Vibilius der Ianitor führte ihren hohen Gast ins Atrium und schnippte einem gerade vorbeieilenden Sklaven. "Hole kühle Erfrischungen für den Gast unseres Dominus!" Der Angesprochene nickte zum Zeichen, dass er verstanden hatte, machte eine kurze Verbeugung in Richtung der Valeria und eilte dann in die Culina davon. Dann wandte er sich wieder an Antipatros und Valeria Maximilla und sagte: "Domina, falls du wünschst deinen mitgenommenen Sklaven ein wenig Erfrischung zukommen zu lassen, so wurde extra dafür im Hortus eine Kleinigkeit aufgebaut. Alle unsere unfreien Gäste die du nicht für die Sänfte, oder zu deinem eigenen Bedürfnis benötigst sind von meinem Dominus eingeladen diese kleine Aufmerksamkeit zu empfangen." Natürlich hatte Phocylides der Maiordomus nicht damit gerechnet, dass so viele Sklaven mitkommen würden beim Besuch eines einfachen Frauenzimmers, aber das war kein Problem. Musste die Küche eben auf die Schnelle noch ein paar Erfrischungen mehr zaubern. Und ein oder zwei Tische und Bänke ließen sich auch bestimmt von irgendwo auftreiben, aber damit musste ja nicht die Valeria selbst behelligt werden. Gut, dass Sklaven an sich von genügsamer Natur waren (zumindest die meisten).
Anschließend empfahl sich der Torwächter kurz, um seinem Herrn Bericht zu erstatten, dass ihr erwarteter Besuch eingetroffen sei. Dabei ließ Vibilius durchaus nicht das Detail unter den Tisch fallen, dass die Valeria gleich einer Patrizierin, oder gar Königin Kleopatra in der Domus Iulia angekommen war. Als Caesoninus das hörte wuchs seine Neugier umso mehr. Wer wohl diese Frau war? Er stellte sich wirklich eine Art Patrizierin vor, auch wenn er wusste, dass das auf die heutigen Valerier nicht mehr zutraf. Die modernen Vertreter dieser Familie waren plebejisch, genauso wie die Iulier. Doch nach dem Inhalt ihres Briefes zu schließen und auch der Art und Weise wie ihn ihm Vibilius gerade beschrieben hatte mochte das wohl eine von der hochnäsigen Sorte sein. Schmuck und Geschmeide liebend, keine körperliche Arbeit gewohnt seiend und die Sonne wie ein Nachtgeschöpf scheuend, der kostbaren weißen Haut wegen. Caesoninus seufzte. Dann würde er sich wohl daran anpassen müssen als Repräsentant seiner Familie. An den Ianitor gewandt sprach er: "Danke, Vibilius. Hole mir Iduna ins Atrium und achte darauf, dass sie erst die Sklavenunterkünfte verlässt, sobald sie dem Anlass entsprechend gekleidet ist. Alles muss perfekt sein. Wenn du unterwegs auf jemand anderes triffst, schicke diesen los Audata zu holen. Sie soll mich zurrecht machen." Dies wäre zwar normal eine Arbeit für Iduna gewesen, doch war sie ja immer noch von ihrem Leibdienst suspendiert. Vibilius lief los, um die Küche wegen der höheren Sklavenzahl zu instruieren und Iduna holen zu gehen. Dann kam nach kurzem auch schon Audata die Illyrerin zu ihm. Sie half Caesoninus die Falten seiner besten Tunika zu ordnen, außerdem trug er neben dem iulischen Siegelring auch den latus clavus, der ihn als Angehörigen des ordo senatorius auswies. Dann war alles bereit, um ihren Gast zu empfangen. Caesoninus begab sich ins Atrium, wo er Valeria Maximilla zum ersten Mal zu Gesicht bekam. Sie war ausgesprochen hübsch und genauso aufwendig hergerichtet wie er sich das vorgestellt hatte.
Freundlich ging er auf sie zu und begrüßte sie: "Salve Valeria Maximilla, ich bin Gaius Iulius Caesoninus, der Besitzer von Iduna. Ich hoffe du hast nicht zu lange warten müssen?"