[Officium X] Procurator rationis privatae

  • "Lass mal sehen", wies Witjon seinen Sekretär an. Marcus Fannianus Tegula heiß der Mann, der so glücklich über die Anstellung als Sekretär der Provinzverwaltung war, dass er manchmal allzu unterwürfig daherkam. Für Witjon häufig zu unterwürfig. Dennoch, Tegula machte gute Arbeit und dafür schätzte Witjon ihn sehr.
    "Scheinbar hat es die Pächter ab Vicus Iulius flussabwärts bis Alta Ripa schwer getroffen", sagte Tegula nun und reichte seinem Procurator eine Wachstafel. Diese enthielt einen zusammenfassenden Bericht des dortigen Güterverwalters, der im genannten Abschnitt entlang des Rhenus für Witjon - respektive den Kaiser - die Aufsicht über die Coloni versah. Witjon überflog das Schreiben.
    "Hmhmhm ja, das klingt übel. Scheint da oben starke Überschwemmungen gegeben zu haben nach den starken Regenfällen. Wir schicken die nötigen Mittel, damit die Pächter Wiederaufbauarbeiten und Reparaturen durchführen können. Und... na, das wird wohl noch zu prüfen sein, aber den besonders hart getroffenen werden wir womöglich eine Monatspacht erlassen können beziehungsweise müssen."
    Tegula schrieb fleißig mit. "Der übliche Nachbericht in drei Wochen?", fragte er dann.
    "Jap", kam die lakonische Antwort von Witjon. Es hatte sich mittlerweile zwischen ihnen eingebürgert, dass für jede Maßnahme vom entsprechenden Verwalter ein weiterer Bericht mit angemessener Frist eingefordert wurde. Kam dieser nicht, oder zeigten sich anhand des Berichts weitere Handlungsnotwendigkeiten, so wurde Witjons Büro erneut tätig. Und in den letzten Wochen hatte es einige starke Sommergewitter und -unwetter gegeben, die in der Provinz natürlich auch kaiserliche Güter getroffen hatten. Weitere drei Wachstafeln stapelten sich noch auf Witjons Schreibtisch, die vermutlich ähnlichen Inhalts waren wie die gerade abgearbeitete.

  • Wachstafeln stapelten sich rechts und links auf dem Schreibtisch, dazwischen war der Procurator Rationis Privatae über eine Tabula gebäugt, die er stirnrunzelnd studierte. Ein gewisser Sergius Plautus war ihm von seinem Schreiber angemeldet worden. Der Mann wollte Ratschläge zur Beurfsaquise. Witjon war zwar neugierig, aber auch etwas ärgerlich über die Ablenkung von der Arbeit, die buchstäblich vor ihm lag.


    Als der Fremde schließlich nach knappem Klopfen hereingeführt wurde, hob Witjon den Blick. "Salve Sergius. Wie kann ich dir behilflich sein?", sagte er zur Begrüßung.

  • Wahrlich, Berge von Wachstafeln. Genau genommen gleich zwei Berge davon. Dazwischen lugte der Procurator hervor, als Plautus eintrat.


    "Salve, Procurator Duccius, ich hoffe, dass mein bescheidenes Anliegen nicht Deine wichtigen Amtsgeschäfte über Gebühr aufhält. Ich bin nämlich auf der Suche nach einer Anstellung und setze in Deinen Rat und in Deine Fürsprache große Stücke".

  • Mit einem Blick auf die Wachstafeln schmunzelte Witjon. Er erwiderte: "Keine Bange, die Amtsgeschäfte laufen mir nicht davon. Bitte, setz dich." Er wies auf einen von zwei Scherenstühlen, die für etwaige Gäste und/oder Bittsteller parat standen.


    Während Sergius seinem Angebot entsprach, versuchte Witjon sein Gegenüber einzuschätzen. Plautus' schwarzes Haar wiesen ihn als Mann des Südes aus, jedenfalls stammte er wahrscheinlich nicht aus Germania. Seine markanten Gesichtszüge standen im Gegensatz zu seiner unauffälligen Aufmachung. Dass er auf Witjons Rat und Fürsprache große Stücke setzte, überraschte Witjon nicht. Immerhin war er als Eques Imperii und Procurator Rationis Privatae jedenfalls innerhalb der Provinz ein bekannter Mann. Vermutlich hatte Sergius von einem Freund den Rat bekommen, sich an ihn zu halten.


    "Welche Art Anstellung suchst du denn?", fragte Witjon schließlich, um sodann nachzusetzen: "Und wie denkst du, könnte ich dir weiterhelfen?" Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück, die Arme lässig auf die Lehnen gelegt - die Pose eines Mannes, der sich in seinen vier Wänden sicher und selbstbewusst fühlte - und sah den Sergier neugierig an.

  • Nach Allem, was Plautus über diesen Procurator wusste, war der ein Germane in römischen Diensten. Daran muss man sich erst mal gewöhnen, dachte sich Plautus. Dass in dieser Grenzprovinz jede Menge Germanen herumliefen, war ja nicht weiter verwunderlich, aber Germanen in Form höherer Beamter waren dann doch bemerkenswerte Fälle. Plautus versuchte aber, keinen Dünkel aufkommen zu lassen, denn dafür war ja eher seine Cousine Fausta zuständig, deren Dünkel landauf landab berühmt war.


    "Nun, Procurator, in Roma habe ich als Aquarius gearbeitet. Ich sehe aber, dass es hier in Mogontiacum leider kein vergleichbares Stellenangebot gibt. Ich denke aber, dass sich hier doch ein Ersatz finden lässt. Aquarii sind nämlich eierlegende Wollmilchsäue, was bedeutet, dass man sie für alles Mögliche einsetzen kann, demzufolge auch für die Arbeit eines Scriba. Ich hatte anfangs auf die Stelle des Scriba in der Verwaltung des Municipiums spekuliert, bin aber davon abgekommen, als ich hörte, dass der Scriba Provincialis einen um zehn Sesterzen höheren Lohn bekommt. Dieser Job würde mich nicht bloß kohlemäßig brennend interessieren. Und ich bin zu Dir gekommen, um Dich dafür zu gewinnen, beim Legatus Augusti für meine Bewerbung ein gutes Wort einzulegen".


    Plautus versuchte, seinen Arm ebenfalls auf die Lehne des Scherenstuhls zu legen, aber römische Scherenstühle haben nun mal keine Armlehnen, auch nicht hier in Germanien. So legte er seine Hände auf die Knie und wartete auf eine Antwort.

  • Ein Aquarius! Witjon spitzte die Ohren. Technisch begabte Männer konnte man immer gebrauchen. Über Sergius' Scherz schmunzelte er - schwere Sache, das Bild des eierlegenden Wollmilchplautus schnell wieder abzuschütteln - und nickte letztlich, als dieser seine Vorstellungen offenlegte.


    "Ich glaube nicht, dass der Statthalter großes Interesse an der Einstellung eines einzelnen Scribas hat", stellte Witjon erst einmal klar. "Der Princeps Praetorii wird dir wohl auf den Zahn fühlen und dann entscheiden, ob er Bedarf und Verwendung für einen weiteren Griffelschwinger hat." Soviel dazu. "Erzähl mir doch zunächst von deiner Arbeit in Rom. Wie wird man Aquarius? Welche Projekte hast du beaufsichtigt?" Bevor Witjon irgendwelche Zusagen machte, wollte er zunächst etwas mehr über diesen Fremden erfahren, für den er so mir nichts, dir nichts ein gutes Wort einlegen sollte.

  • Beim Hades, wie wird man Aquarius? Plautus überlegte hin und her. Darauf hatte er nun wirklich keine allgemeingültige Antwort.


    "Ich bin aus Neapolis. Dort hab ich im Bausektor gearbeitet, meistens an Aquädukten. Nur, die neapolitanischen Schurken haben mir bloß einen Taglöhnerlohn ausgezahlt und den Rest in's eigene Säckel gesteckt. Da bin ich nach Roma gegangen, weil ich meinte, dass es dort ehrlicher zugehen sollte und hab ein freundliches Gesicht gemacht. Daraus kann man aber auf keinen Fall einen Ratschlag für angehende Aquarii fabrizieren, oder?"


    Der hohe Beamtengermane schien etwas reserviert zu reagieren, weshalb Plautus erneut nach den Armlehnen suchte, dann aber doch seine Hände auf den Knieen ließ. Über welche Projekte Plautus denn die Aufsicht hatte, fragte der Procurator dann.


    "In Roma war ich zuständig für die Aqua Appia und den Anio Novus. Die Appia ist ein uraltes Hütchen und wurde als Tunnel in den Tuff geschlagen, weshalb sie immer wieder mal bröselt. Ich musste mich mit Landbesitzern rumschlagen, die die Trassenmarkierungen versetzt hatten, um dort eine Kuhweide einzurichten. Auch zwanzig Fuß Tuff ist nämlich durchlässig für Kuhpisse. In Roma hatte ich ständig die früher-war-Alles-besser-Meckerfritzen auf dem Hals, die immer mal wieder an der Wasserqualität rumnörgelten. Ach, damit ich's nicht vergesse, der Anio Novus versorgt den Kaiserpalast. Da kam es vor, dass plötzlich ein wild gestikulierender Primicerius in meinem Officium auftauchte, weil in der Domus Augustana ein Rohr geplatzt war. Stell Dir vor, der Kaiser müsste - platsch, platsch, platsch - zu seinen Audienzen wandeln. Mein überwiegend peregrinischer Reparaturtrupp hat das dann in's Lot gebracht und die Torwachen am Kaiserpalast waren leicht überfordert."


    Als Plautus versuchte, sich zurückzulehnen, stellte er fest, dass dort anstatt einer Lehne nur leerer Raum war. Auch gut, aufrecht geht der Römer durch's Leben. Da war ja noch der Princeps Praetorii zu bewältigen, der Plautus auf den Zahn fühlen sollte.

  • "Da hast du aber einen weiten Weg hinter dir", kommentierte Witjon Plautus' Herkunft. Dass sich seine Vorgesetzten an seinem Lohn bereicherten, wunderte ihn nicht sonderlich. Es gab überall korrupte Funktionäre, da musste man im ganzen Imperium Acht geben.


    "Du pflegst eine flapsige Sprache, Sergius, aber dein Erfahrungsbericht zeugt von deiner Kompetenz", bemerkte Witjon grinsend, als Plautus mit seiner Berufsbeschreibung geendet hatte. Er lehnte sich vor und stützte die Ellenbogen auf dem Tisch auf. "Ich denke, die Provinzverwaltung hätte mit dir einen fleißigen Schreiber. Da kann man sicherlich etwas machen. Meine Zustimmung hast du also." Er lächelte schmal. "Der Legatus Augusti Pro Praetore beschäftigt sich allerdings nicht mit solchen Kleinigkeiten wir der Einstellung eines Scribas. Da genügt ein Vorsprechen beim Princeps Praetorii, der regelt alles rund um die Stellenbesetzung." Jedenfalls solange es nicht um Equites und Senatoren ging, aber das musste Witjon ja nicht gesondert erwähnen.

  • "Ich bin Dir dankbar für Dein Wohlwollen, Procurator Duccius," sagte Plautus immer noch kerzengerade auf dem Scherenstuhl sitzend.


    "Aber, um die Sache zu vollenden, sollte ich jetzt schleunigst zu diesem Princeps Praetorii gehen. Ich denke, dass ich ihn flapsig oder nicht flapsig dahingehend überzeugen kann, dass er mich nimmt. Wo finde ich diesen Princeps?"

  • Witjon winkte lächelnd ab. "Recht hast du. Ich führe dich zu ihm, denn ich bin ganz froh, wenn ich diesem Elend hier einmal entfliehen kann." Mit einem vielsagenden Blick gestikulierte er in Richtung der Wachstafeln auf seinem Schreibtisch. Und mit einem schadenfrohen Grinsen fügte er hinzu: "Womöglich kann ich ja demnächst einen Teil des Elends auf dich abwälzen." Er erhob sich, umrundete den Schreibtisch und öffnete die Tür, um den sergischen Stellenbewerber zum Princeps Praetorii zu führen.

  • "Ist das wirklich notwendig, Procurator?", fragte Marcus Fannianus Tegula mit einem äußerst leidensvollen Gesichtsausdruck. "Ich fürchte ja", entgegnete Witjon und bekräftigte damit sämtliche Sorgen, die seinen Scriba umtrieben. Als Procurator Rationis Privatae musste Witjon eine Reise durch die Provinz unternehmen. Er wollte seine Kontrollfunktion nicht nur auf dem Papyrus respektive der Wachstafel ausüben, indem er die Berichte der Gutsverwalter sichtete und beantwortete. Vielmehr wollte er die Zustände vor Ort selbst inspizieren. Das galt nicht nur für die verpachteten Landgüter in kaiserlichem Eigentum, sondern auch für die korrekte Ausführung des Kaiserkultes in den größeren Städten des Landes. Auch wenn das bedeutete, dass Witjon Anfang des Winters nochmal losziehen musste. Sein Scriba war von dieser Idee allerdings offenkundig überhaupt nicht begeistert.


    "Verfasse mir eine Anweisung an Ala und Legio. Ich werde eine Eskorte benötigen." Gerade im Winter nahm das Räuberwesen auf den Heerstraßen zu, da die Vagabunden durch die Kälte in Bedrängnis gerieten und sich auf den Straßen mit Proviant eindecken mussten. Tegula nickte und legte sich zwei Tabulae bereit, die er - mit offen zur Schau getragenem Leid - zu beschreiben begann. Witjon konnte sich das nicht länger ansehen. "Bei Donars Hammer, das ist ja nicht zu ertragen! Wenn du nicht mitreisen willst, dann musst du eben einen anderen Scriba fragen." Tegula sah von der Wachstafel auf, er strahlte förmlich bei dieser Ankündigung. "Ja, Procurator. Das werde ich." Wenig später eilte er mit gesiegelten Anweisungen für die Militärs von dannen, nicht ohne zuvor einen Umweg über das Officium der Provinzschreiber zu machen.

  • Einer der Legionskurriere brachte eine Tafel im knappen Schreibstil der Legionen in das Büro des Procurators, bzw. in sein Vorzimmer. Die Tafel war für Licinus Verhältnisse gut lesbar, hatte er doch auf die gängigen Abkürzungen im Legionsbetrieb fast vollständig verzichtet.


    Proc. rat. priv
    Numerius Duccius Marsus


    Marcus Iulius Licinus Duccio Marso Proc. s. d.


    nach Absprache mit praef. Ala II wird dich eine centuria Legionsinfantrie und eine turma alae begleiten. Die Einheiten halten sich zur Verfügung, dennoch wird Information einen Tag vor Abmarsch erbeten.


    Sollte stärkere Bedeckung gewünscht werden, bitte ich um kurze Nachricht.


    Vivat Imperator!


    Marcus Iulius Licinus
    praefectus castrorum

  • Nach der nun sagen wir misslungenen Besprechung suchte ich das Officium des Mannes auf, der diese Krisensitzung herbei gerufen hatte. Ich wollte nicht glauben, dass erwachsene Männer wirklich so auseinander gehen würden. Zugegeben, die meisten waren Militärs und an strikte Strukturen gewohnt, doch ab und an musste man doch den einen oder anderen abweichenden Weg gehen, zum Wohle Roms.
    So stand ich nun an dem Offiicum und klopfte....

  • Im Anschluss an die Krisensitzung war der Procurator Rationis Privatae nicht sofort in sein Officium zurückgekehrt. Deshalb vernahm er das Klopfen des Viniciers auch nicht aus dem Inneren des Arbeitsraumes, sondern kam nur wenig später über den Flur herbeigelaufen.


    "Ah, Tribunus Vinicius.", wandte sich Witjon an den jungen Man, als er dessen angesichtig wurde. Er beeilte sich ein wenig und öffnete die Tür des Büros, trat ein und forderte den Vinicier auf es ihm gleichzutun. "Bitte, tritt ein. Setz' dich. Etwas zu trinken? Wasser, verdünnten Wein? Etwas leichtes Bier?" Er wies auf einen Stuhl und machte sich dann an dem obligatorischen Tischchen zu schaffen, wo Becher und verschiedene Gefäße mit Getränken standen.


    Nachdem er seinen Besucher entsprechend seinen Wünschen versorgt hatte, nahm er Platz und lächelte freundlich. "Nun, Vinicius. Willkommen in Germania Superior. Man kann wohl sagen, du hast keinen besonders langweiligen Einstand." Er versuchte erst einmal kein Wort über die Umstände der vorangegangenen Sitzung zu verlieren. Lieber sollte der Tribun die Gesprächsrichtung vorgeben. Immerhin war er aus einem bestimmten Grund zu ihm gekommen, da wollte Witjon erstmal abwarten was nun kam. Während er also Massas Antwort entgegensah, nahm er einen Schluck Dünnbier aus seinem Becher. Der erfrischende Gerstensaft linderte den Durst, den er seit dem Verlassen der Krisensitzung verspürt hatte. Ein herrliches Gefühl.

  • Da war ich wohl schneller als er selbst.... ich wollte grade wieder gehen, weil niemand auf mein Klopfen reagierte, als der Duccier hinter mir auftauchte und mich dann hinein bat.
    Ich nahm den angebotenen Platz an "Etwas verdünnten Wein bitte..." mit diesem Bier konnte ich noch nie etwas anfangen "..... Danke Procurator. Allerdings kann man das so sagen. Ich hatte mir meinen Dienstantritt auch etwas anders vorgestellt."
    Aber nun war es einmal so und ich würde den Kaiser sicher nicht enttäuschen wollen.
    "Aber sag, diese Sitzung hier, sie kam schon recht eigenartig vor. Es scheint als würde es zwischen Militärs und Zivilverwaltung und sogar zwischen den Militäreinheiten eine, nunja, sagen wir mal, getrübte Stimmung geben?! Oder kommt mir das nur so vor?"

  • Witjon lächelte verständnisvoll. Es war wohl nicht besonders leicht für einen jungen Mann, so plötzlich eine ganze Legion für einen verunfallten Legaten zu leiten. Witjon konnte sich da durchaus angenehmere Berufseinstiege vorstellen.


    "Tja, was soll ich sagen?", entgegnete Witjon auf Massas Frage nach der Sitzung. Er hob etwas ratlos die Hände. "Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, was da eben passiert ist. Bisher haben Militär und Zivilverwaltung immer gut zusammengearbeitet in dieser Provinz. Das ist ja auch essentiell. Aber weshalb dieser Decimus so abweisend ist, kann ich dir nicht sagen. Und Praefectus Iunius hat sich von der aufgeheizten Stimmung wohl schnell anstecken lassen. Ich kenne diesen Decimus nicht, deshalb kann ich dir auch nicht sagen, was die Beweggründe für sein Verhalten sind."


    Witjon ließ sich zu einem Schulterzucken hinreißen. Er hatte wirklich keine Ahnung. "Ich hoffe jedenfalls, dass du die Wogen im Offiziercorps der Legion etwas glätten kannst. Die Provinz kann sich größere Querelen innerhalb der Legio Secunda nicht leisten."

  • Ich lauschte den Worten aufmerksam und überlegte kurz bevor ich wieder sprach "Der Tribun meinte er hätte den Legaten nie gesehen und nie etwas von ihm gehört. War der Legat in den letzten Monaten mit etwas anderm so schwer beschäftigt?
    Den Praefecten der ALA werde ich ohnehin ins Lager einladen und möchte die Wogen wieder glätten. Ich halte ebenso wenig wie du davon, dass sich die Zivilverwaltung und die Militärs Steine in den Weg legen und noch weniger davon wenn dies militärische Einheiten unter sich machen.
    Ich glaube Tribun Decimus fühlte sich auch ein wenig übergangen, nachdem du die ALA gebeten hast eine Eskorte zu stellen..... die Equites Singularis, die du angesprochen hast, werden ja auch von Auxiliartruppen gestellt und der Tribun schien es eher für angebracht, wenn die Legionsreiterei eine zusätzliche Eskorte stellen würde. Aber ich will die Diskussion nicht noch einmal beginnen, die ALA soll das jetzt übernehmen und ich werde eine Besprechung des Offizierscorps abhalten, um dort alles weitere zu klären.


    Der Kaiser wird ohnehin baldigst reagieren und uns hoffentlich einen adäquaten Ersatz entsenden."
    Ich konnte mich noch erinnern, wie mein Vater immer von Mogontiacum schwärmte. Anscheinend war er gerne hier Statthalter.
    "Ich denke wir werden das wieder schon hin bekommen, bis dieser Ersatz eintrifft"

  • Verwundert zog Witjon eine Augenbraue in die Höhe. Das hatte der Tribun also gesagt? "Nun, der Statthalter war einige Zeit auf Reisen in seiner Provinz unterwegs. Rechtsprechung, Kontrolle der Einheiten, und so weiter. Ich weiß ja nicht wann Decimus seinen Dienst bei der Secunda angetreten hat. Vielleicht haben sie sich bisher einfach verpasst." Witjon zuckte mit den Schultern. Das war auch nicht sein Bier.


    "Die Wogen glätten. Das kann ich nur gutheißen", lobte er sodann die geplante Initiative zur Zusammenarbeit zwischen den Einheiten. "Ich denke wir können alle froh sein, dass du so kurzfristig deinen Dienst angetreten bist. So haben wir nun einen frischen Offizier, der unvoreingenommen zwischen den Streithähnen vermitteln kann."


    "Allerdings muss ich dir insofern widersprechen, Vinicius, als dass ich Praefectus Iunius nicht gebeten habe, eine Eskorte zu stellen. Er hat dies angeboten und ich habe zugestimmt. Von den Offizieren der Legion kam ein solches Angebot nicht. Wenn Tribunus Decimus also gerne eine Eskorte schicken möchte, so muss er das nur sagen." Witjon nahm einen Schluck aus seinem Becher. "Oder besser noch: Macht es einfach. Wenn du zu der Meinung gelangst, dass der Statthalter auch von Soldaten der Legio Secunda nach hier eskortiert werden soll, dann entsendet doch einfach eine Turma. Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, weshalb daraus so ein großes Problem gemacht wird." Letztlich machte Witjon allerdings mit einer Geste deutlich, dass er es dabei belassen wollte. "Naja, wie du selbst sagst: Das müssen wir jetzt nicht noch einmal breit diskutieren."


    Seine Miene hellte sich auf und Witjon zeigte ein zuversichtliches Lächeln angesichts Massas letzter Worte. "Sehr richtig. Das letzte Wort hat ohnehin der Kaiser. Und die Provinz wird schon nicht zusammenbrechen, nur weil für ein paar Monate kein Statthalter verfügbar ist."


    Damit betrachtete Witjon das Thema als vorerst erledigt. Nun regte sich sein Interesse an dem jungen Mann, der da vor ihm saß. Er schwenkte das Getränk in seinem Becher, während er über eine geeignete Überleitung zu persönlichen Fragen nachdachte. Schließlich sagte er: "Du sagtest in der Besprechung, dein Vater sei Marcus Vinicius Lucianus gewesen. Wusstest du, dass er mein Patron war? Ich habe ihn in guter Erinnerung behalten."

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