Hortus | MFG et LAFM - Ein unüblicher Wahlkampf

  • Da es im Collegium Pontificum keine dringlichen Angelegenheiten an diesem Tag hatte zu besprechen oder erledigen gegeben, war Gracchus im Anschluss an die Senatssitzung direkt nach Hause zurückgekehrt. Nach einem kleinen Imbiss genoss er nun die Frische des Gartens, denn nach einigen Tagen vermehrter Hitze war der Himmel an diesem mit hellen Wolken gesprenkelt und ein leichter Windhauch wehte von der Küste her über die Hügel der Stadt, sodass der kürzlich angebrochene Sommer nicht nur erträglich sondern selbst für einen Patrizier unter freiem Himmel geradezu angenehm war. Mit zunehmendem Alter, und vermutlich damit einhergehender Weisheit, genoss Gracchus diese Pausen fernab seiner Pflichten vermehrt, gleichwohl selbst diese Pausen ihn gedanklich oftmals beschäftigt hielten, fand er doch in kontemplativer Betrachtung der Welt im Inneren wie im Äußeren viel eher Lösungen oder neue Gedanken hinsichtlich jeglicher Causae. Bisweilen wünschte er gar, der Senat könnte ein wenig kontemplativer sein, würde nach der Eröffnung einer Sachlage stets einige Zeit der inneren Einkehr bieten, so dass ein jeder Senator erst seine Gedanken mochte bemühen und sortieren, ehe er noch ein Wort sprach. In diesem Augenblicke im Garten wälzte der Flavier indes keine Angelegenheit staatstragender Bedeutung, sondern sann über die Zukunft seines Sohnes Titus nach, welcher zwar von seiner Reise war nach Baiae zurückgekehrt, diese indes ob seiner Gesundheit wegen war abgebrochen worden. Es schien, dass der Junge es kaum einige Wochen abseits der Küste aushielt, was seine Zukunft in Rom in Zweifel zog. Der Vater haderte nun mit sich selbst, ob dies akzeptabel war oder es gar andere Möglichkeiten gab, welche für Titus' Zukunft in Betracht mussten gezogen werden. Das ausgerechnet nun sich ein Kandidat für die bevorstehenden Wahlen zum Cursus Honorum ankündigte entlockte dem Flavier ein tiefes Seufzen, schienen das Schicksal in doch zu verhöhnen da diese Zukunft seinem zweiten Sohne augenscheinlich verwehrt blieb. Dennoch galt im flavischen Hause die Order, dass jeder Kandidat, welcher sich vorstellen wollte, einzulassen war, lag doch die Zukunft Roms in den Händen dieser Männer. Mit dem Namen Lucius Annaeus Florus konnte Gracchus gar eine Verbindung herstellen, indes konnte er sich nicht entsinnen, jenen einstigen Senator je kennengelernt zu haben. Dennoch verriet dies zumindest eine adäquate Herkunft.
    "Salve Lucius Annaeus Florus Minor! Bitte, nimm doch Platz"
    , begrüßte Gracchus den jungen Mann förmlich nachdem dieser in den Hortus zu ihm war geführt worden, und wie es auf eine der Klinen, welche im Halbschatten eines Mandelbaumes um einen marmornen Tisch herum waren angeordnet. Ein Sklave trat zugleich herbei und bot Annaeus ein blass grünfarbenes Glas gefüllt mit reichlich verdünntem Wein an.
    "Nun, du kommst also der bevorstehenden Wahlen wegen?"
    Eröffnete Gracchus dem jungen Mann das weite Feld des Wahlkampfes, dass dieser jeden Weg konnte nehmen, welcher ihm zuträglich erschienen, gereichte eine derart offene Frage schlussendlich auch dazu, zu offenbaren, welcher Art ein Kandidat war.

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  • Ich wurde vom Senator höflich im Garten empfangen und mir wurde sogleich Wein und eine Kline angeboten, was ich natürlich gerne annahm.


    Salve Senator Manius Flavius Gracchus und herzlichen Dank für die Zeit, welche du dir für meinen Besuch nimmst.


    Dann öffnete ich die Tasche mit den Schreibtafeln, welche ich in den letzen Wochen geschrieben hatte und übergab ihm eine:


    Lucius Annaeus Florus Minor grüsst den edlen Senator.


    Ich, der Überbringer dieser Nachricht, Lucius Annaeus Florus Minor, Sohn des früh verstorbenen und in den Kreis der im Ulpianum Geehrten aufgenommenen Senators Lucius Annaeus Florus, gebe hiermit meine Kandidatur für das Vigintivirat bekannt.


    Durch meinen persönlichen Besuch möchte ich die Möglichkeit wahrnehmen, mich vor meinem öffentlichen Wahlkampf persönlich vorzustellen.


    Mögen die Göttern dich und deine Familie schützen, LuAnFlo Minor


    Ja, ich komme auf Grund meiner Kandidatur als Vigintivir. Ich finde es wichtig, dass die Herren Senatoren die Möglichkeit haben, mich kennenzulernen, bevor ich meine Rede im Senat halte.

  • Nur ein kurzes Zucken seiner Braue verriet, dass die Schreibtafel dem Flavier unangenehm war, ehedem er die Tabula schlichtweg ungelesenen sinken ließ und stattdessen den Annaeus fokussierte und auf dessen Worte reagierte.
    "Eine dur'haus kluge Vorgehensweise, schlussendlich ist der Senat nicht immer der rechte Platz, die Visionen einen Mannes zu erfahren."
    Letztlich gab es einen großen Unterschied darin, ob Gracchus einem jungen Mann seine Stimme würde geben, da er durch seine Kandidaturenrede, seine Herkunft oder seinen Elan adäquat für eine erste Chance erschien, oder ob er ihn würde offen unterstützen da er an seine Zukunft glaubte.
    "Imaginiere dir am morgigen Tage würde man dich zum Consul Roms berufen, was wäre die wichtigste Causa, welche du in deiner Amtszeit würdest in Angriff nehmen?"

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  • Der Senator schien sich weniger um meinen momentanen Wahlkampf zu kümmern, als um meine Aussichten in Zukunft. Das erschien mir im ersten Moment etwas irritierend, doch während er seine Frage stellte wurde mir bewusst, dass hier vielleicht ein Mann sass, der eben das grosse Ganze zu sehen versuchte und nicht einfach nur wissen wollte, ob jemand eine erste Chance verdient hatte.


    Sogleich verflog meine Nervosität wieder, die sich angedroht hatte, als er die Tafel ungelesen auf die Seite gelegt hatte.


    Senator, wenn ich morgen zum Consul Roms berufen würde, dann wäre meine wichtigste Causa die Situation in der Subura. Und sogleich begründete ich meine Wahl auch.
    In der letzten Zeit gabe es in Rom ja einige Probleme. Einige sollen ihren Ursprung auch in der Subura gehabt haben, andere, so hört man, konnten nicht gänzlich gelöst werden, weil die Subura den Betroffenen die Chance bot, sich zu verstecken.


    Die Lebenssituation der Menschen in diesem Quartier bieten zu viele Möglichkeiten für Verbrecher und ihre Helfer. Ich würde versuchen daran etwas zu ändern.

  • "Ein hehres Ansinnen"
    , quittierte der Flavier selbiges. Allein war ein hehres Ansinnen stets schnell genannt.
    "Indes ist die Subura nur ein sehr kleiner Teil Roms. Wie wirst du sicher stellen, dass die übrigen Bewohner der Stadt nicht in Unzufriedenheit verfallen über dein einseitiges, vielleicht gar als ungere'ht empfundenes Engagement?"

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  • Der Senator hatte natürlich den Weitblick, das Problem an der Sache genau zu erkennen.


    Genau dies wäre die grosse Frage. Ich muss eingestehen, dass ich noch nicht lange genug in Rom bin, um alle Zusammenhänge schon zu kennen und kann die Frage daher sicher nicht abschliessend beantworten. Es wäre auch nicht gut, wenn ich bereits jetzt, vor meinem 20 Lebensjahr, Antworten auf Fragen hätte, mit welchen sich der Senat schon lange schwer tut. Das war nicht bloss die Wahrheit, sondern auch meine echte und unverstellte Meinung, denn die Weisheit der Männer im Senat, welche sie sich durch jahrelangen Dienst am Imperium zugelegt hatten, stand für mich ausser Frage.


    Ich würde jedoch überprüfen lassen, in welche Richtung man die Urbs erweitern könnte, über die momentanen Stadtmauern hinaus, denn ich sehe einen Grund der Situation darin, dass innerhalb der Mauern viel zu viele Menschen auf zu kleinem Raum leben. Da man nicht einfach den alten Familien ihren Lebensraum beschränken kann, sehe ich eher eine Lösung in der Schaffung neuen Raumes. Dann könnte man in diesen neuen Quartieren die Lebensbedingungen von Anfang an besser regulieren und kontrollieren, so dass nicht sofort das Gleiche wieder passiert. Dass auch diese Überlegung noch lange nicht umsetzungswürdig war, das war mir klar und ich wusste auch, dass der Senator sicherlich eine kritische Antwort finden würde.

  • Der Flavier nickte bedächtig. Er rechnete dem Annaer an, dass er nicht suchte, seinen Mangel an Erfahrung und Wissen zu verbergen, sondern diesen unverblümt eingestand.
    "Nun, bisweilen hat ein frischer, unverbrau'hter Geist durchaus neue Ideen beizutragen, welche jene Geister, die seit Jahren in stets wiederkehrenden Routinen denken, nicht mehr in den Sinn kommen mögen. Doch wenden wir uns deiner unmittelbaren Zukunft zu. Gibt es ein Vigintivirat, welches dich besonders reizen würde?"
    Zweifelsohne war diese Frage nicht sonderlich überraschend, doch auch die Antwort darauf würde einiges über den jungen Mann offenbaren können.

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  • Ich rechnete es dem Senator hoch an, dass er nicht versuchte, mir mit einer möglicherweise weit in der Zukunft einmal vorkommen könnenden (oder auch nicht) Situation weiter auf den Zahn zu fühlen. Auf die nächste Frage war ich schon besser vorbereitet, kam sie doch in den letzten Tagen öfter vor.


    Besonders reizen würde mich die Position als Quattuorvir viis in urbe purgandis. Ich habe das Gefühl, dass ich dort am meisten bewegen könnte. Natürlich ist dies nicht die am meisten gewünschte Position, aber es ist eine, die in meinen Augen für das Funktionieren unserer Stadt zentral ist. Würden die Strassen im Dreck versinken, so würde Rom sicherlich nicht mehr lange friedlich bleiben.


    Über die weiteren Gründe schwieg ich hier, da ich noch nicht genau wusste, wie ich den Senator einschätzen sollte. Es konnte auch schlecht ankommen, wenn ich zugab von der Rechtsprechung noch keine Ahnung zu haben oder vom Schreibtischjob bei der Abarbeitung von Erbangelegenheiten nicht wirklich zu träumen.

  • "Quattuorvir viis in urbe purgandis..."
    repetierte der Flavier nachdenklich und hob sein Glas an die Lippen, um einen Schluck daraus zu trinken. Im Grunde war jedes Amt des Cursus Honorum ein ehrenvolles Amt, gleichwohl die Straßenreinigung ein überaus wichtiges Unterfangen - und doch konnte Gracchus nicht nachvollziehen, weshalb ein Kandidat sich für eben diese Aufgabe würde als erste Wahl aussprechen wollen.
    "Und ... was genau würdest du dort bewegen wollen?"
    Ein kleines Lächeln kräuselte seine Lippen als er ein wenig humorig anfügte.
    "Abgesehen von Dreck."
    Zweifelsohne würde dies bereits ausreichen, doch der Flavier mochte Annaeus Florus weiterhin die Gelegenheit geben, ein wenig über das durchschnittliche Maß hinaus zu glänzen.

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  • Der Senator bewies nicht nur Humor mit seiner Antwort sondern auch die Offenheit, mir eine Chance geben zu wollen, um meine Begründung ehrlich abzugeben. Daher entschloss ich mich, zwar noch nicht alle Vorsicht über Bord zu werfen, aber dennoch etwas mehr preiszugeben.


    Seit meiner Ankunft hier in Rom habe ich Vieles gesehen und mir auch Dinge angeschaut, die ein hier Geborener vielleicht nicht ansieht, weil er weiss, dass es dort nichts Lohnendes zu sehen gibt. Dabei habe ich immer wieder festgestellt, wie gross der Unterschied zwischen den einzelnen Vierteln in Rom ist.


    Selbstverständlich sind die Strassen in den reichen Wohnquartieren immer sauber und gut gepflegt, aber in den Bereichen, welche für die Ärmsten der Stadt vorgesehen sind, da steht der Dreck manchmal so hoch, dass es Menschen gibt, die sich unter die Schuhe noch extra die hölzernen Schuhe aus den Thermen umschnallen, damit sie nicht ganz im Dreck versinken.


    Sim-Off:

    Aus dem Mittelalter, wo solches überliefert ist, in die Römerzeit adaptiert.


    Ich möchte versuchen eine Verbesserung dieser Situation zu erreichen, entweder durch eine Umverteilung der Putzmanschaften, oder durch eine regelmässige Schwemmung der Strassen. Diese Idee kann ich aber erst weiter ausarbeiten, wenn ich mir ein Gesamtbild der Situation haben machen können, und dies wiederum ist erst möglich, sollte ich die Position auch erhalten.


    Das waren nun einmal die Gründe, die FÜR diesen Posten sprachen und dabei beliess ich es für den ersten Moment.

  • Aufmerksam folgte Gracchus dem kurzen Eindruck Annaeus' über die Straßen Roms hinweg. Er selbst hatte wenig Einblick in diese Causa, denn selbst so er genötigt war jene Viertel zu visitieren - etwa um einen Tempel dort aufzusuchen - so geschah dies in einer Sänfte und darob stets sauberen Fußes. Doch obgleich der Flavier zumeist darauf vergaß, dass oben auf dem Quirinal das Klagen aus den Tälern Roms nicht zu vernehmen war, und darob ganz Rom in Zufriedenheit und Wohlstand wähnte, so war er doch nicht taub gegenüber jenen Klagen so er sie denn vernahm. Denn letztendlich war es die Pflicht der Oberschicht im generellen und der Senatoren im speziellen, dafür Sorge zu tragen, dass diese Zufriedenheit und dieser Wohlstand gewährt war.
    "Deine Idee klingt beinahe ein wenig zu simpel, als das bisherig noch niemand hätte darauf kommen sollen. Allerdings, wie zuvor bereits erwähnt ist es dur'haus möglich dass wir aus dem Inneren heraus die einfachen Lösungen nicht mehr zusehen imstande sind, und dein Blick von außen neue Erkenntnisse bringen kann."
    Er hielt kurz inne, ehedem er fortfuhr,.
    "Wer ist dein Patron?"
    Gracchus hatte zwar keine Feindschaften im Senat, doch gleichsam konnte er auch nicht den Klienten eines jeden Mannes offen unterstützen.

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  • Ich erhielt die gleiche Antwort auf meine Ausführungen wie vorhin schon, was mich nicht wirklich erstaunte und auch nicht beunruhigte. Schliesslich hatte ich bloss eine Idee geäussert und natürlich noch keine Möglichkeit gehabt zu überprüfen ob diese schon andere vor mir hatten oder ob sie einfach unmöglich war.


    Mein Patron ist Marcus Decimus Livianus. Da er im Moment in Germania wirkt, wird er nicht die Möglichkeit haben, mir gross zu helfen. beantwortete ich die nächste Frage des Senators.

  • "Gleichwohl dieser Umstand bedauerlich ist - dass Decimus in Germania weilt und dich nicht wird persönlich unterstützen können -, so ist sein Patronat zweifelsohne nicht das schle'hteste."
    Der Flavier stand noch immer irgendwie in der Schuld der Decima und da er sie nie würde offen begleichen können, war zumindest gewährleistet, dass er deren Pläne nicht würde blockieren - zumindest sofern sie nicht gänzlich seinen Idealen oder seinen eigenen Interessen entgegen standen.
    "Ich selbst kann dir meine offene Unterstützung derzeitig nicht versprechen*, da ich noch keinen Überblick darüber habe, welche Kandidaten sonstig sich zur Wahl stellen werden. Indes bin ich dir nicht abgeneigt und sofern einer meiner Favoriten nicht in direkter Konkurrenz mit dir stehen wird, werde ich dir meine Stimme ge..währen."


    Sim-Off:

    *Deplorablerweise habe ich den Wahltermin völlig verschlafen. :(

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  • Sim-Off:

    Das macht ja nichts.


    In meinen Ohren tönte das schon super. Ich war froh, auch hier nicht auf offene Feindschaft oder zumindest Ablehnung zu stossen.


    Ich danke euch herzlich, Senator. Eine Zusicherung eurer Unterstützung war nie mein direktes Ziel, daher bin ich sehr froh um das, was ihr mir soeben angeboten habt.


    Als Gast war es nicht an mir offen auszusprechen, dass ich damit meinen mir selbst gestellten Auftrag als erfüllt betrachtete und gegen eine Beendigung des Gespräches nichts einzuwenden hätte. Schliesslich konnte es ja sein, dass der Senator noch Weiteres von mir wissen wollte.

  • Da Gracchus - außer Zeit und Gastfreundschaft - in diesem Augenblicke nichts weiter hatte anzubieten und auch Annaeus zu nichts weiter ansetzte, schien dies das Ende des Gespräches zu sein - zweifelsohne hatte der junge Kandidat ohnehin noch viel vor und darob viel zu tun, was man von einem Consular allfällig ebenfalls mochte erwarten, in Gracchus Falle an diesem Tag indes nicht mehr zutraf.
    "Gut, dann werden wir uns alsbald im Senat wiedersehen."
    Der Flavier verabschiedete Annaeus Florus Minor und sann hernach noch ein wenig über die Subura und die Straßenreinigung nach.

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