Antreten zur 6. Stunde

  • Lurco überließ lieber den anderen das Antworten. Er hielt seinen Kopf gesenkt und geschlossen, um nicht noch mehr Ärger zu bekommen. Falls sich der Optio ihn nachher zur Brust nahm, wollte er ihn vorher nicht noch weiter durch irgendwelche möglicherweise falsche Antworten provoziert haben. Also marschierte er, hielt seinen Mund und sich so gut es ging bedeckt.


    Quietus der schlaue Kopf ihrer Baracke hatte auf jede Frage eine Antwort samt dazugehörigem Hinweis parat. Wenn das nicht reichte, wusste er auch nicht.


    Tarpa wirkte glücklich, aber Lurco kannte Rammy, aufgeschoben war nicht aufgehoben. Der Mann sah nicht nur aus wie ein Stier, er hatte auch das gleiche Gemüt und Tarpa wurde ganz sicher noch auf die Hörner genommen.

  • Alle warteten gespannt auf die Rückmeldung oder nächste Anweisung des Optio. Die Stille, die gerade herrschte, war ein wenig unheimlich, besonders Quietus begann zu fürchten, dass er vielleicht den Mund zu voll genommen hatte und stellte sich besonders ordentlich hin, um nicht aufzufallen. Ramnus eine Reihe nebenan hingegen war es unmöglich, unsichtbar zu werden, aber er versuchte es auch gar nicht erst. Er hatte sich nicht an dem enthusiastischen Testudo-Gebrüll beteiligt. Finsteren Blickes stierte er vor sich hin. Sein Kopf war vermutlich erfüllt vom Klang von Tarpas brechenden Knochen, während er in Gewaltfantasien schwelgte. Scato schaute wieder nach vorn zu Cerretanus.

  • Zitat

    Original von Sisenna Iunius Scato


    " Bravo." Kommentierte der Furier sarkastisch die Antwort.


    " Und genau diese Formation wird wichtig sein wenn wir in der Stadt unterwegs sind. Speziell in der Subura. Denn das Gesindel begnügt sich nicht damit auf der Strasse zu kämpfen....es kämpft auch in den Häusern und aus den Häusern heraus. Und ihr könnt euch nicht vorstellen was einem da an den Kopf geworfen werden kann." Innerlich krampftees ihn zusammen bei dem Rückblick als die Sklaven Theater machten...


    " Also, Leute. Auf mein Kommando. TESTUDO."

  • Testudo - die Schildkröte befahl ihr Optio. Das war jene Formation die zum Schutz vor starkem Beschuss diente und ein sicheres Vorrücken ermöglichte. Für die Formation der Schildkröte benötigte man das Scutum, deshalb sollten sie es vermutlich auch mitbringen. Nur der rechteckige Schild konnte dazu verwandt werden.


    Er mit den restlichen Kameraden der ersten Reihe hielten ihre Schile nach vorne. Die nachfolgenden Reihen hielten die Schilde über den Kopf, so dass die Schilde die vorangehenden Kameraden mit schützten und sich überlappten.


    Die aufwendige und im Gefecht schwerfällige Formation konnten nur gut ausgebildeten und disziplinierten Legionäre effizient ausführen. Der Knackpunkt der Schildkröte war, die Formation rechtzeitig aufzunehmen bei einem Fernwaffenangriff und ebenso rechtzeitig wieder aufzugeben bei Bedarf.


    Wichtig war die Formation auch gegen gewaltbereite Menschenansammlungen aus verschiedenen Richtungen, gerade wenn man mit Gegenständen oder anderem beworfen und beschossen wurde. Hier mussten sie alle besonders aufpassen, sie probten gerade den Extremernstfall.

  • " Gute Arbeit. Alles nochmal von vorn. Schilde ab. Mit raschen Schritten schlängelte sich Appius zwischen den Gruppen hindurch.


    " Auf mein Kommando. TESTUDO" Wieder schepperte es und die Milites versuchten rasch es ging ihre Schilde in Position zu bringen.


    " Jetzt ein Quäntchen mehr. Zieht die Schwerter." brüllte der Furier.
    Mit wachsamen Augen beobachtete er die Handgriffe der Soldaten. Ab und an gab es eine leichte Verzögerung. Wenn man die Routine nicht hatte kam das vor dass man sich mit dem Nachbarn in die Quere kam.
    Der Optio stiefelte wieder nach vorne und blieb stehen, im Angesicht der 1. Gruppe. Schweigend betrachtete er das Bild. Minuten vergingen.
    " Schwerter zurück" gab er den Befehl und wartete dann erneut einige Minuten.

  • Scato marschierte in der heißen Enge der Schildkröte mit. Unter den Schilden stauten sich die Wärme und die Gerüche der Soldaten, im Hochsommer wäre das eine Herausforderung für sich. Jetzt aber war es sogar recht gemütlich. Mehrmals hintereinander übten sie, die Schildkröte rasch auf- und abzubauen. Dann zogen sie in der Formation die Schwerter. Aufgrund der Enge mussten sie besonders aufpassen, niemanden zu verletzen. Der Optio stellte sich vor Gruppe 1 und gab nach einer Weile den Befehl, die Schwerter wieder wegzustecken, dem sie auch nachkamen.


    Scato hoffte noch immer, dass mal wer eine Anekdote zum Besten geben würde, was denn beim Sklavenaufstand nun alles auf die Milites herabgeregnet war. Maro hatte etwas angedeutet und Cerretanus müsste wohl auch dabei gewesen sein von der Dienstzeit her. Aber beide hielten sich bedeckt mit Plaudereien aus dem Nähkästchen vor versammelter Mannschaft. Gegebenenfalls waren die Kämpfe nicht gut verlaufen, so dass man weniger gern darüber sprach. So folgten Scato und die übrigen Milites den Kommandos und warteten, was folgen würde.

  • " Wie geht es euch?" fragte der Optio nun nach Minuten und wartete auf eine Antwort. " Es wird euch vermutlich schon recht warm geworden sein. Oder? Und vllt ist auch schon der Mund recht trocken." Egal wie die Antworten ausfallen würden. Die Milites würden sicher noch ein paar Schritte mehr machen können.

  • "Bestens Optio", rief Lurco, auch wenn ihm ganz schön war wurde und Durst hatte er durch die Aktion ebenfalls. Aber das was sie hier lernen, benötigten sie. Ihre Sicherheit und Gesundheit hing davon ab. Lurco versuchte so gut er konnte die Formation auszuführen, auch wenn ihm langsam die Arme schwer wurden, von den ungewohnten Bewegungen. Aber lieber lahme Arme, als ein eingeschlagener Schädel. Zur Belohnung würde er nach Feierabend Scato auf einen schönen Wein einladen, Scato liebte den Rebensaft und er selbst hatte auch Lust auf eine kalte Karaffe.

  • "Warm und glücklich", gab Scato zurück, dem der Schweiß rann, aber er war guter Dinge. In seinen Augen durfte und musste das Training durchaus hart sein, denn der Ernstfall würde das auch sein. Weniger gut ging es vermutlich Ramnus, der aufgrund seiner Größe geduckt stehen musste, damit die Schildkröte ordentlich abschloss. Dem Kameraden würde heute Abend wohl wieder das Kreuz weh tun.

  • " Erfreulich zu hören. Dann fällt die Pause aus. Also immer weiter. Im Schritt. Und keiner bringt mir die Formation durcheinander. Egal warum." Dabei klatsche er aufmunternd in die Hände.


    Während nun die 4 Gruppen über den Platz schlenderten machte sich Appius kurz rar. Eine Idee war ihm gekommen die er sofort umsetzen wollte.


    Rasch lief er zum nächsten Optio einer anderen Centurie und erkundigte sich über mögliche freie " Freiwillige" die gerne an einer Übung teilnehmen wollen.
    Nach harten Verhandlungen hatte es der Furer geschafft 20 Mann zu organisieren und diese auf den Exerzierplatz zu führen.


    " Ihr seid der Pöbel. Dort sind die Urbaner. Bringt sie durcheinander. Aber seid nachsichtig. Ich möchte keine Verletzten."


    Ohne Vorwarnung rannten die 20 Milites los und näherten sich rasch den 4 "Schildkröten".


    Ausgerüstet mit diversen Gegensständen die zuvor als "Muss" angeordnet wurden standen sie nun den Gruppen gegenüber und gröllten los.


    Schon wurde der erste Gegenstand, es war ein kleiner Stuhl der aus dem ausgemusterten Mobiliar geholt wurde.


    " Centurie..........Angriff von Vorne. Testudo und langsames vorrücken." brüllte Appius so laut er konnte um das Gegröhle der Freiwilligen zu übertönen.

  • Kaum hatte der Optio den Exerzierplatz verlassen, verwandelte sich das stramme Marschtempo in ein gemütliches Stapfen. Langsam, aber ordentlich drehten die Schildkröten ihre Runden, einige Urbaner plauderten mit dem Nachbarn. Die Rache von Cerretanus folgte kaum eine Viertelstunde später, als plötzlich ein Grölen zu hören war und irgendetwas Schweres auf Scatos Schildkröte donnerte. Etwas, das nun oben auf dem Deckel lag. Mit stoßenden Bewegungen ließen die Urbanici das Objekt zum Rand hin hüpfen, bis es von der Kante fiel und zerbrach. Ein Stuhl! Und er war nicht das einzige Geschoss, was die Schildkröten erwartete.


    Grölend und böse grinsend erwarteten sie ihre nun feindlichen Kameraden, mit Sperrmüll und anderen Gegenständen bewaffnet bis unter die Zähne. Sie standen der tapferen Schildkröte möbelschwingend im Weg. Es war das erste Mal, dass die Milites die Formation gegen Ablenkung und Druck von außen halten mussten.


    Im Inneren der Schildkröte Nr. 2, in der sich Scato befand, wurde es nicht nur plötzlich hell und luftig, sondern auch laut. Die einen strebten mehr hierhin, die anderen mehr dorthin und die Mitte drohte, auseinanderzubrechen, während sie vorrückten. Als sie sich den lärmenden und mit allerlei Gegenständen bewaffneten Kameraden noch weiter näherten, geschah dann auf einmal das Gegenteil - Scato wurde eingepresst, weil alle Angst hatten, dass ein Gegenstand durch den Deckel der Schildkröte flutschen konnte und sie darum eng zusammenrückten. Dunkelheit und Hitze kehrten zurück, so, wie es sein musste. Das hatte den Nebeneffekt, dass man nun auf Tuchfühlung mit den Nachbarn war, so dass man seine Bewegungen spürte. So kam die Schildkröte von allein wieder in Ordnung. Testudo 2 wurde ein kompaktes Kraftpaket, dass sich trotzig dem grölenden "Pöbel" entgegenschob, der ihnen nun seinerseits entgegenpreschte. Die Kollision stand unmittelbar bevor.

  • Zuerst hatte die Übung mit der Schildkröte noch irgendwie Spaß gemacht, auch wenn von der ungewohnten Bewegung alle Knochen schmerzten. Aber dann, nach einer fast wohltuenden Pause, wurden sie angegriffen. Alles was die Kollegen in den Händen hielten kam geflogen. Und sie mussten die Formation halten. Leider konnte man nicht einmal den Schild lupfen, um sich die Fressen der Vögel zu merken. Lurco knirschte wütend mit den Zähnen, aber provozieren lassen durften sie sich ebenso wenig, wie die Formation aufgeben.


    "Denen reibe ich den Kackschwamm mit Kalk ein, ich schwöre es!", fauchte er leise in die die Schildkröte hinein. Seine Worte gingen in der Kollision unter, die einzigen die sie vermutlich noch mitbekamen waren Sacto und Pullus.


    Der Ruck der durch sie alle ging, war gewaltig, aber die Schildkröte hielt erstaunlicherweise stand.

  • Appius grinste breit als die beiden Parteien aufeinander krachten. Gut dass er vorher noch erwähnte dass nicht zu grob agiert werden sollte
    Gruppe 1 schien Probleme zu haben denn die Formation verschib sich suboptimal nach innen. Da müsste man in der Aufstellung der Milites etwas ändern.
    Gruppe 2 machte hingegen ein besseres Bild was den Nahkampf anging wobei unter dem Beschuss hatte auch diese Gruppe Probleme. Da mangelte es anscheinend an der nötigen Konzentration.
    Gruppe 3 und 4 blieben verschont da sie sich im Hintergrund hielten.


    " Alles klar, Männer. Schluss damit." brüllte der Furier und wartete bis sich die Gemüter beruhigt hatten.
    "Scutum ab. Linien bilden, 2 hintereinander." dabei drehte er sich seitlich zu den Milites und streckte den Arm aus. " Hier angetreten."


    " Einen herzlichen Dank an unseren "Pöbel". Gute Arbeit. Wir werden bei Gelegenheit auf euer Können zurück greifen." Ein kurzer Salut entließ die Milites der anderen Einheit.


    " Also. Was haben wir nun gelernt?"

  • "Taktisch haben wir gelernt, dass es sehr schwer ist unter Bedrängnis die Formation der Schildkröte korrekt aufrecht zu erhalten. Entweder waren wir zu weit auseinander gezogen, oder zu eng zusammengepresst.


    Faktisch haben wir gelernt, dass die Kollegen nur den Pöbel gespielt haben. Wie sieht ein Angriff dann erst mit der Wut der Verzweiflung aus? Wo uns dieser Angriff schon zugesetzt hat? Das sind die Fragen auf die wir vorbereitet sein müssen Optio, sprich auf die wir uns als Miles vorbereiten müssen durch mehr Training", antwortete Lurco nachdenklich.

  • "UND vor allem hätten wir genügend Platz dafür gehabt, dass Testudo 3 und 4 uns unterstützen", fügte Scato hinzu. "Stattdessen haben 1 und 2 sich allein mit dem Gesocks rumärgern müssen. Das hat unsere Kräfte halbiert. Was gefehlt hat, war das externe Kommando über die Testudos. Heißt, es ist wichtig, dass der befehlshabende Offizier außerhalb der Schildkröten bleibt und die Verteidigung respektive den Vorstoß koordiniert. Sonst wird es Murks, so wie gerade eben!"

  • " Miles Scato. Wieviel Platz wäre in den Gassen der Subura gewesen?" Eine kurze einfache Frage der eine ebenso kurze Antwort bedarf.


    " Wir werden nicht auf Feldern und Wiesen kämpfen sondern hier, hier in der Stadt. Wir werden von Häuserwänden umgeben sein. Wir werden Hauseingänge zu unserer Seite haben aus denen jederzeit Gesindel kommen könnte.Wir werden es mit Menschen zu tun haben die keine Scheu haben werden ihr Leben zu verlieren. Denn was hätten sie sonst noch zu verlieren."

  • Das war einleuchtend. Allenfalls hätte man die vier Testudos noch auf verschiedene Straßen aufteilen können, so dass eine den Gegner auf eine Kreuzung drängen und die anderen dann von allen Seiten attackieren könnten. Aber sofern sie nicht auf dem Forum Romanum oder dem Marsfeld kämpfen würden, wäre zu wenig Platz für seinen laut ausgesprochenen Vorschlag. Scato nickte zum Zeichen, dass er nicht nur zuhörte, sondern es bei ihm auch Klick gemacht hatte, quatschte aber nicht, da der Optio bereits alles erklärt hatte.

  • Lurco konnte Cerretanus nur zustimmen. Im Eifer des Gefechts, dass noch gar keines war, hatten sie nicht daran gedacht. Lurco dachte angestrengt nach und hob die Hand.


    "Optio, darf ich einen Vorschlag unterbreiten?", fragte er.


    Lurco hatte die Idee, die gleiche Übung zwischen den Baracken abzuhalten, diese konnten doch hervorragend die Häuser simulieren. Jedenfalls war es für sie dann auch eng und man bekam eine Vorstellung davon, wie es sich in der Schildkröte in einer engen Gasse anfühlen musste.

  • " Bitte, Miles Lurco." Überraschenderweise hatten sich die Burschen ein paar Gedanken gemacht und waren nicht wie Schafe die man einfach in die Bahn lenken konnte und musste.
    Natürlich würde dies nicht zur Mode werden. Dann könnten die Männer vllt noch glauben ständig ihre Weisheiten zum Besten zu geben.

  • "Danke Optio. Unsere Übung gerade hat uns gezeigt wie schwierig es schon ist, die Formation hier zu halten. Wie sieht es dann in den engen Gassen der Stadt aus? Meine Idee war, genau so einen Einsatz zwischen unseren Baracken nachzustellen. Könnten wir die gleiche Übung auf beengten Raum zwischen den Baracken abhalten? Dass wären doch ähnliche Vorraussetzungen wie in den Gassen oder nicht? Das ist mein Vorschlag. Sozusagen eine Übung unter fast realen Bedingungen", schlug Lurco freundlich vor.


    Vielleicht taugte seine Idee ja etwas, falls nicht würde Cerretanus ihn aufklären, warum das nicht möglich war. Lurco wartete einfach gespannt ab.

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