Fornacalia | Stultitia non excusat

  • Als die Sonne sich am Morgen über dem Forum Romanum erhob, begann ein Feiertag, welcher für die Flavii im Grunde von subalterner Bedeutung war: die stultorum feriae. Traditionsgemäß bildeten sie das Finale der Fornacalia, jener uralten Festivität aus den Tagen Numas, doch war ihre Bedeutung seit jenen Tagen beständig gewachsen. Der altehrwürdigen Tradition gemäß spielten für die Reihe dieser Feiertage nämlich die stadtrömischen Curiae, eine ebenso alte Institution zur Unterteilung der Bürgerschaft, eine bedeutsame Rolle: Jeder Römer hatte an dem durch den Curio Maximus deklarierten Termin sich im Kultlokal seiner Curia einzufinden, um dort eine Probe von in seinem Hause gemahlenem Speltkorn der Fornax darzubringen. Doch obschon auch bei der Übertragung des Imperium der Magistrate den Curiae noch eine gewisse Bedeutsamkeit zukam (ein Liktor repräsentierte hier jede von ihnen in den Comitia curiata), so hatten sie deplorablerweise für das praktische Leben der Bürger ihre Bedeutung weitgehend eingebüßt, sodass selbst viele noble Geschlechter nicht einmal mehr zu sagen vermochten, welcher Curia ihre Familie angehörte.


    Aus diesem Grunde existierte ein Termin für all jene, die nicht mehr zu bestimmen vermochten, an welchem der angesagten Termine sie zu erscheinen hatten, der parallel zu den Quirinalia lag, und da inzwischen die unbestreitbare Majorität der Bürgerschaft zu jener miserablen Gruppe gehörte, stellten die stultorum feriae inzwischen die zentrale Festivität zu Ehren der Fornax dar, selbst wenn dem quiritischen Konservativismus gemäß weiterhin auch die spärlich besuchten Fornacaliae in den Curiae stattfinden. So hatte auch der Quaestor Consulum bereits wenige Tage zuvor an den Fornacalia der Curia seiner Familie partizipiert und der Spendung des Vesen durch seinen Vater beigewohnt, obschon er nicht recht zu bestimmen vermochte, ob die traditionelle Zuordnung seiner Gens wahrhaftig jener Zeit der Könige entsprang, zu welcher die Flavii zumindest namentlich sich nicht zurückzuverfolgen wussten, oder es vielmehr eine Erfindung von Tradition darstellte, die nach der Erhebung seiner Ahnen in den Patrizierstand war bewerkstelligt worden. Heute indessen würde ihm die Rolle des Curio zufallen, der die Weizengaben jener anzunehmen hatte, die zum heutigen Tage auf dem Forum waren erschienen, um sie in einem an der Curia Iulia errichteten Ofen gemäß den Mores maiorum zu rösten und sodann symbolisch zu mahlen und darzubringen.


    Obschon dieses Ritual traditionsgemäß während der Parentalia stattzufinden pflegte, während derer die Magistrate ihre Insignien ablegten, um gänzlich sich der Ehrung der Maiores hinzugeben, hatte der junge Flavius heute wieder seine Toga angelegt, da doch die besonderen Erfordernisse eines Opferpräsidiums von den allgemeinen Gebräuchen der Nivellierung dieser Tage dispensierten. Wie zu all seinen Amtshandlungen stand somit Manius Minor, umringt von zahlreichen Opferhelfern und Assistenten, zuvorderst der Curia Iulia und erwartete die Gaben der Quiriten.

    Sim-Off:

    Ich bitte die Verspätung zu exkulpieren, doch war ich gestern gänzlich unpässlich.

  • Gelao kannte den Begriff dieses Feiertages für die Unwissenden (er weigerte sich, das Schimpfwort zu benutzen) und sah es nicht als Makel an, zu diesem allgemeinen Termin seine Getreidespende darzubieten. Er kam heute als Vertreter seiner Familie zum Forum und würde im Anschluss daran sich umkleiden, um mit seinen Priesterkollegen singend und tanzend durch Roms Straßen zu ziehen.


    Das Getreide trug er nicht selbst, aber es entstammte der eigenen Ernte seines Hauses. Er ging zielstrebig auf die Gruppe der Opferhelfer zu, in deren Mitte er den Quaestor Consulum erblickte. Er kannte ihn bisher nicht persönlich, sondern nur vom Sehen, obwohl der Flavier häufig seinem Amt gemäß in der Villa Claudia ein und ausging. Da jedoch Galeo für den eigenen Wahlkampf häufiger außer Haus weilte und er auch auf der Hochzeit seiner Nichte den Hintergrund suchte, ergab sich bisher kein Gespräch.

    "Zu Ehren des Fornax überreiche ich stellvertretend für meine Familie die Gaben der Gens Claudia."

  • Selbstredend hatte der junge Flavius bereits im Haus die Bekanntschaft des "jungen" Claudius gemacht, obschon über eine kurze Präsentation seitens des Consul und wenige Höflichkeiten sie niemals in eine Unterredung waren geraten, zumal Gallus erst seit kurzer Zeit wieder in der Villa Claudia weilte. Dennoch hatte jene Zeit augenscheinlich nicht genügt, ihm jenen Schemen, als welcher sich dieser wie sämtliche Personen dem Flavius aus der Nähe präsentierte, sich in adäquater Weise einzuprägen, denn ein wenig überrascht zuckte er zusammen, als aus der Reihe der Opferspender plötzlich jene vertraute Stimme erscholl.


    Mitnichten hatte er erwartet, dass auch die Claudii zu jenen zählten, die sich keiner der Curiae mehr zuzuordnen vermochten, da diese Familie doch selbst unter den Patriziern maioren Rang einnahm, doch erschien andererseits auch dies nicht gänzlich absonderlich, wenn der Quaestor an die teils ebenfalls illustren Geber des Vesen dachte, die heutig er begrüßt hatte. Indessen war dies ohnehin nicht der Ort, um jenen Umstand intensiver zu disputieren oder gar einen privaten Plausch anderer Natur zu initiieren, sollte der Ablauf des Rituals wie auch die Schlange der weiteren Spender gewürdigt werden, weshalb der Jüngling lediglich knapp nickte und aus der dargebotenen Schale eine Handvoll Spelz ergriff, sich umwandte und ihn in den dafür parat stehenden Trog goss.
    "Möge eure Gabe der Fornax gefallen."
    , erwiderte er sodann und nickte dem Claudius nochmalig zu, um seinem Erkennen nochmalig Ausdruck zu verleihen, ehe der nächste Kandidat an der Reihe war.

  • Auf dem Forum hatte man eine Art mobile Culina errichtet, wie sie dem jungen Flavius von den Feldküchen bei der Legion waren vertraut, obschon die Dimensionen durchaus differierten, da auf dem Marsche lediglich eine limitierte Personenzahl umfangreichere Rationen genoss, die ein separater Koch mit expandierter Ausrüstung bereitete, während der hiesige Ofen das Korn sämtlicher stulti aufzunehmen hatte und somit einer gewissen Weitläufigkeit bedurfte. Somit war das Equippement einerseits limitierter, da hier lediglich nach uraltem Rezept ein Speltbrot wurde bereit, das der Fornax als Gabe diente, andererseits übertraf seine Größe die mobilen Feldöfen, die mit Rädern waren versehen, beiweitem.


    Bereits vor Beginn der Zeremonie hatten fleißige Staatssklaven unter einem Gebet des Quaestor den Ofen entzündet und damit aufgeheizt, um nun endlich das Holz beiseite zu schieben und auf der geglätteten Fläche das Korn auszubreiten. Zuvor bedurfte dieses jedoch der Weihe, wie sie auch bei Opfertieren dem Usus entsprach:
    "O Fornax, backende Glut und wärmende Hitze!
    Du röstest den Spelt und verleihst ihm Kraft.
    Du wandelst den weichen Teig zu kräftigem Brot, unserer notwendigen Nahrung.
    Du bewahrst Korn und Brot vor dem Verbrennen.
    Du erhältst unsere Öfen, aufdass die Hitze sie nicht breche.


    Seit den Tagen des Numa geben die Curiae dir ihre gerechten Gaben zum Dank. Wir weihen dir diesen Spelt, den wir in deinem Heiligtum rösten und backen zu einem Brot, das dir als gerechte Gabe gefalle."
    , intonierte der junge Flavius also das Gebet und griff sodann in den Scheffel, um mit beiden Händen das Korn in die geöffnete Ofenhöhle zu streuen. Zischend landete manches von ihm auch hinten, wo die Sklaven die Glut hatten zusammengeschoben, doch die Majorität bildete einen dünnen Teppich von Korn auf dem heißen Stein.
    "O Fornax, dein sei das Rösten dieses Korns."
    , sprach der Quaestor nun, um sodann bereits wieder beiseite zu treten, sodass die Sklaven das kurz angeröstete Getreide mit geeigneten Schiebern wieder in das vor dem Ofen stehende Behältnis transferieren konnten. Trotz seiner Fehlsicht vermochte Manius Minor zu erkennen, dass die hinteren Körner weitaus dunkler waren geraten, bis zuletzt lediglich schwarz verkohlte Exemplare in den Scheffel fielen und damit jene Bedeutsamkeit jener Obliegenheit der Fornax, das Backgut vor dem Verbrennen zu bewahren, sinnlich erkennbar machten.


    Kaum war der Ofen entleert, heizten die Sklaven den Ofen aufs Neue an, während an anderer Stelle eine große Mühle zum Einsatz kam, die innerhalb der Legion weniger gebräuchlich war, da jedes Contubernium sein Korn separat zu mahlen pflegte. Als nächster Schritt erfolgte dann das Anrühren eines simplen Teiges aus Wasser, Mehl und ein wenig Salz, während ein Chor eine Hymne zu Ehren der Fornax intonierte.


    Final schließlich reichte man dem Quaestor die flachen Teiglinge, von denen er einen vor dem Ofen in die Höhe hielt, um das eigentliche Opfergebet zu sprechen:
    "O Fornax, backende Glut und wärmende Hitze!
    Nimm an unsere gerechte Gabe, dieses Brot, bereitet aus den durch deine Hitze gerösteten Spelt!


    Röste den Spelt und verleihe ihm Kraft auch im kommenden Jahr!
    Wandle den weichen Teig zu kräftigem Brot, unserer notwendigen Nahrung, auch im kommenden Jahr!
    Bewahre Korn und Brot vor dem Verbrennen auch im kommenden Jahr!
    Erhalte unsere Öfen, aufdass die Hitze sie nicht breche, auch im kommenden Jahr!


    Dann werden wir dir gerechte Gaben geben, wie wir sie geben seit den Tagen des Numa."
    Ein wenig furchtsam ob der Hitze warf der junge Gracche sodann das Erstlingsbrot in den Ofen und trat zurück. In den Teigbottich zwischen sich griffen nun die Sklaven hinein, formten mit jener Routine, die lediglich professionellen Bäckern zueigen war, kleine Fladen und warfen sie in die Glut, bis der Trog geleert war.


    Noch ehe sie geendet hatten verbreitete sich der wohlige Duft frischen Brotes auf dem Forum, der Manius Minors Magen in freudiges Knurren versetzte, obschon ihm bewusst war, dass vor der abendlichen Cena noch der Tanz der Salier war zu bewerkstelligen.

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