• Auf dem Appellplatz angekommen löste sich Ocella aus dem Verband und brachte sein Pferd zu den Signiferii, wo man ihm die Standarte der Ala II Numidia überreichte.Mit einigem Stolz nahm er sie entgegen und positionierte sich an der vorgegebenen Stelle. Rechts und Links von ihm die übrigen Standartenträger mit den Insignien ihrer Turmae. Vor ihnen stand Decurio Calenus mit dem Bildnis des Kaisers. Da kam der Vornehme Haufen, lauter Prominenz. Ocella reckte sich im Sattel und hielt die Standarte. Mit eiserner Miene starrte er auf das Podium.

  • Nicht daß man den Kerlen hier trauen konnte, viele von denen sahen so aus wie die Kerle die sie bei der Schlacht erschlagen haben.

    Furius schritt der Prominenz voran.

    Vor dem Podium blieb er stehen und ließ vier Praetorianer der Leibwache passieren. diese positionierten sich in den Ecken des Podiums, der Rest seiner Singulares stellte sich davor.

    Er selbst stand in Armlänge hinter seinem Caesar, der Ansammlung von stinkenden Pseudorömern finstere Blicke zuwerfend. Diese Brut zeigte kaum Respekt vor den Rüstungen der Praetorianer. Man hatte sie in einem leeren Stall untergebracht, doch das erwies sich als normal,...die Burschen hausten genauso.

    Er atmete tief ein und aus. Das Tschingerassabumm nervte immer wieder und der LAPP hatte es mit seinem Duftwasser eindeutig übertrieben. Hoffentlich war das bald vorbei und irgendetwas passierte hier. Die Herumsitzerei hier in diesem Mistkaff ging ihm auf den Sack.

  • Bala folgte dem guten Furius, der in letzter Zeit seltsam angespannt war, bis zum Podium. Nachdem die Wachen postiert waren stieg er als erster der Delegation, gefolgt von Aemilius Nepos, dem Praefecten der ALA und dessen Stab, die Stufen hoch und baute sich vor der Balustrade auf. Er nickte dann dem LAPP zu und dieser trat ein wenig vor. Sie hatten besprochen, daß Aemilius, als LAPP dieser Provinz den Appell eröffnen würde. Bala fand, daß er den Verlust seines Sohnes gut weggesteckt und überwunden zu haben schien.

    Warum auch nicht, es war eine große Ehre für die Aemilier einen der Ihren für Rom geopfert zu haben.

    Bei der Gelegenheit fiel ihm dieser abstoßende Nero ein. Was der wohl treiben mochte?

    Vor ihm stand die Ala mit 12 Turmae angetreten. Die Scheiterhaufen waren geschmückt und die Toten in weißes Tuch gewickelt. Der Aemilier hatte einen eigenen Scheiterhaufen. Er war in einen wertvollen Mantel gehüllt und wie bei den anderen waren seine Augen mit Münzen abgedeckt. Das Geld für den Fährmann.

  • So trat denn Nepos vor an die Balustrade. Sein Blick glitt über die glänzenden Paraderüstungen der Alenreiter. Nichts rührte sich in ihm, er empfand nichts mehr, keinen Stolz, keinen Respekt. So großartig das Ganze auch anzusehen war, so sehr erschütterte ihn der Anblick der nahen Scheiterhaufen. Ein großer mit 9 eingewickelten Leichnamen und ein separater, einzelnen Körper der seiner Einäscherung harrte.

    Vor seinem geistigen Auge sah er den kleinen gelockten Jungen, der wie im Zeitraffer wuchs. Zu oft trennten sich ihre Wege, weil Nepos in die Provinzen des Imperiums eilte um zu Schlichten oder Niederzuschlagen. Bald schon waren sie wie Fremde, Nepos stets schlecht gelaunt und mürrisch, Bala trotz allem bemüht seinem Ereuger Respekt und Ehre zu erweisen. Wahrschein war sein Bruder Lepidus, Bassus´Onkel nicht unwesentlich daran beteiligt den Kontakt zu pflegen.

    Doch Nepos langweilte sich schnell und suchte darum rasch nach neuen Aufträgen um der Villa Aemilia zu entkommen.

    Bassus hatte sich hierher gemeldet, wollte...was?...einen neuen, einen vielleicht letzten Anlauf wagen?

    Nun lag er dort, entseelt und bereits über die grünen Wiesen Elysiums reitend.

    Nepos hob die Arme. Eine Rede,...bei den Göttern,...eine Rede...

    Er stützte sich mit beiden Händen auf der Balustrade und starrte auf die beiden Insignien seiner Macht. Dem Ring des Legaten und dem Ring seiner Gens,...den Ring den dereinst Bassus erben sollte. Wie ein Tor zum Orcus öffnete sich die Schwärze seiner Seele, Hände schienen nach ihm zu greifen.

    Er warf den Kopf hoch und starrte auf den Decurio der Prima,...jenen Varro der den Caesar gerettet hatte. Hätte er nicht auch Bassus retten können?

  • Entgegen anders lautender Befürchtungen war es Fango nicht in den Sinn gekommen, sein Pferd mit Blumen zu schmücken. Nicht, dass ihm keine Blumen gefielen, aber das wäre eine Abweichung von der Norm gewesen, ein Ignorieren der Vorschriften. So waren Pferd und Reiter exakt so geschmückt, wie man es von ihm erwartete und das auch noch besonders sorgsam.


    Mit ernster Miene saß er auf seinem kleinen Schecken und beobachtete die Szenerie. Der immer besonders herausgeputzte Decurio Equitius Calenus, der das Kaiserbildnis trug, fiel heute zwischen den polierten Paraderüstungen überhaupt nicht auf, von dem großzügig ausfallenden weißen Federbusch auf dem Helm abgesehen. Dahinter ritt Ocella mit dem Feldzeichen der Turma Prima. Inzwischen wirkte er wieder gesünder als an dem Tag, als Fango ihm einen Krankenbesuch abgestattet hatte. Die Turma Prima selbst stand schon an ihrem Stammplatz, angeführt von Decurio Germanicus Varro, und auch die übrigen Turmae hatten ihre Plätze eingenommen. Fanfaren erklangen und alles wartete.


    Der Anblick der Scheiterhaufen stimmte Fango traurig, anstatt ihn in erhabene Stimmung zu versetzen. Er fragte sich, ob er zu weich für die Ala war, ob es daran lag, dass er noch so jung war oder ob sich um eine normale Reaktion handelte. In den Gesichtern der meisten Anwesenden war nichts zu lesen und so bemühte sich auch Fango, nichts von seinen Gefühlen nach außen dringen zu lassen. Zisimos neben ihm schien das alles nichts zu kümmern, aber der war auch viel älter. Der einzige Grieche der Ausbildungsturma hätte sein Vater sein können. Auf der anderen Seite neben Zisimos ritt Alwin, der frisch rasiert und mit seinem kurzen Haarschnitt unter dem Helm heute besonders römisch aussah, ein Musterbild gelungener Integration. Als er merkte, dass Fango ihn ansah, schmunzelte er aufmunternd und blickte dann wieder nach vorn.


    Der Legatus Augusti Pro Praetore, ein untersetzter älterer Herr mit erstaunlich zartem Gesicht, hob nun die Arme und erwartungsvolle Stille senkte sich über den Campus. Als Fango bewusst wurde, dass dies der Vater eines der Gefallenen war, glitzerte es in seinen Augenwinkeln. Der arme, arme Mann. Dort lag sein Sohn auf dem Scheiterhaufen. Und wie tapfer und gerade er trotzdem stand. Fango machte das Mut und er drückte seine Brust etwas mehr durch und zog den Bauch ein, damit er sich auch so aufrecht hielt.

  • Am Vortag sah man in ihrer Turma ein geschäftiges Treiben wie selten. Tisander und alle anderen hatten gebürstet, gewintert und poliert. Ihre gesamte Ausrüstung hatten sie kontrolliert. Morgens in aller Frühe

    hatten sie sich gegenseitig beim ankleiden geholfen. Sie achteten darauf das ihre gesamte Turma im besten Licht erscheinen würden. Sie wollten der Ala alle Ehre machen.

    Tisander hatte noch ein kleines Amulett an einem Lederriemen angezogen. Ein kleines geschnitztest Holzpferdchen und war aus dem Nachlass eines der Verstorbenen.

    Wie auf einer Schnur aufgezogen standen sie jetzt auf ihren Pferden sitzend in einer Linie. Der Apuaner saß mit starrer Mine auf seinem Rappen. Er hatte ähnliches schon einmal in einem anderen Leben erlebt und wusste so ein Abschied konnte für viele schmerzhaft sein.

    Er vermutete, dass es von den Anwesenden am härtesten für den LAPP war. Doch es zeichneten sich ebenso Spuren beim Vexillaris und beim Decurio ab. Zu viele Kameraden hatten sie verloren, ein großer Verlust für die Ala. Beim Caesar und seiner Begleitung meinte er wenig zu erkennen. Für sie ist es bestimmt nur eine lästige Pflichtübung dachte er.

  • Die Ausbildungsturma stand eben so wie alle anderen parat.

    Glänzende Rüstungen, ernste Minen zeigten auf die Wichtigkeit dieses Ereignis hin.

    Andriscus betrachtete die Pappenheimer aus dem Augenwinkel heraus und war sogar recht stolz auf sie.

    In diesem Fall, jetzt und hier, unterschieden sie sich in keinster Weise von den Equites.

  • Nepos atmete tief ein, der Morgen war freundlich, die Luft frisch. Ein idealer Spätsommertag. Er ließ die Arme wieder sinken, hatte er doch nun die Aufmerksamkeit der Männer.

    Equites,...Männer der Ala II Numidia! begann er mit kräftiger Stimme. Einer Stimme die es gewohnt war zu reden, auch wenn es ihm heute unendlich schwer fiel.

    Wir stehen hier um ein weiteres Mal einen Sieg zu feiern,...einen Sieg über eine große Gefolgschaft plündernder Barbaren, deren Zahl die 100 weit überschritt!

    Es war nichts ungewöhnliches für die Ala auch gegen größere Rotten zu kämpfen und zu siegen, weshalb dann der Zinnober hier? Würde sich mancher dieser Lederärsche da unten fragen.

    Dieser Sieg der durch eure Prima unter Decurio Germanicus Varro errungen wurde verwundert euch bei Nennung des Namens wohl kaum?!

    Ein Raunen ging durch die Reihen. Die Prima unter Varro war ihr ganzer Stolz und ihr Ruhm strahlte auf alle ab.

    ...doch diesmal errang er nicht nur einen Sieg über Barbaren,...diesmal rettete die Prima unseren Caesar!

    Wieder ein Raunen, manche der Pferde schnaupten und stampfen mit den Hufen. Es war ein unwirkliches Szenario dachte sich Nepos.

    Die Gruppe, die von den Barbaren angegriffen worden war und der die Prima zu Hilfe eilte,...er mußte schlucken, dann wandte er sich halb um und wie mit seiner Hand auf Caesar ...diese Gruppe tapferer Männer die sich verzweifelt gegen eine vielfache Übermacht wehrend dem Untergang näherte,...diese Gruppe wurde von Caesar geführt, im Vertrauen auf die Sicherheit unserer Grenzen. Ein heikles Thema, gewiss... Waren es nun Zufall oder der Wille der Götter,...die Patrouille der Prima war in der Nähe und entsetzte Caesars kleinerwerdende Schar, sie taten das wozu sie bestimmt waren, sie suchten, sie fanden und sie vernichteten die Feinde Roms.

    Wieder ein Raunen.

    Der Sieg war glorreich, absolut und ehrenvoll. Doch nicht nur unzählige Barbaren ließen ihr Leben!

    Sein Stimme wurde etwas leiser,...fast schon etwas brüchig,...doch er fing sich bald wieder.

    Auch aus unseren Reihen verließen uns neun Kameraden ins Elysium,...neun eurer Kameraden, neun eurer Freunde, ...neun eurer Brüder.

    Nepos schloß die Augen. Nichts war zu hören,...kein Geräusch, kein Atmen,...nichts.

    ...und mein Sohn, euer neuer Subpraefectus, Marcus Aemilius Bassus.

    Stille...

    Caesar trat vor und legte die Hand auf Nepos Schulter der in Trauer mit hängendem Kopf leise weinte. Es war Nepos gleich ob er sich blamierte, die Schuld die er sich einredete zerfrass seine Seele. Das Bewußtsein Bassus verloren zu haben entzog ihm Lebenskraft.

  • Daß Soldaten ihr Leben verloren, war ein Berufsrisiko. Wenn sie es im Kampf für das Imperium verloren, eine ruhmreiche Sache für Volk und Imperium. Nicht zuletzt für die Familien.

    Auch Bala war mit diesem Verständnis aufgewachsen. Die Soldaten Roms standen, kämpften und fielen für eine große Sache. Es gab immer Verluste, wenngleich sie in der Regel andere betrafen.

    War Bassus ihm auch nicht wirklich nahe, so traf ihn doch der Schmerz seines Vaters umso mehr. Zum ersten Mal konnte er nachempfinden, was es bedeutete sein Kind in welchem Namen auch immer, zu verlieren. Zum ersten Mal fragte er sich wie er wohl reagieren würde?

    Er trat Nepos zur Seite und legte ihm beistehend die Hand auf die Schulter. Er tat es für den trauernden Vater, nicht für den Mann Nepos.

    Dann wandte er sich an die Ala.

    Equites,…ich bin Appius Aquilius Bala,…euer Caesar!

    Hochrufe erklangen und wuchsen zu einer donnernden Welle heran.

    Caesar hob die Arme und bald kehrte wieder Ruhe ein.

    Equites der Ala II Numidia, nie sah ich einen Kampf wie diesen, nie sah ich Männer kämpfen wie die Equites der Prima. Niemals hatte ich solche Zuversicht und Sicherheit zu überleben, wie unter dem Schutz dieser Männer.

    Betretenes Schweigen breitete sich aus. Mancher Praetorianer starrte angepisst vor sich hin.


    Wenn auch jeder in meinem Tross mit dem Schwert in der Hand stand , mancher von ihnen fiel, so muss ich doch behaupten, uns allen kam die Prima wie ein Wunder vor, denn mit dem Eintreffen der Prima starb niemand mehr von uns.


    Die gefallenen Praetorianer waren schon vor Tagen beigesetzt worden. Ihr elitäres Denken vereinbarte eine gemeinsame Verbrennung mit dem Mischvolk der Ala nicht. Trotz aller Glorie waren es Peregrine Söldner, nicht zu vergleichen mit den Söhnen Roms und ihrer Elite.


    Wieder ein Raunen, diesmal voller Stolz.


    Alle Equites der Prima werden um einen Dienstgrad befördert! Alle Familien der Equites der Prima, welche ihr Leben ließen bekommen eine Donation von 800 Sesterzen und eine 10 jährige Pension von monatlich 100 Sesterzen!


    Bevor wieder etwas aufbranden konnte hob er die Hand.


    Als Dank für die Rettung aus höchster Not habe ich veranlasst die Ala II Numidia umzubenennen!


    Er stütze sich auf der Balustrade ab und nickte, als wolle er sich selber beglückwünschen.


    Mit der Bestätigung aus Rom lautet der Name ALA I Aquilia Singularum!


    Tosender Beifall erklang. Eine unfassbare Ehre. Immer wieder kamen Hochrufe auf. Nach einer Weile im Schmelztiegel der Ehre, des Stolzes und der Freude hob Bala wieder die Arme.

    Es wurde still.


    Lasst uns nun die Toten ehren und ihre Körper dem Feuer übergeben.


    Decurio? Er wandte sich an Varro, der die Entzündung der Scheiterhaufen vornehmen sollte…und an Nepos,…der den Scheiterhaufen seines Sohnes entzünden wollte.

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    Einmal editiert, zuletzt von Lucius Annaeus Florus Minor () aus folgendem Grund: Schon wieder ging das "i" in Aquilia verloren. ;) Nicht "aquila" = der Adler, sondern die Gens Aquilia, die Kaiserfamilie, stehen als Namensgeber Pate. ;)

  • Varro starrte, gerade ausgerichtet in seinem Sattel sitzend auf einen Punkt inmitten des Podiums. Die Reden waren gut, sie nahmen die Männer mit. Sie zeigten, daß auch ein LAPP ein Mensch war, sie zeigten den Großmut der Herrscher. Er empfand Freude an der Entschädigung der Familien, wenngleich sie auch nur zeitlich begrenzt waren. Man hatte sich etwas gedacht, den Familien eine neue Grundlage geboten. Die Beförderung der Primaangehörigen stellte sich als ein wenig problematisch dar, aber das würde schon irgendwie klappen. Schließlich hatte er dafür plädiert in der Prima nur Dienstgrade ab Duplicarius zu etablieren.

    Als der Caesar ihn bat den Scheiterhaufen zu entzünden glitt er vom Pferd.

  • Die Rede des Legaten verfehlte ihre Wirkung nicht - ergriffene Stille lag über den Reitern. Als der Legat seine Trauer nicht länger zurückhalten konnte, rannen Fango zwei Tränen aus den Augen. Verflucht von einem Übermaß an Einfühlsamkeit, wäre er am liebsten nach vorn gegangen, um dem Mann irgendetwas Gutes zu tun ... ihn einwickeln in eine angewärmte Decke und ihm einen heißen Wein in die Hand drücken. Im Hinterkopf hörte Fango seinen Halbbruder lästern, dass es das Sklavenblut von Fangos Mutter sei, das in seinen Adern sang, und ob er bei der Gelegenheit nicht auch gleich den Fußboden schrubben wolle. Vielleicht stimmte das, doch Fango konnte nicht anders. Den Schmerz des Legaten spürte er, als sei es sein eigener. Er hoffte, dass irgendwer am Ende der Beisetzung sich um den armen Mann kümmern würde.


    Doch der Legat war nicht der einzige, der trauerte. Einige näherstehende Kameraden der gefallenen Equites empfanden es nicht als Schande, zu zeigen, dass ihnen der Tod ihrer Brüder nicht gleichgültig war und nur ein Reptilienherz würde jene Gefühlsregungen als Blamage gedeutet haben. Fango fühlte mit jedem einzelnen von ihnen, aber wenigstens wusste er bei ihnen, dass sie nicht allein waren in ihrem Schmerz.


    Der Caesar, dessen Rede danach folgte, schlug einen anderen Ton an, er weckte die Ala wieder aus ihrem Schweigen. Jubel, Gebrüll für die Sieger. Auch das galt es zu würdigen und nicht ausschließlich die Verluste. Sie hatten wahrlich gut gekämpft und waren im rechten Augenblick eingetroffen. Nun spürte Fango tatsächlich etwas Scham, weil er zu denen gehört hatte, die gerettet werden mussten und nicht etwa zu denen, die zur Hilfe geeilt waren. Als er sich erinnerte, dass Decurio Equitius Calenus beinahe von Barbaren zerhackt worden wäre, fühlte er sich ganz und gar elend. Vermutlich hatte Fango diese Beförderung überhaupt nicht verdient.


    Ein Grund mehr, in Zukunft noch mehr zu geben, als er ohnehin schon tat. Kurz blickte er zu ihrem Ausbilder Andriscus, der eigentlich viel zu nett war für seine Aufgabe, und dann wieder nach vorn. Trotz seiner Trauer hielt Fango sich aufrecht und in gewisser Weise freute er sich darüber, nach der langen Ausbildung, den zehrenden Übungen und endlosen Abenden des Lernens nun vollwertiger Soldat der Ala zu sein.

  • Auch Nepos begab sich vom Podium. Langsamen Schrittes, so ein Toga war eigentlich nichts zum großartig herumlaufen, trat er vor den Scheiterhaufen auf dem der Leichnam seines Sohnes aufgebahrt lag. Ein Mann übergab ihm eine brennende Fackel, die er annahm aber entgeistert anstarrte.

    Sein Blick glitt von der wabernden, züngelnden Flamme zu dem Körper seines Sohnes.

    Einmal mehr begriff er den Verlust, doch diesmal erfüllte ihn keine Verlustangst, keine abgrundtiefe Trauer. Es kam ihm so vor als halte er eine Laterne , um den in finsterer Nacht herumirrenden Sohn den rechten Weg zu weisen.

    Zwischenzeitlich hatten Priester des Mars, des Honos und der Virtus ihren Segen gesprochen. Es war soweit. Nepos trat ein wenig näher an den Scheiterhaufen heran und entzündete ihn an vorgegebener Stelle. Das Feuer fraß sich langsam ins Innere, Nepos gerade soviel Zeit lassend um zurück zu treten. Dann entzündete sich das Reisig und die Pechbesprenkelten Holzbalken. Ein Knacken und Zischeln ertönte als das Feuer wuchs.

    Die Flammen erfassten den Umhang Bassus und Nepos erkannte den Körper seines Sohnes. Sein Gesicht war mit einer Maske abgedeckt und seine Hände hielten sein Schwert.

    Er war im Kampf gestorben. Das Feuer wuchs, fraß sich durch Holz und Fleisch.

    Nepos wandte sich ab und ging zurück zum Podium.

    Als er oben angekommen war brannte auch der große Scheiterhaufen. Zwei Feuer verbreiteten eine große Hitze und den Gestank von Qualm, Pech und verbrennendem Fleisch.

    Die Männer der Ala sangen eine ihm unbekannte Weise,...irgendetwas Germanisches. Doch es passte, die Melodie und das prasselnde Feuer schienen zueinander zu gehören.

    Sein Blick fiel auf die Equites,...harte Männer, härter als er es je war. Ob Bassus mit ihnen zurecht gekommen wäre?

    Er sah dem aufsteigendem Rauch nach, hinauf in den blauen Himmel.

    Ja,...er hätte auch ihre Herzen gewonnen.

  • Varro nahm die Fackel entgegen und wartete die Rituale ab. Der LAAP entzündete den Scheiterhaufen und Varro wartete bis dieser auch tatsächlich brannte bevor auch er die Fackel in das Reisig stieß. Es war nicht seine erste Crematio und würde wohl auch nicht seine letzte sein, wenn es der Götter Wille war. Die Flammen zischten, ergriffen vom Pech beflügelt Reisig und Balken.


    Varro trat ein paar Schritte zurück und nahm Haltung an.


    Mit tragender Stimme rief er;


    Vos qui transitis…Vivere militare est…non mortem timemus,…Si mortem contemnis, timorem vincis!


    Fratres,...semper fidelis!


    Die Reiter der Ala, die mehrheitlich Germanen aus verschiedensten Stämmen waren stimmten eine alte Weise an, eine allbekannte Weise über den Jungen der zum Mann wurde und zuerst sein Herz und dann sein Leben für seinen Stamm gab. So blieb er immer bei ihnen und wachte über sie bis sie dereinst wieder zusammenfanden.


    Varro salutierte vor den beiden Scheiterhaufen und ging zurück zu seinem Pferd.


    Der Himmel war gnädig, kein Lufthauch störte den Aufstieg des Rauchs und er stieg steil empor um dort eins zu werden mit dem Firmament.



    Sim-Off:

    Ihr, die ihr vorübergeht. (Zu leben heißt zu kämpfen) Wir fürchten nicht den Tod (Wenn du den Tod verachtest, besiegst du die Furcht.)




  • Fango blickte noch einmal zu Nepos, der dem aufsteigenden Rauch nachblickte, zu Ocella, der schweigend der Verbrennung ihrer Kameraden zusah, zu Andriscus, der sich kaum regte, dann auf den Kopf seines kleinen Schecken, der auch schon nicht mehr der Jüngste war.


    Die kurze Ansprache von Decurio Germanicus Varro war gut, sie gefiel Fango. Der Mann war von zahllosen Kämpfen hart und kalt wie ein Knochen geworden. Nichts war ihm anzumerken und vielleicht war er nicht nur ein besonders überzeugender Schauspieler, sondern stand tatsächlich so hoch über solchen Dingen. Sicher nicht die schlechtesten Eigenschaften für einen Decurio oder allgemein. Auch Decurio Euqitius Calenus zeigte keine sichtbare Regung.


    Fango selbst wäre auch gern etwas kühler im Kopf gewesen, aber sicher kam das mit den Jahren und mit der Erfahrung. Varro war doppelt so alt wie er selbst oder vielleicht sogar drei Mal so alt ... Fango galt erst seit 4, nein, mittlerweile 5 Jahren als erwachsener Mann. Vermutlich war es das Kind in ihm, das weinte, und dem er noch nicht ganz entwachsen war. Er beschloss, sich die Worte dieser Verbrennung aufzuschreiben und zu verinnerlichen, damit sie Teil des Fundus an kleinen Leuchtfeuern wurden, die ihm den Weg durch sein Leben weisen sollten.

  • Mit stoischer Mine hatte Tisander, wie wohl alle der Angetretenen, den Ansprachen zugehört. Reden zu Lob und Ehren über das Leben und Handeln der Toten. Wen sollten diese Ansprachen trösten? Das war doch wohl der Sinn, denn zurückbringen würden sie die Kameraden nicht. Sie würden ihnen fehlen, ihre Gemeinschaft hier, den Einzelnen mehr oder weniger. Sie selber konnten nicht ersetzt werden, nur ihr Platz würde wenn möglich neu besetzt. Jeder hier wusste es und die meisten wünschten sich wohl einst ihr Leben so tapfer für den Kaiser und Rom zu lassen.

    Der Gesang der germanisch stämmigen vertiefte die Stimmung und ließ die Worte des Decurio noch nachhaltiger und prägender wirken. Tisander spürte, das bei solchen Begebenheiten der Zusammenhalt ihrer Truppe wuchs, sich jeder für jeden verantwortlich fühlte.

  • Den Bewohnern von Mogontiacum war nicht entgangen, daß sich in der Stadt etwas tat. Es wurde von hohem Besuch in der Regia geredet, von einer Schlacht am Limes. Die Aushebungen für eine neue Legion bewirkten auch nichts Gutes.

    Gab es Krieg? Es ließ nichts auf einen ausserordentlichen Konflikt schließen.

    Es wurden immer Aushebungen gemacht, Schiffe mit Waren liefen immer den Hafen an. Es gab immer durchziehende Händler, Tagelöhner, Reisende.

    Die Rauchsäulen über dem Castellum der Ala sprachen eine andere Sprache. Sie zeugten von Verlusten.

    Verlusten die niemanden in der Civitas erfreuen konnten, denn in der Ala ritten auch indigene Männer, Sugamber, Nemeter, Chatten, angeblich sogar ein paar Marser.

    Die Menschen horteten Vorräte, manche planten ihre Verwandten im Süden zu besuchen.

    Doch zunächst einmal warteten sie ab. Es gab immer wieder einmal Anzeichen, Gerüchte, doch Mogontiacum hatte die Ala,...die Classis und eine Legion. Es war ein Gefühl von Sicherheit, auch wenn der ein oder andere in seiner Komfortblase sich innerlich empörte über die Eindringlinge aus dem fernen Rom.

  • Nepos betrachtete die Verbrennung als sei er nicht in seinem Körper. Es war ihm als hielten ihm die Götter mit dem Verlust des Sohnes einen Spiegel vor. Einen Spiegel für die Taten und sein Verhalten in den letzten Jahren.


    Er ging in sich, betrachtete die steile Rauchsäule und fragte sich was nun werden würde. Lepidus hatte ihm bereits kondoliert und seinem Sohn den Auftrag erteilt die Asche Bassus nach Roma heim zu holen. Das war auch in Nepos´Sinne. Bassus sollte nicht hier, fernab der Ahnen ruhen.


    Die Ahnen, die ihm letztlich in der vergangenen Zeit herzlich egal waren. Sein Vater tauchte vor seinem geistigen Auge auf, verschwommen, vorwurfsvoll. Seine Mutter, die Güte in Person, freundlich lächelnd mit dem Gesicht einer Göttin.


    Nepos bekam ein schlechtes Gewissen. Zumindest glaubte er das, denn als Sproß einer alten Adelsfamilie war er geneigt zu glauben er stünde den Göttern gleich. Sein Selbstverständnis wurde ihm zur Passion und zum Menetekel für all jene die ihm ausgeliefert waren.


    Sein Blick glitt über die Männer der Ala, will willfährige, raue Kriegernaturen, die sich mit dem Dienst in der Ala ein kleines Stück dessen erhofften was ihm in die goldene, daunengepolsterte Wiege gelegt war.


    Er blickte auf Varro, jenen Germanicer, der so ganz anders war als die schleimerische Kreatur in seiner Regia.Varro verkörperte den wahren Römer. Das hatte wohl nicht nur der Terentier erkannt, sondern auch Bala, der ihm, Nepos, in jungen Jahren nicht unähnlich war, wenngleich hundertfach potenter und wesentlich gefährlicher.


    Es musste sich etwas ändern, es würde sich etwas ändern. Beschloss Nepos und es war ihm als falle eine Last von seinen Schultern. Derart in Gedanken bemerkte er erst spät, daß die Scheiterhaufen nur noch glimmten.

  • Balas Blick auf den Scheiterhaufen war starr, seine Miene hart, in sich gekehrt. Seiner rechte Hand ruhte auf dem Knauf seines Schwertes, seine linke umklammerte den Halsausschnitt seines Brustpanzers. Seine Haltung war gerade, aufrecht und sehr präsent.


    Der Gedanke, daß auch er das Schicksal dieser Männer teilen könnte kam ihm nicht. Er wähnte sich unter göttlichem Schutz. Er wußte, daß er dereinst seinen Vater nachfolgen würde, er wußte, daß er im Sinne seiner Ahnen das Imperium zu noch größerem Ruhm führen würde.


    Es bestand niemals auch nur der Hauch eines Zweifels an seinem Platz in der Welt.


    So wie es immer wieder Männer geben würde, die für sein Ideal mit dem Leben zahlen würden. Es würde noch viele solcher Rituale auf seinem Weg geben, viele seiner Freunde, seiner Gefolgschaft vor ihm ins Elysium gehen.


    Ja es mochte sein, daß er dereinst auf seine Ahnen treffen würde, doch dann hätte er sich seinen Platz unter ihnen verdient und sie würden ihn mit offenen Armen empfangen.


    Sein Blick glitt nach einem polternden Geräusch auf den Scheiterhaufen, der gerade in sich zusammenfiel und nur noch glimmte.


    …aber nicht heute.

  • Mit dem Herunterbrennen des Feuers hatten sich auch Fangos heftige Gefühle gelegt. Die Trauer und das Mitleid waren einer merkwürdigen Mischung aus Resignation und Entschlossenheit gewichen, zwei Gefühlen, die sich eigentlich gegenseitig ausschlossen. Aber niemand hatte je behauptet, dass Gefühle logisch wären. Resignation beim Blick auf die Scheiterhaufen. Entschlossenheit beim Blick auf die Lebenden. Nur den trauernden Vater durfte Fango nicht zu lange ansehen, sonst geriet sein hauchdünnes Willenskonstrukt, das ihn aufrecht hielt, wieder ins Bröckeln und es kam alles wieder hoch.

  • Ocellas Blick war leer als er auf die Flammen starrte. Seine Gedanken gingen zurück in die Tage seiner Kindheit. Rau, brutal und skrupellos war die Bande der sein Bruder vorstand. Irgendwann, die Urbs zitterte längst vor ihrer Willkür, entdeckte Sabo seine Vorliebe für Feuer, die bis heute ihre Faszination nicht eingebüßt hatte.

    Ocella fragte sich ob diese Liebe wohl krankhaft oder wahnhaft war. Denn Sabo wirkte fast schon in höchste Sphären entrückt wenn er wieder einmal einen Brand legte, sei es um des Brandes willen oder um irgendeine Freveltat zu vernichten.

    Der Scheiterhaufen fiel in sich zusammen. Glut stieg empor und verglühte in einem Funkenregen. Von den Körpern war nichts mehr zu sehen, der Geruch von verbranntem Fleisch war verschwunden. Fast 1,5 Stunden standen sie nun hier. Hatten Reden gehört, gesungen und mancher eine Träne verdrückt.

    Sein Blick suchte und fiel auf Varro. Wie ein Reiterdenkmal saß er auf seinem Schimmel, die Augen scheinbar auf den Scheiterhaufen gerichtet.

    Langsam wurde es Zeit. Gleich würden die Überreste in eine Urne gefüllt werden und feierlich zum Ort der letzten Ruhe geleitet wird. Das würde aber nur die betroffene Prima durchführen.

    Die anderen Kameraden würden zu ihrem Dienst zurückkehren und sicherlich ihren Gedanken nachhängen.

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