[vor der Castra] Zwei neue Rekruten

  • Zwei neue Rekruten


    Da oben war die Castra Praetoria! Nur noch hundert Meter!


    Scato keuchte, während er sich die Via Tiburnia Vetus hinaufquälte, die zum Ziel seiner Träume führte. Die Castra ... nur noch ein kleines Stück! Es ging immer steiler bergan, den Hang des Viminal hinauf und er war nach seiner Flucht durch die Stadt so kurz vor dem Ziel durchgeschwitzt und fix und alle.


    Schuld an seiner Misere war dieses Weib, das ihm eigentlich hatte helfen sollen, seine schreckliche Cousine Iunia Axilla. Wegen ihr würde er sich zum Gespött machen, wenn er so nass im Rekrutierungsbüro aufkreuzte. Nein, er musste vorher abkühlen, sonst hielten die Offiziere ihn für einen Schlaffi und schickten ihn gleich wieder nach Hause.


    Völlig erledigt pflanzte Scato seinen Hintern auf ein kniehohes Mäuerchen, das ihn sogleich angenehm kühlte. Seinen Reisebeutel, den er an einem langen Stab trug, lehnte er daneben. Erst einmal einen Schluck trinken. Er wühlte nach seinem Wasserschlauch. Richtig gut wäre nun ein Regenguss, damit niemand sah, wie verschwitzt er war.


    Mit kritischem Blick betrachtete er den Himmel. Keine Wolken, aber es war etwas diesig. Vielleicht wurde das noch was? Wenn nicht, musste er eben trocknen statt durchweichen. Während er trank, beobachtete er die Passanten, um sich die Zeit zu vertreiben.

  • Lurco ging strammen Schrittes Richtung Castra Praetoria, dabei hatte er seinen Lacerna fest um sich geschlungen. Sein Bündel trug er geschnürt über dem Rücken, ein einfacher Sack den er der Bequemlichkeit halber so trug.


    Es war nicht wirklich kalt, aber es war klamm. Nicht dass ihm das Wetter groß etwas ausmachte, aber er wollte auch nicht mit durchweichter Tunika vorsprechen. Für den ersten Eindruck, gab es keine zweite Chance. Deshalb wollte er so ordentlich wie möglich im Rekrutierungsbüro ankommen.


    In Gedanken ging Lurco alle möglichen Szenarien durch, die ihn dort erwarten konnten. Das er aufgeregt war, würde er nicht verbergen können. Dies war ein entscheidender Moment in seinem Leben. Sollte man ihn tatsächlich annehmen, dann war sein Leben für die nächsten Jahre vorbestimmt.


    Seine Sandalen gaben seltsame Geräusche von sich auf der leicht nassen Straße. Auch er schaute kurz zum Himmel hinauf, entweder musste die Sonne den Dunst vertreiben oder ein Regenschauer musste den Schmierfilm wegwaschen. Aber das was zur Zeit in der Luft hin, erinnerte ihn an die Luft in einer Waschküche.


    Ein anderer junger Mann saß auf einer Mauer vor der Castra und schaute ebenfalls nach oben. Auch er war mit leichtem Reisegepäck unterwegs, nur trug er sein Bündel an einem Wanderstab. Scheinbar hatten sie das gleiche Ziel.


    Lurco blieb stehen, schaute kurz erneut zum Himmel und dann auf den Burschen. Er sah fertig, regelrecht erschöpft aus. Der junge Mann war durchgeschwitzt und verschnaufte dort einen Moment. Lurco dachte sich, dass dies eine gute Gelegenheit wäre, direkt einen ersten freundschaftlichen Kontakt zu knüpfen.


    "Salve, ebenfalls mit Bündel bergauf unterwegs? Das seltsame Wetter raubt einem dem Atem. Ebenfalls zum Rekrutierungsbüro der Cohortes Urbanae unterwegs? Was hat Dich derart bei der Suppe am Himmel in Eile versetzt?", sagte Lurco freundlich.


    Er hockte sich neben den möglichen Kameraden, nahm sein Bündel vom Rücken und spähte hinein. Ein Bissen um die Nerven zu beruhigen konnte nicht schaden. Lurco nahm sich ein Stück Käse und bot seinem Mauersitznachbar ebenfalls ein Stück an.

  • Scato griff nach dem dargebotenen Käsestück. "Hm, danke! Ja, wir haben das gleiche Ziel. Wenn du ein Weilchen sitzen bleibst, bis ich wieder trocken oder vom Regen unauffälliger durchgeweicht bin als jetzt, können wir zusammen hingehen." Er biss vom Käse eine kleine Ecke ab, die er gründlich kaute. "Ich hatte es etwas eilig", erklärte er ausweichend, nachdem er heruntergekaut hatte.


    Er wollte seine Cousine, ob schrecklich oder nicht, ja nicht schlecht reden. Das schaffte die gute Frau ganz alleine, davon ging er aus. Andererseits - sie hatte ihn, der doch an jenem Tag als mehr oder minder völlig Fremder an die Porta geklopft hatte, in ihr Haus eingelassen und ihm ein Zimmer zur Verfügung gestellt. Vielleicht sollte er mit seinem Urteil über sie ein wenig nachsichtiger sein. Ein wenig Verrückheit gehörte schließlich zu ihrer Familie dazu. Genau so wie er selbst hatte auch Axilla ein gutes Recht darauf, etwas bekloppt zu sein. Er straffte seine Haltung und grinste.


    "Ich konnte es nicht erwarten, hier aufzuschlagen! Aber der lange Weg durch die Stadt, die Schwüle ... der BERG!" Er blickte vielsagend den Viminal hinauf, der definitionsgemäß nur ein Hügel war, als sei er ein Ausläufer der Alpen. "Und du? Du schlenderst hier lang, als hättest du alle Zeit der Welt. Kein bisschen nervös? Ich bin übrigens Scato. Sisenna Iunius Scato."

  • "Schwül?", lachte Lurco leise.


    "Es ist nicht schwül, es ist klamm, aber vermutlich bist Du aufgeheizt, da Du Dich derart abgehetzt hast. Ehrlich gestanden, bin ich genauso aufgeregt wie Du, deshalb hing ich meinen Gedanken nach. Ich möchte einen guten, ersten Eindruck hinterlassen, denn die Aufnahme ist mir sehr wichtig. Genau wie Du konnte ich es nicht abwarten. Aber anstatt hier hoch zu hetzen, habe ich überlegt wie ich mich am besten gebe.


    Letztendlich muss ich sagen, am besten gibt man sich wie man tatsächlich ist. Natürlich sollte man dabei respektvoll sein, sonst kann man die Karriere direkt an der Pforte vergessen. Zur Sicherheit habe ich mir sogar extra den Lacerna übergeworfen. Nun vielleicht war ich mit meinen Vorbereitungen auch zu penibel, keine Ahnung.Aber das hier muss klappen, verstehst Du? Unsere Zukunft hängt davon ab. Mein Ziel ist es, die nächsten Jahre bei der Cohortes Urbanae zu dienen. Unser Ziel. Unhöflich von mir, ich bin Lurco - Manius Purgitius Lurco", gab er gut gelaunt zurück.


    "Abgemacht, treten wir unseren neuen Lebensabschnitt gemeinsam an. Vielleicht bringt uns das Glück", schmunzelte Lurco und stopfte sich ein Käsestück in den Mund.

  • Scato verzehrte ebenfalls seinen Käserest, spülte die Krümel mit einem Schluck Wasser aus dem Mund und verstaute seinen Wasserschlauch. "Jedenfalls ist das Wetter komisch und ich bin nervös."


    Er musterte Lurco. Der sah wirklich gut vorbereitet aus, er machte einen eindeutig besseren Eindruck, als er selbst, aber egal. Er konnte vielleicht von dessen positiver Ausstrahlung profitieren. Beim Eignungstest, der sicher folgen würde, würden sie am Ende ohnehin beide verschwitzt sein. Scato schulterte seinen Stab und machte eine auffordernde Kopfbewegung.


    "Trocknen werde ich in absehbarer Zeit wohl nicht und das Wetter will auch nicht regnen. Lass uns unser Glück an der Porta Praetoria versuchen!"

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