Nachdem die Reisegesellschaft den Vicus Salutaris erreicht hatte, bestiegen die drei Gefährten ein Prahmboot der Classis Germanica, welches in dienstlicher Mission ohnehin eine Frachtladung vom Castellum in Bonna zur Legio VIII Augusta in Argentoratum zu liefern hatte und auf dem Wege von Mogontiacum zu seiner Destination genügend Raum bot, um auch dem scheidenden Tribun, dem versetzten Centurio und ihrem noblen Gast als kommodes Gefährt auf ihrer Reise nach Roma zu dienen. Der flache Einstieg gestattete es gar, den Reisewagen des jungen Tiberius in lediglich rudimentär zerlegtem Zustand auf dem Deck zu transportieren, sodass seine Kabine den Passagieren als agreable Rückzugsort mochte dienen. Erst als somit sämtliches Gepäck verstaut war, ruderten die Nautae das Boot aus dem Portus Militaris und hissten die Segel, um der mächtigen Strömung des Rhenus zu widerstehen und gen Süden sich zu wenden.
https://farm3.staticflickr.com/2107/2962045097_9c6704f6f0_n.jpg
Manius Minor genoss die Ruhe des Flusses und nutzte den Tag, um sich von den Strapazen des vergangenen Jahres, welches kaum ihm die Muse anregender Lektüre oder kurzweiliger Konversation hatte geboten, zu relaxieren, sodass oftmals er lediglich auf dem Deck sich niederließ, die Szenerie am Ufer beobachtete und dabei den Rezitationen seines Dieners Patrokolos aus der Reisebibliothek zu lauschen.
Dennoch erwies selbstredend er sich auch als manierlicher Reisegefährte und pflegte mit den Tiberii (obschon eher mit dem jüngeren der beiden) anregende Konversation, sofern die Brüder, welche augenscheinlich über diverse Jahre der Separation sich auszutauschen hatten, daran Interesse zeigten. Selbstredend disputierten sie so über die jüngsten Geschehnisse des Sklavenaufstandes in Roma, dessen Ursachen und Folgen, wobei der junge Flavius eine eher milde Position gegenüber den Unfreien einnahm, welche er sich aus der epikureischen Schule bewahrt hatte, obschon neben Mitleid mit den teils miserablen Umständen ihrer Haltung auch er die Obligation der Sklaven zu dienen für geboten erachtete. Daneben sprachen sie indessen auch über ihre eigenen Biographien und insonderheit jenen Bürgerkrieg, welcher ihre Generation wie ihren Stand in so fataler Weise hatte geprägt. Manius Minor berichtete über seine Flucht aus Roma im Knabenalter, nachdem sein Vater an der Verschwörung des Tiberius Durus und des Vinicius Lucianus hatte partizipiert (obschon er die horriblen Details und die traumatischen Remineszenzen daran selbstredend aussparte), seinen infantilen Wunsch, ins Kriegsgeschehen einzugreifen und als Offizier dem Usurpator die Stirne zu bieten, weshalb er heimlich sich dem Tross der Legio I Traiana hatte angeschlossen, um auf halbem Wege durch seinen Anverwandten Aurelius Ursus, den damaligen Legatus Legionis, aufgegriffen und in die Sekurität des Hauses eines Klienten, des guten Vindex in Cremona, verfrachtet zu werden und erst nach erfolgter Eroberung Romas durch die Truppen des Cornelius Palma nach Hause zurückzukehren. Während er dessenungeachtet auch erquicklichere Lebensphasen nicht aussparte und etwa berichtete, wie er als Knabe die Hochzeitsfackel des Manius Tiberius Durus, eines Freundes seines Vaters, getragen und jener Greis ihn stets mit überaus großer Freundlichkeit traktiert hatte, oder über die aufreibenden Verhandlungen mit den Chatten sinnierte (nicht ohne selbstredend den Verdienst des Tiberius Verus und die Ehrerbietung, mit welcher die Barbaren ihn traktiert hatten, hervorzuheben), wich er den Episoden rund um seine Bildungsreise nach Alexandria wie auch seinen Opium-Abusus und seine zeitweise mehr denn ruinierte Relation zu seinem Vater weitgehend aus. Doch erwiesen die erfreulicheren Partien der flavischen Biographie durchaus als hinreichend, um die ennuyanten Stunden an Bord des Schiffes zu füllen, während wie von selbst sie sich immer weiter den mächtigen Bergen des Montes Alpes approximierten, die zuletzt es noch zu überwinden galt, ehe der Weg final sie durch das fruchtbare Italia würde führen.
Bildquelle: David Fisher: The twisty Rhine river at Loreley rock