Ars gymnica mors cynica

  • Obschon Anaximander Manius Minor hatte versichert, dass er ihn mit weiterer Kritik hinsichtlich seiner Leibesfülle fortan nicht mehr würde torquieren, so erwies selbige doch bereits sich als suffiziert für den flavischen Jüngling, intensiver hinsichtlich seiner korporalen Verfasstheit zu reflektieren. Letztlich hatte er sich doch dazu herabgelassen, zumindest ad ecperimentum die übrigen Myrmidonen auf deren regulären Exkursionen ins benachbarte Gymnasion zu geleiten, obschon ihn bereits, als er das Portal jenes Tempels der Athletik durchschritt, neuerlich größte Insekurität hinsichtlich seiner Eignung für derartige Kurzweil plagte. Indessen zog Anaximander den stockenden Flavius schlicht vorwärts, führte voll Vergnügen ihn hinüber in die Umkleideräume und half ihm, assistiert von Patrokolos, welcher selbstredend ebenfalls seinem Herrn Gesellschaft leistete, aus seinen Gewändern, sodass schlussendlich er textilfrei wie sämtliche Nutzer jener Sportstätte auf dem Hofe stand, um sich eine Übung zu erwählen.


    Erst an jener Stelle erwachten in ihm Remineszenzen an seine letzte Leibesertüchtigung, welche bereits Jahre zurück lag und in unabsehbarer Konnexion zu der Erinnerung muskulärer Schmerzen stand, die Tag für Tag jenen exhaustierenden Stunden auf dem Pferderücken waren gefolgt. Schaudern überfiel ihn, als er bedachte, welche Körperpartien wohl infolge eines Ringkampfes, des Hoplitodromos oder gar eines Pentathlon mochten involviert und infolgedessen später torquiert werden.
    "Komm mit, Achilleus! Wir müssen uns zuerst ein wenig aufwärmen!"
    , rief Anaximander jedoch voller Elation, ergriff seinen feisten Arm und zog ihn in Direktion des Stadions. Widerwillig, doch notgedrungen ergab er sich schließlich jenem Drängen und setzte einen Fuß vor den anderen, stets befürchtend, in jener Velozität einen Stein oder ein anderes Hindernis auf dem monochrom ihm sich darbietenden Boden zu übersehen. Dessenungeachtet erfreute sich jenes Herz des Hellenentums einer jeden Polis exorbitanter Pflege, sodass der sanft gehegte Sand der Arena und der zu ihr führenden Wege makellos sich darboten und nicht ein Straucheln, sondern lediglich eine überaus hurtig sich einstellende Kurzatmigkeit seinen Lauf hemmte.

  • Das Stadion war zu jener Tageszeit stark frequentiert, doch die imposanten Dimensionen jener Spielstatt gestatteten den Myrmidonen dennoch ein recht unperturbiertes Drehen einer Runde, wobei Manius Minor ob seiner defizitären Konstitution recht baldig des Anschlusses verlustig ging und japsend, seinen vorwitzigen Entschluss diesen Ort zu besuchen verfluchend und im Übermaße transpirierend hinter den anderen hereilte. Hinzu trat eine gewisse Scham, denn obschon er außerstande sich sah, die wohldefinierten Muskelpartien der professionellen Athleten auszumachen, so erwies doch bereits der Blick von Ferne auf die ranken Recken, welcher nicht durch die Hypermetropie wurde gestört, verbunden mit dem Schritt für Schritt allzu deutlich zu verspürenden Auf und Ab seiner beachtlichen Fettreserven die Differenz zwischen jenen und seiner selbst, zumal ihm auch nicht entging, dass mancher der Trainierenden unverhohlen ihm nachblickte gleich einem desaströsen Unfall.
    Insofern war die Motivation des jungen Flavius bereits in den negativen Bereich gesunken, als die Jünglinge endlich ihren Dauerlauf beendeten und, nun sämtlich mit leichtem Glanz der Anstrengung geziert, zum Disput ansetzten, welcher Disziplin man erstlich sich zuzuwenden gedachte.
    "Ich denke, ich überlasse jenes Feld besser euch. Wir sehen uns heute Abend."
    , mühte Manius Minor daher in einem unbeobachteten Momentum sich klammheimlich davonzustehlen, doch sogleich intervenierte Anaximander mit vernehmlichem Protest:
    "Hiergeblieben, Achilleus! Wir haben gerade erst begonnen!"
    "Ich bin bereits gänzlich exhaustiert, mein Freund. Es ist desperat, aus mir noch einen Athleten zu formen."
    , mühte sich der flavische Jüngling, seine Flucht zu begründen, doch augenscheinlich mit der falschen Argumentation, denn Anaximander erwiderte mit verbindlichem Verve:
    "Die Anstrengung ist das Ziel dieses Spieles. Ins Gymnasion zu gehen, um nicht zu schwitzen, ist wie einen Tempel aufzusuchen, ohne Weihrauch zu schmecken! Abgesehen davon ist noch kein Athlet vom Himmel gefallen! Selbst dein Namensvetter brauchte die Übungsstunden bei Cheiron, um eines Tages Hektor zu schlagen! Also versuche es zumindest. Womöglich gefällt es dir besser, als du glaubst."
    Einen Augenschlag sinnierte er, um sodann, die Disputation der Myrmidonen achtlos übergehend, zu entscheiden:
    "Das Pale wird dir gefallen. Komm, ich zeige dir ein paar Griffe!"
    Der junge Flavius erblasste. Der letzte Ringkampf seines Lebens war vor Jahren gewesen, als Diarmuid noch zu seinen Spielgefährten hatte gezählt und sie gemeinsam im Hortus der Villa Flavia Felix hatten getollt und gespielt. Indessen war der sportliche Ringkampf in der Palaestra, respektive dem Gymnasion ein gänzlich differentes Sujet.
    Doch wagte er, den Unwillen seiner Freunde fürchtend, selbstredend nicht, die Offerte auszuschlagen, weshalb er resignierend die Schultern senkte.
    "Nun gut."

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