder so weit, völlig unvermittelt brach Flore in Tränen aus. Sie war vorerst nicht fähig diese ab zustellen. Schluchzend erhob sie sich. „Entschuldige bitte“.

  • Die Hebamme nickte als Flore die Korbflechterin ins Spiel brachte. Mechthild war eine gute Wahl. Sie hatte selbst einige Kinder auf die Welt gebracht und war sicher froh, wenn sie helfen konnte. Als Flore dann in Tränen ausbrach, weil sie den Vater des Kindes nicht mehr sehen würde, bekam Alpina Mitleid. Sie streichelte die Hand der jungen Frau.
    "Sieh nur, Flore, ich habe auch ein Kind, dass ich ohne den Vater aufziehen muss. Auch Ursis Vater ist weg und wahrscheinlich sehe ich ihn nie wieder! Und natürlich breche ich ab und an in Tränen aus und fühle mich überfordert. Aber was soll ich tun? Für Ursicina muss ich stark sein. Sie braucht mich. Und deshalb werde ich nicht aufgeben. Besser eine gute und starke Mutter, die sich kümmert als ein Waschlappen von Mann, der sich nicht um die Frau und das Kind kümmert. Mach dir nichts draus! Er hat dich gar nicht verdient, der Kerl"

  • Langsam beruhigte Flore sich und nickte immer wieder bestätigend. Noch einmal schniefte sie kurz auf, „im Grund hast du ja recht und eigentlich bin ich auch keine Jammerliese, aber in den letzten Wochen überkommt es mich hin und wieder.“ Mit dem Handrücken wischte sie sich die letzte Träne weg.
    „Was denkst du, ich wollte eigentlich zum Forum, dort sollen heute die Gefangenen Germanen vorgeführt werden und eine Seherin, ob ich dahin gehen kann oder besser nicht? Ob eine Seherin wirklich so große Macht hat und jemanden in ihren Bann ziehen kann?“ Nachdenklich schaute sie zu Alpina. Kräuterfrauen sagte man ja auch so manches nach.


  • Diopeithes Pedius Theopompus


    Um schneller vorwärts zu kommen hatte Diopeithes Pedius Theopompus der Legionär Umwege gemacht. So schnell wie möglich brauchte man in der Legio die Hilfe der kundigen Kräuterfrau.
    Atemlos stürzte er in die Taberna Medica

  • Alpina streichelte Flore noch einmal über den Arm.
    "Natürlich verstehe ich deine Sorgen. Wer wenn nicht ich kann sie verstehen. Wo es mir doch ähnlich geht."


    Auf die Frage nach der Seherin nickte Alpina. Sie wusste, dass viele Frauen etwas auf Traumdeuter, Orakel und Seherinnen gaben. Wenn es Flore beruhigte, warum nicht?
    "Ja, geh doch zu ihr, wenn du an den Wahrheitsgehalt ihrer Prophezeiungen glaubst. Und bitte, ruf mich sofort, wenn die Wehen einsetzen oder das Ziehen stärker wird und regelmäßig kommt. Ich denke, es dauert nicht mehr lange. Alles Gute bis dahin, Flore!"

  • Das wilde Bimmeln ihrer Türglocke ließ Alpina herumfahren. Seit der Vergewaltigung durch Gurox war sie extrem schreckhaft geworden. Reflexartig trat sie einen Schritt zurück und drückte sich instinktiv an die Wand.


    Der wüste Eindringling wa rein Soldat. Die Kräuterfrau atmete auf. Mit einem tiefen Seufzer löste sie sich von der Wand und trat an den Tresen.
    "Salve, Legionarius! Wie kann ich helfen?"


  • Diopeithes Pedius Theopompus


    „Salve Susina Alpina, wir benötigen in der Castra Legionis die Hilfe einer Frau mit medizinischen Kenntnissen“.
    Was sollte Pompus auch sonst sagen, er hatte Wachdienst an der Porta und wusste nichts von den Vorkommnissen auf dem Forum. Er hatte nur den geschundenen Frauenkörper gesehen, den Frugi und Persaeus zum Carcer getragen hatte.

  • Ein wenig irritiert sah Alpina den Legionär an. Die Legio verfügte über hervoragende Medici. Niemals hatte die Legio um die Hilfe einer Hebamme und Kräuterfrau angefragt. War eine der Frauen eines der Offiziere schwanger oder gar in Wehen?
    "Entschuldige, dass ich nachfrage, aber weshalb benötigt ihr die Hilfe einer Kräuterfrau und Hebamme? Soll ich die Geburtsutensilien einpacken oder eher Verbandmaterial? Um was geht es?"


  • Diopeithes Pedius Theopompus


    Verlegen rieb sich Pompus über sein Kinn. "Nein", antwortete er und schaute sich um als ob er irgendwelche Lauscher erwartete. "Nein", begann er nochmals leise, "es geht um eine Seherin. Ich war nicht dabei, aber wie es ausschaut wurde sie auf's heftigste ausgepeitscht. Da weißt du bestimmt besser was du benötigst." Dann fiel ihm noch etwas ein. "Du musst dir keine Sorgen machen, ich bleibe bei dir, dir geschieht nichts."

  • Alpina verstand. Es ging schon um eine Frau, allerdings nicht um eine Frau eines Offiziers sondern offenbar um eine Gefangene aus dem Barbaricum. Der Nachsatz, er würde bei ihr bleiben damit ihr nichts geschehe, rief Erinnerungen wach. Alpina schwieg. Dann gab sie sich einen Ruck.
    "Gut, dann weiß ich was ich brauchen werde."


    Sie lief in ihre Kammer und packte geschwind Wundsalbe, Verbandszeug und Schmerzmittel ein. Dann folgte sie dem Soldaten und hängte das "Bin auf Hausbesuch"- Schild an die Tür.

  • "Bin auf Hausbesuch" stand da. Malleus schmunzelte. Das hätte er sich eigentlich denken können. Die umtriebige Kräuterfrau wurde also nach wie vor an allen Ecken und Enden gebraucht. Gut so. Sehr gut. Die Alpina, die er kennengelernt hatte, war kein Mensch, der die Hände in den Schoß legen konnte, die ging voll und ganz darin auf, ihr enormes Wissen anzuwenden. Irgendwo wurde immer geboren, geblutet, gelitten und gestorben. Fast schon ein Wunder, dass sie sich im letzten Sommer so viel Zeit für ihn hatte nehmen können. Ihrer Pflege – das hatte er keinen Augenblick vergessen – verdankte er sein Leben. Ebenso wenig hatte er vergessen, dass er verschwunden war, ohne sich zu bedanken, weder bei Alpina noch bei Curio, Silvana und Kaeso, allesamt Menschen, die ihn hoch anständig behandelt hatten und denen er sich insgeheim noch immer verpflichtet fühlte. Sich still und heimlich ohne Erklärung davon zu machen, war zwar notwendig gewesen und hatte sich im Nachgang betrachtet auch als richtig erwiesen, erfüllte ihn aber dennoch mit Bedauern. Heute ebenso wie damals. Mochte es noch so vernünftig gewesen sein. Ob es vernünftig war, heute hierher zu kommen, stand allerdings auf einem ganz anderen Blatt.


    Natürlich hatte er sich erst einmal umgehört, sowohl in der Stadt als auch jenseits des Flusses am Castellum Mattiacorum. Kein Mensch sprach mehr vom Verschwinden des belgischen Kaufmannes, den ohnehin niemand hatte leiden können; und von einer etwaigen Verbindung zum einstigen Aedilen oder zu dessen Gefolge war schon gar nicht die Rede gewesen. Trotzdem empfahl es sich, auf der Hut zu sein, schließlich wollte er keine schlafenden Hunde wecken. Curio selbst zu behelligen erschien ihm daher noch verfrüht. Bei Alpina war das etwas anderes. Die war über jeden Verdacht erhaben, konnte schweigen, wenn es sein musste und sah die Dinge eher objektiv. Hoffte er zumindest.


    Nun hatte sich der Fall aber ohnedies erledigt. Alpina war auf Hausbesuch und Malleus im Grunde nur auf der Durchreise. Sollte er warten? Wie lange? Sollte er doch nebenan bei Liam anklopfen? Wozu? Unentschlossen an seiner Unterlippe kauend drehte er sich zu seinem Pferd um. „Tja, mein Alter .. niemand da. Was machen wir?“ Funkan schien zu dieser Frage keine eindeutige Meinung zu haben, schnaubte seinen Herren nur vage an und begann, an dessen Mantel zu knabbern. Malleus ließ es sich nickend gefallen. „Hast recht. War ein langer Tag. Wir sollten was essen.“
    Eine Weile glotzte er sinnierend auf Alpina’s Schild, dann fummelte er einen abgegriffenen Kodex samt Stylus aus der Satteltasche und schrieb:




    Werte Alpina.


    Leider habe ich dich nicht angetroffen.
    Ich hoffe, es geht dir so blendend wie du es zweifellos verdient hast.
    Sollte es etwas geben, was ein dankbarer alter Patient für dich tun kann, lass es mich wissen.
    Bulbus der Schweinezüchter leitet Nachrichten aller Art an mich weiter.


    Mag sein, dass ich im Laufe des Sommers wieder in die Stadt komme.
    So oder so, wir sehen uns sicher wieder.
    Bis dahin pass auf dich auf.
    Mögen sich die Nornen wohlwollend auf deinen Schultern niederlassen.



    Malleus





    Mit einem kritischen Brummen sah er sich die Notiz noch einmal an. Sehr dürftig irgendwie. Aber was sollte er sonst noch schreiben? In solchen Angelegenheiten war er nun mal etwas täppisch. Vorsichtig knotete er die lederne Riemenbindung auf – so ein Kodex kostete immerhin ein Schweinegeld – löste das gravierte Täfelchen heraus, schob es in den schmalen Schlitz zwischen Tür und Angel und schwang sich anschließend auf sein offensichtlich hungriges Reittier. „Geht mir genauso, alter Junge. Also .. ab dafür.“

  • Als Alpina von der Behandlung der Seherin zurückkehrte fand sie in die Tür geklemmt ein Schreibtäfelchen vor. Sie las neugierig den Text. Ein Lächeln huscht über ihre Lippen. Malleus! Wie schön eine Nachricht von ihm zu bekommen. Also gab es den alten Haudegen noch. Das war beruhigend! Bei seinem Lebenswandel war das nicht so sicher. Schließlich hatte sie ihm ja auch schon das Leben retten müssen, bzw der Chirurgicus. Und dabei hatte sie die vielen Narben alter Verletzungen gesehen. So war ihr doch deutlich geworden, dass er ein gefahrvolles Leben führte. Wo auch immer er sich eben herumtrieb.


    Er bot ihr seine Hilfe an und Alpina dankte es ihm still. Sie hatte Freunde und die boten ihr in letzter Zeit selbstlos ihre Hilfe an. Es mochte wohl sein, dass sie diese benötigen würde, je nachdem wie der Prozess gegen Gurox sich entwickelte und was danach kam.


    Zu gerne hätte sie ihn gesehen, ihn für die lieben Worte in den Arm genommen und ihm eine Mahlzeit gekocht. Doch leider war er schon wieder verschwunden... Malleus eben.
    Vielleicht hatte sie ja doch das Glück ihn im Sommer wiedersehen zu können? Vielleicht blieb er dann etwas länger und traf sie auch in der Taberna Medica an. Alpina hoffte darauf. Bis dahin hob sie das Täfelchen auf. Steckte es in die Schublade mit wichtigen Dingen, gleich neben das Kassenbuch. Das Lächeln blieb noch eine ganze Weile auf ihren Lippen und so mochte es den nächsten Kunden verwundern, sie so anzutreffen.

  • Der nächste Kunde, der eintrat, war Alpina sehr gut bekannt. Er strich sich gerade die langen Haare aus dem Gesicht, als er das Ladenlokal der Kräuterfrau betrat. Wie er die Obstetrix da so gedankenversunken in sich hinein lächelnd antraf, verharrte er einen Augenblick. Er wartete ab, bis sie ihn bemerkte und entbot Alpina dann einen freundlichen Gruß: "Salve Susina Alpina!" Lächelnd trat er ein und sah sich neugierig um. Er war noch nie hier gewesen, weshalb er die verschiedenen Eindrücke kurz auf sich wirken ließ. Eine Vielzahl von Gerüchen drang auf seine Nase ein, die von den viele Kräutern ausgingen. Tinkturen und Öle standen in Regalen. Beeindruckt hob Witjon die Augenbrauen. "Schön hast du's hier. Wie geht es dir? Und wie geht es deiner Tochter Ursicina? Wie alt ist sie jetzt?" Erstmal Smalltalk machen, dachte Witjon sich. Immerhin kam es nicht besonders häufig vor, dass ein Mann seines Ranges eine Taberna Medica betrat. Er hoffte, dass seine Präsenz Alpina deshalb nicht zu sehr überraschte. Vielmehr versuchte er einen ganz normalen Umgang mit der Hebamme zu pflegen, der er eine ganz erhebliche Verantwortung für sein persönliches Familienglück zuschrieb.

  • Ein wenig irritiert sah Alpina das Duccische Familienoberhaupt denn doch an als er so unvermittelt in ihrer Taberna Medica stand. Das konnte nur eines bedeuten - eine weitere Schwangerschaft von Octavena. Doch Alpina wollte ihm nicht vorgreifen. Also lächelte sie zunächt freundlich wie immer.
    "Salve Duccius Marsus. Welche Freude, dich in meinem bescheidenen Laden begrüßen zu dürfen."
    Sie drehte sich um zu den Familienräumen der Casa. "Uris, bist du in der Nähe? Komm doch mal!"


    Zu ihrem Gast sagte sie: "Ursicina ist jetzt 3. Es geht ihr gut. Auch wenn sie momentan in einem Weiberhaushalt aufwächst."
    Alpina sprach darauf an, dass Curio mit seinem Sekretär auf dem Landgut weilte und sie mit den Sklavinnen und Runa nebst ihrem Sohn alleine war.


    Ursi erschien völlig verschmiert mit irgendeiner roten Pampe um die Lippen. Alpina vermutete Beeren, denn die ersten Wildbeeren reiften bereits und auch in ihrem Kräutergarten gab es schon das ein oder andere zu ernten. Die kleine grinste Frech und winkte dem großen Mann unbefangen zu.
    "Sag artig "Salve" zu Duccius Marsus!" bat Alpina ihre Tochter. Die unverständlichen piepsigen Laute, die dem verschmierten Mund entfleuchten, konnte man in etwa als "Salve" deuten. Alpina nickte zufrieden und wandte sich wieder ihrem Gast zu.


    "Ich hoffe du hast einen erfreulichen Grund, warum du mich aufsuchst?" Ihr fragender Blick deutete an, dass sie erwartete, dass er ihr eine erneute Schwangerschaft seine Frau anzeigte.

  • In einem Weiberhaushalt. Witjon nickte schmunzelnd. Er wusste, dass Helvetius Curio sich wegen der Gesundheit überraschend auf sein Landgut zurückgezogen hatte. Was mit Ursicinas Vater war, wusste Witjon allerdings nicht. Soweit ihm bekannt war, tat er seinen Dienst bei der Legio Secunda. War er auf Patrouillendienst? Nun, er würde nicht nachfragen, jedenfalls nicht heute. Vielleicht konnte Runa ihm ja beizeiten Auskunft darüber erteilen.


    "Salve Ursicina", erwiderte Witjon freundlich den verhaltenen Gruß des Mädchens. "Eine reizende Tochter hast du", bemerkte er und zuckte dann die Schultern. "Ach, welche erfreulichen Grund soll einer schon haben, wenn er zu einer Heilkundigen geht?" Im selben Moment begriff Witjon erst, worauf Alpina anspielte. "Oh, nein!", lachte er. "Mein Weib ist nicht schon wieder schwanger. Jedenfalls noch nicht." Er zwinkerte der Hebamme fröhlich zu. "Aber es geht ihr hervorragend und unserem Sohn ebenfalls. Vielen herzlichen Dank noch einmal für deine Hilfe."


    Nun wollte er aber auf den eigentlich Grund seines Besuchs zu sprechen kommen: "Also eigentlich bin ich hier, weil ich eine Salbe oder etwas in der Art benötige. Weißt du, ich habe bei diesem warmen Wetter immer so schrecklich trockene Haut an den Beinen. Das juckt dann. Und weil es juckt, kratze ich mich, und das ist auf dauer auch nicht gut. Deshalb hat Octavena die Geduld mit mir verloren und mich zu dir geschickt." Er grinste leutselig.

  • So so, eine Schwangerschaft stand also nicht an. Mit Belustigung hörte sie, dass die kluge Ehefrau ihren Mann mit einem "Problem" in die Taberna Medica schickte, dass dieser vermutlich als unwichtig und sehr unmännlich empfand. Trocken, gereizte und juckende Haut. Die Kräuterfrau lächelte freundlich.
    "Sehr weise von Octavena sich das nicht länger anzusehen und vor allem sich nicht länger deine Unleidigkeit zu ertragen, denn ich nehme an, dass es recht unangenehm ist."


    Sie griff in das Regal hinter sich und holte eine Flasch hervor. "Das ist selbst angesetztes Ringelblumenöl. Die Blüten wurden im vergangenen Sommer in bestem Olivenöl an der Sonne in Öl mazeriert. Das pflegt und beruhigt die Haut. Trage es morgens und abends auf. Und berichte mir bei Gelegenheit ob es die erwünschte Wirkung hat. Es gäbe sonst auch noch andere Möglichkeiten. Aber ich bevorzuge dieses Öl. Es hat schon vielen gute Dienste geleistet."

  • Nach einem vorsichtig-stürmischen Ritt war Verus mit Luna unter Führung des braven Soldaten Octavius Frugi an der Taberna Medica angelangt. Er hatte sie mühsam vor sich auf dem einfachen Sattel gehalten, der mehr Tuch und Kissen, denn Lederwerk war und hatte sie in fester Absicht gehalten. Das Pferd stoppte abrupt, Verus stieg, seine Idun stützend, ab und zog sie dann vorsichtig vom tierischen Begleiter. Sie auf beiden Armen tragend, näherte er sich der Eingangstür des Geschäftsraumes der Taberna Medica, welche wohl in die Außenwand des Domus eingelassen war. Mit unruhiger Faust donnerte er gegen die Tür, bereit seine Geliebte in fähige Hände zu übergeben. Verus standen die Sorgen und Ängste im Gesicht, während seine ganze Kraft in die stützende sowie haltende Umarmung floss.

  • Witjon schmunzelte. "Ja, meine holde Gattin ist eine sehr weise Frau", bemerkte er ohne Ironie. Dass juckende Haut auf Dauer unangenehm war, verstand sich von selbst. Witjon ersparte der Kräuterfrau Erfahrungsberichte über aufgekratzte Haut, blutige Beine und trockene Hautschuppen unter Fingernägeln und auf Bettlaken.


    "Den Göttern sei Dank, dass du dich so gut auskennst", frohlockte Witjon angesichts des Ringelblumenöls, das Alpina ihm dann präsentierte. Er wiederholte die Gebrauchsanweisungen, um sie sich besser einprägen zu können: "Morgens und abends, alles klar. Du wirst in jedem Fall von mir hören, ob das Öl nun Gutes bewirkt oder nicht." Er zwinkerte Alpina glücklich zu. Daraufhin wollte er noch weitere Fragen äußern, wie etwa: Was bedeutet 'mazerieren'? Und: Was schulde ich dir für dieses Öl?


    Doch es kam anders. Draußen auf der Straße waren Hufgeräusche deutlich vernehmbar. Der oder die Reiter hielten offenkundig vor der Taberna Medica, denn da Hufgetrappel verstummte direkt vor der Casa Helvetia. Einen kurzen Moment später donnerte jemand mit der Faust gegen die die Tür. Es klang dringlich. Überrascht sah Witjon Susina Alpina an, bevor er sich der Tür zuwandte. Er öffnete die Tür schwungvoll und hielt sich in körperlicher Anspannung bereit für jede Widrigkeit.


    Vor der Tür stand ein Mann, der in seinen armen eine Gestalt hielt. Eine Frau offenbar und es schien ihr nicht besonders gut zu gehen, so nahm Witjon an. Weshalb sonst würde der Mann sie sonst zu einer Kräuterfrau tragen? Sorgen und Ängste las Witjon im Gesicht des Mannes, weshalb er keine Gefahr für Alpina und ihren Laden vermutete. Kurz kniff Witjon seine Augenlider zusammen, denn er meinte das Gesicht des Mannes bereits einmal andernorts gesehen zu haben. Er trat beiseite und warf Alpina einen fragenden Blick zu, bevor er wieder neugierig den Mann mit seiner weiblichen Last betrachtete.


    "Salve", brachte er schließlich mit einem fragenden Unterton hervor und bedeutete dem Mann gleichzeitig, einzutreten. Nur langsam dämmerte es Witjon dabei, woher er den Mann kannte. Er musste ihn bei einer öffentlichen Angelegenheit gesehen haben. In der Regia? Auf dem Forum?

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