Atrium | M. Flavius Gracchus Minor

  • Silana, die durch Zufall die Sklaven belauscht hatte, dass ein Flavius im Hause war, schlich sich an. Sie hoffte, dass es ihr bekannter Flavius Gracchus Minor war, dem sie noch ein paar Worte schuldete. Die junge Claudia versteckte sich hinter einer Säule, nicht ganz im Sichtfeld, sofern man nicht aus den regulären Wohnbereichen kam. Hektisch sortierte sie ihre Haare, um einen guten Blick zu haben. Denn einerseits wollte sie ihren Großvater nicht stören aber auch andererseits ihre Neugierde stillen. Aufgeregt linsten ihre Augen auf das Kommende.

  • Der junge Flavius trat ein und blickte um sich. Seit seinem letzten Besuch hier, als er in similärer Intention erschienen war, obschon diesmalig er beschieden hatte, nicht wie ein gemeiner Bittsteller sich unter die Klienten der Salutatio zu mischen, sondern als Gast sich anzumelden.


    Selbstredend vermochte er nicht zu erahnen, dass Claudia Silana sich hinter einer der imposanten Säulen verbarg, weshalb er schlicht dem Ianitor zu der Sitzgruppe folgte, vor welcher er verharrte, bis Menecrates erschien.

  • Ein wenig gehetzt zwar, weil sich die Termine aktuell überschlugen, aber dennoch erfreut über den Besuch, betrat Menecrates das Atrium. Er mochte den jungen Gracchus und das trotz seiner sprachlichen Nähe zum Vater. Es war der Charakter, den er als wohltuend empfand, und der ihn über die verkomplizierte Wortwahl hinwegsehen ließ.

    "Salve Flavius Gracchus",
    begrüßte er ihn beim Eintreten. "Lass einmal sehen, ob Germanien Spuren hinterlassen hat." Er betrachtete den jungen Mann übertrieben auffällig und mit einem Lachen, bevor er ernst wurde. "Ich bin ganz gespannt auf das, was du zu berichten weißt. Eine Erfrischung, ein paar Happen?" Sein Arm wies einladend zu den Speisen. Silana entdeckte er nicht, weil er davon ausging, sie waren allein.

  • "Ave, Praetorius Claudius Menecrates!"
    Der Jüngling lächelte, als der alte Claudius ihn so warm empfing und hielt der Musterung stand. In der Tat hatte er, wenn auch in beschränktem Maße Pfunde verloren, sonst jedoch keinerlei Blessuren von seinem Tribunate davon getragen.
    "Ich danke dir."
    , erwiderte er dann sogleich und nahm Platz, während zugleich er nach einem Keks fischte.
    "Wie ich hörte, war auch die Zeit meiner Absenz hier in Rom nicht eben ereignisarm."

  • "Mir scheint, du bist älter geworden. Noch immer jung, aber dennoch älter", fügte er an. Dass ein paar Pfunde fehlten, hätte vielleicht eine Frau gesehen, Menecrates besaß für so etwas keinen Blick. Er setzte sich ebenfalls und wählte eine Teigware. Während er kaute, fragte er sich, ob es einen Grund gab, dass Gracchus nicht seine Wissbegier stillen wollte, sondern das Thema wechselte. Das würde sich herausstellen. Zunächst antwortet Menecrates mit bedeutsamem Unterton: "Oh ja, das kann man wohl sagen."
    Er nickte zustimmend und ließ einige Eckpfeiler noch einmal Revue passieren. "Sicherlich hast du schon mit deinem Verwandten Scato gesprochen." Alle nennenswerten Ereignisse hingen irgendwie mit dessen Magistratszeit zusammen: Die Klage wegen der Spendensache, die gescheiterte Vertretung seiner Klienten vor Gericht, die gescheiterten Spiele, die Unruhen, einfach alles.


    "War es denn vergleichbar ereignisreich in Germanien?"

  • "Selbstredend."
    , erwiderte der junge Flavius, welcher keineswegs mit seinem Kommentar darauf abgezielt hatte, das Sujet zu wechseln, sondern lediglich den Geboten der Höflichkeit gemäß nicht prompt mit seinen eigenen Novitäten herausbrechen hatte wollen. Doch da nunmehr Menecrates, wie Manius Minor bereits geargwöhnt hatte, nicht seine eigenen Erlebnisse vorzuziehen gedachte, weshalb er ja auch sein Tribunat zum Anlass jener Visite hatte erkoren, setzte er doch zu einem extensiveren Rapport an:
    "Fortunablerweise nicht. Die Grenzen Roms sind ruhig wie seit geraumer Zeit nicht mehr, wie mir scheint. In der Tat war es mir sogar vergönnt daran mitzuwirken, dass jener Zustand womöglich noch ein wenig länger währen wird."
    Er wusste nicht, inwiefern seine diplomatischen Triumphe bereits in Rom die Runde gemacht hatten, doch gedachte er, der Spannung wegen nicht sogleich auf sie zu kommen:
    "Wie ich erfahren durfte, besitzt Mars nicht lediglich ein kriegerisches, sondern ebenso ein friedliches Antlitz. Die längste Zeit meines Dienstes okkupierten administrative Belange die Legion, sowohl hinsichtlich des Stabsdienstes, als auch in Unterstützung des Statthalters Duccius Vala. Wie dieser weithin sich auf Gerichtsreisen durch die Provinz befand, so oblag es auch mir eher mit Worten als mit Waffen Gerechtigkeit herzustellen. Dennoch darf ich dir versichern, dass deine alte Einheit sich durchaus in kampfbereitem Zustand befindet. Ich selbst durfte Übungsmärsche organisieren und partizipierte an diesem und jenem Manöver."
    Aufs Neue gestattete er sich eine kurze Pause, um seine Kehle ein wenig mit verdünntem Weine zu befeuchten.
    "Das für mich eindrücklichste Ereignis war jedoch eine diplomatische Mission, auf welche mich Duccius Vala entsandte. Es handelte sich um einen Zwischenfall in den Gebieten der Chatten. Aus diesem Grunde wurde ich zu einem Thing jenes Stammes geladen, bei welchem ich mit den Fürsten jenes Volkes immediat zu verhandeln hatte. Durchaus mit Erfolg, wie ich nicht ohne Stolz konstatieren kann: Wir einigten uns auf einem vierjährigen Frieden, besiegelt durch Kornlieferungen an die Barbaren, im Gegenzug jedoch die Stellung von Geiseln, welche als Auxiliartruppen sich für die Dauer jenes Friedens in das Exercitus Romanus eingliedern und dem Kommando des Princeps unterwerfen werden."
    Iulius Licinus hatte sich höchst saturiert mit jenem Resultat gezeigt, ebenso der Praefectus Alae und sämtliche Militärs, welche er diesbezüglich hatte gesprochen. Da es sich bei seinem Gastgeber indessen um einen wohl noch erfahreneren Feldherrn handelte, verspürte der Jüngling durchaus einen gewissen Vorwitz, was jener zu seinen adventurösen Erfolgen würde bemerken, sodass er seine Rede unterbrach, um einem Kommentar Raum zu gewähren.

  • Silana bemühte sich, jedes Worte zu verstehen, wirklich jedes (!) und beugte sich immer weiter hinter der Säule hervor. Ihr Dickkopf fand schließlich zu viel Gewicht und Haare fielen in breiten Wellen herab, so dass sich ihr Blickfeld drastisch einschränkte. Mistig. Silana musste improvisieren, da sie auch nicht allzu viele Geräusche machen dürfte. Hektisch prustete Luft zwischen ihren Lippen hervor, um die Situation zu bereinigen. Aber es gelang nicht. Die Lage geriet außer Kontrolle. Schnell huschte sie ganz hinter die Säule, fischte mit ihren Händen hoch und vertrieb die Haare wieder in ihre Bahnen. Sie brauchte dringend bessere Haarspangen. Aus Angst, etwas Wichtiges verpasst zu haben, wollte sie sich näher heran arbeiten, tänzelte einem Schatten gleich, von Säule zu Säule. Ihre Schritte waren betörend leise, da sie sich wirklich Mühe gab, aber leider vergaß sie die Weite ihres Kleides. Es verhedderte sich an einem kleinen Stehtisch, welcher jene Getränke trug, die man zwischendurch zu genießen pflegte. Mit einem lauten Geräusch fiel die Karaffe aus Bronze um, mitsamt der Becher, die allesamt rollend sowie klirrend ihren Weg über den Boden fanden. Peinlich. Die Weinpfütze breitete sich aus und zeigte im Sinne des Schicksal sogar die Urheberin an, da das verschüttete Getränk sich an einer schönen Säule sammelte. Silana schluckte heftig, presste sich nervös an den Stein, um nicht sofort entdeckt zu werden. Was man nicht sofort sah... aber auch der jungen Claudia war sofort klar, dass sie nicht entkommen konnte. Sie musste sich eine Ausrede ausdenken. Dies sogar sehr schnell. Sie wollte vor dem jungen Flavius nicht derartig wirken. Immerhin hatte dieser ein erstaunliches Abenteuer hinter sich. Silana sorgte sich um ihren Ruf. Das erste mal in ihrem Leben sogar ernstlich, denn etwas hatte sie bei diesem Flavius gefunden. Sie war interessiert an seiner Geschichte.

  • Der begehrte Bericht folgte und er fiel umfänglich aus. Wahrscheinlich hatte Menecrates etwas falsch aufgefasst, denn jetzt sprudelten die Informationen. Der Claudier folgte den Ausführungen interessiert, was seine zugewandte Körperhaltung, sein unverwandter Blick und die eine oder andere Reaktion verrieten. Mal nickte er, dann ließ er ein "Hmhm" verlauten und zum letzten Teil des Berichts hob er überrascht die Augenbrauen.

    "Zu einem Thing geladen zu sein, halte ich für eine außerordentliche Erfahrung. Das wird wenigen zuteil und jede gewährte Einsicht hilft uns, den Gegner richtiger einschätzen zu können." Er lehnte sich zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und rieb sich mit dem rechten Zeigefinger das Kinn, während er an die gegenüberliegende Wand starrte.
    "Und ein beachtlicher diplomatischer Erfolg", fügte er an. Viele Römer teilten sogar die Ansicht, man könne mit den Germanen nicht verhandeln.
    "Kann man ihnen trauen?" Er suchte wieder den Blick des jungen Flavius. "Und werden diese Geiseln, wie du sie nennst, innerhalb der Hilfstruppen aufgeteilt oder sollen Untereinheiten aus rein germanischer Abstammung gebildet werden?" Letzteres würde er nicht empfehlen, aber das lag nicht in seiner Verantwortung.

    Ein vielfaches Scheppern riss ihn aus den Überlegungen und ließ ihn herumfahren. Zuerst vermutete er ungeschickte Sklaven, dann aber erkannte er in der sich ausbreitenden Weinpfütze die Spiegelung einer ihm wohl bekannten Gestalt.
    Er blickte schnell weg und konnte sich nur mühsam ein Grinsen verkneifen.
    "Flavius, jetzt, wo du militärische Erfahrung sammeln konntest, wie würdest du vorgehen, wenn dir ein sich anschleichender Gegner auffällt, den du dingfest machen möchtest?" Ob Flavius ebenfalls Silana identifizieren konnte, wusste Menecrates nicht. Er ging aber davon aus, dass der Gast wusste, worauf der Claudier anspielte.

  • Augenscheinlich vermochte Gracchus Minor die Appetenz des alten Claudius bis zuletzt zu bannen, denn weder Kommentar, noch Zwischenfrage disturbierten seine Narration, bis er zu einem Ende gekommen war. Erst dann zeigte Menecrates seine Admiration, welche den Jüngling durchaus kalmierte und zugleich ein wenig genierte, da jene spärlichen Worte sofort seine Remineszenzen an die extensiveren Preisungen seiner Offizierskollegen aktivierte.
    "Ich vermag nicht recht zu ponderieren, inwieweit ihnen zu vertrauen ist. Doch scheint es mir doch ein kalkulierbares Wagnis, das sämtliche Familien sich bereit erklärten, ihre eigenen Söhne für die Dauer des Friedens als Soldaten in den Dienst Roms zu stellen, und wohl selbst einem Barbaren daran gelegen sein wird, seine eigenen Kinder zu defendieren."
    Zweifelsohne war es der Perspektive eines Feldherrn geschuldet, dass Menecrates prompt bei diesem Punkt nähere Informationen erfragte, welche Manius Minor bereitwillig zur Disposition stellte:
    "Soweit mir bekannt ist, bilden sie einen gemeinsamen Auxiliarverband, welcher jedoch voraussichtlich nicht in der Provincia Germania Superior zum Einsatz kommen wird. Um einen Betrug zu exkludieren und sie zugleich unter der Aufsicht anderer Verbände zu bewah-"
    Seine Sentenz fand kein Ende, denn in jenem Augenschlag erscholl ein Schlag, gefolgt von blechernem Scheppern in der Halle, sodass der junge Flavius erschrocken zusammenzuckte, selbst wenn die rationalen Partien seines Geistes selbstredend wussten, dass in einer claudischen Villa, konträr zum germanischen Feindesland, keine wahrhaftigen Gefahren lauerten. Dennoch blickte er ein wenig furchtsam in die Direktion der Lärmquelle und erblickte einige umherrollende Becker inmitten eine Pfütze, doch vermochte er im Schatten der Säule den Urheber jenes Malheurs nicht zu erblicken. Lediglich dem amüsierten Unterton in der Frage des alten Claudius entnahm er, dass selbiger bereits eine Hypothese gebildet hatte, welche ihn nicht zu Enerviertheit, wie er sie zweifelsohne angesichts eines Fauxpas seines Gesindes an den Tag gelegt hätte, sondern zu paternaler Jovialität motivierte. Dies wiederum erweckte den Vorwitz des jungen Gracchen aufs Neue und er reckte den Hals, um doch etwas zu entdecken.


    Da auch jene Ambition jedoch vergeblich war, wandte er sich neuerlich Menecrates zu und erwiderte:
    "Nun, ich würde ihn in einer Zangenbewegung umfassen und die Falle sodann zuschnappen lassen."
    Obschon er während seines Tribunats nur äußerst spärliche taktische Schulung hatte erhalten (zumal er ihrer für seinen alltäglichen Dienst auch nicht bedurft hatte), wäre wohl der tumbeste Legionär dieser Strategie kapabel gewesen. Rätselhafter mochte indessen sein, wie diese sich auf die aktuelle Situation akkomodieren ließ.

  • Die eigenen Kinder dem Freiheitsgedanken zu opfern, hielt Menecraets ebenfalls für wenig wahrscheinlich. Andererseits schien ihm das Szenario nicht abwegig, wonach sich Einheimische mit den rekrutierten Auxilliaren verbündeten.

    "Voraussichtlich, sagst du." Menecrates wirkte nachdenklich. "Ich halte es für die mindeste Vorsichtsmaßnahme, den gemeinsamen Auxiliarverband nicht in der Provincia Germania Superior zum Einsatz kommen zu lassen." Doch dann galt seine ganze Aufmerksamkeit dem im Hinterhalt lauernden bezaubernden Wesen.
    Er lauschte Flavius' Vorschlag, befand ihn für richtig und nickte zustimmend.

    "Möchtest du mir das vielleicht demonstrieren?" Ohne eine Antwort abzuwarten, erhob er sich und blickte demonstrativ mehrere Doppelschritte rechts an der verdächtigen Säule vorbei. Damit wollte er Silana vorübergehend in Sicherheit wiegen und gleichzeitig Flavius signalisieren, dass er beabsichtigte, jene Seite zu übernehmen. Bemüht, weitgehend unverdächtig oder zumindest unberechenbar zu erscheinen, schlenderte er näher, ohne den Blick der Säule zuzuwenden. Er rechnete damit, dass Silana das Spiel vorzeitig durchschaute, aber gleichzeitig ging er davon aus, dass sie - der unangenehmen Situation geschuldet - in ihrer selbst gewählten Falle blieb.


    Wenige Schritte fehlen noch, da gab Menecrates das Signal: "Zugriff!" Er wendete sich schneller als man es ihm zutrauen konnte nach links und machte einen Ausfallschritt, sodass die Sicht hinter die Säule frei wurde, obwohl ihn noch Schritte von ihr trennten.
    "Ich erwarte eine umfassende Kapitulation", erklärte er schmunzelnd, als er wieder aufrecht auf beiden Beinen stand.

  • Bei den Göttern, verdammter Mist... Silana musste fliehen aber wie? Natürlich durchschaute sie die Zwangslage und die Worte der Männer überzeugten sie sogar noch mehr davon, dass sie schnellstens entkommen musste. Ein hektischer Blick an der Säule vorbei. Die Lage wurde unberechbarer. Nicht, weil sie dieses Spiel fürchtete, sondern es vermutliche andere Dinge zu Tage fördern konnte, die sie gerne verbergen wollte. Ein zu großes Interesse am Flavius Gracchus Minor sollte nicht ihr Schicksal besiegeln. Noch sah sie sich selbst nicht als Ehefrau, auch wenn es längst an der Zeit war, da sie im guten Alter war. Silana, unsicher über ihre eigenen Fähigkeiten, verweilte in der Tat in ihrem Versteck. Ihr Mundwerk würde es richten. So hoffte sie zumindest. Als das geblaffte Wort "Zugriff" um die Säule bebte, schrie Silana kreischend auf und ihre lautstarke Stimme überschlug sich. Panisch riss sie beide Arme hoch, bevor wieder einbrachen und schlaff von den Schultern hingen. "Gnade," rief sie dann nun wieder weniger laut. Mit bedrückt-tänzelnden Schritten trat sie hinter der Säule hervor und senkte ihren Blick vor ihrem Großvater. Sie war erwischt worden. Verdammt. "Ich gebe auf," sagte die Claudia und hob ihren Blick an, wobei ihr breites Grinsen sichtbar wurde. Noch war es nur ein Spiel. Und für Silana sollte es das auch bleiben, so dass sie sich bemühte den spaßigen Tonfall zu finden.

  • Unschlüssig, ob es einem Jüngling anstand, gemeinsam mit einem honorigen Senator, zu welchem er eine nicht eben vertrauliche Relation hegte, ein derart infantiles Spiel zu treiben, erhob Manius Minor zögerlich und machte einige, genante Schritte nach links. Auch den Zugriff des Greisen unterstützte er lediglich durch ein Innehalten und einen merklich konfundierten Blick in Richtung ihrer Destination. Dort entdeckte er nun in der Tat Claudia Silana, was ihm nicht gerade größere Sekurität verlieh. Das Mädchen war unkonventionell in vielerlei Hinsicht, obschon weibischer Vorwitz womöglich noch relativ gewöhnlich mochte erscheinen, selbst wenn er in dieser spezifischen Situation die Frage evozierte, warum sie ausgerechnet für eine Unterredung ihres Großvaters mit dem jungen Flavius sich interessierte.
    Diese Frage zu erörtern verweigerte sich der Jüngling jedoch und nötigte sich, in die amüsante Situation jenes vermeintlichen Spieles einzustimmen, indem er ironisch kommentierte:
    "Welch ein Triumph! Eine derart anmutige Beute ging mir während des vergangenen Jahres niemals ins Netz! Es ist doch stets wieder lehrreich, an der Seite eines derart erfahrenen Kommandanten zu dienen!"

  • Menecrates genoss es, dass beide mitspielten. Alternativ hätte er Silana auch für ihre Neugier und Indiskretion rügen können, aber die jetzige Auflösung der Situation gefiel ihm um Länger besser - insbesondere auch die humorvolle Äußerung seines Gastes.


    "Um ehrlich zu sein, auch mir ging ebenfalls zu keiner Zeit meines Lebens ein derartig anmutiger Fang ins Netz", antwortete er lachend. "Tja, und wie üblich, wird der übermannte Feind zunächst verhört." Er wies mit seinem Arm zur eben verlassenen Sitzgruppe und forderte Silana auf, ihm zu folgen.
    Er nahm Platz und wartete, bis alle saßen.


    "In wessen Auftrag und zu welchem Zweck kundschaftest du?" Wollte er den Beutezug annähernd authentisch weitermimen, musste er ernsthafter als bisher sein. Entsprechend blickte er zwar nicht bös, aber ohne ein Schmunzeln auf seine Eroberung.

  • Silana verzog leicht ihr Gesicht, um die ernste Gefangene zu mimen, obwohl ihre Augen frech sowie offen strahlten. Es war ihr gelungen, dass es ein Spiel blieb. Die Claudia wollte heute keine Ernsthaftigkeit mehr, denn die vergangenen Tage waren ernst genug, so denn diese Frau ihre Gedanken zerstreuen wollte. Dieses Spiel kam gerade recht. Es war ihr Theater und das Theater lag ihr stets. Mit einem huschenden Blick verfolgte sie die Reaktion des Flavius. "Ein Triumph der zahlenmäßigen Überlegenheit und nicht der Taktik," sagte sie mit spitzer Zunge und grinste dann zu ihrem Großvater, der ihre Anmut titulierte. "Aber auch schöne Rosen stechen," warnte sie. "Und auch ein Netz ist an so manchen Dornen gerissen." Silana zeigte sich folgsam und folgte der Armbewegung zum Sitzplatz. "Ich werde mich Rom beugen," spielte sie mit und setzte sich elegant. Ihre beiden Arme legte sich thronend auf den Lehnen ab.


    "Ich arbeite im eigenen Interesse und ich kundschafte, um eine besondere Person zu verstehen," war die Antwort, die nun doch ernster geriet, als sie eigentlich wollte. Also überspielte sie diese Antwort mit einem breiten Schmunzeln. Mist. Sie hatte ihr eigenes Theater gebrochen.

  • Einen Augenschlag war Manius Minor genötigt, angesichts des Kommentares Silanas zu memorieren, dass die Legionen in der Provinz ebenfalls regulär nicht allein ob ihrer superioren Taktik, sondern insonderheit ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit obsiegten (selbst wenn sie es womöglich auch aus ersterem Grund mochten bewerkstelligen können). Indessen war dies nicht der Ort, um über militärische Strategien zu spintisieren, da doch nun jenes anmutige Wesen den Raum dominierte und damit zwangsläufig die Aufmerksamkeit weg von militärischen und diplomatischen Erfolgen hin zu jenem Spiel der Claudia zog, mit welchem sie sich aus der Affäre zu ziehen gedachte.


    Bestärkt durch die Präsenz des greisen Menecrates und dessen Admiration fühlte Manius Minor am heutigen Tage sich beinahe kapabel, der schleichenden Attraktion jenes Mädchens sich zu stellen, welche augenscheinlich nun aufs Neue durch nebulöse Bemerkungen ihn aus der Fassung zu bringen versuchte.
    "Eine besondere Person..."
    , reagierte der Jüngling mit gemimter Nachdenklichkeit, um sodann ironisch fortzufahren:
    "In diesem Falle muss es zweifelsohne sich um deinen verehrten Großvater handeln. Wobei es doch überaus verdächtig erscheint, dass du, anstatt dein Interesse in der offenen Konfrontation zu stillen, im Verborgenen kundschaftest."
    Selbstredend ahnte Manius Minor, dass jene Anspielung mitnichten sich auf den greisen Claudius bezog, sondern er selbst augenscheinlich die Destination ihres Interesses war. Jedoch wagte er es nicht, auf dieses Schäkern einzugehen, da erstlich er bereits eine Verlobte besaß und zum Zweiten es sich seines Erachtens überaus unschicklich ausnahm, in der Präsenz eines Großvaters seiner Enkelin auch nur schöne Augen zu machen, zumal er selbst nicht zu erkennen vermochte, welche Relation er sich zu dem claudischen Mädchen erhoffte oder erwünschte.

  • Zitat

    Original von Claudia Silana
    "Ich arbeite im eigenen Interesse und ich kundschafte, um eine besondere Person zu verstehen," war die Antwort, die nun doch ernster geriet, als sie eigentlich wollte. Also überspielte sie diese Antwort mit einem breiten Schmunzeln. Mist. Sie hatte ihr eigenes Theater gebrochen.


    "Ah, wie interessant", entfuhr es Menecrates, der erst im zweiten Moment auf die Idee kam, dass nicht er, sondern sein Gast gemeint sein könnte. Er selbst konnte sich auch nicht rühmen, in seinem Auftreten und Handeln stets verständlich zu sein. Gerade Silana zeigte bisweilen Verständnisprobleme, wobei diese eigentlich der Vergangenheit angehörten. Zumindest schien es dem Claudier so.
    Offensichtlich spielten aber im Moment alle das begonnene Spiel mit, denn der junge Gracchus favorisierte ebenfalls Menecrates als Objekt der Beobachtung. Da der Claudier jedoch vermutete, das Spiel würde an Brisanz verlieren, wenn er sich als auszukundschaftendes Objekt zur Verfügung stellte, gab er noch etwas Zündstoff nach.


    "Nun, da du dich erfolgreich in unsere Konversation geschmuggelt hast, gebe ich dir den Raum, deine Forschungsarbeit fortzusetzen. Bitte sehr." Er wies mit seiner geöffneten Hand zunächst Richtung Silana, um dann zu Gracchus zu schwenken. Anschließend lehnte er sich bequem zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und harrte gespannt dem erwarteten Schauspiel. Er hoffte, Silana würde ihm das nicht verübeln, aber ganz so leicht wollte er sie nicht davonkommen lassen. Es gehörte sich nicht zu lauschen und lieber eine solche Lektion als mahnende Worte.



    edit: Zitat eingefügt

  • Nachdem Silana keinerlei Anstalten machte, durch Interrogationen immediat ihr Ansinnen zu verfolgen, beschloss er, seinen Faden aufs Neue aufzunehmen, obschon ihn die Präsenz jener doch so unergründlichen Gestalt durchaus irritierte. So bedurfte er einigen Spintisierens, ehe er sich zu entsinnen vermochte, wo sie vor jener unerwarteten Jagd stehen geblieben waren.
    "Nun, dann... wollen wir dir doch ein wenig Studienmaterial offerieren."
    , bemerkte er somit ein wenig insekur an die Adresse der Claudia, um das Schweigen zu füllen und mühte sich dann aufs Neue, seine Appetenz weg von der attraktiven Präsenz an seiner Seite hin zu den profanen Motiven seiner Visite zu wenden, was neuerlich ein kurzes Schweigen mit sich brachte.


    Da jene durch seine Konzeptlosigkeit vernehmliche Perturbation seines Geistes ihn genierte, beschied er schließlich, schlichtweg einen gänzlich neuen Faden aufzunehmen, indem er prompt in medias res ging, zumal Menecrates ohnehin ihm geneigt erschien:
    "Nun, in jedem Falle war die Intention meines Besuches, dich um deine Unterstützung für meine Kandidatur zum Quaestor zu bitten."

  • "Das habe ich mir bereits gedacht", erwiderte Menecrates und nickte, während er sprach. Gracchus dürfte diese Aussage nicht überraschen. Die Zeit des Wahlkampfes hatte begonnen und nach dem Tribunat folgte häufig die Quaestur. "Und um es vorweg zu nehmen, ich werde deiner Bitte entsprechen." Er ahnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass er seine öffentliche Unterstützung demnächst stark limitieren würde, was aber nichts an dieser Zusage änderte. Der junge Gracchus hätte auch zu einem späteren Zeitpunkt Förderung erhalten.
    Flüchtig schaute Menecrates zu seiner Enkelin. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass derlei Themen eine junge Frau interessierten. Falls aber doch, dann wüsste er es gern.


    Zunächst wandte er sich seinem Gast wieder zu. "Ich erzähle dir jetzt gewiss nichts neues, aber mit der Quaestur eröffnet sich dir die Möglichkeit, Senator zu werden." Er suchte nach passenden Worten ... "Ähm, dein Vater IST bereits Senator, wenn auch aktuell nicht anwesend, und du unterstehst seiner Patria Potestas." Hoffentlich erkannte der junge Gracchus, worauf Menecrates hinaus wollte. Aus Neugier stieß der Claudier das Thema nicht an, vielmehr um seinen Gast auf diesen Punkt aufmerksam zu machen.

  • Glück gehabt. Silana war in der Tat spontan verschüchtert und konnte nicht sofort antworten, ohne ihre wahren Interessen zu offenbaren. Wie sollte sie dies auch verhindern? Sie erahnte bereits, das ihr wahrer Grund für den Aufenthalt in diesem Gespräch bereits erkennbar war. Mist. Silana war zu leicht zu durchschauen und dies missfiel ihr. Wohlwissend um die spontane Schüchternheit, gingen die Männer im Gespräch weiter und übergingen sie dankenswert. Ihr Gesicht zeigte erkenntliche Erlösung, da es an Anspannung verlor. "Ehm," jappste sie. "Macht ruhig weiter, denn ich brauche wahrlich noch Studienmaterial," bestärkte sie und versuchte sich in dieser Zeit sinnvolle Gesprächsthemen zu überlegen, die ihre Peinlichkeit abmildern sollten.

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