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Die Herde junger Männer sah erstmal eher wie eine Herde Schafe drein, als Kephalos seine Frage gestellt hatte, und verfiel in dumpfes Schweigen. Vielleicht hatte er doch ein wenig viel von diesen jungen Römern erwartet? Oder war die frage tatsächlich so schwer? Kephalos war kurz davor, selbst zu antworten, als dann doch die ersten, zögerlichen Antworten kamen.
Opus Implectum! “Ja, richtig, sehr gut!“ kommentierte Kephalos und hoffte, die anderen zu weiteren Antworten zu animieren.
“Oh, [i]opus reticulatum ist doch dann auch eine Verschönerung?“ meldete sich dann ein weiterer Jüngling zu Wort, nachdem Opus Implectum als richtig bewertet worden war. Jetzt schien also der Dupondius da gefallen zu sein. Kephalos nickte also.
Der nächste rief auch schon ein “Opus incertum!“ rein, woraufhin der vorherige Schlaumeier noch “Opus Certum“ kichernd anfügte. Von Kephalos erntete er einen sehr düsteren Blick dafür, und es kehrte Ruhe ein.
Und es kam dann auch die erste Frage zum Schalenmauerwerk. “Nicht ganz, junger Mann. Die Schale dient in den meisten Fällen nicht nur der Verschönerung, sondern der Formgebung und der Stabilität. Opus Caementitium ist sehr hart und dauerhaft, aber nicht so hart und dauernd wie Granit. Opus Caementitium kann viel Gewicht tragen, aber nicht so viel wie Tuff oder Marmor. Für bestimmte Bauwerke müssen also die tragenden Teile aus Stein bestehen. Für nicht-tragende Teile kann man Caementium verwenden, da es leichter, billiger und vielseitiger ist. Nur sähe das dann sehr unschön aus.
Da Caementitium nun aber flüssig ist, muss es von außen verschalt werden. Dies geht natürlich auch mit einfachen Brettern, die alles einfach in Form halten, bis es ausgetrocknet ist und welche man dann wieder entfernt, oder eben, man nimmt bereits hier Steine und Ziegel, die dem Ganzen auch ein wenig mehr Stabilität verleihen, mehr Härte, mehr... Kratzfestigkeit, wenn mal wieder irgendwelche Narren ihren Namen an der Hauswand verewigen wollen.“
Kephalos Stimme machte deutlich, was er von derartigen 'Verschönerungen' hielt.
“Es gibt also vielerlei Gründe, an bestimmten Stellen Opus Caementitium zu verwenden, und an anderen nicht. Und es hat sich durchgesetzt, der Ästhetik wegen eben nicht einfach nur Holz zum Verschalen zu benutzen, sondern Ziegel und Stein. Allerdings wird bei nicht-tragenden, oder nicht-schwer-tragenden Mauerstücken auch hier dann gerne am teuren Stein oder am teuren Ziegel gespart.
Es wird nur die äußerste Schale an eine Holzschale vorsichtig geschichtet und hernach die Zwischenräume gleich angegossen, so dass die Ziegel oder Steine gleich im feuchten Caementitium in ihrer Form aushärten. Da nur die äußere Kante des Ziegels oder des Steins später nach außen sichtbar ist, können so nun auch an den anderen Seiten gespart werden. So sind die feinen Quader, die man beim opus reticulatum allenorten sieht, also gar nicht wirklich Quader, sondern eher... Pyramiden, deren Spitze tief im Caementitium steckt. So spart man Material.“
Damit war hoffentlich die frage geklärt – und auch noch gleich ein wenig mehr dazu.
Sonst noch Ideen zum formschönen Einsatz von Caementitium?“ fragte Kephalos dann noch einmal.
Atticus hatte genau zugehört und das Wissen über Mauerwerk in seinem Gedächtnis verankert. Wie immer war er aber dabei sehr schweigsam gewesen. Zuhören lag ihm einfach mehr, als zu reden. Als Kephalos allerdings nun noch einmal nach weiteren Möglichkeiten fragte, und da alle außer ihm schon einen Beitrag geleistet hatten, sah er sich genötigt, sich auch einzubringen. Allerdings kam es ihm reichlich dumm vor, eine weitere Art der Vermauerung nun zu nennen, nachdem das Thema schon so ausführlich behandelt war. Also überlegte er einen Moment, ehe er schließlich sagte: “Sind Terrazzo-Böden nicht im Grunde auch nur Opus Caementitium mit besonders vielen Steinen?“
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“Ja, richtig! Die Böden! Terrazzo-Böden können sowohl einfach aus verschiedenen, bunten, kleineren Steinen bestehen, die in einem Bett aus Caementitium liegen, oder aus bestimmten Steinen. Momentan sind schwarze und weiße Steine sehr beliebt als Boden-Belag. Auch können Mosaike in Caementitium eingelassen werden, wobei es hier sehr stark auf das Material ankommt, aus dem die Mosaiksteine bestehen, wie haltbar es dann letzten Endes ist.
Zunächst wird für einen Terrazzoboden auf einen eventuellen Unterbau für Hypokausta ein feines, sehr leichtes Caementitium mit hohem Steinanteil aufgetragen und darauf weitere Steinbestandteile gleichmäßig aufgetragen und mit Walzen verfestigt. Bis zur endgültigen Aushärtung und Verfestigung eines solchen Bodens können mehrere Monate vergehen, in welchen der Boden nicht betreten werden darf. Es sei denn, man möchte später Mulden in seinem Boden vorfinden, oder Fußabdrücke. Danach wird der Boden fein abgeschliffen und mit einer Mischung aus Wachs und Balsamharz oder Kiefernharz eingerieben, um kleinere Unebenheiten auszugleichen, die Oberfläche zu glätten und einen schönen Glanz hervorzubringen. Zudem wird der Boden so sehr wasserdicht.“
Kephalos klatschte einmal in die Hände. Er hoffte, dass damit die grundlegendsten Techniken der Architektur hinreichend erklärt waren. Wenn nicht, würden sicherlich noch fragen kommen. Aber bis dahin konnte er sich dann auch mal den höheren Bauelementen, also denen der Tempelverschönerungen, zuwenden.
“Nun, aber ich habe euch heute nicht hierher bestellt, um nur über Opus Caementitium zu reden. Vielmehr soll es um die großen Bauwerke gehen, die diese Stadt zur Ewigen stadt machen: die Tempel der Götter. Und wir fangen hier mit dem Tempel des Portunus hinter mir an. Weiß jemand schon etwas über diesen Tempel?“