Besprechung mit dem Trecenarius

  • Sim-Off:

    Hoppla!


    "Ich weiß nicht, was die Christen glauben. Meines Wissens sind sie eine unbedeutende Sekte der Juden." antwortete der Kaiser auf die warnenden Hinweise des Trecenarius. Jedenfalls machten sie ihm keine Angst. "Aber wer kritisiert mich unter den Bessergestellten?" Das klang ja doch etwas bedrohlich...

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  • Verus ließ sich gewohnt Zeit mit seiner Antwort, um einen größeren Wissensschatz zu durchforsten, den er nicht ganz offenbaren wollte und somit musste er auswählen. "Unbedeutend ist diese Sekte nicht! Sie lehnen den Staatskult ab, sie lehnen die Macht des Imperiums ab und natürlich deine Person, Augustus," stellte er klar und nickte ernstlich, so als ob das Leben des Kaisers davon abhinge. "Sie werden sich für weitere Politiken zu deinen Gunsten eignen. Wir werden durch ihre Verfolgung Handlungsmacht demonstrieren und dem Volk sicherlich geeignete Delinquenten präsentieren können," gab er jene Interessen der Prätorianer zu, die bereits mit geheimer Politik beschäftigt waren. Es ging hier um Macht und Macht war immer ein Theaterstück, welches eine Bühne und Darsteller brauchte. Die Christen sollten die neuen tragischen Figuren werden. "Ich werde dir eine Liste mit Namen zukommen lassen, Imperator. Wir haben einige Namen ausfindig machen können, die in Zusammenhang mit erheblicher Kritik an dir stehen, mein Kaiser," versicherte der Trecenarius kühl. "Du kannst selbst auswählen, wie wir mit diesen Namen verfahren sollen. Ich werde bei Zeiten mit Handlungsoptionen auf dich zurückkommen, die du frei wählen kannst."

  • "Verstehe." antwortete der Kaiser. Dass es Gruppen gab, die ihn und Rom allgemein nicht mochten, war ihm natürlich bekannt. Das Gespräch mit dem Consul hatte ihn noch ein wenig kritischer gemacht, ob er wirklich die Christen als Sündenböcke präsentieren sollte. "Auf jeden Fall will ich so schnell wie möglich über die Ermittlungen informiert werden. Wenn der Bericht so gut wie fertig ist, können wir ja auch noch so lange warten mit der Frage, wen wir verantwortlich machen."


    Er strich sich nachdenklich durch den Bart. "Die Liste interessiert mich natürlich auch sehr und ebenso, was genau jeweils geäußert wurde." Er wollte ja nicht als Tyrann regieren, wo jedes unbedachte Wort schreckliche Konsequenzen hatte. Er wünschte sich von den Mächtigen des Reiches respektiert zu werden, nicht gefürchtet.

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  • Die Ordnung einer Gesellschaft war ein fragiles Konstrukt. Oft kamen Entscheidungen zu spät oder wurden nicht in dem Umfang getroffen, wie sie entsprechend notwendig waren. Dieser Kaiser wollte scheinbar nicht übermäßig aktiv agieren, eingreifen und die Kontrolle über weite Teile der Handlungsräume jener Gesellschaft übernehmen. Verus ahnte, dass er vieles im Dunkeln selbst erledigen musste. Nicht direkt gegen den Wunsch des Kaisers aber im weitesten Sinne für ihn. Geheimdienste waren immer im Schatten tätig, um jene Gesellschaft vor sich selbst zu schützen. Es war ein Spiel der Ängste und Mächte. Wenn der Kaiser keinen offenen Befehl geben konnte, würde Verus seinen Befehl in den Worten finden, die ihm präsentiert wurden. Natürlich gab es hier einen gewissen Interpretationsspielraum. Verus gedachte diesen nur im Rahmen seiner originären Aufgabe auszuschöpfen. "Ich werde dich auf dem Laufenden halten und dir zeitnah jenen Bericht präsentieren. Ich bitte jedoch um etwas Bearbeitungszeit, da eine solche Bearbeitung nicht in wenigen Tagen erledigt ist," erklärte Verus mahnend, dass seine Schattenleute keine Wunder wirken konnten. "Ich denke, dass wir die Christianer verantwortlich machen werden. Sie bieten sich übermäßig an und eine nachhaltige Verfolgung ihrer Kreise schadet dem Imperium in keinem Fall. Es entsteht kein Vermögensschaden, wenn nicht sogar ein Gewinn für deine Kassen, wenn wir ihre Vermögen einziehen können," deutete der Geheimdienstmann nüchtern an und eine kalte Sachlichkeit ließ die Worte frösteln. Der Kaiser wollte wohl kein Tyrann sein. Dennoch musste seine Herrschaft stets bewiesen werden. Furcht war leichter zu steuern, als jener Respekt, den sich viele wünschten. Doch Herrschaft war keine Respektbezeugung, oder eine Wunschsammlung, sondern harte Realität. Respekt entstandt aus Furcht. Vertrauen jedoch nicht. Doch Herrscher brauchten kein Vertrauen, sondern schlicht Kontrolle. Verus verstand die zurückhaltende Art seines obersten Herren nicht. Sie war ihm sachfremd und fast naiv. "Die Liste wird dir baldmöglichst in Abschrift gebracht," sagte der Trecenarius kühl und räusperte sich dann. Es war wichtig nun noch eine Sachfrage zu klären. "Mein Imperator, wir haben noch eine Sache, die deiner Entscheidung bedarf. Varia, jene Aufhetzerin und Staatsfeindin, ist immer noch unserem Gewahrsam und bald soll ihre Hinrichtung anstehen, habe ich die Freigabe sie in die Arena zur Hinrichtung zu führen?" Verus würde das tun, was notwendig war. Wenn der Kaiser kein Tyrann sein konnte, würde er selbst einen Tyrannen spielen, der grausam und kaltherzig strafte.

  • Der Kaiser nickte. Er würde sich wohl noch etwas mit dem Bericht gedulden müssen.
    Aber scheinbar war der Tiberier sehr erpicht darauf, noch vorher die Christen verantwortlich zu machen. Fast schon ein bisschen verdächtig, wie er darauf drängte. "Ich habe mit dem Consul wegen dieser Idee gesprochen." rückte er deshalb schließlich mit der Sprache heraus. "Er plädiert dafür, die wahren Hintergründe festzustellen und bekannt zu geben."


    Dann wandte er sich der Frage Varias zu. Die Anführerin war schon eine ganze Weile im Gewahrsam. "Wenn Varia alle Informationen geliefert hat, die wir brauchen, kann sie hingerichtet werden." Eigentlich hatte Severus angenommen, dass man Varia als Anführerin einen Prozess machte. Aber die Spiele standen nun eben an. Und vielleicht war es klüger, den Leuten nun endlich ihre Bestrafung zu präsentieren.

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  • "Wahrheit ist nicht von Belang, denn Wahrheit ist immer nur eine Mehrheitsmeinung, die sich durchgesetzt hat, Augustus. Es geht in einem Staat nicht um den Erhalt einer Wahrheit, sondern um eine glaubbare Geschichte, die alle teilen können. Diese Geschichte kann grausam sein aber muss Emotionen und Verstand gleichermaßen befriedigen. Natürlich müssen wir als Prätorianer und du als Kaiser, die möglichst objektiv angenäherte Wahrheit kennen aber dem Volk genügt eine schöne Lüge oder ein brauchbarer Feind mehr, als eine verkopfte Wahrheit über Hintergründe, die wahrscheinlich nicht mehr vollens zu ermitteln sind," erklärte Verus nüchtern und machte eine wischende Geste mit seiner Hand. Fast so als ob er jeden Zweifel wegwischen wollte. "Es mag den Konsul kümmern, es mag den Senat interessieren aber am Ende ist dies irrelevant für deine Macht als Kaiser. Ein Kaiser muss handlungsmächtig erscheinen, da sich sonst seine Feinde erheben. Deine Macht basiert nicht nur auf dem Willen des Senates, sondern viel mehr auf deinen Legionen, auf uns, deinen Prätorianern und auch dem Volk selbst, welches deinen Schutz genießt. Aber dieser Schutz ist ein Glauben, eine Überzeugung, die auf einer Geschichte beruht. Sie wollen keine Wahrheit, sondern einfach eine Geschichte. Die Christianer sind brauchbare Opfer, eine gute Geschichte, die sich schnell verbreiten wird und die vorhandenen Zweifel an ihnen aufgreifen soll. Das Volk wird mit diesem Blutopfer zufrieden sein und es als Wahrheit akzeptieren. Es wird deine Herrschaft festigen, sogar deutlich machen, dass du jede Maßnahme treffen kannst, um Rom zu schützen," setzte Verus fort aber schien dabei wenig emotional. Ihn wunderte es nicht, dass er dem Kaiser kalte Machtpolitik erklären musste. Nur wenige trauten sich derartig zu denken aber diese Politik war zwingend erforderlich, da das Imperium geschwächt war. Der Bürgerkrieg, die Grenze war ausgedünnt und innere Unruhen deuteten auf einen politischen Machtzerfall hin. Verus musste diesem entgegen wirken und zarte sowie weichen Politiken führten nicht zu einer Lösung des Sachzwanges. "Es gibt Anhaltspunkte für die Christianer, da viele in Varias Heer aus ihren Reihen stammten und sie haben viele Anhänger unter den Sklaven dieser Stadt. Der Konsul möchte einen Hergang rekonstruieren aber für diese Ermittlung haben wir keine Zeit, Augustus. Natürlich soll er seine Untersuchung haben, feststellen kann man vieles aber das Geschwür der Unsicherheit breitet sich aus. Wir brauchen jetzt Handlungen und Entscheidungen," verlangte der Trecenarius.


    Auf Varia ging er nicht weiter ein und kommentierte die Freigabe mit einem Nicken. Wenigstens hier konnte er ohne Probleme weitermachen.

  • Der Vortrag, den ihm der Trecenarius hielt, verwunderte den Kaiser etwas. Er war wohl schon in der Politik aktiv gewesen, als Verus geboren war, hatte sich hochgearbeitet bis zum Consular und herrschte nun seit mehreren Jahren über ein ganzes Imperium. Der Tiberier war immer nur Soldat gewesen, hatte Befehle befolgt und das in einer Gegend, in der die Macht Roms in aller erster Linie auf brutaler Gewalt beruhte. Severus glaubte nicht, dass alle Germanen dumme Barbaren waren. So etwas von seinen Untertanen zu glauben war selbst eine gefährliche Dummheit. Aber hier in Rom waren die Dinge komplizierter. Der Senat war eine Schlangengrube, der keine reine Dekoration war: Auch ein Kaiser hing von den zahlreichen Kontakten und Netzwerken dieser alten Männer ab, die sich über das ganze Imperium erstreckten. Und sie waren keineswegs so leicht abzuspeisen wie der gemeine Mob, der sich mit Brot und Spielen zufrieden gab. Claudius Menecrates war das beste Beispiel dafür.



    Es war wohl Zeit, dem Trecenarius einmal seine Sicht der Dinge zu erklären: "Du irrst dich, Tiberius." begann er also und strich sich durch den Bart. "Du und deine Leute sind wichtige Stützen meiner Herrschaft, keine Frage. Das Volk ist wankelmütig und leicht zu beeindrucken, auch das stimmt. Aber was meine Herrschaft tatsächlich festigt ist der Umstand, dass der Consul und seine Senatoren ihre Klientel ruhig halten. Hier in Rom und im ganzen Imperium." Er hob mahnend den Zeigefinger. "Mir ist sehr bewusst, dass ich diesen Haufen unter Kontrolle halten muss. Aber niemand herrscht allein, jeder Kaiser braucht den Senat mit seinem Netzwerken und Klientelverbänden." Er fixierte den Tiberier streng. "Ich werde deshalb keine Politik gegen den Senat fahren. Ich habe nicht vor, den von ihm gewählten Consul unnötig vor den Kopf zu stoßen oder zu übergehen. Das ist nämlich weit wichtiger für den Erhalt meiner Herrschaft als er Umstand, dass die Plebs ein paar Tage länger auf die Ergebnisse der Senatskommission wartet." Abgesehen davon brauchten ja auch die Prätorianer ewig, um ihren Ermittlungsbericht vorzulegen.

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  • Verus nickte behutsam. Die Worte des Kaisers ließen ihn nachdenken. Er hatte diese Sichtweise nicht einbezogen, da er selbst nur die Schlachtfelder kannte. Verus war eben nur Soldat. Zwar ein guter Soldat aber niemals mehr als das. Er taugte zum Offizier, zum Planer und Strategen der Prätorianer aber sicherlich nicht mehr zum Senator. Ihm war das politische Establishment so fern, dass er es nicht mal verstehen wollte. Für ihn war die Macht der Waffen und der Furcht probate Mittel geworden. Der Senat war für Verus nur noch eine ehrbare Vertretung, die aber nicht verstand, was den Grenzen des Reiches passierte. Denn Verus hatte längst einen wichtigen Anteil an jener Gesellschaft verloren. "Diesen Standpunkt hatte ich bisher nicht einbezogen," entschuldigte sich Verus soweit möglich, ohne allzu zu unterwürfig einzubrechen. Nun erkannte der altgediente Offizier, dass Rom weitaus schwieriger zu lenken war und der Kaiser ihm dankbar diesen Umstand schilderte. "Ich danke dir," war also der ehrliche Kommentar des Trecenarius, der für die Aufklärung seines Oberherren wirklich dankbar war. Denn so konnte er lernen und seine Auftragsausführung verbessern. Und für die Zukunft seine geheimen Pläne besser einfügen. Die Prätorianer hatten bislang immer eigene Interessen verfolgt, die zwar auf dem Fundament des Augustus standen aber auch weitreichender waren. Verus war nicht anders als andere Soldaten, die gekämpft hatten. Doch hatte sich inzwischen das Schlachtfeld gewandelt. "Ich muss die Grenze hinter mir lassen, Augustus. Meine Welt ist noch sehr durch die Grenzkonflikte und Barbaren geprägt," versuchte Verus sich zu erklären. "Aber ich lerne," sagte der Trecenarius überzeugt. "Es gibt vieles zu bedenken und nicht alles ist jemals den Akten und Schriften zu entnehmen. Mein Vorgänger mag auch daran gescheitert sein," meinte der zerrüttete Soldat, dessen Angesicht erstarrt wirkte. "Nichts wird ohne deinen Wunsch geschehen," unterwarf sich der Trecenarius höflich und senkte dezent sein Haupt.

  • "Nichts anderes erwarte ich von meinen Soldaten." bestätigte der Kaiser. Wenn es noch weitere Punkte gab, konnte der Tiberier jetzt sprechen. Sonst war er entlassen.

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  • "Ich verstehe," sagte Verus, bevor er Haltung annahm und sich dezent mit einer höflichen Geste verabschiedete. Er war entlassen und trat mit festen Schritten ab.


    ~~~


    Zwei Tage später erschien Verus erneut und dieses mal mit mehreren Tabulae, die er behutsam und achtsam trug. Dies war ein wichtiger Tag, der den Kaiser ins Bilde setzen würde. Zumindest in das Bild der Prätorianer.


    Vorläufiger Abschlussbericht


    Dieser Bericht unterliegt der Geheimhaltung. Nur Personen mit entsprechender Berechtigung erhalten Zugang. Eine Veröffentlichung außerhalb des vertraulichen Personenkreises ist unter Strafe gestellt.


    Fall: Varia
    Bearbeiter: Trecenarius
    Gefahrenstufe: Bedrohung für den Kaiser und das Imperium
    Priorität: Hoch


    Allgemeine Lage:
    Die Aufstände in Rom sind niedergeschlagen. Vorläufige Ruhe ist eingekehrt. Die zivile Ordnung konnte mit Mühen bewahrt werden. Varia, die Aufstandsführerin, befindet sich im Kerker der Prätorianer. Ermittlungen in verschiedene Richtungen wurden getätigt. Zeugen wurden befragt und Auskünfte ermittelt. Nach Sichtungen von Berichten und Material konnte ein Tathergang und ein Bild ermittelt werden. Weitere Verhaftungen wurden durchgeführt. Diese Gefangenen wurden ebenso befragt und deren Zusammenhänge abgeklärt. Einige Personen konnten umfänglich abgeklärt werden.


    Bericht:


    [[Auszug aus Befragungsbericht]]
    Varia gab an einem Stamm aus Themiskyra anzugehören. Sie war dort Kriegerin. Ihre Mutter trug den Namen Serdana. Sie wurde im Zuge der Eroberungen versklavt und nach Rom verkauft. Ihr Besitzer war Helvetius Commodus. Ein bekannter Ehrgeizling. Sein Verwandter Helvetius Varus erwarb Varia vom Sklavenmarkt für Helvetius Commodus. Sie sollte als Leibwächterin dienen, was bereits eine merkwürdige Verkettung darstellen könnte. Denn Helvetius Varus ist nach Angaben der Varia und Aussagen diverser Ermittelnder der Besitzer des bekannten Lupanars von Morrigan, welche als geheime Herrin der Subura betrachtet wird. Ferner besitzt Helvetius Varus ein Weingut, welches noch ermittelt wird. Morrigans Lupanar wird verschiedener Aktivitäten verdächtigt, die sich mittelbar gegen Amtsmacht des römischen Staates richten. Noch konnte der Einrichtung um Morrigan keine Straftat nachgewiesen werden. Helvetius Varus scheint in diffuse Machenschaften um dieses Lupanar verstrickt zu sein. Durch den Kauf jener Sklavin Varia für seinen Verwandten zeigt sich eine Querverbindung zum Helvetius Commodus. Dieser ließ Varia in einer Gladiatorenschule zu einer Attentäterin und Meuchlerin ausbilden. Sie sollte verdeckt töten können.


    [[Bewertung]]
    Ihre kriegerischen Fähigkeiten waren außerordentlich. Berichte über die Niederschlagung ihres Stammes bezeugen den Hintergrund. Es ist anzunehmen, dass die allgemeinen Details ihres Lebens einen hohen Wahrheitsgehalt haben. Auch scheint sie dank ihrer diffusen Ideale keinen Anreiz zu einer Lüge gesehen zu haben. Eine Begehung der Kerkers und erneute Befragung durch den Trecenarius bestätigten dies. Varia wählte einen Weg der Rache an Rom aber nicht der Lüge. Im Gegenteil, sie warf dies Rom vor. Lügen schien für sie eine römische Eigenschaft. Der Trecenarius befragte daraufhin einige Gefangene, die Varias Herkunft in Ansätzen bestätigen konnten und auch ihre Ideale. Interessant ist, dass Varia für ihre eigene Rache und Tod bereit war, jene Mitläufer zu opfern. Die Führung der Prätorianer vermutet, dass dies auf einen erweiterten Suizid hindeutet. Möglicherweise verhinderten Stammesriten oder der Eid an ihren Dominus einen einfachen Suizid. Es musste durch fremde Hand geschehen. Varia war bereits zur Zeit als sie in Rom umher streifte, eine gefährliche Waffe. In nachträglicher Einschätzung ist anzunehmen, dass die Morde in der Subura ein erstes Anzeichen ihrer Rache waren.


    [[Auszug aus Zeugenbericht IV]]
    Varia war in der Subura bekannt. Sie pflegte Kontakte zu einer Morrigan. Die Täterin bewegte sich in Rom frei. Viele kannten sie und auch ihre Geschichte schien vielen nicht unbekannt, wenn auch nur in kleinen Details. Das gesamte Bild schien vielen zu fehlen.


    [[Auszug aus Befragungsbericht]]
    Morrigan gestand nach Festnahme im Kerker, dass sie Varia kannte und unmittelbar am Aufstand beteiligt war.


    [[Auszug aus Geständnis]]
    Geständnis der Gefangenen Helvetiana Morrigan


    Ich, Helvetiana Morrigan, Freigelassene, gestehe Beteiligte in einer Verschwörung gegen die staatliche Ordnung gewesen zu sein. Ich gestehe, dass ich das Lupanar als Versammlungsort und Hauptquartier für verbotene Machenschaften in der Subura genutzt habe. Ich gestehe, dass ich auf Geheiß des Helvetius Varus und des Helvetius Commodus arbeitete. Ich war Handlanger. Ich gestehe, dass die beiden Helvetier führende Köpfe des Netzwerkes sind. Ich gestehe, dass ich bezeugen kann, dass Sergia Fausta das Oberhaupt dieser Organisation ist und ihre Position in der Kanzlei zum Wohle des Netzwerkes nutzte. Ich gestehe, dass Varia eine Meuchlerin dieser kriminellen Verschwörung war.


    [[Bewertung]]
    Das Lupanar der Morrigan war ein zwielichtiges Etablisment, welches häufig von diversen Kundenkreisen aufgesucht wurde. Morrigan galt als fähig und gerissen. Als Perserin fielen ihre viele Eigenschaften zu. Das Lupanar wurde nicht nur von betuchten Kunden aufgesucht, sondern auch von kriminellen Größen. Es gehörte einst Helvetius Commodus, welcher in enger Verbindung zu Helvetius Varus steht. Varia ging dort ein und aus. Es ist anzunehmen, dass dieser Ort ein Versammlungspunkt der Führung des Aufstandes war. Das Geständnis ist unter Folter gewonnen. Wir müssen also den Wahrheitsgehalt ihrer Aussagen als wahr annehmen aber ebenso bewerten, dass wir nicht dem falschen Hund einen Knochen zuwerfen. Wenn wir vom Geringsten ausgehen, war es nur ein Versammlungsort und Morrigan unterstützte mittelbar die Versorgung der Varia. Helvetius Varus und Commodus können Nutznießer sein, da eine Aussage hierzu besteht.


    [[Auszug aus Ermittlung]]
    Es konnten zwei Gewinnler festgesetzt werden, die sich an den abgebrannten Grundstücken bedienten und diese den eigentlichen Eigentümern abpressen wollten. Schaden an der zivilen Ordnung konnte abgewendet werden.


    [[Bewertung]]
    Einige Gewinnler erheben sich und diese windigen Geschäftsleute bedienen sich am Leid der Plebs. Ein Gefangener gab an, dass er Kontakte zu Helvetius Commodus hatte. Scheinbar bedient sich auch dieser aus seinem persönlichen Exil über Mittelsmänner an diesem Aufstand. Nutznießer sind weitere bekannt aber noch konnte kein Mittelsmann des Helvetius gestellt werden.


    [[Auszug aus Ermittlung]]
    Allgemeine Befragungen in der Subura ergaben, dass Varia versuchte Nicht-Römer zu schonen. Auch schien sie gezielt Vorbereitungen für diesen Kampf getroffen zu haben. Überreste von Barrikaden konnten sicher gestellt werden.


    [[Auszug aus Ermittlung]]
    Nach den Kämpfen konnten den toten Aufständischen Waffen abgenommen werden. Herkunft der Waffen ist noch unklar.


    [Auszug aus Befragung eines christlichen Gefangenen]]
    Ein Gefangener gab in einer intensiven Befragung an, dass Varia von Gott als Strafe für die Römer geschickt worden war. Ferner gab er an, dass Varia selbst überrascht davon war, wie chaotisch die Sicherheitskräfte in Rom vorgingen. Sie zog sich in Subura zurück, wo bereits entsprechende Fallen und Barrikaden bestanden.


    [[Bewertung]]
    Neben stiller Aufrüstung eines aufständischen Sklavenheeres in Rom, scheint Varia explizit diesen Kampf vorbereitet zu haben. Sie nutzte den Groll vieler vermeintlich Entrechteter, um diese in einen Kampf gegen die staatliche Ordnung zu ziehen. Mangelnde Reformbereitschaft und der Bürgerkrieg schienen diesen Umstand begünstigt zu haben. Dass sich viele Christen im Heer der Varia fanden, ist erstaunlich und zeugt von einer gewissen Vorbelastung dieser Sekten, die Rom bis dato stets ablehnend gegenüber standen. Dennoch scheint die Hauptlast nicht auf den Christen gelegen zu haben, da Varia auch andere Sekten, Verirrte und Sklaven einband, die sich gegen Rom stellen wollten und mit ihrer Hilfe konnten. Denn sie verfügte über Waffen, die sie über eine noch unbekannte Quelle beschaffen konnte.


    [[Auszug aus Ermittlung]]
    Nach Befragungen diverser Bürger, welche durch Varias Horden attackiert worden waren und entkommen konnten, ist von einem gezielten und geordneten Vorgehen auszugehen. Man zog von Viertel zu Viertel und umging gezielt Sicherheitskräfte. Der größte Erfolg dieses Vorgehens war die Vernichtung dreier Villen von großen Häusern: Gens Tiberia. Gens Amerilia. Gens Ultria. Die Stammsitze dieser Familien sind vollständig zerstört. Neben den Verlusten an Menschenleben, wiegt der Verlust bekannter Bürger schwer. Eine Leichenschau fand statt und man identifizierte in den Überresten des Hauses der Tiberia einige Tote anhand der Siegelringe und den Schuhresten. Schrecklich war auch das Bild, dass ein Tiberius an die Wand geschlagen worden, ähnlich einer Kreuzigung. Zeugen berichteten von einem gezielten Vorgehen und einer Steuerung dieses Verhaltens von Führungskadern.


    [[Auszug aus Befragung]]
    Bürger Gallius Gemellus gab an, dass er sich zum Zeitpunkt eines Mordes in der Subura aufgehalten habe und diesen durch die Fenster einer Handwerksstube beobachten konnte. Varia persönlich drückte dem Mann seinen Siegelring in den Hals. Sie tat dies gefühlskalt und ließ den Mann daran ersticken. Dieser Mord geschah weit vor den eigentlichen Aufständen. Der Bürger versteckte sich daraufhin und wurde im Zuge einer allgemeinen Ermittlung als Zeuge befragt.


    [[Bewertung]]
    Scheinbar verfolgte Varia ein klares Ziel: Römer töten. Morde in der Subura kündigten dies bereits an. Ihr gezieltes Vorgehen, die Schulung ihrer Mitstreiter und die Vernichtung besonderer Standorte römischer Kultur zeigen auf, dass dieses Verhalten auf den Kernwunsch der Kriegerin zurückzuführen sind.


    [[Auszug aus Ermittlung]]
    Mehrere Morde fanden in der Subura und in angrenzenden Stadtteilen statt. Die Urbaner ermittelten zögerlich. Eine Kooperation mit den Prätorianern wurde verneint. Es erfolgten eigene Ermittlungen, die folgend ergaben, dass bereits ähnlich gelagerte Morde an römischen Bürgern, jeweils getötet mit einem Siegelring im Hals erstickt, oder gelegentlich erstochen, statt gefunden haben.


    [[Auszug aus Befragungen]]
    Bürgerbefragungen, die angaben Angehörige zu vermissen, teilten uns mit, dass ihre Männer in die Subura gingen oder zu ihrem Handwerksbesitz. Einzelne Aussagen verweisen sogar auf teil-identifizierte Leichen, deren Siegelringe aus dem Hals entfernt werden konnten.


    [[Bewertung]]
    Varias Hass zeigte sich früh auf den Straßen. Die Urbaner erkannten jenes Muster nicht. Die Prätorianer konnten dies zu spät ermitteln und erst im Nachgang konnte jenes Muster vollständig ersichtlich werden. Mitunter hätte Varia bereits aufgehalten werden können, doch mangelnde Aufklärung verschaffte ihr Zeit weitere Pläne umzusetzen.


    [[Auszug aus Befragung]]
    Bürgerin Quintilia Pina gab an, dass Varia sie gerettet habe.


    [[Bewertung]]
    Dieses Aussage macht das Bild unklar aber scheint in die Ideale der Varia zu passen. Sie tötete vorwiegend Männer von Stand und Reichtum oder Männer, die sich in der Subura für unseriöse Machenschaften befanden. Sie lebte den Kampf eines Soldaten und dies als Frau.


    [[Auswertung]]
    Der vermutete Tathergang stellt sich folgend dar: Varia, einst Sklavin, streifte nachdem sich ihr Besitzer aufgrund Verstrickungen abgesetzt hatte, einsam umher. An einen Eid gebunden, wollte sie sich ihr Leben selbst nicht nehmen. Sie war verzweifelt und hasste Rom für all das, was ihrem Land und Leuten angetan wurde. Varia war bereits eine Feindin Roms. Morrigan unterstützte Varia mit Hilfsleistungen, da sie selbst einst Sklavin war. Varia konnte sich in der Subura ein verstecktes Leben aufbauen. Es ist zu vermuten, dass sie sich mit Untergrundkämpfen über Wasser hielt. Ihre Talente als Kriegerin ihres vernichteten Stammes wurden dadurch nur gefördert. Mit der Zeit wuchs ihre Einsamkeit und der Hass. Sie entschied sich etwas gegen Rom zu unternehmen, welches in ihren Augen einen schwachen Moment aufwies. Varia begann ihre Mordserie, die lange unentdeckt blieb. Morrigan half ihr weiterhin. Hintergrundfaktoren über Nutznießer oder Auftraggeber sind noch zu ermitteln. Wir beschränken uns allein auf den Tathergang der Varia. Im Zuge ihrer steigenden Morderfolge, entschied sich Varia größer zu denken und mit der Zeit liefen der bekannten Figur der Subura weitere entflohene Sklaven und Gescheiterte zu. Sie bewaffneten sich und probten den Aufstand. Der Aufstand entglitt der Kontrolle der Sicherheitskräfte, da Varia geschickt vorging und gezielt Fallen und Barrikaden errichtete. Die Subura wurde zu einer unbekannten Situation für die Streitkräfte. Es ist anzunehmen, dass der Aufstand einer mangelnden Versorgung der Subura geschuldet war oder den Spätfolgen des Bürgerkriegs.


    [[Exklusion]]
    Es ist weiterhin möglich, dass es tatsächlich eine Verschwörung folgender Personen geben hat: Helvetius Commodus (Bürger), Helvetius Varus (Bürger), Sergia Fausta ((Ex)Procuratrix a Memoria) und Morrigan (Lupanar-Betreiberin). Ermittlungen laufen weiterhin in diese Richtung aber sind noch nicht abgeschlossen. Aus diesem Grund wird dieser Bericht weitgehend von diesen freigehalten, um die Sachlage um Varia zu erörtern. Die Prätorianer werden, nachdem Einsatzmittel freigesetzt wurden, dieser Lage nachgehen.


    [[Erkenntnis]]
    Mangelnde Ermittlungsarbeit der Urbaner, zögerliche und falsche Reaktionen der eingesetzten Kräfte befeuerten den Aufstand, der mitunter von christlichen und staatsfeindlichen Elementen getragen wurde.



    gesiegelt und gesichtet durch
    Trecenarius Tiberius Verus




    "Mein Imperator", grüßte Verus nüchtern und trat vor den Kaiser, um ihm die Wachstafeln zu reichen, die aneinander gebunden waren und leicht aufzuklappen waren. "Der geforderte Bericht."

  • Als der Kaiser den mehrseitigen Bericht erblickte, fürchtete er um seine kostbare Zeit. Nachdem sein Sekretär die Tabulae entgegen genommen hatte, bedeutete er dem Centurio also, bequem zu stehen und sagte: "Danke. Kannst du mir die Ergebnisse kurz zusammenfassen? Wie kam es zu dem Aufstand? Wie war er organisiert? Was können wir tun, um so etwas in Zukunft zu verhindern?" Das waren die Fragen, die ihn interessierten. Um Details konnte er sich immer noch später kümmern.

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  • Verus tat, wie ihm befohlen und führte folgend entsprechende Antworten aus. Scheinbar wollte der Kaiser gezielt informiert werden und somit ließ sich Verus einen Augenblick Zeit, um seine Gedanken zu sortieren.


    "Varia ist eine Kriegerin aus einem bekannten Stamm aus Themiskyra. Im Volksmund werden diese Amazonen genannt. Dieser Stamm ist durch eine römische Einheit vollständig vernichtet worden, da er immer wieder Aufstände probte. Sie erbte einen bedeutenden Hass auf alles Römische. Sie hat diesen Aufstand primär in eigener Führung organisiert, obwohl sie wohl Hilfe und Unterstützung erhielt. Voran erhielt sie Unterstützung durch eine Morrigan, eine mächtige Lupanar-Betreiberin. Auch besteht weiterhin Verdacht, dass Helvetius Varus und Helvetius Commodus in diese Sache verstrickt sind und zumindest Nutznießer des Aufstandes waren. Die Querverbindungen zu Sergia Fausta sind jedoch noch nicht vollens ausermittelt. In diesem Sinne beschränkt sich der Bericht vollens auf Varia. Der Aufstand war militärisch und zielgerichtet geführt. Nicht nur, dass diesem Aufstand Morde an Römern vorweg gingen, die durch Varia und Komplizen in einem bekannten Muster begangen wurden, sondern viel mehr wurden auch Waffen und Ausrüstung im Verborgenen beschafft. Die Herkunft der Waffen ist noch nicht geklärt. Die Stadtkohorten scheinen blind gewesen zu sein und durch mangelnde Informationsweitergabe über die Serienmorde konnten wir die Prätorianer dieses Muster nicht rechtzeitig erkennen. Auch scheint Varia diesen Aufstand lange geplant zu haben, um alles Römische zu bestrafen. Es ist anzunehmen, dass es sich um eine Todessehnsucht aus einer diffusen Sitte handelte, die sie verwirklichen wollte. Der Aufstand war nur Mittel zum Zweck, um Rom zu schaden und selbst als Kriegerin sterben zu können. Dem Aufstand schlossen sich Führungskader aus Christen aber auch anderen vermeintlich Entrechteten und Feinden Roms an, wie entflohene Sklaven oder desertierte Kriegsgefangene, die in den Minen arbeiteten. Varia, als erfahrene Kriegerin, konnte militärisches Fachwissen anwenden. Sie nutzte die Subura als Terrain und errichtete gezielt Fallen sowie Barrikaden. Die eingesetzten Kräfte waren überfordert. Die Reaktion der eingesetzten Kräfte ist nur als ungeordnet und nicht zielgerichtet zu beschreiben."


    Er machte eine Pause, um die Worte wirken zu lassen, bevor er seinen mündlichen Bericht abschloss. Da der Bericht keine Schlussfolgerungen über eine zukünftige Verhinderung beinhaltete, ergänzte Verus dies in Gedanken und meldete:


    "Der Bericht erlaubt sich zwar keine Vorschläge zur zukünftigen Verhinderun, da diese dir überliegen aber ich wage gewisse Auswertungsbezüge und Erkenntnisse zu kombinieren, damit du eine ausreichende Antwort erhalten kannst. Um dies in Zukunft zu verhindern, sollten entsprechende staatskritische Äußerungen bereits schärfer verfolgt werden. Bekannte staatsfeindliche Sekten und Gruppen zerschlagen und deren Eigentum beschlagnahmt werden. Darüber hinaus muss die Kommunikation zwischen den Einheiten in Rom erheblich verbessert werden. Es müssen klare Vorschriften und Hierachien mitsamt Meldeweg etabliert werden. Die Mordermittlungen der Urbaner waren fehlerhaft. Leider auch die Ermittlungen meines Vorgängers gegen staatsfeindliche Gruppierungen. Beides kam leider zusammen und befeuerte den Aufstand, der uns jetzt beschäftigt. Ebenso sind die Spätfolgen nicht abzusehen. Teile der Subura sind nachhaltig zerstört und auch viele Handwerksbetriebe sind beschädigt und vorerst nicht einsatzfähig. Es fehlt also an Konsum- und Arbeitswaren, mein Kaiser," schloss der Trecenarius ab und wartete auf eine Reaktion seines Imperators.

  • Der Trecenarius drückte sich manchmal ein bisschen umständlich aus, wie dem Kaiser auffiel. Das war offensichtlich eine "Krankheit" vieler Patrizier. Selbst wenn sie ihr Leben bei der Truppe verbracht hatten. Aber alles in allem wurde das Bild durch die knappen Worte etwas klarer.
    Zum Schluss fasste der Kaiser die für ihn zentralen Ergebnisse nochmals zusammen. Nur um sicherzugehen, dass er den Prätorianer richtig verstanden hatte: "Der Aufstand geht also primär auf diese Varia zurück und ihr Motiv war Rache an Rom." Das mit dem Selbstmord leuchtete Severus nicht direkt ein. Da hätte sie auch einfach versuchen können, in den Palatin einzudringen oder ähnliches. "Ihr ist es gelungen, völlig unbemerkt vielleicht tausend Mann an entlaufenen Sklaven, Christen, Habenichtsen und sonstigem Abschaum mitten in Rom anzuwerben, zu bewaffnen und zu einer koordinierten Aktion zu drillen, die mir selbst bei meinen Legionen einen gewissen Respekt abnötigen würde." Er strich sich durch den Bart. Gerade vom Palatin aus hatte man ja sehr gut erkennen können, wie sich fast zeitgleich in der ganzen Stadt Banden zusammengerottet hatten, um Häuser anzuzünden und Zivilisten anzugreifen. In einer unübersichtlichen Stadt wie Rom war es keine leichte Aufgabe, so etwas zu koordinieren. Ganz abgesehen davon, dass man erstmal so viele Hoffnungslose für sich gewinnen musste. Und ihnen Waffen beschaffen!


    Dann ging es an die Klärung von Unklarheiten: "Was mir nicht ganz klar ist: Welche Rolle sollten diese Helvetier oder Sergia Fausta gespielt haben? Haltet ihr es für möglich, dass sie diese Varia zu ihrem Aufstand anstachelten?" Der mehrfach betonte Hass gegen Rom war ja eigentlich Erklärung genug! "Und wieso haben wir nichts von den Vorbereitungen mitbekommen? Du sprichst von Serienmorden - in welchem Zusammenhang stehen sie zu den Vorbereitungen dieses Aufstands?" Es musste ja ein kausaler Zusammenhang bestehen, der dem Aquilier aber bisher nicht klar geworden war. "Von welchen Minen kamen die Aufständischen und wie wurden sie angeworben? Wie konnten diese vielen Rebellen sich unbemerkt treffen, absprechen und ausrüsten?" Er runzelte die Stirn. "Ich weiß ja, dass die Subura ein heißes Pflaster ist, aber ich dachte, deine Männer hätten dort auch ihre Spitzel..." Dass man dieses Armenviertel nie wirklich kontrollieren konnte, war klar. Ähnliches galt für einige andere Gegenden Roms. Aber dass man zumindest einen groben Überblick hatte, was dort geschah, erwartete der Kaiser doch von seinem Geheimdienst.


    "Mir erscheint es sinnvoll, genau zu rekonstruieren, wie der Aufstand unbemerkt von uns organisiert werden konnte. Erst danach können wir fragen, wo unsere Fehler bei der Prävention lagen." schloss er schließlich seinen Kommentar ab.

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  • Verus nickte seinem Imperator verstehend zu. "In der Tat, mein Kaiser. So ist die Lage und wir können dies anhand von Aussagen, Sachbeweisen und diversen Ermittlungen belegen," erklärte der Trecenarius bestätigend und war sich selbst darüber im Klaren, dass dies wahrlich eine militärische Glanzleistung war und zumindest einen erheblichen Malus für Rom bewies. "Varia war nicht militärisch ungebildet. Ihr Stamm leistete seit Dekaden Widerstand, bis er endgültig vernichtet wurde. Sie selbst war Teil jenes Stammes aus Themiskyra. Nach unseren Ermittlungen war sie sogar eine Anführerin einer militärischen Einheit. Fachwissen fehlte ihr nicht. Man muss bedenken, dass diese Frauen auf den Kampf gegen Rom geschult waren. Hinterhalte, Meuchelmord und Heimtücke waren diesen Frauen vertraut. Ich kann dir gerne jene Berichte aus Themiskyra zukommen lassen," sagte der Prätorianer und blickte ernstlich mit seinen Brauen, während seine leeren Augen den Kaiser fixierten. "Zu unserem Wohlgefallen sind diese Stämme zerschlagen worden und ich selbst habe noch eine kleine Einheit entsandt, um diesen Sachverhalt zu belegen. Rom wird von keiner weiteren Varia belästigt werden, mein Imperator. Ich werde dafür Sorge tragen," versicherte Verus mit frostigen Worten. Er nahm diese Sache sehr ernst und würde im Zweifel selbst aufbrechen, um diese Amazonen bereits im erneuten Keime zu ersticken. Nicht noch einmal sollten diese Feinde Roms entkommen. Rom obsiegte immer. Und so auch die Prätorianer.


    "Die Sachlage um die Helvetier und Sergia Fausta wird mit deiner Erlaubnis ausermittelt. Wir werden mit entsprechender Vorsicht vorgehen," forderte Verus zumindest eine Duldung des Kaisers ein, damit er endlich nach Sergia Fausta fahnden konnte. Man hatte vor Kurzem ihren Aufenthaltsort ausgemacht, so dass diese Fahndung recht einfach zu erledigen war, sofern der Kaiser zustimmte. "Keine Sorge! Wir werden mit vernünftiger Ruhe und Sachlichkeit vorgehen," versichterte der Trecenarius halb-wahr. Denn in Wahrheit war die Arbeit der Prätorianer zwar immer von einer Sachlichkeit und kalter Ruhe getragen aber selten im Sinne des Volksmundes. Die Arbeit war grausam, geheimnisvoll und oft berechnend. "Wir halten es für möglich. Nicht nur, dass wir ihr diverse Unsittlichkeiten vorhalten, die jedoch nicht ins Gewicht fallen, sondern viel mehr ist ihre extravagante Persönlichkeit und ihre Gier nach Wohlstand ein Schlüssel zu dieser Vermutung. Ein Aufstand könnte diesem Personkreis durch Gewinnbeziehungen zu einem erstaunlichen Reichtum sowie Macht verhelfen. Indem sie verwüstete Grundstücke günstig erwerben, diese zusammenfügen und diese erneut vermieten oder veräußern, könnten sie Rom schaden, indem sie viele Bürger obdachlos machen oder durch Mondmieten um ihre Ersparnisse bringen," gab Verus die schlimmsten Befürchtungen der Prätorianer zu. "Wir konnte bereits erste Gewinnler zur Rechenschaft ziehen. Fernliegend ist diese Struktur nicht, auch ist es möglich, dass Sergia Fausta schlicht ein Machtspiel entglitten ist und dieser Aufstand nur ein Fehler war. Dennoch, dies sind nur Spekulationen. Sie muss dies selbst beantworten und ich denke, dass ihre Aussage uns Klarheit verschaffen kann," wurde Verus deutlicher und gab diese Prätorianer-Art kurzzeitg auf, alles in ungeanuen Worten zu umschreiben.


    "Zu den Morden: Es gibt naheliegende Vermutungen, dass die Mordmethodik sich ähnelte und diese hauptsächlich römische Bürger trafen, welche sich aus Varias Sicht bereicherten oder anderen schadeten. Varia gab dies selbst zu. Auch deuten entsprechenden Zeugenaussagen darauf hin," setzte er seine Ausführung fort, um den Kaiser umfänglich zu informieren. "Ich denke nicht, dass diese Morde konkrete Vorbereitung waren aber sicherlich ein Ausfluss ihres Hasses. Sie begann mit den Morden und als diese unentdeckt blieben, ging sie zu etwas Größerem über. Diese Frau hasste Rom und suchte jedweden Weg, um Rom zu schaden." Verus nickte ab und machte eine Handgeste, indem er diesen Gedanken symbolisch weiter schob.


    "Die Urbaner reagierten zäh und langsam. Ferner ist unser Spitzelnetzwerk vernachlässigt worden. Mein Vorgänger hat in diesen Bereich kaum investiert und sich mehr auf seine eigenen Fähigkeiten verlassen, " gab er nun eine Erklärung von sich, um die entscheidende Frage zu beantworten, warum dieser Aufstand unbemerkt aufkeimen konnte. "Sie kamen hauptsächlich aus den staatlichen Strafminen und Steinbrüchen in der Region um Tibur. Deren Wachen wurde Tage später getötet aufgefunden. Scheinbar eine schnelle Operation, um sich mit Material auszustatten. Äxte und Spitzhacken wurden entwendet. Nach Aussagen eines fahrenden Händlers, gab es wohl eine größere Bewegung von Sklaven und anderen Personen weg von Tibur. Die Stadt wurde jedoch nicht geplündert und auch der dortige Magistrat wusste nichts von dieser Bewegung. Es muss des Nachts geschehen sein. Die Entflohenen müssen in der Subura untergekommen sein." Er machte eine Pause, um zu überlegen, bevor er weiter sprach.


    "Einer unserer Spitzel wurde ebenso in der Subura ermordet. Scheinbar war auch unser Netzwerk kompromittiert. Dieser Aufstand ist von diversen Stellen geführt wurden. Aus diesem Grund gehen wir auch von einer höheren Hierachie aus. Einem größeren Nutzen. Viele Christen waren involviert und somit vermuten wir ebenso, dass deren geheimen Treffpunkte als Organisationsanker dienten. Neben einem bekannten Lupanar. Auch scheint ein staatliches Arsenal geplündert worden zu sein, deren Waffen zum Versand bevorstanden. Dieses Arsenal ist jedoch vollständig abgebrannt. Die Wachen sind verschwunden," endete Verus und blickte Kaiser wartend an. Er sollte entscheiden, wie es weiter ging.

  • "Ich glaube nicht, dass Themiskyra ein größeres Reservoir an potentiellen Aufstandsführern darstellt als andere Gebiete mit aufmüpfigen Provinzialen." erklärte der Kaiser, als Verus von einer entsandten Einheit stammte. Seinen Informationen zufolge bestanden ja keine direkten Verbindungen zwischen der Herkunftsregion dieser Varia und ihrem Aufstand in Rom.


    Er strich sich durch den Bart und hörte aufmerksam zu. "Diese Fährte zu Sergia Fausta leuchtet mir auch noch nicht recht ein. Aber ihr solltet der Sache nachgehen." Er sah seinen Spionagechef streng an. "Mit Diskretion, wie du schon sagst. Sie ist meine ehemalige Beamtin und hat sich um das Reich bereits verdient gemacht." Und die Indizien, die von ihr zu Varia führten, klangen doch eher schwach. Trotzdem musste man das überprüfen. Nur zur Sicherheit.


    Damit kamen sie zu den Morden: "Dass die Urbaner einer Mordserie schleppend nachgehen, ist tatsächlich bedauerlich. Aber mir leuchtet trotzdem nicht ein, inwiefern diese Morde zum Aufstand deuten." Wieder strich er sich nachdenklich durch den Bart. "In einer Stadt wie Rom gibt es sicherlich hunderte, die unseren Staat hassen, und tausende, die unsere Welt für ungerecht halten. Mich eingeschlossen." Vieles, was in dieser Stadt geschah, war ungerecht. Das wusste auch der Aquilier. Aber man musste pragmatisch sein: Man konnte nur dort ansetzen, wo sich auch etwas bewegen ließ! "Aber diese Leute müssen uns nur dann interessieren, wenn sie die Ordnung in unserer Stadt ernsthaft bedroht. Serienmörder gehören dazu. Vor allem aber organisatorische Genies wie diese Varia." Im Grunde hatte der Tiberier selbst erklärt, wo das Problem lag: "Du solltest also dein Spitzelnetz auf Vordermann bringen! Und die Stadteinheiten sollten zusammenarbeiten, dass verdächtige Hinweise über solche Verschwörungen sofort bei dir eintreffen. Dass ich von diesen Minen heute zum ersten Mal höre, ist ein sehr ungünstiges Beispiel für den fehlenden Kommunikationsfluss!" Wenn bewaffnete Sklaven von Tibur hierher marschierten, ohne dass die Behörden etwas mitbekamen, war das sehr, sehr bedenklich! Und auch, wenn man den Kaiser erst Wochen nach dem Sklavenaufstand darüber informierte!

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  • Was war dieses Gefühl? Etwas kroch in seinem Verstand. Es drängte sich in den Vordergrund, wollte seine große Zeit haben und die Identität, welche sich Verus zu Recht gelegt hatte, zerbersten. Etwas biss mit scharfen Zähnen in seinen Verstand, so dass Vernunft nicht mehr gegen das eigene Herz ankämpfen konnte. Doch der Trecenarius war krank. Längst angesteckt mit giftigen Gedanken des Hasses und Zorns. Diese Krankheit verbot solchen falschen Glauben. Diese Pestilenz wuchs über den Biss hinweg, breitete sich aus und war ein Geschwür der Angst. Infiziert mit dem Wahnsinn der Paranoia, lächelte nicht einmal mehr die Grausamkeit für diesen Mann, der in seinem eigenen Horror einer unnachgiebigen Zeit gefangen war. In festem Unglauben hatte sich dieser Soldat einer diabolischen Aufgabe verschrieben. Der kalten Pflicht. Verachtung breitete sich aus. "Wir werden sicher gehen, dass keine Provinz Aufmüpfigkeit nach Rom exportieren kann," sprach der in seiner Aufgabe grausame Mann mit frostiger Stimme. Seine Absicht war klar. Dieser Trecenarius würde eher das Feuer als Lösung wählnen, denn das Wasser. "Es ist gut, mit Themiskyra zu beginnen, Imperator." Unlängst war die Einheit bereits entsandt und mit einem klaren Befehl ausgestattet. Selbst wenn Verus wollte, konnte er sie nicht zurückrufen. Es war üblich, dass entsandte Speculatores nicht auf geschriebene Befehle reagierten und annehmen mussten, dass der Bote ein Gesandter des Feindes war; in gestohlener Rüstung. Diese Einheiten verließen sich auf die gegebenen mündlichen Befehl ihres Trecenarius. Zudem waren sie nach Verlassen Roms nahezu unauffindbar, da sie ihre Spuren verwischten. Meuchelmord und Kriegsverbrechen tat man lieber in gewisser Dunkelheit. "Rom wird obsiegen," gab Verus eine konditionierte Aussage von sich, wobei sich seine Augen dezent verändert zeigten und an Menschlichkeit verloren. Sie wirkten leer und starrten den Kaiser angsteinflößend an. Dieser Mann war für diese Sekunde eine Maschine, die durch Krieg und Legion, etwas Wichtigem beraubt war.


    "Wir werden mit achtsamer Vorsicht agieren. Causa Sergia wird entsprechend bearbeitet," kommentierte der Tiberius nickend und fand wieder etwas Lebensgeister in seinen Augen. Immerhin konnte er nun frei agieren und stets auf eine Weisung des Kaisers verweisen. Der Kaiser hatte gerade seine Höllenhunde von der Leine gelassen. Ohne dies wirklich zu erahnen, was Verus und seine Speculatores wirklich waren. Es war üblich, nicht zu fragen, was sie taten, solange sie es taten. Selbst Caligula und Nero wünschten sich etwas aber fragten nicht nach dem Wunscherfüller. Eine Geste reichte unter Caligula aus, um stranguliert im Tiber zu enden. Verus war ein geplantes Monstrum. Eine Bestie, gehalten durch seine Menschengestalt und Pflicht, geschunden durch sein eigenes Herz, welches niemals wirklich schwieg. Die Welt der Speculatores war Irrsinn mit Überlegung.


    "Die Welt wäre ohne Rom deutlich chaotischer und gefährlicher, Imperator," schloss Verus auf die Aussage des Kaisers an. "Gerechtigkeit in seinem Absolut ist niemals zu erreichen. Es ist ein Wunschbild. Wir müssen lernen die Ungerechtigkeit zu verwalten und ich als Trecenarius bin wohl in erster Linie für dich, um diese Ungerechtigkeit zu bearbeiten. Viele Bürger verachten uns Prätorianer und ich kann dies verstehen, dennoch ist diese Welt ohne Rom verloren. Wir müssen Rom erhalten," erklärte Verus in vereinfachten Teilen sein Weltbild, welches doch durch gewissen Zynismus geprägt war. "Du bist Rom," ergänzte der Soldat schließlich noch, um einen Querschluss zur originären Aufgabe der Prätorianer zu finden, die zusehens durch ihre grausame Arbeit verdeckt wurde. "Ich werde das Netz sanieren und ausbauen, mein Imperator," nahm er die Anweisung verstehend an und nickte militärisch knapp seinem Oberbefehlshaber zu. "Ich werde mich persönlich mit dem Praefectus Urbi treffen und eine Kommunkationsrichtlinie erarbeiten, damit so etwas nie wieder passieren kann," versicherte der Trecenarius mit soldatischer Stimmlage; nicht laut aber klar.

  • Severus war kein Dummkopf und kein Philosoph. Also musste man ihm natürlich nicht erklären, dass die Welt notwendigerweise ungerecht war und Roms Beitrag nur ein schwacher Beitrag war. Aber immerhin.


    "Eine Absprache wäre auf jeden Fall sinnvoll. Vielleicht warten wir aber auch die Ergebnisse dieser Kommission ab." entschied er dann und dachte einen Augenblick nach. "Wie beurteilst du diese Veranstaltung übrigens? Dürfen wir neue Ergebnisse über die Hintergründe des Aufstands erwarten?"

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  • Verus hatte niemals die Absicht seinen Kaiser zu belehren aber in seiner militärischen Art lag nun mal auch ein gewisser Berichtsdrang, der ohne Erklärungen nicht auskommen wollte. Der Trecenarius spürte, dass der Kaiser ungehalten sein konnte, da seine Sätze sie erheblich reduzierten und er das Gespräch scheinbar zum Ende führen wollte. Seine letzte Frage deutete darauf hin. Ein Urteil schloss meistens ein Verfahren ab. Doch zuerst musste eine andere Aussage durch den Maschinenkopf des Prätorianers bearbeitet werden. "Wir sollten die Kommission abwarten, um dem Konsul und Senat keine Angriffsfläche zu bieten. Wenn deren Ergebnis steht, können wir uns entsprechend anschließen und diese Reformen in Angriff nehmen," erklärte Verus nickend und stimmte somit zu. "Die Prätorianer können sich dann als Garanten der römischen Ordnung präsentieren," fantasierte Verus ein wenig und ließ dies sogar offen zu. Der Kaiser sollte wissen, dass sich dieser Mann um seine Aufgabe opferungsvoll kümmerte. Im wahrsten Sinne des Wortes. Opfer hatte seine Arbeit bereits verlangt. "Die Kommission ist eine schwierige Veranstaltung, die nicht immer hinlänglich deinen Interessen folgt," meinte der Trecenarius und natürlich sah ein Prätorianer in den Interessen des Kaisers auch die Interessen der Prätorianer. Nur sagte man dies nicht so. Der Kaiser würde dies zu deuten wissen. Prätorianer sprachen ungerne von einem eigenen Willen. Es machte die Arbeit leichter. "Zu viele Interessen prallen aufeinander aber ich denke, dass wir als Organisation hinreichend ausermittelt haben und sich die Kommission weitreichend unserer Meinung anschließen wird. In diesem Sinne ist es positiv, dass somit der Senat und Konsul durch uns überzeugt sein werden," war sich der Trecenarius sicher, der allerhand Hebel in Bewegung gesetzt hatte, um dieses Ziel zu erreichen. Die Prätorianer mussten um ihrer Selbst willen siegen. Ihre Macht hing davon ab.


    Doch, bevor der Kaiser ihn entlassen würde, da nun wohl alles zur aktuellen Lage gesagt war, wollte Verus eine dringende Frage einbringen. "Eine erforderliche Bitte, mein Kaiser, "leitete der erfahrene Offizier vorsichtig ein. "Für die Arbeit der Prätorianer sind Anforderungen von gutem Personal unerlässlich. Die Aufstände haben uns gute Männer gekostet," führte er seine Anforderung höflich ein. "In Absprache mit meinen Präfekten, möchte ich gerne einen neuen Princeps Praetorii anfordern, der mich und die Prätorianer im Allgemeinen unterstützen kann. Der altgediente Princeps Praetorii möchte sich zur Ruhe setzen. Du weißt ja, dass dieser Posten unerlässlich für einen funktionierenden Apparat ist und deshalb stehe ich hier, um zu fragen, ob die Anforderung des Iulius Licinus, Praefectus Castrorum der Legio Secunda, deine Zustimmg erhält. Anbei würde ich deiner Verwaltung eine Liste mit geeigneten Kandidaten für die Mannschaften zukommen lassen," sagte der Trecenarius mit betont ruhiger Stimme, um den Kontrast zum ursprünglichen Thema zu wahren. Ob dieser Iulius wirklich wollte, war Verus einerlei. Er schätzte diesen alten Kriegslegionär, der sich stets als zuverässlig erwiesen hatte. Auch war er Verus stets ein guter Kommandant gewesen. Verus glaubte, dass dieser Iulius seine Reihen besser verstärken konnte, als irgendein anderer. Das war die alte Kameradschaft, die Verus nach Rom retten wollte. Ferner würden auf der Liste vorwiegend Namen aus seiner alten Centurie stehen. Verus holte loyale Personen in seine Einheit, um seine Arbeit erheblich zu erleichtern aber auch zu verbessern. Dieser Iulius war ein Organisationsgenie und würde den defekten Lagerbestand der Prätorianer sicherlich sanieren. Er hatte es einfach zu wollen. Verus und sein Stab hatten dies so entschieden; neben den beiden Präfekten, die sich derzeit blind auf den Tiberius verließen, da dieser derzeit als einziger wirklich einen Überblick zu haben schien. Was auch daran liegen mochte, dass er seinen Geheimdienst erheblich einsetzte und alle anderen Wissenden schlicht beseitigte, umdrehte oder in Scheinpfade treten ließ.

  • Der Trecenarius lernte schnell. Dass er die Kommission abwarten wollte, obwohl sie keine neuen Ergebnisse versprach, zeigte, dass er die Bedeutung des Senats verstanden hatte. Der Kaiser selbst war kritisch gewesen, als er von der Besetzung der Kommission gehört hatte. Aber sie steigerte zumindest die Legitimität der Ermittlungsergebnisse.


    "Dann warten wir erst einmal ab. Du kannst ja bereits mit den Präfekten einen Entwurf vorbereiten, wie die Stadteinheiten zukünftig besser zusammenarbeiten." Vorbereitung war immer gut! Vor allem, wenn man das Heft in der Hand behalten wollte.


    Die zweite Bitte klang auch nachvollziehbar. "Iulius Licinus, soso. Ich werde das durch den Ab Epistulis prüfen lassen und Bescheid geben, wenn wir einen anderen Kandidaten suchen müssen." Ein Praefectus Castrorum musste natürlich auch noch ersetzt werden. Denn auch wenn die Prätorianer oberste Priorität genossen, war auch auf die Einsatzbereitschaft der Grenzlegionen zu achten. "Die Liste schickst du am besten einfach an ihn."

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  • Warten - ein dehnbarer Begriff für den Trecenarius. Einerseits würde er natürlich mit einem Abschluss des Vorgangs warten aber andererseits, den Vorgang mit hinreichenden Tätigkeiten subtanziell unterstützen, damit das gewünschte Ergebnis deutlich möglicher wurde. Die Prätorianer arbeiteten gerade an einer echten Rückkehr ins Dunkel oder ins Licht, je nach Betrachtungswinkel, um Rom vor realen und imaginierten Feinden zu schützen. Verus hatte längst den Bezug zur normalen Gesellschaft verloren. Seine Welt und die Welt der Prätorianer waren anders. Die Soldaten dieser Einheit hatten mit der Gesellschaft in vielerlei Hinsicht gebrochen. Die Grenzen und Trennlinien wurden deutlich, wenn man versuchte wirklich zu verstehen, was einen Prätorianer antrieb. Sie waren Außenseiter und Ausgestoßene; sehnsuchtsvoll, wie gleichsam kalt. Ihre Geheimnisse waren ihr Schatz, wo andere Liebe hatten. Doch diese Geheimnisse wurden mit Blut erkauft. Sie gaben etwas vor, sie wollten etwas sein, was sie nicht mehr sein konnten. Ihre menschlichen Verfehlungen konnten nicht bereinigt werden und ganz Rom lebte auf ihren Sünden. "Manchmal ist Warten eine geeignete Strategie," meinte Verus und nickte seinem Imperator zu. Am Ende des Tages war immer der Kaiser verantwortlich und somit akzeptierte dieser Trecenarius die Rolle dieses bärtigen Mannes umfänglich. Jeder hatte seinen Platz in einem System der Macht und Hierachie. Die Macht verkleidete sich, wollte sich annehmbar machen aber am Ende war sie so leer, wie jede Hoffnung, etwas am Menschen selbst ändern zu können. Gleichsam verkleideten sich Verus und der Kaiser in ihren Rollen. Der Imperator und der Trecenarius waren Getriebene, Vertriebene und ständig Laufende, die nicht mehr anhalten konnten, da ihre Tätigkeit sie ansonsten auffressen würde.


    Der Kaiser akzeptierte die Bitte der Prätorianer ausreichend, so dass weitere Worte in diesem Bezug nicht mehr notwendig waren. Verus bedankte sich mit folgenden Worten: "Ich danke dir, mein Kaiser. In dieser Sache kannst du auf unser Urteil vertrauen, dennoch wertschätzen wir den Abgleich und Ausgleich." Eine höfliche Geste, der vermeintlichen Unterwerfung. "Eines noch," fügte Verus an. "Habe ich freie Hand, Rom vor weiteren Aufständen zu schützen?" Eine wichtige Frage und vorgeschobene Absolution für die geplante Grausamkeit, die in den geheimen Stuben der Prätorianer entstanden war. Ihre Sehnsucht nach Kontrolle und Sicherheit sollte mit einem hohen Preis verbunden sein.

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