Schon wieder ein Tribun


  • Diopeithes Pedius Theopompus


    Die Türe zum Officium, wo der alte cornicularius des Lagerpräfekten seinen Dienst tat stand weit offen. Pedius Theopompus klopfte trotzdem an und trat aber gleich ein, "Salve cornicularius, ein Tribunus Manius Flavius Gracchus Minor für den Praefectus". Ohne lange zu warte drehte er sich um und ging zurück.

  • Dem Miles folgte auf dem Fuße der junge Flavius, angetan mit seinem Paludamentum, doch ohne die maßgeschneiderte Rüstung, da noch er Reisekleidung trug und seine Besitztümer sorgsam verpackt im Hafen lagen.
    "Ich bin hier um meinen Dienst anzutreten."
    , erklärte er dem Cornicularius, nachdem Pedius so nebulös ihn präsentiert hatte, während hinter ihm sein Sklave Patrokolos den Raum betrat.

  • Ein kurzer Salut wurde mit dem Offizier ausgetauscht, dann nahm er sich der Sache an.
    "Jawohl, tribunus, ich melde deine Ankunft dem praefectus. Wenn du kurz warten würdest?"
    fragte der cornicularius mit ausdruckslosem Gesicht, als er den Neuankömmling zu Gesicht bekam.
    Die Wache bekam nur ein knappes "Danke, du darfst wieder wegtreten!".


    Dann verschwand der cornicularius hinter der Tür, die das Vorzimmer von Licinus Büro trennte. Die Tür blieb offen und man konnte gedämpft einen Wortwechsel hören und dann Licinus: "Schick ihn rein und bring etwas zu trinken."


    "Du kannst eintreten, tribunus. Ich soll fragen, ob du etwas trinken möchtest?" erfüllte er seinen Auftrag.


    Als der Flavier sein officium betrat stutzte Licinus für einen Moment. Der cornicularius hatte zwar jung gesagt, aber der Mann, war noch jünger. Man konnte einen tribunus Laticlavius natürlich nicht einer solchen Musterung unterziehen wie die Berufssoldaten, aber ein erster Eindruck festigte sich in Licinus recht schnell: Weich. Würde nicht länger als ein Jahr hierbleiben vermutlich zumindest. Kein Berufssoldat jedenfalls.
    "Salve tribunus. Bitte ..." mit der Hand wieß er auf die kleine Sitzgelegenheit in der Raumecke. Er wartete bis sich alle gesetzt hatten, dann fragte er.
    "Erstmal die Formalien, wenn du einverstanden bist. Deine Marschbefehle? Und hast du sonstige Anweisungen mit auf den Weg bekommen?"

  • Selbstredend wartete der junge Flavius artig vor dem Officium, wo er sich ob des neuerlichen ennuyanten Intermezzos vorwitzig umsah und endlich seinen Diener Patrokolos fragte:
    "Ob mir ebenfalls ein Vorzimmer zugewiesen werden wird?"
    Der Sklave zuckte lediglich knapp mit den Schultern, doch bedurfte es ohnehin keines weiteren Dialoges, denn schon kehrte der Scriba zurück und komplementierte sie hinein.


    Ihn erwartete ein hagerer Scheme, dessen Gesichtszüge, sobald Manius Minor sich approximierte, zu jener familiaren amorphen Masse zerflossen, welche es dem Jüngling kaum gestattete, verschiedene, ähnlich geformte Antlitze zu differenzieren, jedoch ebensowenig die Mimik seines Opponenten zu decodieren.
    "Einen Becher Weines würde ich nicht ablehnen!"
    , bemerkte er beiläufig, um sodann jedoch sogleich den offerierten Platz einzunehmen, wo der Praefectus sogleich in medias res ging, noch ehe der Wein war bereitet. Erstlich mochte dies den Jüngling ein wenig irritieren, doch gewahrte ihm sodann, dass ein Praefectus Castrorum für gewöhnlich dem gemeinen Volke entstammte, weshalb er der Etikette zweifelsohne nicht allzu geübt war, wobei er mit einiger Verwunderung erkannte, dass er sich überhaupt nicht kundig gemacht hatte, wer weiters im Offizierskorps der ihm zugewiesenen Legion seinen Dienst tat, was es ihm gänzlich verbat, irgendwelche Spekulationen hinsichtlich dieser Person anzustellen.
    "Einen Augenblick."
    , erwiderte er somit lakonisch, wie das Gespräch es vorgab und wandte sich an Patrokolos, welcher aus einer Tasche das gewünschte Dokument hervorholte, seinem Herren reichte und es diesem gestattete, die Papyri an den Iulius weiterzugeben:

    AQUILIANUS Primicerius ab epistulis M' FLAVIO GRACCHO MINORI s.d.


    Hiermit informiere ich die darüber, dass du mit Wirkung zum PRIDIE NON IUN DCCCLXVII A.U.C. (4.6.2017/114 n.Chr.) zum Tribunus Laticlavius der Legio II Germanica ernannt wurdest. In diesem Sinne fordere ich dich auf, dich unmittelbar nach Erhalt dieses Schreibens auf den Weg nach Mogontiacum in die Provinz Germania Superior zu begeben, um deinen Posten anzutreten.


    Im Anhang sende ich dir zudem eine Kopie deiner Ernennungsurkunde, mit der du dich in Mogontiacum legitimieren kannst.


    Im Auftrage des Kaiser,


    Caius Aquilianus Pullo


    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    ERNENNE ICH
    MANIUS FLAVIUS GRACCHUS MINOR


    MIT WIRKUNG VOM
    PRIDIE NON IUN DCCCLXVII A.U.C. (4.6.2017/114 n.Chr.)


    ZUM
    TRIBUNUS LATICLAVIUS
    DER
    LEGIO II GERMANICA



    "Dies sind sämtliche meine Befehle, welche ich erhielt, Praefectus."
    , explizierte er flankierend und legte genierlich die Hände in den Schoß.

  • "Danke!" antwortete Licinus militärisch knapp, aber durchaus nicht unfreundlich und überflog die Dokumente. Nicht anders als erwartet, hatte hier alles seine Richtigkeit. Währendessen hatte der treue Scribonius einige Becher mit Getränken gefüllt. Den Wein hatte er erst aus dem officium nebenan holen müssen. Hier gab es für gewöhnlich nur Posca oder Obstwein, saure Getränke ganz nach dem Geschmack des praefectus. Und dazu neuerdings dieses merkwürdige Gestrüpp, dass er Alte sich in die Getränke warf. Der Sekretär stellte die Becher ab und zog sich an den Rande des Raumes zurück. Licinus bedeutete seinem Gegenüber, dass er trinken möge, wenn ihm danach war.


    "Sehr schön, dann hat Rom also keine besonderen Pläne in der nächsten Zeit." Ein Umstand mit dem Licinus durchaus zufrieden war. "Unsere Situation hier ist im wesentlichen die gleiche wie seit Jahren. Wir belauern die Germanen, die Germanen belauern uns und jeder wartet darauf, dass der andere einen Fehler macht. Kürzlich gab es einen Grenzzwischenfall, von dem du vielleicht schon gehört hast. Ein Germanendorf hat einer Patrouille jenseits des Rhenus einen Hinterhalt gelegt, wir haben anschließend an dem Dorf ein Exempel statuiert. Seitdem ist es in der Stadt ein wenig unruhig geworden, aber wir gehen davon aus, dass sich das bald wieder legen wird. Soviel zur allgemeinen Situation. Möchtest du dazu schon jetzt konkreteres wissen? Wenn nicht würde mich interessieren, wo du deine Stärken im Legionsbetrieb siehst."
    Es war ja allgemein bekannt, dass es keine feste Dienstzuweisung zwischen den tribuni gab und die Legaten sie je nach Vermögen oder auch Unvermögen einsetzen konnten. Und Licinus würde wohl die Aufgabe zukommen hier eine Empfehlung an seinen Cheffe auszusprechen.

  • Da ihn durchaus ein wenig dürstete, ergriff der junge Flavius dankbar sein Getränk und nahm einen vornehmen Schluck, welcher ihm offenbarte, dass die Weine hier an der Grenze von eher inferiorer Qualität waren.
    Sodann lauschte er dem Lagebericht des Praefectus, welcher in der Tat eine Novität implizierte, denn obschon sie den gesamten Rhenus hinabgefahren waren, war nirgends die Kunde von jenem Hinterhalt an Manius Minors Ohr gedrungen, welches der Iulius hier umschrieb. Insofern bedurfte jene Information durchaus einer gewissen Bedenkzeit, ehe der Jüngling weitere Fragen zu diesem Falle zu stellen imstande war, zumal es ihm nicht adäquat erschien, sich immediat in die Arbeit zu stürzen, noch ehe auch nur seine Besitztümer die Castra Praetoria hatten durchschritten.


    Nicht weniger überrumpelte ihn jedoch die folgende Frage, denn obschon er seit seinem Knabenalter eine gewisse Faszination für das Kriegswesen hegte, hatte er niemals ernstlich reflektiert, wo realistischerweise seine Qualitäten im Betrieb einer Militäreinheit mochten liegen. Rasch bedachte er somit, was Optio Octavius ihm in Roma über die Abläufe des Soldatenhandwerkes hatte gelehrt, was Onkel Aristides bei ihren sommerlichen Aufenthalten in Baiae hatte berichtet und was ihm durch das Studium der historischen Klassiker diesbezüglich war ins Auge gesprungen. Selbstredend erschien ihm wie jedem Jüngling das Proprium des Kriegsdienstes, der Kampf, die Taktik und strategische Planung überaus reizvoll, doch war er genötigt sich einzugestehen, dass er diesbezüglich überaus unerfahren war und ob seiner korporalen Verfasstheit wenig Eignung für exhaustierende Gefechte besitzen musste. Die administrativen Bereiche wirkten dagegen mäßig attraktiv (zumal er ja mit dem Vorsatze war aufgebrochen, Heldentaten zu Ehren seines Geschlechtes zu vollbringen), zumal er deplorablerweise bereits während seines Vigintivirates nur bedingt sich mit derartigen Angelegenheiten befasst hatte.
    Es blieb ihm somit lediglich eine unbestimmte Positionierung, welche hoffentlich geeignet war, seine unbedingte Motivation und Opferbereitschaft zu exprimieren:
    "Ich bin geneigt, mich in jegliches Metier einzuarbeiten, in welchem mein Dienst benötigt wird. Ich scheue mich nicht, auch an riskanten Aktionen zu partizipieren. So dies notwendig sein wird."
    Dass es einem Spross der Nobilitas an praktischen Kapazitäten eher gebrach, vermeinte er nicht erst erwähnen zu müssen, obschon selbstredend er sich wie jeder Aristokrat auch für einen passablen Rhetoren und fürsorglichen Herren erachtete, selbst wenn er nicht wagte, dies in jenem Kontext nicht verbalisierte.

  • Sich in jedes Metier einarbeiten zu können hieß natürlich gleichzeitig in keinem bisherigen Erfahrung zu haben. Licinus hatte dergleichen befürchtet.
    "Gutgut, dann bekommst du für's erste eine Aufgabe, die auch jedes Metier erfordert. Wie du sicher weißt gibt es einen monatlichen Übungsmarsch von einem Tagesmarsch, Lagerbau und Rückmarsch. Außerdem machen wir alle drittel Jahre einen großen Übungsmarsch samt Scheingefecht. Ich möchte, dass du mir ein Konzept dafür ausarbeitest. Marschroute, Länge, welche Einheiten, wie versorgt, was für ein Scheingefecht und so weiter. So bekommst du den besten Eindruck, was alles zu einer legio gehört und worauf es bei einem Marsch ankommt." und gleichzeitig konnte er nicht aus Unerfahrenheit kaputt machen. Schon gar nicht, wenn Licinus noch einen Blick auf die Pläne warf.


    Licinus blickte auf den offensichtlichen Sekretär und fragte bzw. erklärte weiter:
    "An Hilfspersonal bekommst du einen persönlichen cornicularius, als Adjutanten, hast Zugriff auf die Schreiber des scribtoriums. Die können dir sicher unter die Arme greifen, aber vertrau ihnen nicht zu sehr. Die Kerle sind schnell dabei ihren Kameraden eine leichte Übung zu bescheren. Außerdem hast du Anspruch auf bis zu vier Leibwächter. Hast du eine Rüstung, ein Schwert, Pferd etc?"

  • Ein wenig perplex vernahm der junge Flavius die prompte Erteilung einer Order, noch ehe überhaupt er auch nur sein Quartier hatte bezogen, welche zudem ihm überaus unklar erschien. Zumindest offenbarte man ihm erstlich noch, welcher Stab ihm für dergestalte Obliegenheiten zur Verfügung stand.
    "Eine Rüstung besitze ich, ein Schwert ebenso."
    Er klopfte auf den Schwertgurt, welchen er trug und in dem der Gladius steckte, den sein Vater ihm zu seinem sechzehnten Wiegenfest hatte geschenkt. Alles weitere hatte er nicht für notwendig erachtet, durch das halbe Imperium zu transportieren, weshalb er anfügte:
    "Ein Pferd und sämtliches übriges Equippement werde ich selbstredend umgehend erwerben. Gibt es eine Empfehlung, wo ich derartiges erhalten könnte?"
    Ein Flavius verfügte immerhin über hinreichende finanzielle Mittel, um an jedem Ort des Imperiums alles zu erwerben, wessen er für die Erfüllung seiner Pflichten bedurfte. Dass die Legion ihm dieses stellen würde, bedachte er ob dessen überhaupt nicht, zumal ja auch die Magistrate Roms ihr Equippement, ja gar einen Teil ihres Hilfspersonals, auf eigene Rechnung finanzierten.

  • "Am besten besorgst du alles, was du brauchst in unseren fabricae. Das ist nicht nur beste Qualität, sondern auch ein unschlagbarer Preis." Für Sonderanfertigungen würden die Soldaten dort zwar einen Aufpreis verlangen, aber der lag wohl eher in der Höhe eines Taschengeldes verglichen mit dem, was man auf dem freien Markt zahlen musste. Genau wusste Licinus das aber nicht, seine Rüstung war zwar quailtativ hochwertiger als der Schnitt, aber an Zierrat trug er ausschließlich seine Auszeichnungen und den üppigen Helmbusch eines Stabsoffiziers.


    "Ausgenommen das Pferd versteht sich. Da kann ich dir die Hros Duccia empfehlen, da beziehen auch die Legionsreiterei und die Ala ihre Pferde her. Zuverlässige Tiere." man merkte Licinus an, dass das Thema Pferde nicht unbedingt sein liebstes wahr. Was war da noch -- Licinus improvisierte grade die Liste für neue tribuni aus dem Stehgreif, er würde Scribonius beauftragen dergleichen anzulegen. "Achja, deine Unterkunft. Dir steht als tribunus laticlavius das Haus wenn du hier rauskommst links zu Verfügung. Ein Mimimum an Personal sollte vorhanden sein, wenn du mehr brauchst wende dich erstmal an mich. Dadurch, dass der Legat gleichzeitig der Statthalter ist haben wir im praetorium einen gewissen Überschuss an Sklaven."
    Irgendwie war Licinus nicht besonders gut auf diese Situation vorbereitet. Vielleicht lag es einfach daran, dass er schon so lange Offizier war, dass er sich nicht mehr erinnerte, was ein neuer Offizier alles anschaffen musste. Dennoch hatte er das Gefühl essentielles zu vergessen. Das ärgerte ihn ein wenig, aber er machte gute Miene zum bösen Spiel.
    "Generell, wenn du Fragen hast, kannst du dich immer an mich wenden. Dafür bin ich ja da, nicht? Also, gibt es für's erste noch Fragen, oder möchtest du zunächst dein Quartier beziehen?"
    Ausnahmsweise war die Frage tatsächlich eine Frage und Licinus gerne bereit sich noch ein wenig Löchern zu lassen. Vielleicht fiel ihm so ein was er vergaß.

  • Der junge Flavius, welcher habituell stets es gewohnt war, stets exklusive Produkte zu verwenden, vermochte kaum zu imaginieren, dass just jene Fabricae, die gewöhnlich das günstige, simple Equippement des Miles Gregarius produzierten, auch tatsächlich die beste Qualität darboten, doch stellte die Herstellung militärischer Ausrüstung wohl ein eher extraordinäres Handwerk dar, welches sonst in dieser Region mäßig gepflegt wurde. Doch zumindest die Hros Duccia erschien ihm eine adäquate Adresse, selbst wenn die Vokabel 'Hros' ihm ein wenig suspekt deuchte.


    Dass er schließlich eine Unterkunft innerhalb des Castellums erhalten sollte, quittierte er mit einem wissenden Nicken, hatte doch Optio Octavius in Roma ihm auch einiges bezüglich der Anlage von Legionslagern vermittelt. Alles weitere würde zweifelsohne sich ergeben, wenn er seine Obliegenheiten besser zu ponderieren gelernt haben würde.


    Diese hingegen bereiteten ihm doch noch einige Fragen:
    "Einige Fragen hinsichtlich meines ersten Auftrages würde ich gerne noch klarifizieren: Welche Art von Marsch soll ich präparieren? Jenen monatlichen oder wäre der größere Marsch demnächst wieder an der Reihe? Im Übrigen würde ich gern erfahren, wer bisherig für die Organisation verantwortlich gezeichnet hatte, um im Bedarfsfalle mich über die örtlichen Gepflogenheiten zu informieren. Und wird mir hier in der Principia ein Officium zugewiesen oder sollte ich besser in meiner Unterkunft arbeiten?"
    Letzteres war er als Magistrat in Roma bisherig gewohnt gewesen, doch vermeinte er sich zu erinnern, dass die militärischen Stellen in Mantua, wo als Knabe er einige Zeit verbracht hatte, jedweder Stabsoffizier eine Stelle in der Principia unterhalten hatte.

  • "Den monatlichen", erklärte Licinus "bis zum nächsten großen ist es noch eine Weile hin, außerdem braucht man zum Planen des Scheingefechts eine gewisse Erfahrung um die Parteien ausgewogen aufstellen zu können."
    Das war ausgesprochen direkt gesprochen, aber Licinus Stimmlage ließ erkennen, dass er die mangelnde Erfahrung dem jungen Mann nicht zum Vorwurf machte. Nicht solange dieser nicht versuchte erfahrenere Leute zu belehren.
    "Bisher haben das immer ich oder einer der tribuni gemacht. Je nach dem wie die Aufgaben im jeweiligen jahr verteilt waren. Du kannst gerne zu mir kommen. Oder du gehst zu tribunus Severus, falls du einen der Flüsse mit einbeziehen möchtest. Er hat bei der Provinzflotte seine ersten Sporen geholt. Für Informationen über das Gelände bestellst du am besten decurio Brisius zu dir, den besten Kundschafter, den wir haben. Der kennt jeden Weg und Steg einen Tagesritt um die Stadt herum und dahinter sieht es nur unwesentlich schlechter aus."
    Licinus dachte für einen Moment nach, welche Namen eventuell noch für die Planung nützlich sein könnten, beschloss dann aber, den jungen Mann nicht mit noch mehr Informationen zu überfluten. Die würde er sich eh nicht merken können.
    "Ein officium bekommst du. die Tür hier raus, dann links und die erste Tür wieder links. Dort findest du auch den cornicularius des letzten tribunus. Ob du ihn behältst ist deine Sache, du bist frei ihn auszutauschen, falls dir ein anderer Soldat mehr zusagt. Nur bitte eine Notiz bei der Legionsquästur abgeben, damit die die Soldzahlungen anpassen.
    Und natürlich kannst du dir Arbeit mit in dein Quartier nehmen, aber du wirst schnell feststellen, dass es flüssiger läuft wenn man hier ist, wo alles Aktenmaterial und die anderen Offiziere bereitstehen."

  • Der junge Flavius nickte zu jeder Information, welche der Praefectus ihm nun offerierte und prägte sogleich sich die Namen seiner Collegae ein. Selbstredend waren nicht wenige equestrale Familien ihm bekannt, da auch sie zur besseren Gesellschaft Romas zählten, doch war weder ein Brisius, noch ein Severus ihm bekannt, weshalb er durchaus ein wenig vorwitzig ob jener Fremden war, mit welchen augenscheinlich er nunmehr aufs Engste würde kooperieren müssen.
    "Dann werde ich mein Officium umgehend beziehen, sobald ich meine Unterkunft eingerichtet habe."
    , konfirmierte er final die Explikationen.
    "Sind mir ob meines Amtes unmittelbar weitere Obliegenheiten anvertraut, welchen ich mich sogleich widmen sollte?"
    Fragend blickte er den Iulius an, während in sein Bewusstsein die Einsicht drang, dass er zuerst diverse private Angelegenheiten würde klären müssen, da er ja nur die dringlichsten Necessitäten mit auf seine Reise genommen hatte, sodass seine Wohnung neu würde einzurichten sein, diverse Kleidungsstücke, ebenso ein Pferd und anderes Equippement zu erwerben waren etc. etc. Doch primär war er selbstredend nun Offizier, was ihm die Pflicht auferlegte, seinen Dienst deshalb nicht zu vernachlässigen.

  • "Mach das" nickte Licnius zu dem Plan des neuen tribunus und schüttelte anschließend wieder den Kopf.


    "Nein, vorläufig nicht. Ab der nächsten Rotation wirst auch du Schichten als diensthabender Offizier bekommen, also für den allgemeinen Wach- und Lagerbetrieb verantwortlich sein, aber das ist erst in ca. zehn Tagen. Außerdem sind natürlich alle Offiziere stets angehalten, für Ordnung und Disziplin im Lager zu sorgen.
    Über allles weitere entscheidet der legatus, ich nehme an, auf der nächste Stabssitzung."

    und somit konnte der Flavier sich schon mal in der Grundtugend eines jeden Soldaten üben. Dem Warten.

  • Der Jüngling nickte. Augenscheinlich rotierten die Tribunen als diensthabende Stabsoffiziere, wobei auch der senatorische eine Dienstschicht, zweifelsohne folglich etwa zwei Monate des Jahres, seinen Beitrag zu leisten hatte. Ein wenig beklommen verhoffte er, möglichst noch zu einem späteren Zeitpunkte auf jene Stelle zu rotieren, wenn er ein wenig an Erfahrung bezüglich der alltäglichen Abläufe gewonnen haben würde.
    "Befasst sich der Legatus regulär in Persona mit den alltäglichen Dingen unserer Legion?"
    Selbstredend war dem jungen Flavius bekannt, dass Duccius Vala nicht lediglich Legatus Legionis, sondern ebenso Legatus Augusti pro Praetore war, folglich neben einer Legion auch noch eine ganze Provinz zu regieren hatte, was ihn zweifelsohne weitaus stärker in Beschlag nahm als der militärische Posten, bei welchem ihm immerhin zahlreiche erfahrene Offiziere assistierten. Insonderheit interessierte ihn diese Frage jedoch, weil Optio Octavius ihm in Roma gelehrt hatte, dass formal der Tribunus laticlavius der ranghöchste Offizier nach dem Legaten war, womit faktisch ihm die Befehlsgewalt innerhalb des Castellums würde zufallen.

  • "Selten, er ist ja auch Statthalter," erklärte Licinus bereitwillig "den größten Teil des Alltagsgeschäfts erledige ich, gehört ja sozusagen ohnehin zur Stellenbeschreibung. Alles was nicht täglich aber halbwegs regelmäßig vorkommt ist auf die tribuni verteilt, bei besonderem hängt es davon ab, wo der legatus sich gerade aufhält, ob wir ihn konsultieren oder eigenmächtig handeln. Und natürlich von der Dringlichkeit." setzte er noch nach. Das natürlich stets in Übereinstimmung mit den allgemeinen Befehlen des Duccius und selbstverständlich des Kaisers gehandelt wurde, erschien ihm nicht erwähnenswert.
    "Aber zur Amteinführung eines neuen tribunus laticlavius und seiner Aufgabenbestimmung wird er sicher anwesend sein wollen."
    Und seine Meinung dazu haben, natürlich. Auch das war klar, ohne erwähnt zu werden. Immerhin war er der Chef, auch wenn er sich in letzter Zeit bei der legio rar gemacht hatte. Was Licinus aus Italia aber gewohnt war und ihn durchaus nicht störte.

  • Der junge Flavius nickte. Zweifelsohne würde er einiges zu erlernen haben, ehe die militärischen Gebräuche und tribunizischen Obliegenheiten ihm vertraut waren, doch war der Jüngling doch voller Zuversicht, sich schon hinreichend adaptieren zu können.
    "Das wäre mir selbstredend eine Ehre."
    , vermerkte er schließlich und nickte neuerlich.
    "Dann würde ich bis dahin meine Habseligkeiten in meine Casa bringen lassen und die fehlende Ausrüstung erwerben."
    Damit hatte er seines Erachtens alle Fragen erörtert, welche nach seiner ersten Ankunft zu klären waren. Folglich erwartete er eine formelle Entlassung durch den Praefectus, denn obschon er formal in der Hierarchie über ihm stand, fühlte er sich doch ihm ob seiner fehlenden Erfahrung unterlegen.

  • Nun, im Klartext hieß das ja nichts anderes, als dass die offizielle Amtseinführung sich nach dem Terminkalender des legatus zu richten hatte. Mithin eine vielleicht nicht unbedingt zweifelhafte, aber sicher zweischneidige Ehre.


    "Mach das." nickte Licinus. "Und nochmals willkommen in der legio"
    Erst dann wurde er des Zögerns gewahr, das den jungen Mann durchlief und meinte mit einem etwas schiefen Lächeln "Du kannst wegtreten. Aber für die Zukunft: Die musst nicht warten, dass ich das so explizit sage." umgedreht würde auch Licinus nur bei offiziellen Aúftritten auf die exakten Worte waren. In seinen Augen waren der Präfekt und der senatorische Tribun so etwas ähnliches wie gleichrangige, der eine des Status wegen, der andere der Erfahrung.


    Als der Mann gegangen war, sah Licinus nach seinem Sekretär und machte sich so seine Gedanken. Der Junge -- so nannte er ihn in Gedanken -- schien beflissen, das war gut. Er kam weich rüber, das konnte man ändern. Das größte Manko gegenüber den einfachen Soldaten würde jedoch seine allzu gehobene Sprache werde, befürchtete er. Und da war ein Jahr zu kurz, dass es sich abbaute.

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