Taverne "Zum blinden Esel" gegenüber der neuen Urbanerstation

  • Lurco, Pullus und Kyriakos betraten gemeinsam die Taberna der blinde Esel. Der hiesige Besitzer war laut Information der Sklavin ebenfalls eine Krähe.


    Pullus blieb in der Tür stehen, während Lurco sein Schwert zückte.


    "DAS IST EINE RAZZIA!


    ALLES AUFSTEHEN, MIT DEM GESICHT ZUR WAND!


    HÄNDE ÜBER DEN KOPF!


    ZÜGIG!", befahl der Urbaner.

  • << Ruinen des Lupanars Ganymed - Die Schlinge zieht sich zu


    »Ja«, sprach Kyriakos ruhig.


    Die im allgemeinen Trubel kaum hörbare Bestätigung der gebrüllten Anweisung des Urbaners war unnötig für die Anwesenden. Sie galt ihm selbst, gab ihm die Erlaubnis, zuzulassen, wofür er 13 Jahre seines Lebens geblutet hatte, um es zu lernen. Sieben Jahre davor hatte er in Frieden gelebt, sieben Jahre danach in einer anderen Art von Krieg. Das Schnitzmesser lag gut in seiner Hand, er hatte es von Velias Gold gekauft und nun würde er sie damit rächen. Es handelte sich nicht um eine Waffe, es war Werkzeug und somit legal, doch Kyriakos könnte genau so gut mit einem Stein oder einem stabilen Stock einen Menschen töten oder mit den bloßen Händen. Sein Herz schlug sehr schnell, sein Geist war still und klar wie die Oberfläche eines Sees, unter der ein bodenloser Abgrund lag, kalt und dunkel.


    Die Gäste und das Personal drehten Gesichter mit aufgerissenen Augen und Mündern in Lurcos Richtung. Das Schwert in seiner Hand sprach eine deutlichere Botschaft als seine Worte. Kyriakos hob das Messer, es zeigte auf einen blonden, kräftig gebauten Mann, der sich zusammen mit den anderen an die Wand stellte.


    »Ein Bauarbeiter von der Station«, sprach Kyriakos. Einer von denen, die nach der Katastrophe nicht mehr an der Baustelle aufgetaucht waren. Nicht nur die Urbaner hatten Grund, diese Klientel genau im Auge zu behalten.

  • Lurco folgte dem Hinweis von Kyriakos und ging direkt auf den Mann zu. Ohne zu zögern verdrehte er ihm den Arm auf den Rücken und hielt sein Schwert an dessen Nacken.


    "Mitkommen", befahl Lurco.
    "Nimm einen Stuhl mit", bat Manius Kyriakos und zerrte den Kerl mit ins Hinterzimmer, während Pullus weiter mit gezogenem Schwert die Tür blockierte und die Personen im Auge behielt.


    Das hier war eine ureigene Angelegenheit der Urbaner. Die Krähen hatten zum Kampf geblasen, nun wurden die Vögel gerupft.


    Lurco wartete mit dem Pseudo-Bauarbeiter im Hinterzimmer auf Kyriakos, der Kerl in seiner Hand schien alles andere als glücklich zu sein.

  • Kyriakos griff mit der freien Hand unter eine Stuhllehne. Er henkelte die Finger nicht locker ein, sondern umschloss das Holz kraftvoll. Ein Stuhl bildete, richtig eingesetzt, Schild und Waffe in einem. Die Art, wie er das Möbelstück hielt, ließ darauf schließen, dass er es ohne Mühe mit den Beinen voran in ein Gesicht stoßen oder auf einen Kopf niederknallen lassen konnte.


    Ein letzter Blick, der einmal rundherum ging und die Körperhaltung der Gäste analysierte, doch momentan machte keiner Anstalten, einen plötzlichen Ausfall zu versuchen. Pullus hatte die Situation im Griff. Ein Gladius schlug schreckliche Wunden, sagte man. Vielleicht würde Kyriakos heute sehen, wie schrecklich - und ob sie an das Schlachtfest herankamen, das man mit einer Kopis veranstalten konnte.


    Der Urbaner hatte das Kommando übernommen und Kyriakos, der dazu gedrillt worden war, Befehle um jeden Preis zu erfüllen, ordnete sich ohne nachzudenken unter. Er folgte Lurco und wartete stoisch, doch hochkonzentriert auf weitere Befehle.

  • Lurco schnappte sich den Kerl und buxierte ihn auf den Stuhl.


    "Fessele dem Kerl die Arme auf dem Rücken, er möchte sich mit uns unterhalten", bat Lurco Kyriakos. Sie waren in einem Lagerraum, hier wurde alles für die Küche und die Gäste verwahrt. Kordeln und Band gab es hier genug. Zur Not tat es auch ein zerschnittener Sack.


    Draußen war weiterhin alles ruhig, sehr gut.

  • Kyriakos ließ die Tür offen, er hatte keinen Befehl, sie zu verschließen und es war besser, wenn sie mitbekamen, was draußen geschah. Pullus war allein mit vielen Männern, sehr vielen, und einige davon waren robust gebaut. Kyriakos stellte den Stuhl so auf den Boden, dass Lurco beim Verhör den Schankraum im Auge behalten konnte.


    »Was wollt ihr von mir?«, keuchte der Mann.


    Kyriakos ignorierte ihn, zog ein Seil von einer Kiste, mit dem diese für den Transport verschlossen war, zog dem Mann die Arme durch die Lehne auf den Rücken und verschnürte sie fest miteinander. Sofort schwollen dessen Hände rot an. Sie würden bald sehr weh tun.

  • Der Mann versuchte, aufzustehen. Seine Stirn glänzte feucht.
    »Ich weiß nicht, wovon du sprichst, lass mich gehen!«

  • Eine Platzwunde klaffte auf seiner Stirn. Innerhalb der stark geschwollenen Wundränder klaffte ein Loch, aus dem das Blut über Stirn und Nase floss. Der Mann drückte die Beine durch. Als er sich nicht aufstellen konnte, bekam er Panik und trat nach Lurco.


    »Bei den Göttern, du bringst mich um«, schrie er. Eine zeitlang sagte er nichts mehr, sein Bauch bewegte sich wie ein Blasebalg, als er versuchte, seine Panik in den Griff zu bekommen. »Vielleicht ... kann ich euch helfen«, versuchte er in kumpelhaftem Ton zu sagen. »Lasst ihr mich danach gehen?«

  • Lurco wich mit einer geschickten Drehung dem Tritt aus, die fast wie ein Tanzschritt wirkte. Für den Tritt kassierte der Kerl eine Ohrfeige mit der flachen Hand, die seinen Kopf zur Seite schleuderte.


    Manius steckte sein Schwert weg, beugte sich zu der Krähe herab und riss dessen Gesicht zu sich nach vorne. Er schaute dem Mann für einen Moment fest in die Augen ehe er diabolisch grinste.


    "Merk Dir genau mein Gesicht Krähe, es ist das Letzte was Du sehen wirst. Zum Antworten benötigst Du keine Augen", erklärte der Urbaner und tippte mit dem Dolch unter das linke Auge des Mannes.


    "Du hast genau zwei Versuche, wieso dürfte klar sein", lächelte Lurco.


    Das Lächeln des Urbaners wirkte wie aus dem Abgrund, ein Lächeln wie in Watte gepackter Stahl. Ihm war es noch nie so ernst mit etwas gewesen, wie diesen Kerl der seine Kameraden auf dem Gewissen hatte zum Sprechen zu bringen.

  • Lurco stieg schlagartig in seiner Achtung. Bislang hatte Kyriakos jeden, der kein Spartiate war, bestenfalls für zweitklassig gehalten. So war es ihm beigebracht worden. Doch wenn er Lurco beobachtete ... so hätte aus diesem ein guter Spartiate werden können. Der Mann war in Roma geboren, ein Jammer. Und doch, auf eine Weise, gut für ihn. Einen Augenblick blitzte eine tiefschwarze Erinnerung aus seiner Heimat in Kyriakos auf, die er sofort beiseite schob. Mit ausdruckslosem Gesicht beobachtete er das Treiben des Urbaners, doch auch Kyriakos wollte diese Brut bluten sehen.


    Er war der Überzeugung, dass sie Velia auf dem Gewissen hatten, auch wenn er es nicht beweisen konnte. Denn dass sie regelmäßig einen alten Mann in einer bewachten Casa besuchte, war Kyriakos nicht entgangen, der sich gern die Zeit damit vertrieben hatte, Velias Schritte lautlos zu verfolgen und ihr Treiben zu beobachten. Das Haus lag zudem in der Subura, dort kannte er jeden dreckigen Winkel. Es mochte Leute geben, welche die Wachen mit Bettlern verwechselten - doch Kyriakos konnten sie nicht täuschen.


    Derweil stieß der Mann auf dem Stuhl einen angstvollen Schrei aus, er hyperventilierte und schnappte nach Luft in dem Versuch, etwas zu sagen.


    »Bitte, ich habe Familie«, wimmerte er. »Ich werde sprechen, bei den den Laren und den Manen dieses Ortes, hör auf!«

  • "Familie... Das hatten Eure Opfer auch, da bist Du keine Ausnahme. Letzter Versuch", sagte Lurco und stach zu.


    Der Gefangene spürte zuerst nichts, ehe sich ein stechender, reißender Schmerz wie flüssiges Metall in seinem Schädel ausbreitete. Vor Pein wurde ihm regelrecht schlecht. Seine Sicht verschwamm und erlosch auf einem Auge.


    Als er sich wieder gefangen hatte, sah er mit seinem verbliebenen Auge, wie Lurco seinen linken Augapfel von seinem Dolch zog. Er drückte dem Kerl mit den Fingern den Mund auf und schob ihm das eigene Auge in den Rachen.


    "Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ich halte ja sonst nichts von Christen, aber von Rache verstehen sie was: Ich denke Mars verzeiht mir diese kleine Ausnahme", sagte Lurco erstaunlich sanft und setzte den Dolch erneut an.


    "Die Fragen und die Regeln sind bekannt. Also?", hakte er nach.

  • Ein Würgen ging durch den Körper, der Blonde erbrach sich. Sein Augapfel wurde mit einem Schwall von Cervisia, halbverdauter Puls und Magensäure hervorgespült. Er hatte dermaßen viel Angst, dass es unerträglich war, er wollte nur, dass der Kerl aufhörte, ihn zu quälen und dass er ihn laufen ließ!


    »Es gibt ... zwei Hauptquartiere, von denen ich weiß«, stammelte er mit heiserer und zitternder Stimme. »Eine Casa in der Subura und die Katakomben bei der Via Appia

  • Lurco zog sich ein Stück zurück und schaute Kyriakos rückversichernd an.
    "Hast Du von den beiden Orten schon gehört? Sagen sie Dir etwas? Ich werde natürlich "nachbohren" müssen, ob uns dieses Vögelchen nichts falsches vorsingt um seine Federn zu retten.


    Zudem fehlt noch die Information, wo sich der Besitzer dieser Taberna befindet. Also raus damit, wo ist der Alte? Ich weiß, dass er einer von Euch ist. Es wäre besser Du spuckst alles aus, Du scheinst einen empfindlichen Magen zu haben. Du solltest weniger Garum zu Dir nehmen", sagte Lurco hilfsbereit und wartete auf Kyriakos Antwort ehe er denn Mann weiter befragte.

  • Kyriakos nickte knapp. »Ich denke, ich kenne diese Casa. Ein alter Mann wohnt darin. Ich bin nicht sicher, aber ich vermute, es ist der Wirt des Blinden Esels. So groß ist die Subura nicht, nur verschachtelt, und fast jeden hier kennt man nach einiger Zeit vom Sehen.«


    Der Verhörte hing zitternd auf dem Stuhl, wobei er versuchte, so viel Abstand wie möglich zwischen Lurco und sich zu bringen.


    »Es ist Helvetius Archias, der Wirt ist die Krähe«, keuchte er. Draußen hatten es alle mitgehört und das war dem Mann bewusst. »Er war zuletzt in den Katakomben, seither weiß ich nichts von ihm. Bei den Göttern, die bringen mich um!«

  • Lurco tätschelte dem Verhörten dankbar die Schulter.


    "Danke für Deine Kooperation, nein sie werden Dich nicht umbringen. Du darfst gehen Krähe", sagte Lurco ruhig und schnitt dem Kerl die Kehle von einem Ohr zum anderen auf.


    "Du musst nicht mal laufen. Du fährst sogar... zum Abgrund", zischte Lurco leise.


    Er schaute zu wie blutige Blasen aus dem Kehlschnitt des Mannes traten als die verzweifelt versuchte zu atmen. Seine Blase und sein Darm entleerten sich im verzweifelten Todeskampf, dann ging ein letztes Zittern durch seinen Körper ehe er still in den Fesseln hing.


    "Hast Du drinnen noch wen erkannt? Oder noch eine andere Leiche entdeckt?", fragte Lurco und reinigte seinen Dolch an der Kleidung des Toten.


    "Man ich glaube der hatte Knoblauch gegessen", stöhnte Lurco.

  • »Du machst das öfter«, stellte Kyriakos fest. Er beobachtete das Schauspiel des Sterbens mit einer Mischung aus Faszination, Abscheu und Furcht. Letzteres durfte man nicht aussprechen. Er wusste, wie es aussah, wenn Heloten ... wenn Menschen starben. Auch für ihn war das kein Neuland. Völlig abgestumpft - war er nicht. Doch er tat erfolgreich so, als wäre er es.


    Er nickte in Richtung Tür.


    »Der kleine Muskelprotz mit der Halbglatze, das Pickelgesicht und der dicke Rotschopf. Die drei.«

  • "Gerechtigkeit üben? Ja. Das hier? Nein zum ersten Mal. Aber ich sah auch zum ersten Mal Kameraden sterben. Ich sah zum ersten Mal wie dieses Ungeziefer unbescholtene Bürger abschlachtete, um sich einen Fluchtweg frei zu schlitzen.


    Ich sah zum ersten Mal, wie gute Männer auf Arbeit hinterrücks erstochen wurden, nur weil sie ihrer Arbeit auf unserer Station nachgingen. Ich sah zum ersten Mal wie Kameraden verbrannten und von Trümmern erschlagen wurden. Wie das gleiche Ungeziefer auch Dich und Deine Männer fast umgebracht hätte.


    All das sah ich zum ersten Mal und fragte mich wo war Rom da?
    Wo war der Mann der für all diese Leute aufstand und einstand?
    Wo war da ein Urbaner den es scherte?
    Wo?


    Es scherte mich und ich bin hier. Du bist hier, mein Kamerad ist hier - dass muss reichen. Also ja mein erstes aber nicht mein letztes Mal", antwortete Lurco ehrlich.


    "Bringt zuerst die Pickelfratze rein, dann den Fettsack und dann den selbstverliebten Fleischberg", bat Lurco.

  • Kyriakos starrte Lurco an, dessen Dolch von Blut tropfte. Lurco hatte es geschert. Er hatte auch Python aus den Flammen gezogen und war für Iugurtha noch einmal in das Inferno gegangen. Das Leben eines Lupos war nichts wert, ganz gleich, ob es Peregrini waren oder Sklaven oder abgewrackte Cives. Die Vigiles hatten die Sklavin aus dem brennenden Lupanar geschleppt und sich danach aufopferungsvoll um sie gekümmert, während Kyriakos´ Leute starben.


    »Du verdienst ein Denkmal«, fand Kyriakos. »In einem Brunnen aus Blut.«


    Anders konnte er nicht ausdrücken, wie gerührt er von der Sorge und dem Gerechtigkeitssinn dieses Mannes war. Andere hätten ihn nun vor Dankbarkeit umarmt. Kyriakos fand, dass eine steinerne Statue ein guter Weg wäre, Dankbarkeit auszudrücken.


    Er folgte dem Wunsch des Urbaners und führte den pickligen Burschen zu ihm. Er schrie auf, als er die Leiche sah und begann sich zu gebärden, doch Kyriakos hielt ihn in einem Transportgriff und der Jugendliche kam nicht frei.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!