Badeabend in den Thermae Agrippae

  • Da tagsüber die Ausbildung stattfand, konnte Scato erst mit Einbruch der Abenddämmerung aufbrechen. Über seine Tunika hatte er heute außer dem bei jedem Schritt klimpernden Cingulum, das er wie die meisten Soldaten in der Öffentlichkeit niemals ablegte, auch die warme Paenula auf dem Leib, denn es war doch recht frisch. Auf seinem Rücken trug er ein Bündel mit Wechselkleidung, sein Handtuch und etwas Proviant. Ob Lurco später nachkommen wollte, wusste Scato nicht, aber er hatte ihm Bescheid gegeben, wo er war. So oder so würde der heutige Abend ohne Alkohol stattfinden, das hatte Scato sich vorgenommen. Wenn er nur an das letzte Besäufnis dachte, wurde ihm schlecht. Inzwischen lag das allerdings schon einige Tage zurück.


    Der geplante Badeabend war ein längerer Ausflug, denn um in die Thermae Agrippe zu gelangen, musste Scato etwa römische 4 Meilen zu Fuß zurücklegen (und natürlich wieder die widerliche Subura durchqueren). Nach dem anstrengenden und wie immer sehr lauten Training genoss er den Spaziergang in seinem eigenen Tempo, während die Wintersonne hinter den Hausdächern versank und die Schatten sich streckten. Die Castra besaß eigene Thermen, aber Scato fand, wenn man in eine neue Stadt zog, dann sollte man sich die wichtigsten Sehenswürdigkeiten ansehen, um die neue Heimat in all ihren Facetten kennenzulernen. Quietus hatte genau beschrieben, wie er dahin gelangen würde und hatte ihm auch ein wenig über die Thermen erzählt. Die Bäder von Agrippa waren die erste der großen Thermen der Stadt und auch das erste öffentliche Bad. Zunächst als Dampfbad genutzt, wurden die Becken später mithilfe eines eigens dafür dienenden Aquädukts mit Wasser aufgefüllt.


    Schon von außen sahen die Thermae Agrippae sehr schön aus:
    Thermae Aggrippae


    Für Scato besonders interessant war der künstliche See im Außengelände, genannt stagnum, der ebenfalls jüngeren Datums war. Der rechteckige See war größer als der gesamte Innenbereich der Anlage zusammen. Vielleicht würde er darin eine Runde drehen, auch wenn das Wasser um diese Jahreszeit noch eisig war. Ihm war danach.


    Im Unterschied zu manch anderen Thermen, waren diese hier kostenlos für die Gäste. Scato schloss sich der Schlange wartender Männer an, die ins Innere drängten. Frauen hatten um diese Zeit keinen Zutritt. Es ging recht zügig vorwärts, nur in der Umkleide gab es einen kleinen Stau. Eine markante Statue fiel dem wartenden Scato ins Auge. Ah ja, von der hatte ihm Quietus, das wandelnde Lexikon, auch erzählt. Apoxymenos von Lysippus war es, der die Gäste aus einem steinernen Antlitz nie weichender Jugend begrüßte, während er sich in vorbildlicher Manier mit einem strigil Staub und Schweiß vom Körper kratzte. Allerdings tat er es erst wieder, denn Kaiser Tiberios hatte einst die Statue des griechischen Athleten aus lauter Verzückung in seine privaten Gemächer verbringen lassen, sehr zum Ärger der Bevölkerung, doch nun war Apoxymenos wieder da.


    Und Scato überlegte, nunmehr in sein Handtuch gehüllt und in Badesandalen, welches der vielen Becken er als erstes aufsuchen sollte. Natürlich gab es eine vorgeschriebene korrekte Reihenfolge, aber an die hielt er sich selten. Eigentlich nie. Sollte er gleich mit dem Außengelände beginnen? Nachdenklich schlenderte er herum und sah sich alles an.


  • Die Tage waren jetzt schon heller und eine tiefstehende rote Sonne schickte ihre wärmenden Strahlen über die Dächer und ließ den Tiber glitzern.
    Tiberios fand den Weg, wie ihn der Verwalter beschrieben hatte, ohne Schwierigkeiten – die imposanten Thermen ließen sich schwer verfehlen.
    Draußen standen schon Männer in einer Schlange, um auf den Einlass zu warten , und der furische Sklave stellte sich, sein Bündel mit dem Handtuch und seinem Strigil in der Hand, mit an.
    Am Eingang bewunderte Tiberios die Kunstfertigkeit des Bildhauers Lysippos und dessen Apoxyomenos , einen jungen Athleten, der sich das Ölsandgemisch mit seinem Strigil vom Körper schabte.


    Mit den anderen Badegästen gelangte Tiberios in das apodyterium . Er entkleidete sich, schlang sein Handtuch um seine Hüften ,und schlüpfte in Bas‘ abgetragene Holzsandalen. Sein Bündel ließ er in einer Nische, wertvoll waren seine Sachen nicht , daher machte er sich keine Sorgen darum.
    Es gab aber durchaus wohlhabende Römer, die Sklaven als Aufpasser mitgebracht hatten, die jungen Männer blieben auf den Bänken vor den Nischen sitzen.
    Tiberios wußte, dass es verschiedene der Reihenfolge des Badens gab. Während manche auf „ kalt – lau – warm“ schworen, fanden andere „ lau – warm – kalt“ der Gesundheit zuträglicher. .


    Aber er war erstmal neugierig. Es gab ja auch viel zu sehen. Schon allein die Gemälde und die anderen Kunstwerke. Man ging auf glasierten Terracottafliesen.
    Die Thermen waren wie eine Stadt für sich, mit Gärten, Sportanlagen., Essensständen und sogar einer Bibliothek und Vortragsräumen.
    Tiberios verkniff sich die Bibliothek. Die konnte er ein anderers mal aufsuchen. Heute wollte er das Bad
    kennen lernen.


    Auf der palaestra spielten junge und ältere Männer Ball.
    .Tiberios bekam Lust, mitzumachen.
    In Alexandria hatte er mit seinem kleinen Herren oft Aporrhaxis gespielt , und er hätte gerne gewusst , ob er es noch beherrschte , denn seit seiner Ankunft in Roma hatte er keinen Ball mehr geworfen.


    Aber nun ins Becken , sehr viel Zeit hatte Tiberios nicht mitgebracht. Er beschloss, mit dem
    Tepidarium anzufangen. Er legte sein Handtuch zur Seite und glitt in das angenehm temperierte Wasser .
    Das laue Nass umplätscherte seinen schmalen, hellen Leib , und plötzlich fühlte sich der junge Sklave
    leicht und entspannt. Er schloss die Augen. Wie gut das tat.

  • Oder vielleicht erstmal in der Mitte beginnen, mit dem Tepidarium? Scato konnte sich irgendwie nicht entscheiden. Roma war doch etwas komplexer als Mantua, dort war alles kleiner und die Entscheidungen waren Routine gewesen. Hier war alles neu ...


    ... bis auf den Sklaven, der da in aller Ruhe vorbeigepaddelt kam.


    Scato zog eine Braue hoch. Das war doch Tiberios! Nass wirkte sein Haar dunkler, aber der Bursche war markant genug, als dass sich sein Erscheinungsbild in Scatos Gedächtnis eingeprägt hatte. Als ihre Wege sich getrennt hatten, war das im Schlechten gewesen und der erste Reflex war, sich abzuwenden und woanders zu baden. Doch wenn er das jetzt tat, dann war die Chance, dieses Ende in ein Gutes zu verwandeln, vertan. Eine Ecke in Scatos krähte, dass der Sklave ja selber Schuld sei und seine, Scatos, eines aufrechten römischen Soldaten, Gegenwart überhaupt nicht verdiente, doch eine sanftere Ecke wünschte das nicht. Sie wünschte, dass sie wieder miteinander redeten wie vor dem Blinden Esel. Tiberios war es aufgrund seines Standes nicht möglich, ihn anzusprechen. Scato war es, der den ersten Schritt tun musste.


    "Na, auch hier?", fragte er freundlich, aber zurückhaltend, da er nicht wusste, ob der Sklave ihm eine Abfuhr verpassen würde.


    Auch Sklaven konnten bisweilen stur sein, in Mantua hatten sie da auch so ein Exemplar männlichen Geschlechts in seiner Familie gehabt, dass um seine Unersetzbarkeit gewusst und diese doch recht schamlos ausgenutzt hatte, ohne dabei aber so weit zu gehen, sich unbeliebt zu machen. Elegant war er um mögliche Fallstricke herummanövriert und war niemals offen frech gewesen. Es war seine Gerissenheit, mit der er sich seine ihm nicht zustehenden Privilegien ermogelt hatte. Eine Gerissenheit, der Tiberios in nichts nachstand. Noch war er jung und unbedarft, aber Scato war sicher, dass in dem Griechen weitaus mehr schlummerte, als er momentan ahnte.


    Scato beobachtete genau die Mimik des nassen Tiberios, während er auf die Antwort wartete.

  • Tiberios , der sich hatte treiben lassen, öffnete die Augen, als er angesprochen wurde:
    ""Na, auch hier?"!
    Er war überrascht , denn er kannte nicht all zu viele Leute in Roma. Er öffnete die Augen und stellte sich auf die Füße .
    Vor sich sah er die Gestalt des ehrenwerten Urbaners und Lupercus Sisenna Iunius Scato und dessen muskulösen Körper, der durchaus als Vorbild für eine Athletenstatue hätte dienen können ( Als gebildeter Grieche hatte der junge Sklave ein Auge für so was).


    Tiberios freute sich aufrichtig ., den Römer zu sehen.
    Er hatte nie vergessen, dass dieser Mann vor dem Blinden Esel mit ihm wie mit einem gleichwertigen Menschen gesprochen hatte, ja fast wie mit einem jüngeren Bruder.


    Ein rangniedriger Bürger hätte den ranghöheren zuerst begrüßen müssen, aber für Sklaven galt das nicht , sie hielten sich zurück, bis ihre Existenz gewünscht wurde:
    Scato wünschte also, dass Tiberios mit ihm sprach.


    " Ave, dominus Sisenna Iunius Scato ", sagte Tiberios, in dem er den ganzen Namen nannte, wollte er seinen Respekt zeigen :
    "Es ist großartig, nicht ? Kommst du öfter hierher ?"


    Er gab dem Gespräch absichtlich erst einmal eine unverfängliche Richtung. Er wußte nicht wirklich, ob der Urbaner ihm noch grollte, obwohl seine Stimme ruhig und freundlich geklungen hatte.

  • "Ist meine Premiere." Da Tiberios einem Gespräch nicht abgeneigt schien, warf Scato sein Handtuch als Knäuel auf den Boden, von wo ein Sklave es auflas, um es zusammengelegt auf eine der steinernen Bänke zu legen. Scato beachtete das nicht weiter, nichts anderes war er gewohnt, als dass fleißige Hände seiner Unordnung hinterherräumten. Er ließ sich zu Tiberios ins Becken rutschen und vertrieb nebenbei mit einem durchdringenden Blick einen Herrn, der seiner Meinung nach den jungen Griechen etwas zu genau in Augenschein nahm. So nass wirkte Tiberios noch jünger und hübscher, auf den würde er ein wenig aufpassen müssen. Der Mann verschwand, so dass Scato seine Aufmerksamkeit ganz Tiberios widmen konnte. Dass dieser sich seinen vollen Namen gemerkt hatte, verblüffte Scato dann doch. Der Scriba musste ein bemerkenswertes Gedächtnis besitzen, aber was hatte er auch erwartet?


    "Sonst bade ich in den Thermen der Castra. Aber da ich neu in der Stadt bin, dachte ich, darf ein Besuch der Sehenswürdigkeiten nicht ausbleiben. Ja, schön ist es hier. Die Wände, der Boden, das Gebäude! Der Apoxymenos ist witzig, ob du seine Geschichte kennst, brauche ich wohl nicht zu fragen. Nur ist es hier in den Thermae Agrippae auch ziemlich groß und voll. In Mantua war alles kleiner und beschaulicher. An diese beeindruckenden Dimensionen muss ich mich erst noch gewöhnen." Scato legte beide Arme nach hinten auf den Beckenrand und machte es sich so gemütlich. Er war erleichtert, dass Tiberios nicht zu schmollen schien. Doch eine Sorge blieb, die auf dem Frühlingsfest nicht hatte geklärt werden können. "Im Magnum Momentum hatten wir auf dich gewartet. Was war los?"


    In Scatos Stimme schwang keine Anklage mit, eher eine leichte Sorge. Letztlich wäre jede Variante besser, als das der Bursche in der Subura von Abschaum verprügelt worden war, selbst die mögliche Aussage, dass er nur gelogen hätte, um Scato und Lurco loszuwerden.

  • "Sonst bade ich in den Thermen der Castra. Aber da ich neu in der Stadt bin, dachte ich, darf ein Besuch der Sehenswürdigkeiten nicht ausbleiben. Ja, schön ist es hier. Die Wände, der Boden, das Gebäude! Der Apoxymenos ist witzig, ob du seine Geschichte kennst, brauche ich wohl nicht zu fragen. Nur ist es hier in den Thermae Agrippae auch ziemlich groß und voll. In Mantua war alles kleiner und beschaulicher. An diese beeindruckenden Dimensionen muss ich mich erst noch gewöhnen."


    Tiberios stellte sich an Scatos Seite und nahm die gleiche Position wie ein. Sehr bequem . Außerdem vermied er so Avancen irgendwelcher Badegäste. Niemand würde dem durchtrainieren Urbaner mit Respektlosigkeit begegnen.


    Der junge Sklave war erleichtert, dass der Römer seinen Zorn vergessen zu haben schien , - falls er sich nicht verstellte. .
    Versteckte nicht Helvetius Archias unter der Maske des väterlichen Kneipenwirtes die Boshaftigkeit einer Viper ?
    Aber Scato war nach Tiberios' Gefühl ein gradliniger Mensch . Ein unbarmherziger Feind nur gegen Romas Feinde, dachte er.


    „ In Alexandria ist der edle Feldherr Agrippa natürlich sehr bekannt , weil er bei Actium unsere letzte Königin besiegt hat. Jedoch sein Vermächtnis hier , jedem Mann und sogar Sklaven zu ermöglichen, ohne Eintritt diese großartigen Thermen besuchen zu dürfen, das ist etwas Besonderes.“, sagte Tiberios anerkennend .
    Er lächelte jetzt:
    Offen gesprochen, dominus, überrascht ihr Römer mich immer wieder.“
    Er warf Scato einen schnellen Blick zu , ob seine Worte vielleicht zu frei waren. Wenn ja, hätte er um Verzeihung gebeten.


    Im gleichen Moment sprach Scato auch schon die Nacht im Blinden Esel an : "Im Magnum Momentum hatten wir auf dich gewartet. Was war los?"


    Der furische Sklave konnte nicht verhindern, dass ihm das Blut in den Kopf schoss . Dieses Thema wollte er unbedingt vermeiden. Es war ihm peinlich, dass er die Luperci eingeladen und dann die Rechnung nicht hatte bezahlen können – er schämte sich seiner Dummheit . Oder wie Archias geschrieben hatte : Großspurigkeit.


    Dabei hätte Tiberios sich zu gerne Scato anvertraut . Doch die Unterschlagung des Briefes des Tavernenwirtes an Furius Philus würde der Römer vermutlich nie und nimmer gutheißen, auch wenn es ja wirklich Tiberios‘Aufgabe war, unwichtige Schreiben im Namen seines Herren zu erledigen..


    „Och, ich wollte schon nachkommen , dominus.“, erwiderte der junge Grieche und wählte seine Worte mit Bedacht, vermied jedoch Scatos Blick :
    „Aber ich habe die Zeit vergessen. Der Wirt Helvetius Archias hat solch ein einnehmendes Wesen, und wollte uns kaum wieder fortlassen. Und dann war es schon sehr spät. Mein Dienst beginnt
    vor Morgengrauen, falls etwas vor dem Frühstück aufgeschrieben werden soll, das der Nachwelt erhalten werden muss.“


    Tiberios begann ein wenig Wasser zu treten , um in der Schwebe zu bleiben :


    „Hatten denn die domini im Magnum Momentum denn eine gute Zeit und wurden ihre Ansprüche erfüllt ?“, fragte er.

  • Scato registrierte einen unsicheren Blick von der Seite. Was sein Gesprächspartner fürchtete, wusste Scato nicht, aber vielleicht wirkte der Schrecken vom Frühlingsfest noch nach. Für einen Zivilisten konnten diese Dinge beängstigend wirken, die doch nur dem Schutz von Roma und damit auch ihm dienten. Roma konnte man nicht mit Worten allein verteidigen, denn nicht jeder war verbalen Argumenten zugänglich. Wäre es anders, bestünde die Legio nicht aus Soldaten, sondern aus Kohorten von Philosophen, die man dem Feind entgegenschickte. Zum Schutz vor Wölfen setzte man keine Schafe ein, sondern Wolfshunde. Scato war nicht Urbaner geworden, weil er Freude an Gängeleien hatte, sondern um mit dem Schwert zu schützen, was er liebte - neben einigen weiteren Vorteilen, die sich mit dem Leben in der Castra ergaben. Falls Tiberios eines Tages selbst den Schutz der Urbanici benötigen sollte, würde er womöglich dankbar sein, dass Scato kein Philosoph geworden war. Bei diesen Gedanken sah Tiberios in der Miene des Urbaners keine Härte, sondern konnte im Gegenteil verzeichnen, dass Scato sich zusehends entspannte.


    "Womit haben wir es denn diesmal geschafft, dich zu überraschen?", fragte Scato schließlich. "Meinst du die Architektur der Thermae? Wobei sich Alexandria da nicht verstecken braucht, sagt man. Es soll eine der schönsten Provinzen sein. Ich war allerdings noch nie dort. Vermisst du deine alte Heimat manchmal?"


    Als Tiberios erzählte, wie er im Blinden Esel versackt war, musste Scato lachen. "Das ist witzig. Während du dir mit dem Wirt die Hucke vollgesoffen hast, habe ich mich gefragt, ob du in der Subura zusammengeschlagen und ausgeplündert wurdest oder Schlimmeres! Schwamm drüber, ich bin nicht böse, sondern froh, dass die Erklärung so banal ist." Amüsiert stellte er sich einen trunkenen Tiberios vor. Das passte von der Sache her nicht zu dem Sklaven, aber Wirte waren bekanntermaßen geschickt darin, ihre Gäste noch zum Bleiben zu überreden und den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen. Ein liebenswerter junger Bursche wie Tiberios hatte gegen so einen gewieften alten Fuchs keine Chance.


    Scato legte die Beine über Kreuz. "Ob die Zeit im Magnum Momentum gut war, bin ich noch am überlegen. Sie war merkwürdig. Kannst du dir vorstellen, dass Lurco sich einen dicken haarigen alten Mann bestellt hat? Ganz nüchtern war ich da nicht mehr und habe das Eine oder Andere vergessen. Aber das nicht, wie er mit dem Kerl die Treppe hochstapfte! Angeblich ein Grieche, sah aber aus wie ein Germane. Ich bin aus allen Wolken gefallen. Damit hatte Lurco mich auf dem linken Fuß erwischt. Irgendwie hatte ich auf einen Dreier mit einer von den Damen da gehofft. Oder auf einen Vierer, falls du noch nachgekommen wärst. Stattdessen ließ er mich da wie den letzten Idioten unten im Empfang zurück und verzog sich mit seinem Barbarenverschnitt. Was sagst du dazu?"


    Scato rang einen Moment mit sich, dann erinnerte er sich an Tiberios' Worte vor dem Blinden Esel und fügte noch hinzu:


    "Du würdest mir mit einer ehrlichen Einschätzung helfen. Ich kann so was sonst niemanden fragen. Ich kenne hier in Roma keinen außer meine Kameraden und mit denen kann ich über so was nicht sprechen. Und du bist ein kluger und einfühlsamer Mensch."


    Er stellte sich vor, wie Pullus vor dem Gespräch auf die Latrine flüchtete und wie Tarpa einwandte, dass er gerade überhaupt keine Zeit für solchen Mist hätte, während Ramnus vor Lachen aus dem Bett flog und Quietus es fortan in der gesamten Castra breittratschte. Die Latrinen hätten vermutlich auch sehr bald eine neue Inschrift, die Lurco dazu ermahnten, die Kackschwämme doch bitte nur äußerlich anzuwenden.

  • "Womit haben wir es denn diesmal geschafft, dich zu überraschen?", fragte Scato schließlich. "Meinst du die Architektur der Thermae? Wobei sich Alexandria da nicht verstecken braucht, sagt man. Es soll eine der schönsten Provinzen sein. Ich war allerdings noch nie dort. Vermisst du deine alte Heimat manchmal?"


    „ Mein Erstaunen gilt der Menschenfreundlichkeit des großen Agrippa, obwohl die Architektur wirklich umwerfend ist.“, antwortete Tiberios : „ Anstatt sich ein Denkmal oder ein Mausoleum zu bauen wie der große Alexander , denkt ein edler Römer daran, seinen Mitbürgern Freude und Entspannung zu schenken und seine Vaterstadt zu verschönern.
    Um deine zweite Frage zu beantworten, dominus Scato: Alexandria ist sehr schön , doch ich vermisse meine Geburtstadt immer weniger. Allmählich wird Roma zu meiner neuen Heimat. “


    Tiberios schloss einen Moment die Augen. Scato schien seine Erklärung, warum er nicht in das Magnum Momentum nachgekommen war, nicht anzuzweifeln.


    Aber die nächsten Worte des Soldaten überraschten auch ihn:


    Ob die Zeit im Magnum Momentum gut war, bin ich noch am überlegen. Sie war merkwürdig. Kannst du dir vorstellen, dass Lurco sich einen dicken haarigen alten Mann bestellt hat? Ganz nüchtern war ich da nicht mehr und habe das Eine oder Andere vergessen. Aber das nicht, wie er mit dem Kerl die Treppe hochstapfte! Angeblich ein Grieche, sah aber aus wie ein Germane. Ich bin aus allen Wolken gefallen. Damit hatte Lurco mich auf dem linken Fuß erwischt. Irgendwie hatte ich auf einen Dreier mit einer von den Damen da gehofft. Oder auf einen Vierer, falls du noch nachgekommen wärst. Stattdessen ließ er mich da wie den letzten Idioten unten im Empfang zurück und verzog sich mit seinem Barbarenverschnitt. Was sagst du dazu?"“


    Tiberios legte seinen Kopf schräg und sah Scato an. Wenn er kein Sklave und Scato kein freier Römer gewesen wäre, hätte er ihn freundschaftlich an der Schulter berührt:
    „Nun du fragst mich, ich bin Grieche und finde Männer und Frauen gleichermaßen anziehend, und in Alexandria selbst gab es nichts, was es nicht gibt.
    War denn der dominus Manius Purgitius Lurco nach seiner Begegnung erschöpft und zufrieden ? Dann wurde er von der Göttin Venus gesegnet.
    Wenn die Göttin nicht will, dass er bei diesen Männern Glück empfindet, würde sie ihm doch gar keine Lust schenken., oder ?
    Warum freilich der eine Knaben mag, der andere üppige Frauen und der dritte haarige Barbaren, das sind Geheimnisse der göttlichen Venus.
    Ich weiß nicht , warum manches die Lust erweckt und anderes nicht – die Philosophen schreiben nichts darüber. Manchmal vermute ich, es sind Gewohnheiten oder das erste Begehren im Leben eines Menschen., die tief in unser Wesen dringen .“



    Tiberios lächelte und fröstelte etwas : „Langsam wird es mir in diesem lauen Wssser kalt.
    Würdest du mich in eines der Caldarien begleiten, dominus ?
    Ich bedaure es übrigens sehr , nicht im Magnum Momentum gewesen zu sein, da du meine Gesellschaft gewünscht hättest.“


    Er zog sich den Beckenrand hoch, saß auf den Fliesen und schüttelte sich wie ein junger Hund, so dass die Wassertropfen aus seinem durch die Feuchtigkeit krausen Haar flogen :


    „Ich hätte dir Mädchen aus Alexandria empfohlen, Herr. Dann hätten wir nicht nur etwas für die Lenden, sondern auch etwas zum Lachen gehabt. Aber sag : Welches Vergnügen hattest du dann letztendlich für dich gewählt – wenn ich diese Frage stellen darf.“

  • "Du hast die gleiche Gabe wie Lurco. Dinge, die in meinem Kopf zu einem überkochenden Topf voller Milch mutieren, erscheinen nach euren Erklärungen wie ein kaltes Glas reinstem Quellwasser. Plötzlich ist alles logisch und gar nicht so dramatisch. Ich weiß auch nicht, warum mich das so aufgewühlt hat, vielleicht aus Angst, dass er jetzt aus der Castra fliegt, wenn das rauskommt. Ohne Lurco wäre es da nur halb so schön oder ein Viertel. Oder vielleicht auch, weil ich es nicht erwartet hatte und dadurch meine Pläne durchkreuzt wurden. Ja, vielleicht war ich einfach angepisst."


    Dann stellte Tiberios die unheilvolle Frage nach Scatos Vorlieben und es herrschte Stille. Tiberios hatte das scheinbar Unmögliche geschafft - der sonst unaufhaltsam quasselnde Scato hielt den Mund. Schweigend starrte er auf die sanft wogende Wasseroberfläche, ließ seine Zehenspitzen auftauchen und tauchte sie wieder unter. Das Schweigen währte länger, als angemessen gewesen wäre und er machte keine Anstalten, ins wärmere Caldarium zu wechseln. Scato lag eine seiner üblichen Lügen auf der Zunge, doch sie lag da wie ein störendes Haar im Mund. Warum fragte er einen anderen nach seiner Meinung, wenn er ihn dann belog, so dass die Antwort nur verfälscht ausfallen konnte? Scato gab sich einen Ruck. Die Wahrheit zu sagen, war nicht einfach, doch sie würde nun zumindest teilweise offenbart werden.


    "Ich hätte mir überhaupt niemanden ausgesucht. Weil mir die Erfahrung fehlt, um einschätzen zu können, wer mir zusagt. Velia ist zweifelsohne eine wundervolle Frau. Ich habe sie wohl ziemlich auf die Folter gespannt mit meiner Zurückhaltung, aber sie hat es letztlich geschafft, zu tun, weshalb wir da waren. Aber wäre sie meine erste Wahl gewesen? Ich habe keine Ahnung! Es ging alles sehr schnell und die Frauen da gingen davon aus, dass ich zur Tür hineinspaziere und sofort sagen kann, was ich wünsche. Dem war aber nicht so. Ich hatte gelogen, was meine ganzen Geschichten angeht. Ich stand das erste Mal in der Tür eines Lupanars. Sie wollten Antworten, sie wollten Taten. Nichts davon konnte ich liefern.


    Mein Plan B, nachdem Plan A - mich besinnungslos zu trinken - von Lurco vereitelt worden war, lautete, ihm die Entscheidung zu überlassen und dann bei einem gemütlichen Dreier oder Vierer zuzuschauen, wie das läuft, vielleicht auch das Eine oder Andere auszuprobieren. Als er und du mir aber auch noch Plan B zunichte gemacht habt, hatte ich plötzlich keinen mehr. Nur sehr viel Schiss. Velia hat mir letztlich alle Entscheidungen abgenommen." Er verzog unsicher das Gesicht. "Ergibt das irgendeinen Sinn? Wen hättest du dir denn rausgesucht - und was dann mit diesem Menschen getan? Ich hatte da mal eine Wandmalerei gesehen, die fand ich immer interessant, aber ich habe halt überhaupt keine Ahnung, wie realistisch die sind."


    Er blickte nach hinten, wo gerade jemand stehen blieb und schaute. Der Nervsack würde nicht verschwinden, so wollte Scato nicht weiterreden. "Du hast recht, es wird langsam kühl", verkündete er.


    Er zog sich aus dem Becken und war mit einer fließenden Bewegung auf den Füßen. Sein Handtuch lag ordentlich zusammengefaltet auf einer Liege, er wickelte es wie einen Rock um sich, während er den Griechen beobachtete. Bei Tiberios störte ihn die Vorstellung, dass er Männer mochte, nicht. Vielleicht, weil er so aussah, wie Scato sich einen Lustknaben vorstellte. Scato rubbelte sich selber den Kopf, so dass seine nassen Haare wie Stacheln abstanden. Dabei grinste er. "Du darfst uns den Weg erfragen."

  • Tiberios schlang sein Handtuch um seine Hüfte und fragte den Badesklaven, der Scatos Handtuch zusammengelegt hatte, nach dem Weg .
    „Durch das Atrium durch, der südlichste Raum mit den Glasfenster ist das Caldarium, meine Herren. „, sagte der Bursche höflich : „Und wenn ihr noch eine Rückenmassage möchtet, dann fragt bitte nach mir, Quintus".
    Der Sklave war eindeutig auf der Suche nach Trinkgeldern.
    Tiberius bedankte sich für die Auskunft und machte Scato ein Handzeichen, wohin sie gehen mussten, , denn der Lärmpegel war auf Grund des Widerhalls ziemlich hoch.


    Ihr Weg führte durch ein Atrium , in dem Grüppchen von Männern standen, die gerade Kühlung suchten.
    .Der Boden unter ihren Füßen wurde warm und wärmer.
    Das Calidarium war der südlichste Raum ; seine hohen Glasfenster waren nach Südwesten ausgerichtet , was ihn, wenn die Sonne schien , kräftig aufheizte.. Die Fenster hatten Oberllichter um im Hochsommer Wärme nach draußen abzuleiten, doch jetzt am kühlen Abend waren sie geschlossen.
    Allein das Glas war ein Vermögen wert, ganz zu schweigen von den Gemälden und dem kostbaren Wandschmuck.


    Vor ihnen waberte der Dampf des heißen Wassers.. Tiberios streifte seine Badesandalen ab und verbrannte sich fast die Fußsohlen. Schnell faltete er sein Handtuch zusammen, setzte sich auf den Beckenrand und ließ sich in das Becken gleiten. Die Wärme umgab ihn wie einen Mantel.
    Er scnaubte vor Wohlbehagen, und dachte dann darüber nach, was er Scato raten konnte.


    Schließlich sagte er:
    „ Da du mich darum gebeten hast, dominus, werde ich sagen, was ich denke, auch wenn ich jünger als du und nur ein Diener bin :
    Etwas das erste Mal zu tun ist kein Grund für Scham.
    Wenn diese Velia dir Erleichterung verschaffen konnte, hat sie ihre Arbeit gut gemacht. Vielleicht hast du von mal zu mal mehr Freude daran.
    Wenn du mich fragst, was ich getan hätte : ich hätte es mit den Alexandrinerinnen gehalten, mich bekränzen lassen, Wein getrunken und Zärtlichkeiten ausgetauscht. Ich mag, es wenn alles ein Spiel ist, leicht und voller Gelächter und Schönheit. “

    Er sah Scato konzentriert an :
    „ Aber du erwähntest eine Wandmalerei, die dich angesprochen hat., dominus Scato. Was hat sie dargestellt ?“

  • Kurz darauf folgte Scato Tiberios in das heiße Wasser. Gab es eigentlich eine angenehmere Weise, miteinander zu plaudern, als beim Bade? Selbst gemeinsames Essen stand dem nach.


    "Hört sich schön an, wie du die Alexandrinerinnen beschreibst." Scato schaute verträumt, während langsam der Dampf um sie herumwaberte und auf ihrer Haut kondensierten. Bald waren ihre Gesichter voller herabperlender Tropfen. "So hätte es mir auch behagt. Aber so war es eben nicht. Trotz der horrenden Preise ging es sehr schnell da, sehr drängend. Natürlich ist Zeit Geld, aber viel Geld sollte doch auch viel Zeit bedeuten." Nachdenklich wiegte er den Kopf. "Ich weiß nicht, ob der Ausflug richtig war. Ich glaube, Lurco hat vorher schon geahnt, dass ich bluffe mit meinen Prahlereien und es meine Premiere werden würde. Er sagte mir sogar, dass ich nicht ins Magnum Momentum müsse, wenn ich nicht wolle. Der Einzige, der mir Druck gemacht hat, war ich selbst und nun hat es einen schalen Nachgeschmack. Es war schön - aber gleichzeitig war es das nicht. Es war, als hätte ich nur die Hauptspeise bekommen, aber die Vorspeise und die Nachspeise nicht. Etwas hat gefehlt, etwas Wichtiges. Zeit? Ruhe? Ich weiß es nicht. Velia hat Erfahrung und hatte sich wirklich Mühe gegeben. Trotzdem war es ... zu wenig. Ich muss andauernd daran denken und frage mich, ob ich irgendwie komisch im Kopf bin. Ich denke so viel darüber nach, dass ich sogar einen fast Fremden damit belästige, um zu irgendeinem Ergebnis zu kommen."


    Er leckte sich salzige Wasserperlen von den Lippen. "Das Wandgemälde hatte ich in einer Therme gesehen. Soll wohl so auch in anderen Orten zu sehen sein. Dargestellt waren eine Frau mit zwei Männern, wobei die Frau sich auf alle Viere beugt und das Hinterteil reckt und die beiden Männer hinter ihr knien und der hintere den vorderen hält."


    Wandgemälde aus Pompeji


    "Die Abbildung wirkt so einträchtig, als ob sie alle im Reinen mit sich sind, keine Akrobatik, keine Übertreibungen, von denen ich nicht weiß, ob so was überhaupt möglich ist oder da einfach nur der Betrachter angeheizt werden soll. Sie schwebte mir im Kopf herum, als ich an das Lupanar dachte. Aber allein macht sich so was halt schwer." Er grinste etwas.

  • Deshalb heißt dieses lupanar wohl auch Magnum Momentum, dachte Tiberios, unterließ aber den Witz über kurze Augenblicke, der ihm in den Sinn kam., denn Scato war sehr ernst und der Sklave war sich nicht sicher, ob ihm dessen Leichtfertigkeit gefallen würde.


    Er sah den Römer freundlich an und wählte die Worte mit Bedacht :
    Dominus Scato, deine Lust ist gut und deine Wünsche sind es auch. Lass dir von niemandem etwas anderes einreden – am wenigsten von dir selbst.
    Das Motiv, auf dem Wandgemälde, welches du beschreibst, habe ich schon in verschiedenen cubicula gesehen. Es zeugt von Kultiviertheit und Eleganz. .Wir nennen den Mann in der Mitte einen kinaidos , und er hat die Freude von Frau und Mann zugleich.“


    Tiberios hätte beinahe die Hand ausgestreckt, um den Urbaner zu berühren, doch er hielt sich zurück. Als Unfreier standen ihm freundschaftliche Gesten nicht zu .


    Die Hitze trieb ihm die Röte ins Gesicht und der alexandrinische Sklave merkte, wie sich seine Muskeln entspannten. Er war in diesem Moment glücklich - er hatte Schönheit um sich her und konnte sich im Wasser treiben lassen.


    Tiberios dachte an seine eigene Jugend. Die halbwüchsigen Sklaven im Hause des Athenodoros schliefen meistens aneinander geschmiegt wie ein Rudel junger Hunde dort , wo Platz war – es gab keine Unterkünfte wie in der Casa Furia , und als sie das richtige Alter erreicht hatten, hatten er und die drei Mädchen Freude aneinander gefunden.
    Sein ehemaliger Herr stand nicht auf Männer , seine Vorliebe waren sehr üppige Frauen , aber manche Gäste hatten den jungen Griechen ziemlich schnell bemerkt.
    Hatte Tiberios jemals darüber nachgedacht ? Wenn er ehrlich war, nicht viel.


    Er hoffte, Scato weiterhelfen zu können .
    Auch hier überraschten ihn die Römer , beziehungsweise diese eine Römer. . Sie waren doch die Herren der bewohnten Welt, die sich einfach nahmen, was sie begehrten.
    Wenn sie eine erotische Phantasie hatten, konnten sie ihren Haussklaven befehlen, sie auszuführen.


    Aber Scato war unsicher , wünschte sich einfach Zeit und Freundlichkeit und jemanden, der ihn würdigte.

  • Kinaidos ... das klang gar nicht merkwürdig. Mehr wie ein Titel, wie die Rolle in einem Ritual. Als hätte das Ganze einen spirituellen Rahmen, was Scato gefiel. Er sollte sein zweites Mal in völlig anderer Umgebung ausprobieren, mit viel Ruhe, Zeit und Würde, ein Fruchtbarkeitsritual unter dem Schutz des Faunus. Tiberios hatte ihm die Augen geöffnet. Das war es, was ihm gefehlt hatte: Die Bedeutsamkeit des ersten Akts für ihn zu würdigen. Für Velia war Scato nur ein Kunde von vielen gewesen. Für ihn aber war es der Beginn eines neuen Lebensabschnitts als nunmehr auch geistig erwachsener Mann. Und anstatt das zu feiern hatte er es wie ein Gesöff in Minutenschnelle heruntergekippt. Velias Schuld war das so wenig wie die von Lurco, verantwortlich dafür war nur Scato allein mit all seiner Unentschlossenheit und seiner Weigerung, den Mund für die Wahrheit aufzumachen. Aber diesen Umstand konnte man korrigieren.


    "Kultiviertheit und Eleganz, das trifft es gut! In dem Gemälde ist nichts Dreckiges, Grobes oder Verrohtes. Es ist durchweg gut, wie das, was Faunus uns lehrt. Fruchtbarkeit mit Freude, ein Ritual des Lebens."


    Scato freute sich, dass Tiberios so treffende Worte fand. Ihm selbst war das nicht gelungen. Scato war jemand, der sehr viel reden konnte, ohne dabei etwas zu sagen. Diese Masche hatte durchaus System, denn bei aller Geselligkeit war er doch niemand, der die Leute gern in sein Herz blicken ließ. Gleich einer Maske trug er sein Grinsen und seine Großspurigkeit im Gesicht, die recht effektiv verbargen, dass darunter eine nachdenkliche und empfindsame Seele lag. Scato war nicht der Meinung, dass es irgendjemandem nützte, diese zu offenbaren, besonders seit seinem Dienstantritt, am wenigsten ihm selbst. Er fand, das Großmaul stand ihm besser zu Gesicht. Doch Tiberios hatte es geschafft, dass Scato nicht nur sein Handtuch, sondern auch diese sorgsam geschaffene Maske abgelegt hatte, ehe er zu ihm ins heiße Wasser gestiegen war. Als erster Mensch seit langem erlebte Tiberios den unverfälschten Scato, wie er gewesen war, bevor ihn das Seelendunkel verschlungen hatte.


    Wie war es Tiberios gelungen, den Urzustand wieder heraufzubeschwören? Scato drehte den Kopf zur Seite und betrachtete den Sklaven, dem das heiße Wasser die Röte auf die Wangen trieb. "Du bist ein wundersamer kleiner Mann, Tiberios. Du hast eine eigene Art von göttlicher Magie inne, mit der es dir gelingt, den Menschen in die Seele zu schauen, ohne dass sie sich dabei unwohl fühlen." Scato drehte sich herum und bettete am Beckenrand den Kopf auf die verschränkten Unterarme. "Du wärst der geborene Spion." Er grinste etwas, dann stemmte er sich auf die Hände, um sich leichtfüßig aus dem Wasser zu ziehen.


    "Es wird Zeit für mich, aufzubrechen. Falls dein Herr eines Tages deiner Überdrüssig werden sollte, wäre es mir eine Freude, mich deiner anzunehmen. Meinen Namen kennst du ja. Du findest mich in der Castra Praetoria, zwölfte Kohorte, dritte Centurie. Das ist meine Einheit."


    Er hielt Tiberios die Hand hin, um ihm aus dem Becken zu helfen.


    Sim-Off:

    Den Wortwitz hätte Scato urkomisch gefunden. :D

  • Tiberios strahlte vor Freude, als Scato ihm wie einem freien Mann die Hand gab, um ihm aus dem Becken zu ziehen.. Sklaven wurden durchaus wegen ihrer Geschicklichkeit gelobt , aber dies hier war eine freundschaftliche Geste.
    Einen Moment lang erwiderte er den kräftigen Händedruck des Urbaners , dann sprang er mit seiner Hilfe auf den Beckenrand..


    Er nahm so etwas wie Haltung an :
    „Vale bene, dominus Sisenna Iunius Scato“, sagte er : „Ich werde alles dafür tun, dein in mich gesetztes Vertrauen niemals zu enttäuschen.“


    Tiberios prägte sich den Namen der Einheit von Scato ein. . Man wußte nie, für was es gut war. Vielleicht würde er eines Tages jemanden brauchen , der ihn beschützte.


    Auch der junge Sklave war spät dran. Er fand sein Bündel wieder, packte sein Handtuch und die geliehenen Holzsandalen ein und machte sich in Richtung Quirinal auf den Heimweg , Er war noch so erhitzt, dass er draußen nicht fror, obwohl ihm sein Atem wie eine Wolke vor dem Mund stand.

  • Niedlich. Als Tiberios ihn dermaßen anstrahlte, konnte Scato nicht anders, als zurückzulächeln. So viel Freude im Gesicht wegen einer so kleinen Geste. Plötzlich hatte Tiberios es sehr eilig, davon zu wuseln. Flink wie ein Fischlein entwand er sich und war einen Moment später auf und davon. Scato hatte eigentlich vorgehabt, ihm noch ein wenig Geld zu geben zum Dank für das Gespräch, aber da war der Bursche schon verschwunden. Scato sah ihm einige Augenblicke nach. Er gab Tiberios die Zeit, sich gänzlich zu entfernen, indem er sich noch eine Runde striegeln und massieren ließ, ehe er sich ankleidete und durch die laute Nacht Romas zurück zur Castra Praetoria ging.


    Die Nacht schlief Scato wie ein Stein. Am nächsten Abend nach Dienstschluss lud er Lurco zu einem Spaziergang in die Die Gärten von Maecenas ein. Es gab einiges zu klären.


    Die Gärten von Maecenas >>

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