[Atrium] Expiatio Iuliae - Iulii vs. Valerii


  • Vibilius der Ianitor führte ihren hohen Gast ins Atrium und schnippte einem gerade vorbeieilenden Sklaven. "Hole kühle Erfrischungen für den Gast unseres Dominus!" Der Angesprochene nickte zum Zeichen, dass er verstanden hatte, machte eine kurze Verbeugung in Richtung der Valeria und eilte dann in die Culina davon. Dann wandte er sich wieder an Antipatros und Valeria Maximilla und sagte: "Domina, falls du wünschst deinen mitgenommenen Sklaven ein wenig Erfrischung zukommen zu lassen, so wurde extra dafür im Hortus eine Kleinigkeit aufgebaut. Alle unsere unfreien Gäste die du nicht für die Sänfte, oder zu deinem eigenen Bedürfnis benötigst sind von meinem Dominus eingeladen diese kleine Aufmerksamkeit zu empfangen." Natürlich hatte Phocylides der Maiordomus nicht damit gerechnet, dass so viele Sklaven mitkommen würden beim Besuch eines einfachen Frauenzimmers, aber das war kein Problem. Musste die Küche eben auf die Schnelle noch ein paar Erfrischungen mehr zaubern. Und ein oder zwei Tische und Bänke ließen sich auch bestimmt von irgendwo auftreiben, aber damit musste ja nicht die Valeria selbst behelligt werden. Gut, dass Sklaven an sich von genügsamer Natur waren (zumindest die meisten).


    Anschließend empfahl sich der Torwächter kurz, um seinem Herrn Bericht zu erstatten, dass ihr erwarteter Besuch eingetroffen sei. Dabei ließ Vibilius durchaus nicht das Detail unter den Tisch fallen, dass die Valeria gleich einer Patrizierin, oder gar Königin Kleopatra in der Domus Iulia angekommen war. Als Caesoninus das hörte wuchs seine Neugier umso mehr. Wer wohl diese Frau war? Er stellte sich wirklich eine Art Patrizierin vor, auch wenn er wusste, dass das auf die heutigen Valerier nicht mehr zutraf. Die modernen Vertreter dieser Familie waren plebejisch, genauso wie die Iulier. Doch nach dem Inhalt ihres Briefes zu schließen und auch der Art und Weise wie ihn ihm Vibilius gerade beschrieben hatte mochte das wohl eine von der hochnäsigen Sorte sein. Schmuck und Geschmeide liebend, keine körperliche Arbeit gewohnt seiend und die Sonne wie ein Nachtgeschöpf scheuend, der kostbaren weißen Haut wegen. Caesoninus seufzte. Dann würde er sich wohl daran anpassen müssen als Repräsentant seiner Familie. An den Ianitor gewandt sprach er: "Danke, Vibilius. Hole mir Iduna ins Atrium und achte darauf, dass sie erst die Sklavenunterkünfte verlässt, sobald sie dem Anlass entsprechend gekleidet ist. Alles muss perfekt sein. Wenn du unterwegs auf jemand anderes triffst, schicke diesen los Audata zu holen. Sie soll mich zurrecht machen." Dies wäre zwar normal eine Arbeit für Iduna gewesen, doch war sie ja immer noch von ihrem Leibdienst suspendiert. Vibilius lief los, um die Küche wegen der höheren Sklavenzahl zu instruieren und Iduna holen zu gehen. Dann kam nach kurzem auch schon Audata die Illyrerin zu ihm. Sie half Caesoninus die Falten seiner besten Tunika zu ordnen, außerdem trug er neben dem iulischen Siegelring auch den latus clavus, der ihn als Angehörigen des ordo senatorius auswies. Dann war alles bereit, um ihren Gast zu empfangen. Caesoninus begab sich ins Atrium, wo er Valeria Maximilla zum ersten Mal zu Gesicht bekam. Sie war ausgesprochen hübsch und genauso aufwendig hergerichtet wie er sich das vorgestellt hatte.


    Freundlich ging er auf sie zu und begrüßte sie: "Salve Valeria Maximilla, ich bin Gaius Iulius Caesoninus, der Besitzer von Iduna. Ich hoffe du hast nicht zu lange warten müssen?"

  • Valeria Maximilla war recht neugierig. Erstens besuchte sie die Domus der gens Iulia, aus der ihre neuen Freundinnen, Iulia Stella und Iulia Phoebe, stammten. Zweitens lernte sie deren Cousin, der ihr als Heiratskandidat angepriesen worden war, endlich persönlich kennen.
    Freilich war der Anlass war nicht erfreulich. Ein freundlicher Besuch hätte ihr besser gefallen.


    Die Valeria merkte, dass es ziemlich viel Wirbel gab. Die Sklaven der Domus liefen hin- und her, um ihr Gefolge zu versorgen.
    Maximillas Hände wurden schweissnass, und sie trocknete sie heimlich an der Tunika. Dann nahm sie ihren Fächer zur Hand. Der war sehr praktisch, wenn eine Dame einmal nachdenken musste.


    Sie räusperte sich und sagte zu Vibilius.


    „Es ist sehr freundlich, an meine Sklaven zu denken. Geht ruhig in den Hortus!“


    Maximilla machte eine kleine Handbewegung. Nur die Mädchen Lanassa und Corinna, Grazien in ihren weißgoldenen Chitons, Antipatros und Nubius, der den Befehl erhalten hatte, die junge Domina keinen Moment allein zu lassen, blieben bei ihr.


    Wieder sah sich Maximilla um. Die Domus Iulia war sehr prächtig und erlesen ausgestattet. Sie hätte gerne etwas Nettes gesagt, war sich aber unsicher, ob das zum Anlass passte.


    Da kam auch schon Gaius Iulius Caesoninus auf sie zu. Was für ein Mann! Da hatten die Iulias nicht zu viel versprochen: Elegant mit dem iulischen Siegelring und dem breiten Purpurstreifen an der Tunika, der seinen hohen Rang anzeigte
    Und dennoch: Kein Schnösel. Seine Haltung war selbstsicher, seine Bewegungen geschmeidig. Er hatte einen Zug um den Mund, als ob er gerne lächelte.


    Valeria Maximilla, die eher von kleiner Statue war und sich deshalb kerzengerade hielt, blickte zu ihm hoch:


    „Salve, Gaius Iulius Caesoninus“, sagte sie deutlich und sehr akzentuiert. Wenn sie zu schnell sprach, verfiel sie in den Dialekt der Civitas Aquensis und ließ die Nachsilben weg. Das wollte sie vermeiden.


    Dann überlegte sie, was man sonst so sagte:
    „Danke dass du Zeit gefunden hast, mich zu empfangen. Leider ist der Anlass meines Besuches nicht so erfreulich.“


    Sie seufzte:
    „Es geht um Iduna, deine cheruskische Sklavin.“


    Na wunderbar, immer direkt aufs Angriffsziel zumarschiert, hätte Adalheidis, Maximillas germanische Ziehmutter, gesagt. Konversation hält nur auf.

  • Ihr Gast erwies sich als gute Herrin, die sich um das Wohl ihrer Unfreien Gedanken machte. Das imponierte dem Ianitor. Immerhin war es draußen eine Affenhitze. Vibilius kannte genug hochgestellte Römer, die diese vielen Sklaven alle einfach draußen auf der Straße bei der Sänfte stehen hätten lassen, mitten in der prallen Sonne. Doch zum Glück waren Dominus Caesoninus und Domina Maximilla gerade tonangebend, was den valerischen Sklaven eine kühlende Erfrischung im Schatten des iulischen Privatgartens bescherte. Nach dem Einverständnis von Valeria Maximilla führte er alle ihre nicht benötigten Sklaven in den Hortus und gab auch nochmal der Küche entsprechend Instruktionen, um aufzustocken. Schließlich sollte ja jeder etwas von der Güte des Iulius Caesoninus abhaben. Anschließend kam der Torwächter zurück ins Atrium und empfahl sich, um seinem Herrn Bericht zu erstatten...


    Caesoninus' Frage ignorierend kam sein Gast (seine Gästin?) gleich zum Punkt. Na holla, das versprach ja witzig zu werden. Augenscheinlich war Valeria Maximilla immer noch sehr wütend, aber deshalb hatte er sie ja heute eingeladen, um das aus der Welt zu schaffen. Auch wenn es schmerzen wollte, besser man ließ all das Gift gleich in einem aus der Wunde, anstatt es lange Zeit in der Wunde köcheln zu lassen und es so den Körper über längere Zeit vergiftetete, um dann... über welchen Blödsinn dachte er denn da schon wieder nach?! Innerlich schüttelte Caesoninus über sich selbst den Kopf. Er war mit seinen Gedanken ganz woandershin gekommen. Besser sich wieder auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren, anstatt von Wunden, Giften und Sachen auslassen zu phantasieren. "Es freut mich, dass du meiner Einladung nachgekommen bist, bitte setz dich doch", und er wies auf einige Sitzgelegenheiten in ihrer Nähe. Kaum hatten sie sich niedergelassen, als auch schon der vorhin von Vibilius beauftragte Sklave mit den Erfrischungen für die Herrschaft zurück war. Natürlich hatte er mitgedacht und auch gleich für Caesoninus mitgebracht, obwohl das gar nicht verlangt worden war. Caesoninus dankte ihm und schickte ihn fort.


    Nachdem sie derart versorgt und platziert waren, konnten sie in aller Ruhe über die Angelegenheit sprechen. Caesoninus setzte sich aufrecht hin und achtete dabei, dass die Falten seiner Toga gut zur Geltung kamen in der Art wie sie in dieser Sitzposition fielen, auf dass er möglichst herrschaftlich wirken mochte, so wie jemand der immer alles im Griff hatte. Gut, "meistens im Griff hatte", sonst würde die Valeria ja jetzt nicht gerade hier vor ihm sitzen. "Anlässlich deines Briefes wurde sich sofort um eine Korrektur der betroffenen Sklavin bemüht. Auch habe ich nach ihr schicken lassen, damit sie sich auch in diesem Rahmen heute noch einmal für ihr Vergehen bei dir entschuldigt. Auch ich bin von dieser Schmach natürlich betroffen als ihr Besitzer. Hiermit spreche ich dir meine Entschuldigung für das Verhalten meiner Sklavin aus. Ich bedaure es sehr und ich verspreche, dass es nicht wieder vorkommen wird. Sollte es sonst noch etwas geben, das dazu beiträgt die von dir erlittene Schmach zu tilgen, so sprich es frei und frank heraus." Mal sehen wie Valeria Maximilla sonst noch so drauf war, doch das würde er erst näher für sich bestimmen können, wenn er sie länger reden gehört hätte.

  • Auch Valeria Maximilla setzte sich auf einen Sessel, und sofort richteten Lanassa und Corinna ihr Gewand, so dass es in anmutige Falten fiel. Auf einen Fingerzeig der Valeria hin huschten die Mädchen wieder auf ihre Plätze.


    Die Valeria fand es nicht übertrieben, sich gut um ihre Sklavenzu kümmern. Sie dachte da ganz im Rahmen der Villa Rustica, auf der sie aufgewachsen war: Dem Ochsen, der drischt, nicht das Maul verbinden. Den Mann, der hart arbeiten soll, auch reichlich verpflegen. Auf den großen Latifundien mit Tausenden von Sklaven mochte man das anders handhaben.


    Gerne nahm Valeria Maximilla etwas zu trinken, aber nichts zu essen. Bestimmt würde irgendetwas krümeln oder Flecken verursachen, sie kannte sich.


    Das war eine weise Entscheidung gewesen, denn nun sprach Caesoninus auch direkt über die Angelegenheit. Mit vollem Munde hätte sie nicht antworten können.


    „Was heißt korrigiert...ach so korrigiert.“, erwiderte sie:
    „Ich habe ja gehofft, Iduna wird vor meinen Augen bestraft. Aber wenn es schon geschehen ist, nun denn. Welche Strafe hat sie bekommen?“


    Caresoninus sah durchaus wie ein Mann aus, der durchgreifen konnte.
    Aber wenn Iduna jetzt herkam, bedeutete das zumindest, sie konnte noch gehen.


    „Deine Entschuldigung nehme ich an, denn eine Beleidigung durch eine dumme Fatua * sollte nicht zwischen uns stehen. Aber eine Sache noch würde durchaus zu meiner Zufriedenheit beitragen: Das weitere Schicksal des Kindes Aislin.“


    Maximilla sah Caesoninus forsch in die Augen:
    Ich weiß, dass manche Menschen Gefallen an kleinen frechen Sklavenkindern finden.
    Aber was geschieht mit ihnen, wenn sie nicht mehr süß und niedlich sind?
    Mit spätestens fünf Jahren verlangt man doch kleine Handreichungen von ihnen.
    Kurz und gut, ich halte Iduna nicht für fähig, dein Eigentum zu erziehen. Vertrau Aislin einer anderen Dienerin an, die sie gutes Benehmen lehrt. Sonst bekommt das keinen Schick.“


    Der letzte Ausdruck war in Rom bestimmt schon eine Generation außer Mode. Aber das wusste Valeria Maximilla nicht.


    Sie empfand sich keineswegs als grausam. Sie handelte doch sogar im Interesse der kleinen Sklavin. Ihr Rat würde Aislin viele Peitschenhiebe und Tränen ersparen. Bestimmt hätte Adalheidis ihren Hinweis richtig gefunden. Viridomarus tat es ohnehin.



    Sim-Off:

    * Närrin, Idiotin

  • Valeria Maximilla wollte von Caesoninus wissen welche Strafe Iduna bekommen hatte, doch hierbei war er der Ansicht, dass sie das nicht im mindesten etwas anging, wo Iduna ja seine Sklavin war und nicht ihre und so antwortete er bloß höflich: "Sei versichert, dass die Strafe den Umständen entsprochen hat."
    Wie Caesoninus seine Unfreien behandelte war ja immerhin noch seine Sache.


    Als Valeria Maximilla Iduna dann auch noch beleidigte verhärteten sich seine Gesichtszüge kurz, doch sagte er nichts. Sklaven wurden in der Gens Iulia als Teil der Familie behandelt und wer diese beleidigte, beleidigte somit auch die Iulier selbst. Doch Caesoninus war gerade nicht nach noch mehr Ärger, wo er ja jetzt schon hier sitzen und um Entschuldigung bitten musste. Wäre das gegen ein Familienmitglied gegangen wäre das natürlich nochmal etwas anderes, doch das war ja hier nicht der Fall.


    Auch Maximillas Bestreben sich in die Erziehung der iulischen Sklavenkinder einmischen zu wollen hielt Caesoninus für mehr als anmaßend, immerhin lief er ja auch nicht zur Casa Valeria und tat ähnliches mit den valerischen Sprössen von deren Unfreien. Womöglich war der Valerias Erziehung doch nicht so ausgereift wie ihr Äußeres schließen ließ? Immerhin zählte das ja zum kleinen Einmaleins, dass man wusste welche Sklaven wen etwas angingen und so ignorierte er Maximillas Ansichten und sah sie nur freundlich an und nickte. In einem verbindlichen Ton antwortete er ihr: "Deine Anmekung wurde registriert, vielen Dank dafür."


    Dann wandte er den Kopf in Richtung der Treppe ins Untergeschoß. "Wo wohl Iduna nur bleibt? Eigentlich müsste sie längst schon hier sein." Er stand auf und ging ein wenig in die angegebene Richtung. Da gerade ein Sklave vom Tablinum kommend das Atrium durchquerte in Richtung Untergeschosstreppe, winkte Caesoninus diesen zu sich und flüsterte ihm zu: "Wenn du Iduna triffst sage ihr, dass ich will, dass sie unserem Gast keine Auskunft über ihre Strafe gibt und auch sonst nur sprechen soll, wenn sie dazu aufgefordert wird. Nur Antworten, keine eigene Meinung!". Der Sklave nickte und machte sich auf in die Sklavenunterkünfte, während Caesoninus wieder zur Sitzgruppe mit der Valeria zurückkehrte. Er hatte es im Gefühl, dass sie vielleicht eine Auskunft bei Iduna selbst versuchen würde, nachdem Caesoninus sie ablitzen hatte lassen und auch wenn es selbstverständlich war, dass man Fremde keine Einsicht in die eigenen Familienangelegenheiten gewährte, wenn das nicht nötig war, so wollte er mit dieser Anweisung sicherstellen, dass dies auch Iduna bewusst war, da er nicht genau wusste ob sie das schon so kannte. Sich wieder setzend sagte er zu Valeria Maximilla: "Ich habe den Sklaven angewiesen nochmal nach Iduna zu schauen, es sollte also nicht mehr allzu lange dauern, ehe sie uns mit ihrer Gegenwart Gesellschaft leistet. Möchtest du in der Zwischenzeit vielleicht noch irgendeine andere Kleinigkeit? Gebäck? Wein? Oder Traubensaft?"

  • Die iulische Sklavin hielt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt in den Sklavenunterkünften auf und bettete ihre Tochter in das für sie hergestellte Bettchen. Von der drohenden Gefahr in Form des valerischen Besuchs ahnte Iduna nichts. Auch wenn es sie noch immer schmerzte das sie weiterhin als einfache Haussklavin den Iuliern dienen musste. Vorbei war der Status den sie als Dominus Caesoninus Cubicularia genossen hatte. Und dieser Umstand schmerzte die kleine Germanin äußerst stark. Auch wenn sie ihre Gedanken nicht öffentlich zeigte. So wünschte sie sich doch innerlich das ihr Dominus sie wieder als seine Cubicularia wieder an seine Seite beorderte.


    Danach zu fragen wagte Iduna jedoch nicht. Und so beugte sie sich über das Bettchen ihrer Tochter und gab Aislin einen sanften Kuss auf die Stirn. Bevor sie die Decke um ihren kleinen Körper feststeckte und ihrer Tochter fürsorglich über die Wange streichelte. Dann richtete sich die Cheruskerin auf und strich ihre Tunika glatt. Jene Tunika die sie in den Trajansmärkten gekauft hatte und die sie auch bei der Begegnung mit der kleinen Valeria getragen hatte. Bei der Erinnerung an diese Begegnung zuckte Iduna leicht zusammen. Ein harmlos dahin gesprochener Satz und der Nachmittag war zerstört. Dies hatte sie auch ihr Dominus wissen lassen. Bevor sich Iduna jedoch weiter ihr Köpfchen zerbrechen konnte, wurde sie von einem der Haussklaven angesprochen. Ihr Dominus erwartete sie im Atrium. Was Dominus Caesoninus wohl von ihr wollte?
    “Danke. Ich werde mich beeilen.“


    Mit einem letzten Blick in Richtung ihrer schlafenden Tochter verließ Iduna die Sklavenunterkünfte. Querte den Gang und stieg die Treppe hinauf. Mit jedem Schritt spürte Iduna wie ihr Herz vor innerer Unsicherheit hastiger in ihrer Brust pochte. Ihre mittlerweile schweißfeuchten Hände wischte sie unbemerkt an ihrer Tunika sb. Als die Rothaarige das Atrium betrat und mit gesenkten Kopf stehen blieb.
    “Dominus, du hast nach mir geschickt?“
    War Idunas Stimmlein zu vernehmen. Ansonsten blieb die Sklavin stumm. Und auch ihren Blick hatte sie nicht angehoben.

  • Als Valeria Maximilla Iulius Caesoninus sehr kurzangebunden fand, dachte sie gar nicht daran, dass es vielleicht deswegen war, weil sie sich mit bäuerlicher Direktheit in Sachen einmischte, die sie nichts angingen.


    Sie vermutete eher, dass der Iulier Iduna fürchterlich bestraft hatte. Vielleicht gar wie Viridomarus, der stummen Haussklaven den Vorzug gab.
    Aber wenn sie Iduna für ihre Beleidigung die Zunge rausgeschnitten hatten, würde ja Aislin niemals mehr die Stimme ihrer Mutter hören!


    Maximilla begann, auf ihrem Sitz herumzurutschen. Sie fühlte sich auf einmal unbehaglich.
    Zum ersten Mal in ihrem Leben begriff sie, was Macht eigentlich bedeutete: Das man dann den Konsequenzen seiner Entscheidungen ins Auge blicken musste. Selbst wenn es nur um "sprechendes Eigentum" wie Iduna ging.


    Plötzlich dachte Maximilla, dass Adalheidis ganz und gar nicht mit ihr zufrieden sein würde:
    Maxi, du bist eine Gans, die sich Pfauenfedern übergeklebt hat, würde sie sagen: Aber du bleibst eine Gans. Und daran ist nichts auszusetzen, denn Gänse sind die heiligen Vögel eurer Göttin Iuno.


    Jetzt sah die Valeria Caesoninus recht ängstlich an.
    Lanassa bemerkte ihre Unsicherheit und sprang sofort, ihr den Umhang zu richten. Dabei berührte sie sanft Maximillas Hand, damit sie ihren Fächer hochnahm. Das tat sie.


    „Nein, danke.“, sagte sie auf Iulius Caesoninus‘ Aufforderung hin:
    „Ich wurde bereits bestens versorgt. Ist eigentlich jeder Sommer in Rom so unerträglich heiß? Man glaubt gerade….“
    Ihr Redeschwall wurde unterbrochen.


    “Dominus, du hast nach mir geschickt?“, drang Idunas Stimme an ihr Ohr.
    Iduna konnte noch reden!
    Maximilla sah sie hinter ihrem Fächer an.
    Iduna sah weder misshandelt noch verletzt aus. Sie sah wie bei ihrer letzten Begegnung aus.


    Der Valeria fiel ein Stein vom Herzen, Iuno sei Dank.

  • Aus dem Augenwinkel nahm Iduna die Handbewegung ihres Dominus wahr und näherte sich auf leisen Sohlen. Ihr Köpfchen hielt Iduna gesenkt. Erschrak jedoch als sie Valeria Maximilla in Gegenwart ihres Dominus entdeckte. Deswegen hatte ihr Dominus sie rufen lassen. Sie sollte sich bei der jungen Römerin für ihren faux-pas in den Gärten des Maecenas entschuldigen. Dabei hatte sich die Rothaarige bereits in den Gärten entschuldigt. Nur waren ihre entschuldigenden Worte bei der jungen Römerin offensichtlich auf taube Ohren gestoßen. Sichtlich nervös trat Iduna schließlich direkt vor Valeria Maximilla und verkrampfte ihre Finger in ihrer Tunika. Allzu gut erinnerte sie sich an die Bestrafung durch Wonga. Als sie ihm ihre Handinnenflächen präsentieren musste und die dünne Weidenrute pfeilschnell auf ihre Hände niedersauste. Doch auch diese Bestrafung hatte Iduna ohne murren über sich ergehen lassen. Auch wenn ihre Hände danach schmerzten. So war dies nichts. Im Vergleich zu der Tatsache das ihr Dominus sie für drei Tage nicht an seiner Seite, als seine Cubicularia sehen wollte. Degradiert zur einfachen Haussklavin. Diese Strafe schmerzte die Rothaarige sichtlich.


    “Domina Valeria Maximilla. Ich entschuldige mich für meine unbedacht gesprochenen Worte in den Gärten des Maecenas. Ich bitte untertänigst um Verzeihung.“
    Vollkommen ruhig entwichen diese Worte den Lippen der kleinen Germanin. Deren Finger sich hinter ihrem Rücken miteinander verschränkt hatten. So wartete Iduna nun mit gesenktem Köpfchen auf das Urteil der Valeria. Würde jenes milde ausfallen? Oder hatte sie sich etwas überlegt um Iduna in ihre Schranken zu weißen?

  • Diesmal besann sich Valeria Maximilla darauf, dass es nicht zum guten Ton gehörte, sich in fremde Sklavenhaltung einzumischen.
    Sie blickte daher Gaius Iulius Caesoninus um Erlaubnis bittend an.


    „Darf ich Iduna eine Frage stellen, Caesoninus?“, fragte sie.
    Anstatt sich direkt an die rothaarige Cheruskerin zu wenden.

  • "Du hast in den Gärten des Maecenas sehr viel erzählt, Iduna. Auch Dinge, die wirklich nichts für die Ohren einer unverheiratete Jungfrau aus bester Familie sind..."
    Das war eine geschickt eingeflochtene Information für den ansehnlichen Caesoninus, fand zumindest Maximilla:


    "Für welche unbedachten Worte genau entschuldigst du dich? Denn wenn du nicht einmal bemerkst, wenn du freie römische Damen beleidigst, kannst du es mit der Entschuldigung auch sein lassen. Also....", sagte Maximilla:
    "Ich höre."
    Sie errötete etwas vor Eifer des Gefechts.

  • Als ihr Dominus der jungen Valeria das Wort erteilte zuckte Iduna unwilllürlich zusammen. Dabei hatte sie sich doch bereits entschuldigt. Wieso wurde sie hier weiterhin gequält? Hart pochte der Rothaarigen das Herz in der Brust. Während sie ihre Finger miteinander verkrampfte und ihr Blick gen Boden gerichtet war.
    “Aber ich.. ich dachte du hörst mir zu Domina wenn ich ein Problem habe.“
    Denn dies hatte ihr die Valeria damals auf dem Mercatus Urbis zu verstehen gegeben. Oder hatte sie die Römerin einfach nicht verstanden? Denn dies hatte auch bereits ihr Dominus angemerkt. So verharrte Iduna vollkommen regungslos. Während ihr innerlich der Schweiß ausbrach und sie sich wünschte die Erde möge sich unter ihren Füßen auftun und sie verschlucken.
    “Ich habe mich doch bereits für meine Beleidigung dir gegenüber entschuldigt Domina. Außerdem waren meine Worte nicht als Beleidigung gedacht. Ich dachte nur...“
    Dann verstummte die Cheruskerin auch schon und biss sich auf ihre Unterlippe. Sie sollte eindeutig nicht so viel denken. Und nur auf die gestellte Fragen antworten. Keine Mutmaßungen anstellen wie sie es gerade eben getan hatte.


    “Ich entschuldige mich dafür das ich dich 'Kleine Barbarin' genannt habe Domina.“
    Murmelte die Rothaarige mit leiser Stimme und noch immer gesenktem Köpfchen.

  • Die Tatsache, dass Iduna genau wußte, an welcher Stelle sie sich im Ton vergriffen hatte, stimmte Valeria Maximilla versöhnlich. Sie schenkte Iduna sogar ein Lächeln:
    "Ich nehme die Entschuldigung deiner Sklavin an!", sprach sie zu Caesoninus:
    "Und ich danke dir für die schnelle Erledigung dieser Angelegenheit."
    Jetzt war der formelle Teil des Besuches vorbei.


    Maximilla sagte also:
    "Grüße bitte Iulia Stella und Iulia Phoebe von mir. Sie haben mir erzählt, dass du nach Germanien gehen willst.*
    Das wird bestimmt eine interessante Erfahrung. Ich selbst bin dort in Germania superior in einer Civitas aufgewachsen. Ja, da staunt jeder, wenn er das hört. Ich weiß, dass Germanen oft anders denken als wir.
    Nur dass mich eine kleine Barbarin eine kleine Barbarin schimpft, dies ist mir bei den wirklichen Barbaren nie untergekommen."


    *Damentag

  • Nicht viel passierte in der Domus, das Phoebe und ich nicht sofort erfuhren, so war es auch klar, dass ich schnell wusste, dass die Valeria im Hause war und ein Gespräch mit Caesoninus führte.


    Da es sich überhaupt nicht ziemte, dass eine Dame ein Gespräch belauschte, liess ich mir einen Stuhl bringen und setzte mich mit einer Buchrolle so hin, dass Valeria mich beim Verlassen des Atriums bemerken musste, ich aber nicht hören konnte, was dort gesprochen wurde.

  • Als Valeria Maximilla das Atrium verließ, sah sie die liebe Iulia Stella.
    Sie winkte ihr fröhlich zu und ging zu ihr hin. Lanassa und Corinna, die beiden anmutigen Sklavinnen aus dem Hause Viridomarus trugen ihre Schleppe.


    "Salve, Iulia Stella", sagte Maximilla:
    "Da freue ich mich aber, dass ich dich treffe. Ich habe Caesoninus schon Grüße ausgerichtet, aber dich in Persona zu treffen, ist noch netter."


    Sie wedelte sich mit ihrem Fächer Luft zu. Was war heute für ein heißer Tag:
    "Und wie geht es dir? Und Phoebe?"

  • Als die Valeria das Atrium verliess und auf mich zu trat, begutachtete ich ihre aussergewöhnlich auffällige Kleidung. Eine Schleppe, die von 2 Sklavinnen getragen werden musste war in der Tat nicht gerade alltägliche Kleidung, selbst für Rom nicht. Also musste der Anlass dieses Besuches entsprechend wichtig und offiziell gewesen sein. Doch das ging mich ja noch immer nichts an.


    Salve Valeria Maximilla, eine in der Tat aussergewöhnliche Kleiderwahl, herzlichen Glückwunsch! erwiderte ich den Gruss. Mir geht es ganz gut, danke. Ich geniesse die kühle Luft hier drinnen. Und du? Wie geht es dir?


    Dazu erhob ich mich und legte die Buchrolle in den Stuhl. Es war nicht anständig, sich mit einem stehenden Gast zu unterhalten.

  • Jetzt da Iulia Stella aufrecht stand, hauchte ihr Maximilla je ein Küsschen auf jede Wange.


    Danke für das Kompliment.“, sagte sie: „Ich dachte, wenn schon, kann ich deinen Cousin etwas beeindrucken.“


    Sie schaute nachdenklich:
    „Die Kleiderwahl und mein Gefolge haben wohl auch diesen Zweck erfüllt. Caesoninus hat mich sehr standesgemäß empfangen, meine Leute verköstigt und Iduna, die sich mir gegenüber im Ton vergriffen hatte, wurde bestraft und hat sich entschuldigt. Also alles bestens. Dein Cousin ist wirklich ein sehr beeindruckender Mann.
    Aber sympathisch hat mich ihm diese Aktion nicht gemacht, glaube ich. Nun denn. Man kann nicht alles haben, sagt Adalheidis.
    Wie geht es denn deinem Florus, gibt es über ihn Neuigkeiten?“

  • Valeria begann zu erzählen. Anscheinend hatte eine unserer Sklavinnen, oder in diesem Fall besser gesagt Caesoninus Sklavinnen sich im Ton vergriffen. Das war äusserst unerfreulich und konnte zu massiven Verstimmungen führen, umso erfreulicher war es, dass das Thema scheinbar vom Tisch war.


    Wollen wir ein wenig gehen? Oder in den Hortus? Ich redete gerne im Gehen oder auf einer Bank im Hortus sitzend, aber nicht wirklich gerne stehend irgendwo im Haus. Daher drehte ich mich auch in Richtung des Hortus und achtete dabei darauf, ob Valeria es mir gleich tat, oder anzeigte, dass sie dies nicht wollte.


    Caesoninus ist ein vernünftiger Mann. Er wird das schon einordnen können. Ausserdem mag er Frauen mit einer Meinung, daher glaube ich kaum, dass er dich deswegen gleich unmöglich finden wird.


    Und dann zum Thema Florus: Nein, leider habe ich seit unserem Bad nicht viel gehört. Seine Absichten scheinen noch immer fest zu stehen, aber ich habe keine Ahnung, wann ich ihn wieder in Rom erwarten darf. Und du? Neues vom Kätzchen?

  • "In den Hortus furchtbar gerne.", sagte Maximilla:
    "Ich weiß allerdings nicht, ob ich die Gastfreundschaft von deinem Cousin überstrapaziere, wenn ich noch länger hier bleibe. Ich bin mit einigem Gefolge da, so zwanzig Sklaven. Und außer den beiden hier werden sie gerade alle im Garten verköstigt."
    Bei den Worten ...den beiden hier ... wies sie auf Corinna und Lanassa in ihren goldgesäumten Chitons:
    "Anderseits könnte ich dann meine Jungs gleich mitnehmen. Weißt du was, lass uns ruhig in den Hortus gehen."


    Kurzerhand nahm sie ihre purpurfarbene lange Palla ab und drückte sie den Sklavinnen in die Hand. Zufrieden machte sie ein paar große Schritte. Die Trippelei mit der Schleppe war ihr über geworden.
    Die Valeria fühlte sich in der safrangelben Tunika wohler:


    "Das Kätzchen trinkt noch bei der Mutter. Nächsten Monat kommt es zu mir nach Hause.",sagte sie:
    "Es soll einen thrakischen Namen bekommen, weil der Spender ein Thraker ist. Aber kennst du thrakische Namen? Kein Mensch kennt die."

    Valeria Maximilla nahm nun Iulia Stella bei der Hand, wie das Mädchen untereinander oft taten:
    "Bestimmt denkt dein Florus an dich, dass es nur so kracht.", sagte sie:
    "Und er will nichts wie heim. Wenige Römer verlieben sich in Germania. Aber die es tun, wollen dann nirgends anders mehr leben."

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