Einsetzung des neuen Praefectus Urbi

  • Der Tag begann wie so viele Tage in Rom in dieser Jahreszeit - es war schwülwarm auf dem ausgetrockneten Campus der Castra Praetoria. Um diese Uhrzeit lag er allerdings noch eher still da - erst nach dem Morgenappell schleppten sich die Tirones und Milites auf den Platz, um bei steigender Hitze ihre Übungen zu vollziehen. Einsam zeichnete sich das Tribunal vor der aufgehenden Sonne ab, während in Rom und der Castra geschäftiges Treiben aufkam.


    Doch erst zur zweiten Stunde öffnete sich die Porta und die Feldzeichen der Cohortes Urbanae zogen an der Spitze der gesamten Mannschaft - immerhin knapp 1500 Mann - auf dem Exerzierplatz ein. Direkt hinter den Signa spielten die Feldmusiker einen leichten Marsch, der den Männern den Takt ihrer Schritte vorgab. Tribunus Lucius Petronius Crispus folgte dem Zug hoch zu Ross direkt hinter der Cohors X gemeinsam mit seinem Amtskollegen Lucius Pinarius Pegasus und natürlich dem Oberkommandierenden Publius Stertinius Quartus, der heute aus dem Amt scheiden würde. Lucius war darüber nicht unbedingt glücklich - er hatte den Neuen Claudius Menecrates als Verbündeten dieses verrückten Tiberiers in Erinnerung. Und wenn man Wahrscheinlichkeiten berücksichtigte, würde er die Zügel enger fassen als der Stertinier - lockerer konnte man sie ja kaum führen! Immerhin war der Claudier ein Soldat, soweit er wusste - wie nützlich das sein würde, würde sich zeigen.


    Trotzdem war es rational, sich lieber bei dem neuen Präfekten beliebt zu machen - immerhin hatte sich gezeigt, dass es günstiger war, sich mit seinen Vorgesetzten gut zu stellen! Also hatte der Petronier sich Mühe gegeben, diese Veranstaltung ordentlich zu organisieren. In Reih und Glied marschierten die drei Kohorten deshalb auf und stellten sich in großen Karrés vor dem Tribunal auf. Dieses betrat der Stab und als Stertinius Quartus in seiner Felduniform die Treppe erklommen hatte, erklärte Pegasus als dienstältester Tribun:
    "Nuntio: Cohortes Urbanae angetreten!"
    Jetzt fehlte nur noch der Neue... und natürlich der Oberoberkommandierende, der Kaiser persönlich!

    cu-tribunuscohortisurbanae.png petronia2.png

    Klient - Herius Claudius Menecrates

    DECURIO - MOGONTIACUM

    MUNICEPS - MOGONTIACUM

  • Warme Temperaturen - auch nachts - und ein Kopf, dessen Gedanken nicht zum Stillstand kamen, hinderten Menecrates am rechtzeitigen Einschlafen. Erst gegen Morgen überkam ihn der Tiefschlaf, aus dem er nur langsam erwachte, als er geweckt wurde. Er ließ das Ankleiden schweigend über sich ergehen. Es dauerte etwas länger, weil das Anlegen der letzten militärischen Kleidung viele Jahre zurücklag. Die kommenden Jahre plante Menecrates dieses Prozedere kaum ein. Er würde den Arbeitsalltag in der Toga und in Gesellschaft von Verwaltungsbeamten, Akten und dazugehörigen Vorgängen verbringen.
    Heute jedoch trat er sein Amt an und damit vor seine Einheit - alles unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit, weswegen er die militärische Kleidung bevorzugte. Sie sollte signalisieren, dass er die Soldaten respektierte, sie als wichtigen Teil seiner umfänglichen Aufgaben und Verpflichtungen ansah und selbst kein durchwachsener Schreibtischhengst war.

    Zum Tor begleiteten ihn Angehörige, Verwandte, Freunde, Klienten und natürlich sein Freund, Liktor und Privatsekretär Faustus. In die Castra begab er sich allerding allein. Er kannte das Gelände nicht in und auswendig, aber fand sich problemlos zurecht. Die Aufstellung der Truppe auf dem Exerzierplatz warf ebenfalls keine Fragen auf, sodass sich Menecrates zielgerichtet auf das Tribunal zubewegte. Er nahm die Treppe seinem Alter entsprechend und doch verhältnismäßig leichtfüßig, becor er auf Stertinius Quartus zutrat.


    "Salvete!", grüßte er in die Runde, bevor er sich erneut Stertinius zuwandte.
    "Ein ehrenvoller Tag." Er wollte die geleistete Arbeit des scheidenden Präfekten würdigen. Er selbst stand noch früh genug im Mittelpunkt und sich vorzeitig in selbigen zu rücken, widersprach der claudischen Mentalität.
    Anschließend grüßte er noch einmal jeden einzelnen der umstehenden Stabsoffiziere mit einem Nicken.

  • Die Castra Praetoria befand sich außerhalb des Pomerium. Entsprechend konnte auch der Kaiser mit großem militärischem Gepränge erscheinen. Er trug die Rüstung des Oberkommandierenden mit einer Feldbinde, dazu das Paludamentum und einen Lorbeerkranz. Seinem Pferd voraus gingen zwölf Liktoren mit Beilen in ihren Rutenbündeln, ihm folgte eine Schar an Dienern, aber auch ein Augur mit seinen gefiederten Helfern, die hinter ihm in einem Käfig geführt wurden. Zuletzt folgte natürlich auch noch eine Abteilung Prätorianer, die den Kaiser heute ausnahmsweise in Rüstung begleitete.


    Severus nutzte den Anlass gleich für eine kleine Inspektion der Stadtkohorten und blickte seine Männer aufmerksam an, während er an ihnen vorbeiritt. Erst vor dem Tribunal stieg er ab und kam zu den Offizieren herauf. Dann begrüßte er zuerst den alten Amtsinhaber, dann den Neuen mit einem freundlichen "Claudius!" und schließlich die übrigen Tribune.

    ir-augustus.png 4fjhbrgq.png

    CENSOR - CURSUS HONORUM

    PONTIFEX MAXIMUS - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Als der Kaiser mit seinem Gefolge eintraf, setzte bei Menecrates eine bisher nicht gekannte Aufregung ein. Ihm wurde schlagartig bewusst, dass er am Ziel der Ziele angelangt war. Bisher wusste er vom neuen Amt, jetzt spürte er es auch. Kurz überfolg er sein Leben. Legat sein zu dürfen, war sein oberstes Ziel gewesen. Der Praefectus Urbi war genaugenommen nur ein Wunschtraum gewesen, der sich allerdings in diesem Augenblick erfüllte. Mit dieser Klarheit vor Augen und obgleich er die letzten Monate auch Zweifel hegte, weil er ungewöhnlich viel Rachsucht und Hinterhältigkeit erlebt hatte, straffte er die Haltung und sah dem Kaiser aufrecht entgegen. Der Imperator war es gewesen, der Menecrates' Zögern beendete. Ihm vertraute er, ihm wollte er dienen. Rom wollte er dienen und sein Möglichstes für dessen friedvolle Zukunft tun.


    Als der Kaiser eintraf und grüßte, deutete Menecrates ein Nicken an.
    "Ave, mein Imperator!" Seine Stimme klang zwar fest, aber sie besaß außerdem eine Spur von Feierlichkeit.

  • Der Kaiser nickte kurz auf den Gruß des Claudiers. Dann wandte er sich als letztes der versammelten Truppe zu.
    "Soldaten Roms!" rief er auf die Reihen der Männer in Paradeuniform herab. "Es ist mir eine Freude, heute wieder einmal euch alle versammelt zu sehen. Der Anlass meines Besuches ist euch sicherlich allen bekannt: Es gilt einen verdienten Präfekten zu verabschieden und einen neuen zu ernennen: Publius Stertinius Quartus wird am heutigen Tag sein Kommando über euch niederlegen, dafür wird Herius Claudius Menecrates es übernehmen, um euch auch in Zukunft gut zu führen."


    Er blickte hinter sich und zog mit einer freundlichen Geste seinen alten Kampfgefährten Stertinius an die Brüstung des Tribunals. Quartus und Severus waren bereits seit langer Zeit Freunde und der Stertinier hatte seinen "Wahlkampf" als Kaiser organisiert. Zum Dank hatte er das Consulat und die Stadtpräfektur erhalten. "Stertinius und ich blicken auf eine lange gemeinsame Geschichte zurück. Ganz Rom ist seine Karriere bekannt, wie er den Cursus Honorum bis zum Consulat durchlief, wie er sich in der Verwaltung Roms als Curator Operum Publicorum und Curator Viarum hervortat. Über die Stationen Lycia et Pamphylia und die Legio IX Hispana sammelte er auch außerhalb unserer italischen Heimat Erfahrungen und diente mir nun in den vergangenen Jahren treu als mein Vertreter für die Urbs und euer Kommandeur." Er strahlte Quartus fröhlich an. "Die Zahl der Jahre, die er dieses Amt ausfüllte, beweisen die Qualität seiner Arbeit. Ich möchte ihm deshalb ganz herzlich für seine Dienste danken und hoffe, dass er unserem Imperium noch lange zur Verfügung steht." Wieder drehte er sich zu dem Stertinier und umarmte ihn. Die Soldaten jubelten.


    Damit war die Entlassung abgeschlossen. Stertinius Quartus war kein großer Redner. Also hatte er darum gebeten, auch heute keine Ansprache halten zu müssen. Stattdessen trat er mit einem zufriedenen Lächeln wieder zurück in die Reihe der Offiziere.


    Der Kaiser blickte dagegen wieder zu den Männern. "Um euch aber auch weiter in guter Obhut zu wissen, möchte ich euch auch gleich euren neuen Präfekten vorstellen." Wieder blickte er zu den Offizieren und gab nun dem Claudier ein Zeichen, an seine Seite zu treten. "Dieser Mann hier ist Herius Claudius Menecrates. Auch er wird euch bekannt sein, denn vor nicht einmal einem Jahr bekleidete er das Consulat hier in Rom und machte sich mit zahlreichen Spielen und öffentlichen Opfern unvergesslich!" Er hob beschwichtigend den Zeigefinger. "Was euch aber sicherlich besonders freuen wird: Er ist trotz dieser Leistungen weniger ein Mann des Geredes und der Politik als ein Soldat! Obwohl Patrizier diente er als einfacher Soldat und stieg bei der Legion Trajans in den Rängen bis zum Tribun auf! Und kaum hatte er die erforderlichen Ämter im Cursus Honorum bekleidet, kehrte er als Legat zum Exercitus zurück und kommandierte die Legio II Germanica." Dass er dabei erkrankte und deshalb kaum am Feldzug gegen Salinator teilnahm, sparte Severus aus. Er hatte ja sowieso vor, dieses Kapitel der römischen Geschichte weniger hervorzuheben. Es spaltete nur. "Ihr könnt also versichert sein, dass ihr unter seinem Kommando stets ein offenes Ohr habt." Er lächelte verschmitzt. "Vielleicht sogar mehr als die Bürokraten in der Praefectura Urbis." Nun wandte er sich an Menecrates selbst. "Aber ich bin sicher, dass du, Claudius, mir ebenso wie Stertinius Quartus ein würdiger Stellvertreter in allen Fragen der Cura Urbis sein wirst. Lasst uns also auch die Zustimmung der Götter einholen, um dich in das neue Amt einzuführen."


    Der Augur hatte sich nicht mit auf das Tribunal begeben, sodass auch der Kaiser nun wieder hinunter auf den Exerzierplatz stieg und Menecrates bedeutete, ihm zu folgen. Die Einholung der Auspizien ex tripudiis war eine uralte Zeremonie, die schon Divus Iulius auf Feldzügen angewandt hatte. Da auch Menecrates ein Soldat war, hatte Severus sich für diese Form entschieden. Auch wenn der Claudier selbst keinen Anteil an der Zeremonie hatte (nur der Träger eines Imperium wie der Kaiser durfte Auspizien einholen), sollte er aus nächster Nähe zusehen. So wurde er Zeuge, wie Severus in einer uralten, festgelegten Form die Zustimmung des Iuppiter Optimus Maximus für die Entscheidung einholte, den Quiriten Herius Claudius Menecrates als Praefectus Urbi zu berufen. Daraufhin erfolgten Gebete des Auguren, bis schließlich der kleine Hühnerkäfig geöffnet wurde und das Federvieh herauskam. Unter weiteren Formeln wurden Körner auf den Boden gestreut, die die Vögel fraßen. Dann erklärte der Augur die Zustimmung des Göttervaters zu der Entscheidung des Kaisers.
    "Herzlichen Glückwunsch, Claudius!" bemerkte der Aquilier daraufhin in Richtung Menecrates und schüttelte ihm zufrieden die Hand. "Möchtest du ebenfalls ein paar Worte an die Truppe richten?"

    ir-augustus.png 4fjhbrgq.png

    CENSOR - CURSUS HONORUM

    PONTIFEX MAXIMUS - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Als der Claudier eintraf, erwiderte Lucius den Gruß mit einem Nicken - auch wenn er den Typen nicht mochte, musste er seinem Vorsatz treu bleiben, sich ihm einzuschleimen. Aber glücklicherweise ergab sich nicht die Gelegenheit zu weiterem belanglosen Geschwätz, denn dann kam schon der Kaiser.
    "Oculos ad sinistram!"
    befahl Pegasus und die Blicke der Männer hefteten sich an den berittenen Oberkommandierenden. Lucius musste daran denken, dass sie als Truppe den Kaiser doch relativ selten sahen - und er konnte sich kaum erinnern, überhaupt einmal mit ihm gesprochen zu haben, obwohl er nun schon einige Jahre in Rom stationiert war.


    Als der Aquilier dann das Tribunal hinaufgeklettert kam, grüßten die Tribune militärisch:
    "Ave, Imperator!"
    Dann hieß es wieder Klappe halten - der Kaiser kam direkt zur Sache und begann eine Ansprache. Es erstaunte Lucius, dass Stertinius Quartus tatsächlich einmal ein militärisches Kommando gehabt hatte - er hatte sich in seinen Jahren bei den Cohortes Urbanae kaum um den militärischen Part seiner Arbeit gekümmert. Lucius hatte ihn deshalb als Bürokraten und Amtsschimmel abgestempelt - der aber offensichtlich gute Beziehungen zum Kaiserhof hatte... weil er frühzeitig auf das richtige Pferd gesetzt hatte: Er hatte die politische Freundschaft zu Aquilius Severus gepflegt und als Gegenleistung eine steile Karriere erhalten. Claudius Menecrates war nicht unbedingt ein Anwärter auf den Kaiserthron - wenn es stimmte, was man hörte, hatte er im Senat einige Feinde! Aber trotzdem würde es sich vielleicht auszahlen, sich mit ihm gutzustellen... Gelegenheit würde sich ja ergeben, wenn er dem Kohorten tatsächlich etwas mehr Aufmerksamkeit schenkte - vielleicht würde sich dann auch der schlechte Start bei der Kommission wegwischen lassen.


    Zuvor musste diese Zeremonie aber abgeschlossen werden. Also spendete der Petronier brav Applaus, als die Reden beendet waren und wartete dann artig, während der Augur sein seltsames Zeremoniell abspulte. Lucius hatte gehört, dass die Auguren den Hühnern einfach wenig zu Essen gaben, sodass das Zeichen immer günstig war - was für ein lächerliches Ritual!

    cu-tribunuscohortisurbanae.png petronia2.png

    Klient - Herius Claudius Menecrates

    DECURIO - MOGONTIACUM

    MUNICEPS - MOGONTIACUM

  • Menecrates verfolgte die Ansprache des Kaisers und ein Mundwinkel ging eine Winzigkeit nach oben, als Stertinius vorgezogen wurde. Wer einmal den Senat erlebte, konnte kaum glauben, dass es noch anderweitigen Umgang miteinander gab. Hier erlebte er ihn und betrachtete es als gutes Zeichen. Kein göttliches Zeichen, sondern eines von Menschen für Menschen gemacht. Letzteres war weniger unberechenbar als die Götter, sofern sich der jeweilige Mensch nicht wie ein Fähnchen im Winde drehte. Auch solche Römer kannte Menecrates, aber er wollte nicht abschweifen und konzentrierte sich auf die Fortsetzung der Ansprache. Es erklangen lobende Worte zu einem kurzen Abriss des Werdegangs des scheidenden Präfekten. Die folgende Umarmung wusste Menecrates nicht in Gänze einzuschätzen. Er führte sie auf freundschaftliche Bande zurück.
    Nur wenige Augenblicke nach dieser Geste des Dankes erhielt Menecrates die Aufforderung vorzutreten, nachdem er als Nachfolger benannt wurde. Er trat neben den Kaiser und schaute auf die angetretenen Kohorten, während der Kaiser ihn der Truppe näher vorstellte. Da die Stimmung angenehm und unverkrampft war, erlaubte er sich wieder ein winziges Schmunzeln, als die Sprache auf seinen Opfermarathon kam. Es beruhigte ihn, dass die Anstrengungen von außen wahrgenommen wurden, nachdem er monatelang tagtäglich nicht nur für den reibungslosen Ablauf jedweder Opferung sorgte, sondern nachts sogar davon träumte. Auch für ihn würde dieses Consulat unvergesslich bleiben. Zu den nachfolgenden Worten über seinen militärischen Werdegang nickte er - auch wieder mehr in Andeutungen als besonders augenfällig. Er schätzte sich glücklich, das Handwerk, sofern es als solches bezeichnet werden konnte, von der Pieke auf erlernt zu haben, weil er noch vor der Militärreform dem Exercitus zustrebte. Er kannte jeden Dienstgrad und fast alle Unbilden, hatte eine straffe Schule in der Prima absolviert und einige Kommandowechsel erlebt bis er schließlich selbst kommandierte. Er nickte, dieses Mal aber deutlich, als der Kaiser mutmaßte, die Soldaten könnten dem neuen Präfekten näher als die Beamten stehen. Das betraf sein Herz, aber in seinen Entscheidungen würde er keine Seite vorziehen. Das wäre auch mit nichts zu rechtfertigen.


    Anschließend wandte sich der Kaiser ihm direkt zu.
    "Ein würdiger Stellvertreter, aber vor allem vertrauenswürdiger Stellvertreter", erwiderte Menecrates auf die direkte Ansprache des Kaisers an seine Person. Es folgte die Einladung, den Auspizien aus nächster Nähe beizuwohnen, die Menecrates gern annahm. Er folgte dem Kaiser auf den Platz und verfolgte interessiert die Gebete und das spätere Verhalten der freigelassenen Hühner. Einzig seine Familie, sicherlich auch noch sein Sekretär wussten von der persönlichen Sympathie des Claudiers gegenüber allem Vogelähnlichen. Menecrates liebte Vögel. Er konnte ihrem Gesang stundenlang lauschen und auch das Gackern der Hühner mochte er. Mit keiner Faser seines Herzens fürchtete er, die gefiederten Tierchen könnten ihm etwas Schlechtes offenbaren. Er spürte daher keine Erleichterung, als die Prozedur für gelungen erklärt wurde, weil er zu keiner Zeit Anspannung verspürt hatte. Er bedankte sich mit einem Nicken beim Augur und anschließend beim Federvieh, um sodann die Glückwünsche des Kaisers in Empfang zu nehmen.


    Sein ohnehin gelockerter Gesichtsausdruck erhellte sich in diesem Moment noch mehr und er erwiderte den Händedruck fest, während er dem Kaiser in die Augen sah. "Ich bedanke mich für das Vertrauen und versichere, es niemals zu enttäuschen. Sehr gern möchte ich Begrüßungsworte an die Truppe richten." Er löste den Händedruck und Blick, dann wandte er sich an die angetretenen Männer.


    "Milites!" Sein Blick schweifte über die Kohorten und streifte die Stabsoffiziere, bevor er den Blick wieder auf den Exerzierplatz richtete. "Ich selbst habe mehrere Kommandowechsel erlebt und glaube zu wissen, was in etwa in euch vorgeht. Die einen mag Skepsis beherrschen, die anderen freut der Wechsel und wieder andere fürchten ihn. Ich kann euch versichern, die grundlegenden Dinge werden sich unter meinem Kommando nicht ändern. Ihr seid die Beschützer der Urbs.
    Mein Ziel ist es, eine weitgehend friedliche Zukunft für alle Bewohner Roms zu sichern. Es kann die eine oder andere Umstellung geben, das ändert aber nichts an eurem Generalauftrag. Wir werden ihn gemeinsam umsetzen, keiner steht hier allein. Einsatz wird von mir belohnt werden und da ich die Auffassung vertrete, nur das von euch verlangen zu können, was ich selbst vorlege, erteile ich mir eine Bringeschuld, was bedeutet: Ich muss in Vorleistung gehen.
    Insofern wünsche ich euch einen weitgehend entspannten Tag. Getränke habe ich zur Erfrischung jetzt und zur feierlichen Begehung nach dem Dienst bereitgestellt.
    Gehen wir es gemeinsam an! Für Rom, für unseren Kaiser!"

  • Der Kaiser quittierte die Beteuerungen des Claudiers mit einem zufriedenen Lächeln. Er war zuversichtlich, dass er eine gute Wahl für dieses Kommando getroffen hatte.


    Nach den Auspizien kehrten sie auf das Tribunal zurück, von wo aus Menecrates seine kurze Ansprache hielt. Er deutete an, dass es Änderungen geben würde. Auch Severus war gespannt, wie sich seine Pläne entwickeln würden. Er selbst war ja skeptisch. Aber der Claudier würde schon keine allzu gravierenden Dummheiten begehen.


    Am Ende klatschte auch er ein wenig Beifall, ehe er sich den Offizieren zuwandte. "Meine Herren, es war mir eine Freude, euch wieder einmal zu treffen. Leider habe ich heute noch einige Termine zu absolvieren, die Kalenden des Augustus sind ja geradezu voll von Tempelweihfesten. Aber ich habe ja glücklicherweise gerade eben einen Stellvertreter bestimmt." Er zwinkerte dem Claudier vergnügt zu.


    Dann nickte er seinem Privatsekretär zu, der unterhalb des Tribunals beim kaiserlichen Stab stand. Sofort machte sich Aufbruchstimmung breit. Die Liktoren formierten sich und auch die Centurionen der Stadtkohorten brachten ihre Männer in hab-Acht-Stellung. Dann zog der Kaiser auch schon wieder ab.

    ir-augustus.png 4fjhbrgq.png

    CENSOR - CURSUS HONORUM

    PONTIFEX MAXIMUS - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Menecrates hatte nicht damit gerechnet, dass der Kaiser seiner kleinen Ansprache Beifall zollte. Genaugenommen hatte er mit einigem nicht gerechnet. Vor allem nicht mit einer derart lockeren Stimmung, die bei aller Ernsthaftigkeit der Vorgänge keinerlei Verkrampfung aufkommen ließ. Er lachte daher auf - zwar dezent, aber hörbar, als ihm das Zwinkern samt Ausspruch gewahr wurde. Tauschen würde er aktuell mit dem Kaiser nicht. Er stand hier genau richtig und Tempelweihfeste erinnerten ihn zwangsläufig an sein Consulat.


    Zu weiteren Gedankengängen kam es aber nicht, weil sich der Kaiser zum Aufbruch fertigmachte. Das Kommando 'State!' erklang vielstimmig und wenige Augenblicke später zog der Kaiser samt Gefolge ab. Durch den Abmarsch der kaiserlichen Abordnung herrschte ohnehin Stille auf dem Platz, sodass Menecrates sofort Gehör fand.


    "Dort, wo es der Dienstplan zulässt, bekommen die Soldaten bis zum Dienstrang des Centurio den heutigen Tag frei. Keine der Aufgaben darf dadurch nachlässig ausgeführt werden, daher werden die meisten von euch heute nicht in den Genuss freier Stunden kommen. Es wird aber sichergestellt, dass bis zum Ende des Monats jeder einzelne Soldat und Offizier diese Freistunden in Anspruch nehmen kann.
    Ab jetzt beginnt unsere gemeinsame Wacht!"


    Er wandte sich an die Stabsoffiziere.
    "Für uns beginnt die Arbeit ebenfalls jetzt und zwar ohne Gewährung von Freistunden. Tribuni, lasst die Cohorten geordnet wegtreten. Anschließend treffen wir uns in einem mir noch zu benennenden Officium der Principia. Tribun Petronius.“ Er wählte Petronius Crispus, weil er ihn als einzigen und zwar durch die Ermittlungskommission kannte. "Ich beabsichtige, hier in der Castra ein Officium zu beziehen, in dem ich zwar regelmäßig, aber nur zu speziellen Zeiten erreichbar bin. Die weitaus größte Zeit werde ich in der Praefectura Urbis weilen. Die Entscheidung über das Officium und dessen Herrichtung lege ich in deine Hände."

  • Pegasus, der dienstälteste Tribun, salutierte zuerst, als der Kaiser sich verabschiedete und gab dann das Kommando.
    "Milites state! Oculos ad sinistram!"
    Das wurde von den Centurionen weitergegeben. Lucius salutierte ebenfalls und sah dann dem mächtigsten Mann im Imperium hinterher. Bevor er aber Gedanken darüber nachhängen konnte, wie er dem Mann etwas näher kommen konnte, sprach ihn Claudius Menecrates an.


    Der Auftrag war relativ simpel und es wunderte ihn, dass ausgerechnet er damit betraut wurde - das war doch eher eine Aufgabe für einen Cornicularius! Aber er hatte sich ja vorgenommen, sich bei dem Mann einzuschleimen. Und nachdem Tiberius Verus so leichtes Spiel gehabt hatte, war der Claudier vielleicht wirklich recht leicht zu beeinflussen...
    "Wir haben bisher immer unsere Stabsbesprechungen in einer Exedra in der Principia abgehalten. Stertinius Quartus-"
    Er sah zu dem Amtsvorgänger, der gerade mit seinem - seit gerade eben ehemaligen - Cornicularius sprach.
    "-hat uns immer dort getroffen. Ich kann aber auch ein Officium organisieren."
    Beziehungsweise Maro konnte das machen...
    "Bis das eingerichtet ist, stelle ich gern mein Officium zur Verfügung."

    cu-tribunuscohortisurbanae.png petronia2.png

    Klient - Herius Claudius Menecrates

    DECURIO - MOGONTIACUM

    MUNICEPS - MOGONTIACUM

  • Menecrates zögerte einen Moment mit der Antwort, weil er überlegte, worin das Missverständnis bestand. Dass eines vorlag, glaubte er sicher. Da Grübeln aber zu nichts führte und er ohnehin gern die Dinge ansprach, die ihn bewegten, strebte er eine sofortige Klärung an.
    "Wir nutzen ebenfalls die gewohnte Exedra für die anstehende und jede weitere Besprechung", entschied Menecrates. Er wollte diesbezüglich keine Neuerungen einführen, sondern nur den jeweiligen Raum gesagt bekommen. Dass ihn das Benennen des Besprechungsraumes nicht ganz ans Ziel brachte, wurde ihm bewusst, aber da sie den Exerzierplatz gemeinsam verlassen würden, sollte sich das Auffinden des Raumes automatisch ergeben.
    "Das von mir angesprochene bzw. gewünschte Officium soll nicht alternativ gefunden werden, sondern zusätzlich. Es soll nicht den üblichen Stabsbesprechungen dienen, wenngleich sicherlich die eine oder andere Besprechung darin stattfinden wird. Ich möchte hier in der Castra einen eigens für mich eingerichteten Arbeitsraum haben, weil ich beabsichtige, die eine oder andere Stunde länger hier zu verweilen als nur für die Zeit der Stabsbesprechungen. Heute nutze ich die Exadra. Sollte die Bereitstellung meines Arbeitsraumes längere Zeit in Anspruch nehmen, dann nehme ich gern dein Angebot zur vorübergehenden Nutzung deines Raumes an." Die Verantwortung wurde an Petronius übertragen. An wen er weiter delegierte, lag in seiner Entscheidung.
    Ob jetzt alle Missverständnisse ausgeräumt waren, würde die Reaktion des Tribuns zeigen. Möglicherweise hatte auch Menecrates den Tribun nicht richtig verstanden. Da der Claudier nicht zu den Personen gehörte, die sich für unfehlbar hielten, schloss er letztes nicht aus.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!