Die Pflicht lenkte am heutigen Tag die Schritte des Consuls in das Senatsgebäude. Gleichfalls sorgte das von ihm selbst auferlegte Leistungssoll dafür, sich nochmals vor das Gremium zu stellen, um den einmal in Angriff genommenen Vorstoß zur gesetzlichen Regelung von Wagenrennen irgendwie zu einem Ende zu bringen. Er wirkte ein wenig gelangweilt, aber nicht Langeweile, sondern Ernüchterung füllte ihn aus. Beim Sortieren der Unterlagen blickte er nicht auf. Als er die Stimme erhob, klang das Gesagte wie beiläufig, so als würde es sich um abgenutzte, stets wiederkehrende Formulierungen vor Gericht handeln, die der Vortragende nur herunterratterte, aber nicht mehr bewusst vortrug.
"Werte Senatoren, wir haben uns heute zusammengefunden, um im zweiten Anlauf ein Regelwerk für Wagenrennen aufzustellen. Das Ganze wird in zwei Schritten ablaufen."
Plötzlich wurde ihm bewusst, dass der Saal eine Vielzahl an Senatoren barg, die entmutigt wie er, lustlos wie er und resigniert wie er, trotzdem regelmäßig hierher kamen, um der Pflichterfüllung gerecht zu werden - auch wenn sie ihre Stimme seit Monaten oder Jahren nicht mehr erhoben. Sie verdienten es nicht, dass er sie in wenig wertschätzender Weise behandelte. Er atmete einmal durch und richtete seinen Blick auf all jene Verstummten, als er fortfuhr.
"Je nachdem, wie wir heute vorankommen, wird der Paragraf vier noch heute oder erst morgen besprochen. Er beinhaltet die Verträge bei Wagenrennen, die Leistungspflichten und die Entschädigung.
Wir beginnen mit den Paragrafen eins bis drei. Wie ihr seht, lasse ich bereits den Entwurf verteilen. Außerdem wird er vorgetragen."
Für den Vortrag hatte sich der Consul einen Helfer zur Seite gestellt. Dadurch blieb ihm Zeit, die Reaktionen der Senatoren detailliert wahrzunehmen.
Gesetz zu Wagenrennen und deren Durchführung
§ 1 Wagenrennen
(1) Wagenrennen werden mit speziell umgebauten Streitwagen durchgeführt, die mit zwei (Biga) oder vier ( Quadriga) Pferden bespannt und von einem Wagenlenker geführt werden. Die Wagen sind besonders für diese Art der Bewegung gebaut und ausgestattet.
(2) Sie werden in einer speziell vorbereiteten Örtlichkeit durchgeführt, die gesondert gesichert und kreis- oder ellipsenförmig ist.
(3) Ein Wagenrennen (Missus) besteht grundsätzlich aus sieben Runden (Curricula, je ca. 1200m) um die Wendepfeiler (Metae). Ein Wagenrennen hat einen Sieger, der grundsätzlich eine entsprechende Ehrung durch den Veranstalter erhält.
§ 2 Öffentliche Wagenrennen
(1) Als öffentliche Wagenrennen gelten jene Veranstaltungen, die auf Veranlassung eines Magistraten, dem Imperator Caesar Augustus, des Senates oder einer anderen öffentlichen Stelle durchgeführt werden.
(2) Öffentliche Wagenrennen können an einen durchführenden Veranstalter vergeben werden. Dieser ist durch einen Veranlassenden zu autorisieren und öffentlich zu benennen.
(3) Die Kosten trägt der Veranstaltende.
(4) Öffentliche Wagenrennen sind in öffentlichen Arenen durchzuführen.
(5) Der Veranstalter haftet für Schäden.
§3 Nichtöffentliche und private Wagenrennen
(1) Als private Wagenrennen gelten alle nicht öffentlichen Wagenrennen.
(2) Diese Wagenrennen sind durch den Praefectus Urbi oder einen seiner Vertreter genehmigungspflichtig. Sie dürfen nicht in öffentlichen Arenen durchgeführt werden.
Außerhalb Roms sind sie nicht genehmigungspflichtig.
(3) Diese Wagenrennen müssen in sicheren, wohl errichteten Anlagen betrieben werden, die dem Standard eines Rennens entgegenkommen.
(4) Der Veranstalter haftet für Schäden.