Recht kurzfristig hatte der Kaiser eine Senatssitzung einberufen lassen. Erst am Vortag hatten ihn Nachrichten aus dem Klientelkönigreich Armenien erhalten hatte. Oder genaugenommen aus Cappadocia. Er hatte sich mit erfahrenen Außenpolitikern beraten. Jetzt war das Plenum an der Reihe:
"Verehrte Senatoren,
ehe ich heute mein Anliegen vortrage, bitte ich den vorsitzenden Consul, die aktuelle Diskussion zum Staatsgeheimnis zu erklären."
Der Consul Egnatius Cicero, der heute den Vorsitz führte, nickte. Das ganze war natürlich abgesprochen. "Ich erkläre die heutige Senatssitzung zum Staatsgeheimnis. Wer Redebeiträge aus dieser Sitzung ohne die Erlaubnis des Imperator Caesar Augustus weiter trägt, macht sich nach § 72, Codex Iuridicialis, des Landesverrats schuldig." Die Liktoren traten ans Portal der Curia Iulia und verriegelten es. Dann verließen sie den Saal durch einen Nebeneingang.
Aufgeregtes Gemurmel kam in den Reihen der Senatoren auf, doch Severus hob mahnend die Hand. "Ich bitte euch, diese Vorsichtsmaßnahme nachzusehen. Wenn ich geendet habe, werdet ihr hoffentlich erkennen, dass sie sinnvoll ist.
Er wartete, bis das Geschnatter verstummt war. Dann begann er: "Ich habe euch heute hierher rufen lassen, weil ich Nachrichten von jenseits der Grenzen unseres Imperiums erhalten habe. Parthamasiris, der König von Armenia, ist verstorben." Er hielt einen Augenblick inne. Mancher mochte sich noch erinnern, dass dieser Mann nach dem Tod des Iulianus Exedares, den vorherigen König von Roms Gnaden, vom Thron vertrieben hatte. Wer das nicht mehr präsent hatte, dem sagte Severus es direkt:
"Er bestieg den Thron, nachdem unser Freund und Verbündeter Exedares auf Druck des Partherkönig Osroes zurücktreten musste. Zuvor war es eine lange und gute Tradition gewesen, dass Rom und Parthia gemeinsam bestimmten, wer dort herrschte. Mit Parthamasiris brach Osroes mit dieser Tradition. Er nutzte die Verwirrung unseres Reiches aus, nachdem unser Divus Iulianus im Krieg zu den Göttern entstiegen war."
Er legte die Stirn in Falten. "Ich bin der Meinung, dass wir zur vorherigen Tradition zurückkehren sollten. Deshalb habe ich meinen Sohn in den Osten entsandt, um mit allen Parteien vor Ort zu verhandeln." Eine Weile hatte der Kaiser überlegt, selbst zu gehen. Aber seine Frau erwartete ein Kind. Er konnte sie jetzt nicht allein lassen.
"Ich habe euch einbestellt um mit euch zu beraten, wie wir gegenüber den Parthern auftreten sollen. Wie ihr wisst, musste Divus Iulianus einen verlustreichen Krieg führen, um unsere Interessen zu vertreten. Doch unsere Informanten berichten, dass die Parther derzeit kein Interesse an einem militärischen Kräftemessen haben.
Trotzdem müssen wir abwägen: Wir müssen entscheiden, welchen Thronanwärter wir unterstützen und wie hart mein Sohn mit den Botschaftern des Partherkönigs verhandeln soll. Dies ist zwar keine unmittelbare Bedrohung unseres Reiches. Sie bietet jedoch Chancen und Risiken für unser Volk, weshalb diese Vorsichtsmaßnahme notwendig ist." fügte Severus an und sah kurz zu seinen Beratern vom Vorabend.
"Ich habe mich bereits mit erfahrenen Männern aus euren Reihen beraten, wie wir uns am klügsten verhalten sollten. Sie haben mir ihnen bekannte Kandidaten genannt und ihre Einschätzungen mitgeteilt, die sie in diesem Gremium gerne wiederholen können. Dennoch möchte ich zuerst euch allen die Gelegenheit geben, sich in dieser Angelegenheit zu Wort zu melden." Es sollte nicht so aussehen, als wolle der Kaiser lediglich ein Abnicken seines bereits geschmiedeten Planes. Was ja auch nicht stimmte.