Basis der Kreuzweg-Bruderschaft

  • In den Sklavenunterkünften der Bruderschaft



    Je mehr die Stunden verflossen und zu Tagen wurden, desto besser war dies für meinen körperlichen Zustand. Es gab Essen und auch ausreichend Ruhe, was ich als eine Wohltat empfand. Das Haus der Bruderschaft hatte ich natürlich in dieser Zeit ebenso wenig verlassen, wie Helena, mit welcher ich ja nun eine Unterkunft teilte. Natürlich nicht ganz, sondern getrennt durch eine Tür, welche Helena auch gerne von ihrer Seite streng verschlossen hielt. Geredet hatte sie mit mir nicht mehr, was ich nun auch nicht als tragisch empfand. Genauso wenig tragisch, wie den Umstand, Kaeso niemals mehr wiedersehen zu müssen oder das Lupanar „Zur Freude“, auch wenn mich mein finanzieller Verlust dort noch immer beschäftigte und ich auch schon in den eben sehr ruhigen Stunden meiner Genesung den ein oder anderen Plan zur Wieder-Erlangung der schönen Münzen gesponnen hatte. Einer jedoch war so unvollkommen wie der andere gewesen, doch noch war das Thema für mich eben nicht vergessen. So auch an jenem späten Abend, als sich die Tür zu Helenas kleinem Raum nun doch knarrend öffnete.


    Ich lag nichts dergleichen ahnend auf dem Bett, etwas seitlich wegen meiner lädierten Rippen und pflegte meine Augen, indem ich sie geschlossen gehalten hatte. Mittlerweile konnte ich sogar beide wieder öffnen und mein Gesichtsfeld zur Linken war wieder auf seine normale Größe zurück gekehrt, auch wenn der Bluterguss natürlich noch deutlich sichtbar war. Als ich nun die Türe höre, öffnete ich jedoch meine Augen sofort.


    [Blockierte Grafik: https://abload.de/img/helenaaca12kkf5.png]| Helena


    “Awidan?“, tönte es leise zu mir herüber.
    Spontan trat ein Lächeln auf meine Lippen, denn dies musste wohl ein Traum sein, den ich im Wachzustand die letzten Wochen des Öfteren gehabt hatte. Helena bei mir zu später Stunde. Und nun sollte er in Erfüllung gehen? Ding der Unmöglichkeit! Also runzelte sich nun meine Stirn und ich drehte mich unter den aufflammenden Schmerzen zischend ein wenig herum und starrte ihr entgegen. Das reichte wohl, um sie zu ermuntern, den Raum zu betreten.
    “Können wir mal reden?“
    Ich schnaubte trocken. Reden!?


    “Worüber?“, wollte ich wissen, als sie auch schon näher kam und sich – oh süßer ehemaliger Traum! - auf meine Bettkante setzte und mich anschaute. Das betrachtete ich nun mit Skepsis, während ich versuchte die leise Freude, die in mir nun doch aufkeimte auf einem niedrigen Pegel zu halten. Weiber und so! Da dauerte die Enttäuschung niemals lang.
    “Über… njaa….,“ begann Helena dann ein wenig ominös und strich sich eine ihrer dunklen Strähnen hinter das Ohr.
    Ich rappelte mich ein wenig weiter in die Höhe und kam auf meinem Bett ein bisschen umständlich zum Sitzen.
    “Über unser Leben…!?“
    “Oh!“, entkam es mir. “… was meinst du damit?“ Der Umstand überhaupt noch eines zu haben, war für mich natürlich ein recht glücklicher. Aber was wollte sie!?


    “Das von Glaucon und mir!“, führte sie weiter ihre zaghafte Rede fort, was mich auch augenblicklich zum Schnauben brachte. Sie brachte auch einen finsteren Blick, doch Helena schien das wenig auszumachen. Offenbar hatte auch sie die letzten Tage genutzt, um sich auch ein paar Gedanken zu machen. “Ich meine… ich werde ihn wohl niemals mehr wieder sehen, es sei denn… ich könnte irgendwie in die Therme...“ Sie seufzte nun und schluckte schwer.
    “Ach!?“, schnappte ich, leidlich aufmerksam. “Dann los!“, ließ ich folgen. “ICH werde dich nicht aufhalten!“ Selbst wenn es natürlich unschön war, sie zu dem Griechen ziehen zu lassen, wie die Freude über ihre Anwesenheit ja mir zuflüsterte. Sie war eben so wunderschön. Dennoch. Sollten doch die Männer des neuen Dominus sie dann in ihrem Vorhaben stoppen. Ich hatte damit ja eh nichts zu tun!


    “Nein, das ist mir schon klar!“, sagte sie noch immer mit ruhiger, ja beinahe schon leutseliger Stimme, was mich nun mehr und mehr beunruhigte. “Aber ich kann da ja nicht hin….“ Mit großem, treuherzig wirkendem Augenaufschlag schaute mich sie an. Und… war das da gerade ihre Hand an meinem Bein? Meine Augen weiteten sich. “… und ich meine, weil du ja so mutig bist und so...“


    “MUTIG?“, hakte ich ungläubig und vernehmlich nach.
    “Du traust dich halt was! Meine Güte!“, klang es nun schon unterschwellig kratzbürstiger, was eigentlich auch viel besser in das Bild passte, welches ich von Frauen hatte. Beruhigend war das nun aber nicht gerade.
    “Ja… neee…,“ entkam es nun mir recht alarmiert.
    “Doch, doch… und vielleicht findest du ja die Möglichkeit… nun… irgendwann… dass muss ja nicht sooooo bald sein…dass du vielleicht in die Therme....“


    Mich schaudete, als ihre Hand nun doch in der Tat von meinem Oberschenkel hinfort nach oben, in Richtung noch intimerer Gefilde glitt, was das Etwas in mir natürlich irgendwie zaghaft auch sehr erfreute, da ich genau das ja auch immer ersehnt hatte. Das Etwas hätte sicherlich nun nichts dagegen unternommen. Der Stolz hingegen sehr wohl! Der schlug nämlich nun Helenas Hand beiseite und trug ein wütendes Funkeln in meine Blicke. Verdammter Stolz!


    “Was machst du da?“, stellte ich die dümmste Frage, die jemand stellen konnte, sofern dieser Jemand nicht völlig unschuldig und naiv war.
    “…. Dich bitten mir zu helfen!“, sagte Helena nun wieder recht weinerlich. “Und ich weiß doch, dass du gerne...“
    “Vergiss es!“, schnappte ich nun rüde und brachte mich schnaubend vor Rippenpein vom Bett herunter und einen Schritt in den Raum hinein. “So billig kriegst du mich zu nichts!“, maulte ich weiter.
    “Nur für fünf Asse, was?“, beschwor Helena wieder die Kröte in ihrer Tonlage herauf.


    “DEIN GLAUCON KANN MICH MAL!“, erklärte ich nun resolut.
    “DANN DU MICH EBEN AUCH!“, frazte Helena zurück, stand ebenfalls auf und stapfte zur Tür zurück. “Und ich dachte, du wärst ein Mann!“, fiel es ihr dann noch ein sagen zu müssen.
    “Und ich dachte, du wärst eine Frau!“, meinte ich das nicht im Raum stehen lassen zu können. Obwohl… warum ich das so sagte, war mir nicht klar und ich runzelte wieder mein Stirn ein klein wenig.
    “Doch! Und das mehr als du!“, kam es schon wieder weinerlich mit dieser unnachahmlichen weiblichen Note des Ärgers in der Stimme. Wie machte sie das nur?
    "Häh?"


    Wie auch immer. Frauen waren schwer zu verstehen. Im Allgemeinen. Im Besonderen. Und im Speziellen natürlich auch noch. Das konnte schon Blüten treiben. Auch in der Ansteckung!


    Die Tür donnerte ins Schloss. Dahinter war dann aber doch noch etwas zu vernehmen. “Kaeso hatte recht! Du bist ein richtig feiger Hund, Awidan!“ Es tönte dumpf, wegen der Tür, aber es war noch deutlich genug. Ich schnaubte wieder auf und hielt wieder auf das Bett zu. Obwohl. Ich schwenkte um und ging zur Tür. Zur anderen dieses Mal. Einfach einen Moment woanders hin und wenn auch nur auf den Gang. Nicht dass sie noch wieder kam, auch wenn das Etwas in mir das noch ein bisschen ersehnen würde. Aber nicht unter diesen Voraussetzungen! Stolz war eine Sache, die kein Troja kannte!


  • ...


    Nun war ich aber
    ganz schön nervös, denn irgendwas in meinem Inneren, wollte unbedingt, dass ich nunmehr Sklave dieser Valeria Maximilla wurde.
    Dass heißt, wenn dies gestattet war. Wahrscheinlich, wie ich mich kannte, lag es an der Aussicht auf ein nobles Heim. Ein solches hatte
    ich bisher nämlich noch nie gehabt, doch sicherlich gab es den üblen Haken, der anhing, nämlich dass die edle Frau meinte, dass ich ein
    Gelehrter wäre, der sich gut auf Philosophie verstand und das tat ich ja nun absolut keineswegs! Dennoch war ich natürlich bereit
    alles darüber zu lernen, dem ich habhaft werden konnte, und so war das Angebot des Römers, mich übermorgen mit ihm in einer Taberna zu treffen und ein wenig zu disputieren doch schon einmal ein guter Einstieg. Dummerweise hielt dieser mich nun für einen freien
    Peregrinus, mit dem man auch wirklich reden konnte. Alles war wirklich sehr blöd gelaufen und war nunmehr eine Herausforderung,
    der ich mich der Ehre wegen aber stellen würde.


    Bei meinem aktuellen Dominus Selenus würde ich nun den Anfang machen, weshalb ich zu dieser Stunde aufgeregt vor der Tür seines Officiums herum hühnerte und seufzte und meine Hände rieb, bis die Knöchel schmerzten. Mehrfach hatte ich Anläufe genommen, doch nun blieb ich tatsächlich vor der Tür auch stehen und noch ehe ein Gedanke mich abhalten
    konnte, klopfte ich auch schon laut und sehr vernehmlich an. Darüber hinaus rief ich auch noch etwas. Nämlich: “DOMINUS
    SELENUS?“
    , rief ich also und harrte dann der Antwort. Ich hoffte, diese wäre so etwas wie: Verpiss dich, Awian!,
    Keine Zeit für deinen Mist!“ oder “Was ist jetzt schon wieder los?“ Das kannte ich von Kaeso, dem Lupanarbesitzer, den
    man auch besser nicht bei gar nichts gestört hatte. Ich atmete tief durch und wartete nun ab, was Dominus Selenus zu sagen hatte.
    Vielleicht wäre er auch gar da drin. Das wäre natürlich gut, auch wenn ich mich dann erneut würde aufraffen müsste. Später. Oder
    morgen. Oder… noch viel später. Das wäre nicht gut, wegen dem Mut. Der war nun leidlich da und bereiter würde ich auch bei
    Besagtem ‘Später’ nicht werden.

  • Herein! donnerte ich etwas unwirsch. Gerade war einer meiner Männer bei mir gewesen und hatte von einem Gerücht über einen Toten berichtet an einer Kreuzung mit Heiligtum welches wir eigentlich unterhielten. Wirklich glücklich war ich also nicht gerade und befürchtete bereits, weitere ungute Nachrichten zu diesem Thema zu erhalten, auch wenn ich Awidans Stimme erkannt hatte und nicht wusste, wie er da hineinpassen sollte.

  • Ich rollte meine Augen gen Raumdecke, schloss sie dann einen kurzen Moment und atmete seeeeehr tief durch, als ich das sehr vernehmlich gedonnerte Herein meines Dominus hörte. Sicherlich hatte ich mir Worte zurecht gelegt, die ich nun hier anbringen wollte, doch nachdem ich die Tür geöffnet hatte und Selenus erblickte, waren die diese plötzlich verschwunden. Von der Aufregung - dem alten Dieb - einfach so geklaut. Entsprechend angespannt näherte ich mich also meinem Herrn und räusperte mich, doch es war wohl besser, gleich den Anfang zu machen. "Ich... müsste dich mal sprechen, Dominus... wegen... ja weil... in einer Angelegenheit!", gab ich nun doch recht ominös von mir. Dabei schaute ich wohl drein wie ein Hund, der an diesem Tage noch keinen Knochen erwischt hatte: treuherzig irgendwie und etwas leidlich.

  • Der Awidan, welcher auf meinen Ruf eintrat, war nicht zu erkennen. Er war unsicher, kleinlaut, wie ein geschlagener Hund. Wäre er nach seiner Rettung durch die Bruderschaft noch immer jeden Tag so gewesen, dann hätten wir ihn niemals schon wieder alleine hinaus gelassen. Doch das war eigentlich schon lange vorbei. Hier war also etwas faul.

    Awidan! startete ich, der Tonfall liess klar erkenne, dass ich wusste, dass er etwas angestellt hatte. Wie man ein kleines Kind beim Vornamen nannte, um ihm zu zeigen, dass man genau informiert war, so sprach ich den Namen nun aus.

    Was hast du angestellt?

  • Sicherlich, so fiel mir nun auf, musste ja ein jeder Blinder erkennen, dass mit mir etwas nicht stimmte. Und das war ja eigentlich dann auch korrekt so. Alos verzog ich nur leicht, in Gewahrheit dessen, was ich nun würde berichten müssen, den Mund - vielleicht ein bisschen schmerzvoll, denn immerhin hatte mein Dominus wohl schon etwas 'gerochen'. Vielleicht nicht die Wahrheit, aber doch immerhin, dass nun was kam, was nicht leicht zu verdauen war. Was ich also angestellt hatte, wollte er wissen. "Eigentlich also... gar nichts, Dominus!", gab ich bekannt, während ich es wagte näher zu treten und dabei verstohlen auf meine Unterlippe biss. "Ich... wollte ja nur einmal nachfragen, wie es denn wäre... weil... hier in der Bruderschaft gibt es für meine... Fähigk.. also Arbeitskraft ja nicht sooooo...." Ich unterbrach mich wieder. Das klang ja nun mal prima bescheuert, was ich da so sagte. Das bemerkte ich sogar schon selbst! "Ich habe den Brief überbracht," erklärte ich dann wahrheitsgemäß den Grund meiner eigentlichen Abwesenheit, um dann fortzufahren. "Danach war ich auf dem Mercatus urbis und habe jemanden... naja... nicht kennen gelernt, aber dann doch schon getroffen. Beziehungsweise hatte mich der Hund der Dame regelrecht angefallen und ich... habe mich sehr gut verteidigt!", erklärte ich nun nicht mehr wirklich wahrheitsgemäß weiter. "Und die Dame entschuldigte sich und wir kamen ins Gespräch und da... also..." Nun wurde es aber dringend Zeit für ein wenig mehr Selbstbewusstsein! Demnach straffte ich also meine Haltung und fuhr fort: "Sie hatte Interesse an mir gezeigt!", entkam es mir nun schon bedeutend kräftiger und mit ganz leicht nur geschwellter Brust - zu viel war da eben nicht drin.

  • Bei allen Göttern, dachte ich mir, der muss ja wieder gewaltig etwas ausgefressen haben. Das Verhalten Awidans ähnelte massiv dem, welches ich bei unserer ersten Begegnung kennen gelernt hatte. Stottern, etwas anfangen aber etwas anderes dann sagen, sprechen in Rätseln.

    Sie hat also Interesse an dir gezeigt. Hast du vielleicht einen alten Freier getroffen? Ich wusste natürlich, dass dies Unsinn war, da er ja von einer Dame gesprochen hatte, aber es gab ihm zumindest die Chance, sich der Wahrheit zu nähern, von der ich mir sicher war, dass er noch ein Stück entfernt war.

  • "WAS?", fragte ich nun doch sehr brüsk, als mein Dominus mutmaßte, dass ich einen alten Freier getroffen hätte. "Aber nein... NEIN!", schoss es dann aus mir heraus und obendrein schüttelte ich auch noch eifrig den Kopf. "So war das nicht! Es ist wirklich eine Dame gewesen. Eine sehr nette, freundliche und junge Dame aus dem Haus der Valeria." Ich überlegte noch einmal kurz. "Ja... und so heißt sie auch: Valeria. Veleria.... Maximilla!", fiel mir der Rest des Namens dann auch noch ein. Doch was sollte ich nun noch anbringen? Das alles klang ja so wie aus der Feder eines Kömidianten und nicht wirklich nach der Wahrheit, obwohl es dieses Mal wirklich so gewesen war. "Sie redete mit mir und fand mich äußerst... also... bele..." belesen wollte ich sagen, doch das hätte in meinem Dominus wohl einen Nerv getroffen, der ihn wohl eher sehr erheitert hätte. "... belebend!", sagte ich deshalb stattdessen. Das klang auch viel realistischer. "Sie meinte, sie könne mich gut in ihrem Haushalt... also dem Haushalt der Valerier... also... sie hat mir gesagt, dass ich dir sagen soll, dass sie gesagt hat, dass sie mich ... quasi... zu erwerben gedenkt!" Nun war es heraus und seufzte schnell hinter meinen letzten Worten her, während ich Dominus Selenus wieder treuherzig anschaute. "Ich schwöre, das ist die Wahrheit!", setzte ich aber noch hochehrehrenhaft und mit der Hand auf dem Herzen nach. Dazu nickte ich auch noch und hoffte nun das Beste.

  • Nachdenklich hörte ich zu, welche Geschichte Awidan mir nun auftischte. Aber scheinbar hatte meine Taktik Erfolg gehabt, denn dies tönte massiv glaubwürdiger, zumal er sich auch an einen Namen erinnerte.

    Valeria Maximilla, hmmm, der Name sagt mir etwas.

    Bei den Göttern, ich musste wohl langsam alt werden, denn ich konnte mich nicht mehr genau erinnern, bis...


    Ah, ja! glaubte ich, es nun gefunden zu haben. Ich hatte vor einigen Wochen Iulia Stella zum Haus der Valerier begleitet, weil sie eine Freundin besuchen wollte. Das könnte dann wohl die besagte Dame sein.


    Und wie kam die junge Dame auf die Idee, dass du zu erwerben seist? Üblicherweise sind Sklaven, welche einen Auftrag ausführen nicht auf dem Sklavenmarkt zum Kauf angeboten.

    Dies war nun eine wichtige Frage, denn sie sollte entscheiden, wie das weitere Vorgehen sein sollte.

  • "Wirklich?", wollte ich wissen, als mein Dominus meinte, dass ihm der Name der Römerin etwas sagte. Im ersten Moment war mir diese Frage einfach nur so heraus gerutscht und sie mutete in etwa auch rhethorisch an, doch dann fiel mir auf, dass das ja auch eigentlich wichtig zu wissen wäre. Hatte sie etwa Dreck am Stecken? Gab es Gerüchte über sie? Machte sie dubiose Sachen oder kannte Selenus sie einfach nur so? Immerhin kam er ja viel rum und kannte eine Menge Leute. Dann schien es ihm auch einzufallen, woher er sie kannte, lüftete dieses Geheimnis mir gegenüber jedoch nicht.

    "Das weiß ich auch nicht so recht!", behielt ich nun meinerseits das Geheimnis der Umstände des Kauffwunsches der Dame für mich, stellte dann aber auch gleich fest, dass das so recht ja nun auch nicht angemessen war. Mein Dominus hatte ja eine klare Frage gestellt und um den heißen Brei herum reden würde mir letzten Endes auch nicht gut tun in dieser Angelegenheit. So wie in vielen anderen schließlich auch. "Sicherlich sind solche Sklaven nicht auf dem Markt... nicht direkt, aber ich war dann ja auf dem Mercatus Urbis, weil ich ja... noch ein paar Asse hatte und einen Apfel erstanden hatte." Das war nun sicherlich nicht der interessanteste Punkt. "Und dann aß ich den Apfel, bis mich dieser riesigengroße Hund anfiel. Soooo groß war der...." Ich deutete mit der Hand in etwa leicht über meiner Hüfte das Stockmaß des Tieres an. Auch das sah übertrieben aus, entpsrach aber der Wahrheit... ungefähr zumindest, denn das Tier war ein Monstrum gewesen "... und dann kam die Dame mit ihrem Slaven auf mich zu und wir haben uns dann unterhalten. Über... nun ja..." Ich lächelte verlegen dabei. "Über die Seelenwanderung und über Platon und so..." Nun überlegte ich, was ich sonst noch anbringen könnte, was zu meinem Vorteil war. "Und sie fand mich... richtig gut und da hatte sie halt gefragt, nachdem ihr gesagt hatte, dass ich nur ein Sklave sei." Ja, auch das würde ich wohl so sagen können.

  • Irgend etwas schien noch immer faul zu sein. Es war fast unglaublich, dass eine junge römische Dame einfach so einen Sklaven ansprechen würde, selbst wenn ihr Hund ihn aus irgendwelchen Gründen angefallen hatte. Es war ein Sklave, eine ersetzbare Ware. Die meisten Damen hätten sich mehr Sorgen gemacht, einen möglichen Verlust dem Herrn vergüten zu müssen, als ob der Sklave sich verletzt hatte. Doch diese Gedankengänge behielt ich für mich.


    Und jetzt, was erwartest du nun von mir? Du weisst, dass ich dich hier nicht einfach gehen lassen kann. Unsere Bruderschaft ist auf eine gewisse Verschwiegenheit angewiesen.

  • Gleich nachdem mir all' diese Worte und Quasi- Erklärungen entschlüpft waren, dachte ich auch noch daran, dass mit dem Furius auch noch erzählen sollte, weil der ja mit mir parlieren wollte, doch das ließ ich an dieser Stelle wohl besser erstmal. Alles hatte ja auch irgendwo einen Haken und dass mein Dominus diesen auch - zu recht - vermutete, vermutete nun wiederrum ich selbst. Zunächst aber wollte er wissen, was ich nun von ihm erwartete und dass ja alles nicht so einfach war, wie es sich anhörte, denn er könne mich nicht gehen lassen. Und wieder hatte er recht. Die Bruderschaft war auf Verschwiegenheit angewiesen und das war ja gerade nicht meine herausragendste Stärke.


    Ich rang nach Luft, schaute einen Moment auf den Boden und überlegte, was ich denn nun noch anbringen konnte. "Aber Dominus!", begann ich in klagender Manier, sah noch einen Moment auf den Boden und setzte dann die treuherzigste Miene auf, welche ich im Moment zustande bringen konnte. "Ich werde doch schweigen wie ein Grab!", sagte ich dann in einem fast schon gquält wirkenden Tonfall und nun schaute ich Selenus auch direkt an. "Ich kenne doch die Erwartungen und Erfordrnisse!" Und nun weiter? Ach ja... was ich erwartete. "Ich meine... es ist ja auch alles nicht so einfach... und... du hast mich gerettet und da würde ich nieeeemals etwas sagen und.... es ist ja auch so... es ist ja auch gefährlich hier... mitunter... und ich wollte schon... also... auch wenn ich nur ein Sklave bin, so würde ich doch gerne... naja... was man so erwarten kann... vom Leben an sich und.... also...." So verloren sich auch schon meine Worte und waren dahin und wie mir nun auffiel, hatte das Ganze stattgefunden, ohne dass ich auch nur eine konkrete Aussage gemacht hatte. "Was könnte ich denn erwarten?", ging ich also zu einer nun schon wieder etwas zaghafteren Gegenfrage über.

  • Was könnte er erwarten? Ein Sklave? Von mir? Mehr als dass ich sein Leben rettete? Was wollte er noch erwarten? Eigentlich war die Frage unverschämt, aber ich hatte gerade keine Lust auf eine Diskussion.

    Was du erwarten kannst, nachdem ich dir dein Leben gerettet habe? Ich glaube, die Frage ist eher, was ich von dir erwarten kann. Ganz egal was mit dir hier oder woanders geschieht, ich kann auf jeden Fall von dir erwarten, dass du nicht vergisst, wer ein Leben in seiner Hand hält!

    Das war zwar eine ziemlich versteckte Drohung, doch mein Tonfall musste auch Awidan klar machen, was wäre wenn.


    Was ich dir sonst anbieten kann ist, dass ich zu Valeria Maximilla gehe und mir ihre Seite anhöre.

    Mehr konnte kaum jemand tun, denn es war schon aussergewöhnlich, dass eine junge Dame einem Sklaven ein Angebot machte, mitten auf dem Forum.

  • Erwartungen waren ja immer so eine Sache. Besonders was deren Erfüllung anging. Was das anging hatte mein Dominus sogar einen - odere mehrere - bei mir gut und das wusste er nur zu gut, wovon auch seine folgenden Worte kündeten, unter denen ich nun sogar etwas zusammen zu schrumpfen schien. Er hatte mir ja das Leben gerettet und müsste eigentlich etwas von mir erwarten können, denn mein Leben wäre in seiner Hand. Daraufhin schluckte ich einmal, nickte bedröppelt und seufzte dann, ehe ich wieder den Boden vor mir beschauete und entdeckte, dass hier und da ein paar Flusen herum lagen. "Das weiß ich doch, Dominus!", sagte ich also unter einem Tonfall, der eben das auch darstellte: Unterwürfigkeit. Und diese empfand ich sogar. Nicht gelogen also, denn ich wusste von den Umständen ja auch! Dann aber zuckten Kopf und Blick gleich weider empor. Nämlich als Selenus dann mehr oder weniger vorschlug zu Valeria Maximilla zu gehen, um ihre Sicht der Dinge zu erfahren. Ihr guten Götter!


    Unter diesem Gedanken schüttelte ich den Kopf. "Oh nein! Ich meine... nein... das geht doch nicht, weil..." ...da noch etwas ist, was ich noch gar nicht erzählt hatte.... Sollte ich das wirklich sagen? Bloß nicht! Aber besser wäre das. "Ich meine... das wäre nicht so gut, weil nun... ähm... sie ja sagen würde, dass..." Nun war das Fass wohl auf und würde sich auch nicht mehr schließen lassen, egal was ich nun sagen würde. Ich Idiot! Aber besser, mein Dominus erfuhr erfuhr es von mir, als von der Römerin. Danach würde ich mich am Ende wirklich noch warm anziehen können. Ins Schwitzen aber geriet ich schon jetzt. "Sie hält mich für einen Gelehrten und hätte mich..." Er klang wirklich so, als müsse dies ein Scherz sein. Zum Lachen war mir aber gar nicht, doch nicht desto trotz lachte ich nun leise, wenn auch trocken auf. "Das denkt sie wirklich und sie hätte gerne Unterricht. Über die Seelenwanderung und Platon und so. Ich schwöre, sie kam da von allein drauf!" Wieder schaute ich Selenus an.

  • Einen Gelehrten? entfuhr es mir, auf die entsprechende Ankündigung hin. Davon war Awidan nach meinem Wissen so weit entfernt wie ich von der Königswürde Persiens. Ob die junge Dame nun von alleine drauf kam und Awidan nichts unternomen hatte, um sie davon abzubringen, oder ob er ihr das sogar selbst eingeflüstert hatte, spielte keine Rolle.


    Wenn ich Valeria Maximilla nicht besuchen darf, dann kann ich auch nichts für dich tun. Ein Verkauf kann nur über Bürger getätigt werden, also nicht von dir selbst. Entweder es entsteht ein Kontakt zwischen den Valeriern und mir, oder du musst das vergessen.


    Dann kam mir eine weitere Idee: Ich werde heute Nachmittag mit Annaeus Florus Minor auf eine Hochzeit gehen. Ich hörte, ganz Rom sei dazu eingeladen, also müsste sich besagte Dame dort auch finden. Vielleicht ergibt sich dabei eine Möglichkeit? Was meinst du, soll ich dich da mitnehmen?

  • Ich nickte betrübt, als mein Dominus es nicht fassen konnte... das mit dem Gelehrten. Danach seufzte ich schwer. Das mit dem Verkauf wäre wohl schwieriger als gedacht. Bisher hatte damit keiner meiner ehemaligen Herren Probleme gehabt, aber ich war auch noch nie eine edle Dame geraten. Viel eher waren die Herren selber Händler, die mich bis nach Rom geschleppt hatten. Nun war ich schon ein ganzes Jahr hier, doch das Glück mochte mich noch immer nicht so oft. "Mhm...mhm," entkam es also von mir betrübt. Doch wenn Dominus Selenus zu der Valeria ging, dann würde er sicherlich nicht sagen, ich wäre ein weise Mann. Viel eher sah er so aus, als wäre er auf so eine Idee nie gekommen. So wie sehr viele andere eben auch nicht.


    Dann aber horchte ich auf. "Eine Hochzeit?" Meine Blicke hellten sich auf. Ich war noch nie auf einer Hochzeit gewesen. Auf keiner römischen zumindest und die einzige auf der ich war, war die von meinem Onkel Adad. Eine atastrophe war das gewesen. So wie seine ganze Frau. Ich nickte also nun erneut, dieses Mal jedoch schon begeisterter. Muntere Gäste, frohe Stimmung und vor allem: Gutes Essen! Vielleicht bekam ich ja sogar etwas davon ab. Dann aber neigte ich den Kopf und war wieder kurz davor zu seufzen. "Du wirst der Dame aber nicht sagen, dass ich... belesen bin?", wollte ich dann wissen. "Vielleicht..." Ich dachte schnell noch einmal nach. "Wäre sie sehr enttäuscht, wenn ich das nicht wäre!" Und heute Nachmittag schon? Da wäre nicht einmal Zeit, mich im Lesen überhaupt zu üben. Ich ließ meine Schultern hängen. "Aber vielleicht möchte sie mich ja trotzdem!?" Hoffnungsvoll schaute ich Selenus nun an. Schlecht sah ich ja nicht aus und so früchterlich, wie Kaeso mich immer beschrieben hatte, war ich ja auch nicht. Faul ebenso wenig. Manchmal hatte ich halt nur keine Lust, aber das änderte sich ja immer schnell, durch die Aussicht auf etwas Schönes, Leckeres oder Schmerzhaftes. Also lächelte ich nun. "Ich komme sehr gerne mit!", lautete also letztendlich mein Entschluss. Es würde sich schon alles ergeben und den Mutigen winkte halt das Glück. Sagte man. Und das musste ja einen Grund haben!

  • Der Mord an der Kreuzung des Tigillum Sororium machte mir und der Bruderschaft noch immer zu schaffen. Aus irgendwelchen Gründen hatten wir keinerlei, aber wirklich keinerlei Ideen oder Gerüchte, oder gar Ahnungen, warum dieser geschehen war. Dies war absolut ungewöhnlich für die Bruderschaft, deren Aufgabe es ja auch war, alles zu wissen, was in unserem Quartier vor sich ging. Nur so konnte es uns gelingen, die Ruhe und Ordnung zu garantieren, die Sicherheit unserer gehobenen Bürger zu gewährleisten und den Frieden mit den Kreuzweglaren aufrecht zu erhalten.


    Dass die Truppen der CU unsere Basis noch nicht gestürmt hatten war zwar ein gutes Zeichen, dann gab es vermutlich keine Hinweise darauf, dass jemand versuchte UNS die Schuld in die Schuhe zu schieben, also war es schon einmal kein Racheakt des Bordellbesitzers, wo wir Awidan gerettet hatten, doch beruhigen konnte mich das nicht. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die CU hier ihre Fragen stellen würde.

  • (von hier kommend: RE: Mord und mehr - Ermittlungen in Rom )


    Während Scato und Lurco durch die Straßen liefen, überlegte Lurco was er über die Kreuzwegbruderschaft wusste.


    Die Kreuzwegbruderschaft. Hierbei handelt es sich um eine halblegale Organisation. Offizielle Aufgabe der Bruderschaft war es, die Heiligtümer der Lares Compitales instand zu halten. Die Mitglieder arbeiteten aus diesem Grund eng mit den Germanitas Quadrivii zusammen. Zudem lebte die Bruderschaft davon, den Schönen und Reichen, vor allem Letzteren gegen Bezahlung Schutz zu verkaufen. Wer durch Rom reisen wollte, lebte gefährlich. Händler, Reisende und jeder mit dicker Börse bekam erklärt, dass er Schutz nötig hatte.


    Lurco erreichte mit Scato die Basis der Bruderschaft, hierbei handelte es sich um ein unauffälliges Haus. Purgitius atmete durch und klopfte.

  • Scato hatte von der Sache her nicht viel zu tun. Er trug die Capsa, falls irgendwer sich verletzte, und diente ansonsten mehr der Dekoration. Zumindest, so lange nicht Asper neben ihm stand, der jeden mit seiner Attraktivität überstrahlte, selbst jetzt noch, wo er sichtlich zugenommen hatte, weil er und Pullus sich gegenseitig mit Keksen mästeten.

  • Die Ankunft der Soldaten der Cohortes Urbanae war natürlich schon längst vorher angekündet worden und die Bruderschaft hatte alles weggeräumt, was irgendwelchen Verdacht auf unerlaubte Geschäfte hätte erwecken können. Gut versteckte Geheimtüren, welche schon so manche Durchsuchung unerkannt überlebt hatten, erlaubten den Männern, welche vielleicht gesucht wurden, sich entweder zu verstecken, oder das Haus unerkannt auf geheimen Wegen oder durch Tunnel zu verlassen.


    Selenus würde die Herren, falls dies am Ende erwünscht war, in seinem Officium empfangen.


    Doch zuvor öffnete einer der völlig unauffälligen und nicht einschlägig bekannten Männer die Porta.


    Ja, bitte. Was wünschen die Herren?

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