Vor der Casa Didia – Im Visier der Garde – Observation

  • …. und zuletzt hielt die Alte auf ein durchaus respektabel erscheinendes Domus am Rande des Aventin zu. Hinter einer Hausecke verborgen, sah ihr lautloser Beschatter, wie sie dort Einlass fand.
    Da hingen also noch ganz andere mit drin! Triumphierend bezog Miles Nonius Position im tiefen Schlagschatten einer Herme und begann mit neu entdeckter Geduld, das Haus zu observieren...

  • Das Prätorianergeschäft konnte sehr einsam sein. Von Zeit zu Zeit war mir das ganz besonders bewusst. So war es zum Beispiel an diesem Abend gewesen, als ich nach den Geschäften des Tages noch in meinem Officium über den neuesten Berichten gehangen hatte und in Gesellschaft eines herben Caecubers versuchte hatte, mit einem Plan der Stadt, Nägeln und einer Menge Garn die vielfältigen Verstrickungen der Christianer dieser Stadt (rotes Garn), mutmaßlicher Christianer (orangenes Garn) und des Sympathisierens Verdächtiger (gelbes Garn) sichtbar zu machen...
    Meine Leute waren auf der Spur der enervierenden Wohltäterin der Waisen einem brandheißen neuen Christianernest am Aventin auf die Schliche gekommen. Dadurch ergaben sich nun wieder Verbindungen, Verdächtige und neue Observationsziele, so dass mir langsam aber sicher die Leute ausgingen, um der Sache mit dem gebührenden Nachdruck nachzugehen.
    Natürlich hätte ich einen der anderen Tribune hinzuziehen können, doch ich traute den wenigsten von denen auch nur einen Handbreit, vermutete noch immer einen Maulwurf unter uns, und war mir außerdem ausnahmslos sicher, dass ein jeder von ihnen versuchen würde, mir etwaige Lorbeeren zu stehlen.
    Aus einem Impuls heraus war ich statt dessen am Officium des Centurio Octavius Maro vorbeigegangen. Ich kannte ihn von den gemeinsamen Stabsbesprechungen mit den Urbanern, zudem hatte er sich kürzlich einen Namen als Schrecken ruchloser Subura-Mörderbanden gemacht.
    Bei ihm brannte noch Licht. Ich trat ein und schlug ihm eine Kooperation vor...


    So kam es, dass wir beide nun in gedecktem Zivil, die Waffen gut verborgen, in stockdunkler Nacht am Aventin unterwegs waren. Vorüber an den langgestreckten Lagerhäusern am Tiberufer ging es, dann in ein Wohnviertel.
    "Das ist es." bezeichnete ich ihm schließlich mit gedämpfter Stimme das stattliche Domus.
    "Die Casa Didia, das Christianernest."
    Verborgen im tintenschwarzen Schatten einer überhängenden Hecke betrachten wir das Haus. Die Leute, die ich zur Observation abkommandiert hatte, sah ich natürlich nicht, sie verstanden ihr Geschäft.

  • Wenn ein Tribun der Garde ans Officium klopfte bedeutete das meistens Ärger für irgendjemanden. Dieses Mal den Göttern sei dank nicht für Maro, sondern offenbar für die Christianer. Er hatte auch nicht groß herum gefragt. Hier gab es eine Gelegenheit für ordentliche Arbeit mit hervorragenden Männern
    Man hatte ihn auf dem Weg zum Zugriffsort in Kenntnis der Lage gesetzt und nun standen sie davor. Eigentlich sah der Bau durchaus respektabel aus. Jedenfalls deutlich besser, als die heruntergekommenen Löcher, die er sonst so auszuräuchern pflegte.
    Aber das hier war schon etwas anderes. Normalerweise pflegten er und seine Männer einfach die Tür einzutreten. Aber Maro hatte das Gefühl, dass die prätorianische Garde etwas feinmotorischer zu operieren pflegte.


    "Casa Didia, wie? Sogar in respektable Häuser schleichen die sich ein. Ich bin bereit."


    Der Tribun würde einen Plan haben. Natürlich hatte Maro sein Sortiment an Klingenwaffen mitgebracht. Wenn er die Bude aber so ansah, glaubte er nicht auf besonders intensive Gegenwehr zu stoßen. Nein, die Christianer waren wegen ihres Geschwätzes gefährlich. Obwohl man ihnen durchaus nachsagte, im Zweifelsfall... fanatisch zu reagieren. Nun, das würde Maro ja nun vielleicht rausfinden.

  • Ich war aufgeregt wie ein kleines Kind. Schon seit am Abend alle in der Casa Didia zusammengekommen waren um in dieser Nacht in die Tat umzusetzen, was wir vor wenigen Tagen geplant hatten. Adrenalin rauschte durch meinen Körper und gab mir das Gefühl unbesiegbar zu sein. Heute Nacht würden die Götzen vom Thron gestürzt!


    Wir hatten gemeinsam gebetet und gegessen. Danach waren wir den Plan noch mal durchgegangen. Wir würden vom Aventin runter und hinter dem Circus Maximus vorbei durch das Tal zwischen Palatin und Caelius bis zum Kolosseum in zwei kleinen Gruppen gehen. Nur ein paar Fuß voneinander entfernt, immer in Sichtweite. Nur eben weniger auffällig falls uns doch irgendwer begegnete. Hinter dem Tempel der Venus, nahe der Subura würden wir uns wieder zusammen schließen. Sicher war sicher. Nach der Porta Sanqualis dann würden wir uns noch einmal auftrennen für den Weg zum Quirinal rauf bis zum Tempel der Flavier. Dort würden wir uns am Eingang der Säulengangumrandung treffen. An einem normalen Tag wäre ich jetzt schon erschöpft bei dem Gedanken an den weiten Weg. Aber heute Nacht, heute Nacht wurde ich getragen von meinem Glauben!


    Danach würde es richtig losgehen. Während wir anderen im Schatten des Säulengangs warteten würde Ultor die Tempeltür öffnen. Er hatte es tatsächlich geschafft einen Schlüssel zu besorgen! Und dann wäre der Rest ein Kinderspiel! Rein, Götzen runter vom Thron, Säcke voll mit Gold (oder was es sonst gibt) füllen, raus! Danach würden wir uns in alle Winde zerstreuen. Die Spenden für die Bedürftigen würden wir natürlich nicht weit mit uns herumtragen. Ich würden sie bei einem Bruder verwahren der ganz in der Nähe auf dem Viminal wohnte. Und dann mit einem Becher Wein in der Hand nach Hause spazieren!


    Aber soweit waren wir noch nicht. Noch standen wir in der Casa und verwahrten unsere Ausrüstung unter unseren Mänteln. An einem Seil über meiner Schulter hing ein Holzknüppel. Und an meinem Gürtel hing ein Sack für die Spenden.

    "Habt ihr alles?" flüsterte ich obwohl uns hier niemand hören konnte. "Achatius, wenn wir fort sind öffne keinem die Tür ohne das Zeichen!" Er würde die Stellung in der Casa halten. "Ultor, hast du den Schlüssel?"


    Ich wandte mich um. "Leise jetzt, es geht los!"

    Als ich die Tür der Casa Didia öffnete um nach draußen zu treten wusste ich es ganz genau. Das hier, das hier war eine besondere Nacht. Wir waren besonders! Wir waren im Auftrag des Herrn unterwegs!

  • "Achatius, reichst du mir bitte das Brecheisen? Hab Dank, Bruder."
    Philotima knotet ein Lederband um das schwere Eisengerät und verbirgt es unter ihrem Mantel.
    "Treu aber ist der Herr, der euch stärken und vor dem Bösen bewahren wird." spricht sie zu den Getreuen.

    Dann huscht sie aus der Casa, schlägt die Kapuze über den Kopf und tritt aus dem Lichtschein am Eingang in die Schwärze der Nacht. Der Worte sind genug gesprochen. Das Grüppchen setzt sich in Bewegung, durch die neumonddunklen Gassen des Aventin.

  • Sie hatte Graecina gebeten zu Hause zu bleiben. Natürlich hatte sie ihr den Wahnsinnsplan von der Tempelschändung verheimlicht, denn sonst hätte die Iulia niemals zugelassen, sie gehen zu lassen.

    Wie immer hatte sie mit den Geschwistern gebetet und gegessen. Insgeheim hatte sie dafür gebetet, dass Philotima, Molliculus und all die anderen zur Besinnung kamen. Doch als der Abend vorangeschritten war und alle ganz aufgekratzt wirkten, weil sie nun aufbrechen wollten, kam auch für Sulamith nun der Augenblick, an dem sie sich endgültig entscheiden musste. Sie wollte sich definitiv nicht an den Schändungen beteiligen, da sie es für falsch hielt. Doch sie wollte ihre Geschwister auch nicht im Stich lassen. So entschied sie sich für den Mittelweg.

    "Na gut, ich werde mit euch kommen. Aber ich werde für euch nur Schmiere stehen. Falls jemand kommt, werde ich euch warnen."

  • "Casa Didia, wie? Sogar in respektable Häuser schleichen die sich ein. Ich bin bereit."


    Natürlich hatte ich einen Plan. Der war sehr profan. Ich wollte Octavius das Haus zeigen, dann unseren Observationsposten, und dann schlicht die Unterstützung seiner Centurie bei der immer weiter verzweigten Beschattung der vielen Leute, die in diesem Nest ein und aus schwirrten.
    Doch als mit einem Mal einige verhüllte Gestalten aus der Casa traten, da erwachte mein eigener Jagdeifer und ich entschied mich für eine spontane Planänderung.
    "Lass uns sehen was die so treiben." raunte ich dem Centurio zu, und als die Gestalten, sehr verstohlen, an uns vorübergezogen waren, verfolgten wir sie still und leise. Ob sie zu einer ihrer geheimen Kulthandlungen unterwegs waren? Man munkelte ja, einige besonders radikale Sektierer würden neben braven Andachten auch unaussprechlich verderbte Opferriten praktizieren. Ich sage nur: Kannibalismus...! Es war gut, einen erprobten Centurio wie Octavius an meiner Seite zu haben.
    Bei der Cena in der Villa Flavia hatte ich nichts von jenen Riten erwähnt, weil ich keine Beweise dafür hatte und Manius' inquisitorischen Eifer nicht mit Gerüchten befeuern wollte. In den beschlagnahmten Schriften hatte ich bisher auch noch nichts dazu gefunden. Aber das wollte ja nichts heißen.

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  • Aus einer professionellen Perspektive heraus betrachtet waren diese Christianer nichts anderes als Dilettanten, doch was ihnen an Erfahrung im kriminellen Millieu fehlte, machten sie durch eine Melange aus unbeirrbarer Entschlossenheit, religiösem Eifer und einer unerbitterlichen Bereitschaft - im Zweifelsfalle zur Gewalt - wett. Sciurus war davon überzeugt, dass diese explosive Mischung dazu gereichen würde, die geplante Tat tatsächlich erfolgreich durchzuführen. Er bejahte Molliculus' Frage nach dem Schlüssel wortlos mit einem Nicken, schlug seine Kapuze über den Kopf und trat nach Sulamith aus dem Haus. Selbst die zögerliche Sklavin hatte sich dazu durchgerungen das Vorhaben zu unterstützen! Er legte seine Hand auf ihre Schulter und schob sie von den anderen ein Stück fort, ehedem sie losgingen. Sie waren die vordere 'Gruppe', denn Sciurus wollte sicher sein, dass er mögliche Gefahren selbst beurteilen und ihnen aus dem Weg gehen konnte. Er trug noch keine Waffe bei sich - abgesehen von seinem Gürtel - und sollten sie von Vigilen befragt werden konnte Sulamith ihnen mit ihrem Engelsgesicht ein Märchen auftischen. Andererseits war es durchaus unwahrscheinlich, dass irgendwer in Rom sich um eilige, nächtliche Spaziergänger scherte - gab es für die Nachtwachen doch genügend marodierendes oder lärmendes Gesocks, dessen sie sich annehmen konnten.

  • Myron war eigens für diese Nacht in die Werkstatt seines Vaters eingebrochen und hatte sich am Werkzeug bedient. Einen Hammer, einen Meißel und einen Spaltkeil hatte er genommen. Später würde er alles wieder zurückbringen.

    Das Werkzeug hatte er sicher unter seiner Paenula verborgen. Damit würde er den Götzenbildern im flavischen Tempel seine ganz eigene Handschrift verleihen.


    Endlich ging es los! Philotima war eine der ersten, die die Casa verließ. Sogar die kleine Hebräer-Maus war gekommen, obwohl sie sich bis zum Schluss gegen unsere Aktion gewesen war, wollte sie nun wenigstens Schmiere stehen. Hoffentlich würde sie sich vorher nicht nass machen, wenn es wirklich ernst werden sollte!

    Er eilte hinaus und versuchte, zu Philotima aufzuschließen. Wenn irgendetwas schief gehen sollte, dann wollte er es sein, der sie rettete!

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