Prügelei
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Ramnus versus Tarpa
Dass Tarpa seinen Kameraden Ramnus auf dem Exerzierplatz ausgelacht hatte, blieb nicht ohne Folgen. Als Scato gerade mit Tarpa auf dem Weg zum Brunnen war, flog Tarpa plötzlich mitten im Satz nach hinten weg. Sein leerer Ledereimer fiel zu Boden. Verwundert drehte Scato sich um. Ramnus, ein Koloss von einem Miles, hielt seinen Kameraden im Nacken an der Tunika und schleifte ihn in eine dunkle Gasse zwischen den Baracken, wie ein Bär, der sein Beutetier in ein sicheres Versteck schleift. Tarpa war auch kein Hänfling, doch gegen Ramnus war jeder machtlos, wenn der einen einmal in seinen Pranken hatte. Rasch hob Scato den Eimer auf und folgte den beiden.
In der Gasse hatte sich das ganze Contubernium versammelt, ein zweites von nebenan noch dazu und noch etliche weitere Schaulustige, die zu dem kommenden Spektakel eingeladen worden waren. Sie machten Platz, so dass die Kontrahenten passieren konnten, dann schlossen sie die Reihen wieder. Tarpa war eingekesselt. Beide Enden der Gasse waren von den Zuschauern versperrt, für Tarpa gab es keinen Fluchtweg. Er wurde abgesetzt und Ramnus ging im Kreis, den Blick nach außen zu den Milites gewandt um, um sich bejubeln zu lassen. Er zog seine Tunika von den Schultern, so dass sie wie ein Lendenschurz über den Gürtel nach unten hing, damit jeder sich von seiner beträchtlichen Muskulatur überzeugen konnte, die er nun stolz durch Armverrenkungen präsentierte. Tarpa hingegen suchte die Umgebung systematisch nach Schwachstellen ab, so lange er das noch konnte. Ob er eine gefunden hatte, blieb offen, da Scato von einer schnellen Bewegung von Ramnus abgelenkt wurde.
Der löste die Waffengurte mit Schwert und Dolch und warf das Ganze Asper zu, der ihn fing. Die andere Hand hielt Asper auffordernd Tarpa hin. "Die Waffen", forderte er. Tarpa hatte keine Wahl, als ihm ebenfalls seinen Gladius und den Pugio auszhändigen.
Quietus kassierte derweil die Wetteinsätze. "Siebzehn zu null für Ramnus", verkündete er. "Will noch wer sein Glück versuchen?"
Scato warf ihm fünf Sesterze zu. "Ich bin für Tarpa", rief er. Tarpa war leichter, aber er war auch flinker und wirkte momentan nur so mickerlich, weil Ramnus dermaßen bullig war. Scato räumte ihm durchaus eine Chance ein.
"Siebzehn zu eins", aktualisierte Quietus und schaute fragend in die Runde.
"Hör mal, Rami", versuchte Tarpa seinen Gegner zu beschwichtigen.
Doch Ramnus wollte nicht hören und erst recht wollte er kein Rami sein für den in Ungnade Gefallenen. Ein vernichtender Faustschlag folgte als Antwort, den Tarpa nur knapp mit dem Unterarm umlenken konnte. Die zweite Faust folgte und Tarpa flog rücklings gegen die Barackenwand. Die Zuschauer johlten. Es folgten einige Minuten, in denen Tarpa von Ramnus regelrecht demontiert wurde. Es gelang ihm, seinerseits einige Treffer zu landen, doch außer dass Ramnus nur noch wütender wurde, erreichte er nichts.
Die Zuschauer schrien außer sich, nur Pullus hielt sich die Augen zu, der das Elend nicht mit ansehen konnte. "Wir werden solchen Ärger kriegen", stöhnte er. Niemand hörte auf ihn.
Plötzlich ging ein Ohhhhhhhhh durch die Menge, als Tarpa in Windeseile an einem Zuschauer hochkletterte, weil er gerade so schön da stand, als wäre er eine Leiter. Und einen Klimmzug später stieg Tarpa über das Dach von Baracke VII in Sicherheit. Er wirkte ein wenig zerbeult, konnte offenbar aber mehr einstecken, als die meisten vermutet hatten.
"Komm da runter", brüllte Ramnus außer sich. In ohnmächtiger Wut ballte er seine schinkengroßen Fäuste.
"Komm du doch hoch", schrie Tarpa zurück. Er stieg ganz hoch und setzte sich auf den Dachfirst. Dort schob er sich den Zeigefinger in den blutigen Mund und überprüfte seine Zähne. Unten tobten die Menge und Ramnus. Einige lachten, die meisten buhten - besonders jene, die auf Ramnus gesetzt hatten. Tarpa wurde nun ebenfalls wütend, weil er ausgebuht wurde. "Arschloch", brüllte er herunter. "Wegen dir ist ein Zahn locker! Ich werde das melden!"
"Gar nichts wirst du melden!" Ramnus suchte nach irgendetwas, das er werfen konnte, fand eine Kiste mit Tonbechern und begann, Tarpa zu bombardieren. Da Tarpa sich mit seiner Aussage, petzen zu gehen, nicht gerade beliebt gemacht hatte, jubelten die Zuschauer für jeden Treffer. Tarpa musste seine Gebissinspektion unterbrechen, um die Tonbecher abzuwehren, die mit schädelbrecherischer Wucht auf ihn zurasten. Er ließ sich die andere Seite vom Dach hinabrutschen - nur um festzustellen, dass einige der Kameraden dort schon auf ihn warteten, vermutlich, um ihn zurück in die Arena zu schleifen. Als Tarpa rasch von ihnen fort kletterte, bildeten sie eine Räuberleiter.
Vorn sah es aber nicht besser aus, denn dort lauerte unten Ramnus. Kaum schaute Tarpa wieder über das Dach, schleuderte er seine Munition. Tarpa duckte sich gegen den vorbeifliegenden Becher. Die wachsende Panik war ihm anzusehen. Er riss eine Dachschindel ab und fuhr herum. Wie mit einer Keule schaltete er damit zunächst seinen Verfolger aus, der rücklings vom Dach hinab auf seine Kameraden stürzte. Dann schleuderte er sie auf Ramnus. Einige Zuschauer hatten tatsächlich Schilde dabei und bildeten nun ein Dach damit. Allerdings nur für sich selbst - Ramnus musste draußen bleiben. Tarpa nutzte die Formation aus, indem er darauf sprang, darüber rannte und auf das Dach der Nachbarbaracke kletterte - als ihn ein Becher gegen den Hinterkopf von den Füßen holte. Er trat fehl und stürzte hinab in die Zuschauer. Einen Augenblick später war Ramnus über ihm, um zu beenden, was er begonnen hatte.
Für Ramnus ging es um seine Ehre - für Tarpa ging es um seine Gesundheit. Beide schenkten sich nichts und auch wenn der Kampf nun weniger spektakulär zu beobachten war, war nun der Augenblick gekommen, da er sich entscheiden wurde.
"RAMNUS, RAMNUS", donnerten die Zuschauer.
Scato legte die Hände wie einen Trichter an den Mund. "Tarpaaa", kreischte er gegen den Lärm an.
Aus den beiden Kontrahenten war ein schnaufendes, schlagendes, tretendes und kratzendes Knäuel geworden, das sich über den Schotter wälzte.