Meldung am Exerzierplatz

  • Wie mittels Aushang befohlen, traf Ferox am Exerzierplatz ein. Inzwischen war er gebadet, rasiert und hatte sich neue Kleidung organisiert. Die neuen Caligae rieben und drückten, aber das war normal und das kleinste Übel. Schwieriger war, dass Ferox in seinem abgemagerten Zustand kaum in der Lage war, seine Rüstung zu tragen oder den Schild anzuheben, so dass er ein jämmerliches Bild abgab. Tiefe Furchen unter seinen Augen verrieten, dass er kaum geschlafen hatte. Wie auch, wenn er die Botschaft vom Tod seines Bruders zu verwinden hatte? Aber er war Soldat und funktionierte, so gut er das in seinem Zustand vermochte, darauf bedacht, nicht unter seiner doppelten Last - die des Körpers und seiner Seele - zusammenzubrechen.

  • Weiter durch die Kasernenanlage stromernd befand Vulpis sich plötzlich auf dem Exerzierplatz. Der Striemen brannte höllisch. Wasser zum kühlen wäre jetzt gut, überlegte er sich. Hier gibt es doch auch eine Therme, am besten gehe ich dort hin, überlegte er sich während er kopfschüttelnd ein paar Soldaten betrachtete, die um den Platz rannten. „So blöd müsste ich sein“ murmelte er und überquerte den Platz. Brüllte dann zu einem Tiro der alleine rumstand: „He wo geht es hier zu den Thermen?“

  • Nach einiger Zeit drehte Vulpis sich einmal um die eigene Achse und schaute sich um. Keiner gab eine Antwort. „Gut wie ihr meint, keine Antwort ist auch eine Antwort. Wenn ihr denkt ich würde mir hier ewig die Beine in den Bauch stehen so seid ihr auf dem Holzweg.“
    Ziemlich laut kam dies von ihm und schon marschierte er hoch erhobenen Hauptes davon.

  • Ferox war in der Tat ins Träumen geraten, was an seinem gesundheitlichen Zustand lag. "Da lang", rief er dem Mann noch nach und zeigte in die entsprechende Richtung, doch vermutlich hatte der ihn nicht mehr gehört. Auch Fango stand sich schon eine Weile die Beine in den Bauch. Vielleicht war der Zeitpunkt verschoben worden oder er hatte schief gelesen? Da ihm seine Wartezeit angemessen erschien und sich partout nichts gerührt hatte - es waren außer dem Fragesteller keine Kameraden eingetroffen - verließ er den Exerzierplatz wieder, um sich zu erkundigen, wann und wo er sich denn nun tatsächlich einzufinden hatte.

  • Am Vortag hatte Sempronius die Stube bezogen und sich häuslich eingerichtet. Es blieb Zeit, die Ausrüstung zu inspizieren und sogar, um sich vor Anbruch der Nacht schlafen zu legen. Die Aufregung hielt ihn nicht gefangen, sondern entließ ihn in einen geruhsamen Schlaf, aus dem er frühzeitig erwachte. Der Einsatzbefehl beorderte ihn und andere Tirones, die er noch nicht kannte, in voller Montur zum Exerzierplatz, was keine Überraschung darstellte, aber der Platz war groß und er gab verschiedene Gruppen. Sempronius stand etwas hilflos am Rand und hoffte, dass er angesprochen und geleitet wurde.

  • Lurco betrat gut gelaunt den Exerzierplatz. Heute war es an ihm Tirones auszubilden, ihnen alles beizubringen was man in der Castra von einem Ausbilder erlernen konnte und sie auf den echten Dienst vorzubereiten. Dazu gehörte mehr als Befehle pauken, Körper zu stählen und Waffenfertigkeiten zu erlernen, auch passendes Wissen rund um die Cohortes Urbanae gehörte dazu. Das Ausräumen von Zweifeln und Ängsten und einer Vielzahl von Nebenschauplätzen des Wissens, die jedoch alle in den Bereich der Ausbildung seiner Meinung nach hineinspielen mussten.


    Da dies seine Tirones waren, war es an ihm, ihnen all das mit auf ihrem neuen Lebensweg zu geben.


    Lurco schaute sich um, einige Tirones hatten sich eingefunden aber noch keiner Gruppe zugeordnet, dass waren vermutlich seine Männer. Er machte auf sich aufmerksam und winkte sie herbei. Für erste gebrüllte Befehle war es zu früh. Erst einmal mussten die Männer ankommen. Purgitius wartete gelassen ab. Der erste Tag sollte stets in guter Erinnerung bleiben.

  • Als jemand winkte, blickte Sempronius zuerst um sich, um abzuklären, ob er gemeint war. Er kam zu dem Schluss, dass dieser Offizier vermutlich derjenige war, der ihn und die anderen mittels Aushang hierher beordert hatte, also setzte sich Sempronius entschlossen in Gang. Er hatte ein Ziel vor Augen und interessierte sich nicht mehr für die Exerzierenden rechts und links neben ihm. Auf dem Weg versuchte er, sich an den Namen auf dem Aushang zu erinnern und glücklicherweise fiel er ihm ein, bevor er eintraf.

    "Salve Cornicularius Manius Purgitus Lurco. Ich bin Titus Sempronius Carus, gestern hier angekommen, vereidigt und einsatzbereit."

    Jeder der Hinzugetretenen grüßte eine Nuance anders, aber alle stellte sich vor, nachdem Sempronius als Erster unter Nennung des Namens vorgelegt hatte. Im Grunde wusste aber keiner von ihnen, was bei der Vorstellung erwartet wurde.

  • Lurco wartete ab, bis all seine Tirones vor ihm standen. Die Neulinge grüßten und er nickte dazu knapp.


    "Salve Neulinge. Mein Name ist Manius Purgitius Lurco und mein Rang ist Cornicularius. Meinen Dienst habe ich vor fast genau zwei Jahren hier angetreten. Ich stamme aus Rom und habe bis auf eine einzige Reise Rom selbst noch nie verlassen. Die Cohortes Urbanae waren mein erster Berufswunsch und so stehe ich nun hier vor Euch Tirones. Seid so gut und stellt Euch vor, jeder mit Namen, Rang und sagt etwas über Euch. Eure Kameraden sollen ein ersten Bild von Euch bekommen.


    Dann legen wir mit den ersten Informationen los, denn zu einem Urbaner gehört mehr als nur Waffenkunde. Wir werden gemeinsam versuchen herauszuarbeiten, wer die Cohortes Urbanae wirklich sind. Wofür sie einstehen, welches Außenbild sie abgeben und was man dafür aktiv tun kann oder besser unterlassen sollte. Wer sind wir und wer wollen wir sein?


    Sempronius Du fängst an und stellst Dich Deinen Kameraden vor", antwortete Lurco freundlich.

  • Sempronius nichte. Er fand die Vorstellungsrunde gut, weil er nicht alle Namen kannte. Allerdings wusste er nicht, ob er vortreten sollte, daher blieb er stehen, aber er drehte seinen Kopf mal nach rechts und mal nach links, sodass er jeden seiner neuen Kameraden einmal anblickte. Die meisten sahen deutlich jünger aus als er.


    "Ich heiße Titus Sempronius Carus, bin 28 Jahre alt, habe bisher als Verwalter gearbeitet und bin jetzt Tiro. Rom ist meine Geburtsstadt und gereist bin ich nie. Ich kenne mich ganz gut aus in meiner Stadt."


    Er blickte zum Cornicularius, weil er unschlüssig war, ob er noch mehr berichten sollte oder ob es vorerst reichte. Dass er nicht Schwimmen konnte, behielt er lieber für sich, solange es niemand explizit wissen wollte, so wie der Arzt bei der Tauglichkeitsprüfung.

    Es lief gut an, dachte er bei sich.

  • "Danke Sempronius, damit hast Du Deinen Kameraden schon einen ersten Eindruck von Dir verschafft. Dass Du Dich gut in Rom auskennst, wird Dir den beruflichen Alltag erleichtern. Ebenso dass Du als Verwalter tätig gewesen bist. Die Erfahrung wird Dir im Berichtswesen gute Dienste leisten", der erste Tirones machte einen wachen, hellen und wissbegierigen Eindruck. Alle Neulinge schauten ihn so an. Hatten sie selbst damals ihren Ausbilder ebenso angesehen? Vermutlich. Niemand schrieb sich grundlos bei den Cohortes Urbanae ein.


    "Der Nächste", forderte Purgitius den nächsten Tirones auf.


    Der junge Mann trat einen Schritt vor und schaute seinen Vorgesetzten an.

    "Salve, mein Name ist Marcus Sittius Crus, ich bin 25 Jahre alt, ebenfalls gebürtiger Römer und Tiro der Cohortes Urbanae. Mein Bruder dient ebenfalls bei den Cohortes Urbanae. Potitus Sittius Pullus ist sein Name. Ansonsten gibt es nicht viel über mich zu berichten", erklärte Crus respektvoll. Alles in allem wirkte Sittius wie eine jüngere, wuseligere Ausgabe von seinem Bruder, die Verwandtschaft war nicht zu leugnen.


    "Danke Sittius, Dein Bruder ist mir bekannt. Vielleicht hast Du schon ein klein wenig Vorwissen, was die Cohortes anbelangt, durch Deinen Bruder. Auch Du wirst genau wie Sempronius im Alltag den Umstand zu schätzen wissen, Dich in Rom auszukennen. So der Nächste", forderte Lurco den nächsten Neuling auf.


    "Decimus Nummius Myrtilus, 23 Jahre alt, aus Ostia stammend, frischer Tiro der Cohortes Urbanae. Leicht verkürztes Bein und dennoch immer auf dem Laufenden", erklärte der nächste Tiro. Scheinbar wusste er nicht, ob er in die Gruppe grüßen durfte, deshalb nickte er knapp. Hochgewachsen und schlank wie er war, wirkte Nummius ein klein wenig schlorksig, so als wüsste er nicht so Recht wohin mit seinen langen Armen und Beinen. Seine lange, schmale Nase gab ihm das Aussehen eines Vogels.


    "Du hast die Untersuchung bestanden, also bist Du zu Recht hier Nummius. Bei unserem ersten Streifengang wirst Du Dich im Zweifelsfall an die ortskundigen Kollegen halten. Immer auf dem Laufenden zu sein schadet sicher nicht. Der Nächste", sagte Purgitius.


    "Ich bin Sisenna Postumius Dolabella, bin 28 Jahre alt und habe vorher meinen Dienst im Familienbetrieb versehen. Schreiben kann ich einigermaßen, Zahlen sind mehr meines. Meine Familie stammt aus Mantua", stellte sich der Vierte im Bunde vor. Postumius war von gedrungener Statur, mit einem freundlichen, offenen Gesichtsausdruck.


    "Zahlen und Schrift werden beides benötigt, die Fähigkeit zur Berechnung und zur Niederschrift ist beides wichtig. Was nicht ist, wird noch werden. Deshalb steht Ihr hier, zur Ausbildung. Jeder hat klein angefangen und jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt, auch zum Urbaner. Der Nächste", erklärte Purgitius.


    "
    Spurius Plancius Phormio ist mein Name und ich stamme aus dem fernen Cappadocia. Vermutlich wird das dem einen oder anderen nichts sagen. Ich bin 25 Jahre alt, lebe seit zwei Jahren in Rom", stellte sich ein weiterer Tiro vor. Plancius wirkte zäh und kräftig, den Großteil seines bisherigen Lebens schien er mit harter, körperlicher Arbeit verbracht zu haben.


    "Dann nachträglich willkommen in der Stadt in der die Weltgeschichte geschrieben wird Plancius. Und der Letzte", forderte Lurco.


    "Iullus Tettius Natalis, 21 Jahre und ebenfalls aus Rom stammend. Meine Familie hat eine kleine Bäckerei", sagte Tettius nervös. Die Bäckerei sah man ihrem jüngsten Truppmitglied etwas an, genau wie sein Alter. Er hatte noch etwas Unbedarftes im Blick, vermutlich war er nie über die Bäckerei hinausgekommen und Scherereien kannte Tettius vermutlich nur vom Hörensagen.


    "So da wir einander für das Erste vorgestellt haben, kommen wir zum ersten wichtigen Punkt auf meiner Tagesordnung. Die Gesunderhaltung. Ein guter Urbaner, ist ein gesunder Urbaner. Euer Körper ist Eure Lebensversicherung im Dienst, ebenso wie Euer Verstand. Haltet Körper und Geist sauber und gesund. Aus diesem Grund verbiete ich es Euch Garum zu Euch zu nehmen, gleich in welcher Form. Dies ist ein Befehl.


    Garum Tirones wird aus vergorenen Fischabfällen hergestellt, die in der Sonne vor sich hinfaulen. Was Ihr mit Garum zu Euch nehmt ist eine grauenvolle Mischung aus verrottetem Fisch und Wurmeiern. Diese Brutstätte für Parasiten ist ein großes Übel, was die Gesunderhaltung angeht. Zwecks Anschauungsunterricht, Information und Kenntnis werden wir jetzt gemeinsam das Valetudinarium und Optio Valetudinarii Sisenna Iunius Scato aufsuchen.


    Danach erkunden wir gemeinschaftlich das Castragelände, damit jeder von Euch weiß, wo er was findet. Kurzum zuerst habt Ihr Eure Kameraden kennengelernt, nun lernt Ihr Eure Castra kennen. Unterwegs könnt Ihr Fragen stellen. Hierzu sprecht Ihr mich mit Rang und Namen an. Weshalb Ihr einsatzbereit und gerüstet kommen solltet, werdet Ihr Euch nun vielleicht fragen. Der Grund ist einfach, weil Ihr später jederzeit einsatzbereit sein müsst. Gewöhnt Euch an den Umstand, je eher desto besser.


    Folgt mir", befahl Purgitius und gab den Weg vor.

  • Sempronius nickte, weil er auch annahm, seine verwalterischen Kenntnisse halfen, obwohl er noch nicht einschätzen konnte, wo. Dass seine Ortskenntnisse in Rom Vorteile bargen, daran zweifelte er nicht, aber bestimmt gab es etliche unter den Miles oder Tirones, die Rom kannten. Um die anderen einschätzen zu können, hörte er allen aufmerksam zu. Als jemand berichtete, dass dessen Bruder bereits bei den Cohorten diente, hätte Sempronius am liebten eingeworfen, sein Cousin diente bei den Prätorianern und war auch in dieser Castra untergebracht, aber er traute sich nicht und glaubte auch, es war nicht gestattet, Einwürfe zu machen, also hörte er weiter zu.

    Es folgte eine Ansprache des Ausbilders in Bezug auf gesunde Ernährung. Noch nie hatte sich Sempronius darüber Gedanken gemacht und am allerwenigsten hätte er es hier erwartet. Er aß, was auf den Tisch kam und stellte keine Ansprüche. Als er das ihm bekannte Garum mündlich seziert bekam, entglitten ihm die Gesichtszüge und der Speichel floss ihm aus Ekel im Mund zusammen. Am liebsten hätte er ausgespuckt, aber auch das traute er sich nicht. Zu allem Überfluss kam das Valetudinarium ins Gespräch. Die Untersuchung dort lag ihm nicht in bester Erinnerung, aber wahrscheinlich ging es dieses Mal um keine Sehtests. Sempronius beruhigte sich selbst. Artig folgte er dem Ausbilder Purgitius.

  • Die Gesichter der Tirones sprachen Bände, die Wahrheit war manchmal schmerzhaft. Im Falle des Garums war sie schlichtweg ekelhaft. Aber lieber waren die Neulinge für einige Momente grün um die Nase, als dass sie sich mit dem Zeug vergifteten und von innen aufgefressen wurden.


    Lurco gab den Weg vor, die Lehrstunde war noch lange nicht zu Ende.



    >>> RE: [Officium] Optio Valetudinarii

  • <<< RE: [Baracke VII]


    Auf dem Exerzierplatz angekommen zückte Lurco seine Informationstafel und las vor.


    "Zur Auffrischung und an all jene die das Durchlesen vergessen haben sollten.

    Zugehört.


    Der militärische Gruss


    Haltung des Rangniedrigeren in Anwesenheit Ranghöherer (bei der Begegnung, beim Gruß, beim Appell):Front zum Vorgesetzten, aufgerichtet, gestrafft, voller Spannung, regungslos bis zu den Augäpfeln. Kein Ton!


    Gruß, die Ausführung:

    Faust auf die Brust, anschließend neben den Körper zurück. Schnelle und straffe Ausführung.



    Gruß, verbal:

    Salve, Dienstgrad (Bsp.: Salve, Tribun) Der Name kann, muss aber nicht angefügt werden. Wird er angeführt, dann nur der Gensname oder Gensname in Kombination mit dem Cognomen. Niemals das Cognomen separat und niemals der Vorname.


    Wer grüßt zuerst?

    Immer der Rangniedere den Ranghöheren.

    Rühren nur auf Kommando, reden nur auf Aufforderung und wegtreten nur auf Aufforderung.

    Wann Grußentrichtung:


    Innerhalb der Einheit:

    Bei der ersten Begegnung am Tag.


    Gegenüber dem Kaiser, eigene und fremde Präfekten, Consuln:Bei jeder Begegnung


    In der Öffentlichkeit:

    Beim Begegnen von Angehörigen anderer Militäreinheiten.

    Gegengruß:

    Es besteht kein Anspruch auf einen Gegengruß

    Gruß während dem Gehen:Schritt beibehalten, Grußausführung erst kurz vor der Begegnung (ca. drei Schritte)


    Ausnahmen beim Gruß:

    in den Baracken, Thermen, Latrinen, Lararium usw. in Zivilkleidung

    Die Toga der Prätorianer und des Praefectus Urbi gilt im Dienst nicht als Zivilkleidung, daher grüßen auch diese Militärangehörigen, allerdings ohne die Faust auf die Brust zu setzen sondern bloss mit geöffnetem Daumen und Zeigefinger nach vorne ausgestreckt. Eine zackige Ausführung das Grußes ist mit Toga ebenfalls nicht zu erwarten.


    Meldung:

    Dienstgrad, Name, Auftrag/Anliegen.

    Soweit klar. Sittius biete mir einen anständigen Gruß dar. Die anderen aufgepasst", befahl Lurco.


    Crus stellte sich frontal zu Purgitius, richtete sich völlig auf um seine volle Größe zu erreichen und versuchte so viel Körperspannung wie möglich aufzubauen. Er rührte sich keinen Millimeter. Im Anschluss daran, legte er sich die Faust auf die Brust und nahm sie an der Körperseite zurück. Dabei behielt er die Körperspannung bei.


    "Salve Cornicularius Purgitius", presste Sittius ernst hervor.


    "Ein guter Gruß Tiro Sittius, jedoch ist das mit der Anspannung so eine Sache. Du bist dabei nicht angespannt, sondern verspannt. Du wirst nicht lange so stehen können. Also versuche Dich zur vollen Größe aufzurichten, gerade, erhobener Kopf, der Körper bildet eine Linie, aber spanne dabei nicht jeden noch so kleinen Muskel an. Keiner möchte Dich wie ein Stück Kantholz hochheben. Ansonsten sehr gut.


    Und jetzt die anderen. Stellt Euch zu Eurem Kameraden auf und grüßt ihn wie einen Vorgesetzten. Der Gruß erfolgt im Wechsel", befahl Lurco.

  • Ihr Ziel am heutigen Tag lautete Exerzierplatz, dem Sempronius mit einer erheblichen Neugier entgegenschritt, weil es eine neue Erfahrung darstellte. Auch die Wiederholung des Grußes, oder besser die praktische Ausführung nach der theoretischen Unterweisung, fand er gut. Er beobachtete, wie sich Sittius anstellte und lauschte den Kommentaren des Ausbilders. Sempronius konnte nicht einschätzen, wann er übertrieben steif wirkte und wann der passende Grad an Aufrichtung erreicht sein würde. Einen Spiegel gab es nicht, aber gleichzeitig glaubte er, es kam im Grunde mehr auf die innere Einstellung an, die nach außen transportiert wurde, als auf ein optisch makelloses Erscheinungsbild.

    Ihr Übungspartner sollte also ein Kamerad sein, was die Ernsthaftigkeit auf eine Probe stellte. Bestimmt würde niemand herumalbern, aber es fehlte naturgemäß der Respekt, den Vorgesetzte alleine durch ihre Position einflößten. Einen Kamerad konnte Sempronius nur bedingt ernst nehmen. Er nahm sich vor, beim Gruß auf die Stirn seines Übungspartners zu sehen und den direkten Blickkontakt zu vermeiden.

    Als Sempronius dran war, räusperte er sich zunächst, dann wurde er ernst, straffte sich im Körper und heftete den Blick auf den Haaransatz seines Gegenübers. Seine Faust suchte in einer zackigen Ausführung die Mitte der Brust, bevor er den Arm parallel neben den Körper zurückführte.

    "Salve!" Dann stockte er, weil er erst überlegen musste, wie er den Kameraden überhaupt anreden sollte. "Tiro Postumius!"

  • Sisenna Postumius Dolabella nickte zustimmend, für ihn sah der Gruß korrekt aus, da auch der Cornicularius zustimmend nickte hob er für Sempronius den Daumen. Einen Augenblick später grüßte er ebenso. Dolabella stand stocksteif da, schlug sich die Faust auf die Brust, für seinen Geschmack etwas zu hart und nahm die Hand dann seitlich weg.


    "Salve Tiro Sempronius", erwiderte er den Gruß.


    "Das sieht schon sehr gut aus. Vergesst nicht, am Anfang ist alles ungewohnt und schwer. In ein paar Tagen lacht Ihr darüber und Euch ist der Gruß in Fleisch und Blut übergegangen. Morgen meine Tirones werdet Ihr vor eine große Herausforderung gestellt und zwar gehen wir den großen Marsch nach Tivoli und zurück an. Unser Ziel sind 40 Meilen in 12 Stunden ohne Ausrüstung. Bedenkt, dass Ihr diese Strecke schon geleistet habt, haushaltet mit Euren Kräften und wir werden auch diese Strecke meistern.


    Wem das zu langweilig ist, der kann sich darauf freuen, dass nach den Marschübungen endlich die Kampfübungen beginnen laut Lehrplan. Folglich je besser Ihr marschiert, umso schneller werdet Ihr zum Kämpfen kommen. Damit Ihr nicht aus der Übung kommt, wird noch zwei Runden gegrüßt und dann lauft Ihr eine Runde um den Exerzierplatz. Ihr grüßt und lauft eine erneute Runde. Insgesamt erwarte ich fünf Runden. Los", befahl Lurco.

  • Die Tirones machten sich daran, noch zwei Runden zu grüßen, ehe sie einen großen Kreis auf dem Exerzierplatz liefen. Der Gruß wechselte sich mit der Runde ab, die sie zu laufen hatten. Dabei hatte so manch einer im Hinterkopf, dass es morgen an die große Runde ging. Sie würden erneut die Strecke von Rom nach Tivoli laufen, diesmal mit Zeitvorgabe. Aber all das gehörte zum Weg und Werdegang eines Urbaners. Also auch zu ihrem.


    Nachdem die Übungen für den heutigen Tag beendet waren, durften sich die Tirones zurückziehen. Wer wollte konnte die Therme aufsuchen, oder sich anderweitig entspannen.


    "Morgen früh zu Dienstbeginn vor meiner Baracke. Nehmt Proviant mit, vor allem ausreichend Getränke. Abrücken", befahl Lurco seinen Schützlingen.

  • Sie bekamen einen Tag zum Ausruhen, bevor der nächste Gewaltmarsch anstand. Runden laufen zählte zwar auch zur körperlichen Ertüchtigung, aber Sempronius empfand sie im Vergleich zum Strecken abreißen wie die Ruhe vor dem Sturm. Den Gruß zu üben, erforderte nicht einmal nennenswerten Muskeleinsatz. Sie grüßte im Wechsel mit dem Laufen, sodass sich der Atem immer wieder beruhigen konnte. Der Tag diente vermutlich zum Kräftesammeln, so auch der rechtzeitige Feierabend. Sempronius plagte kein Muskelkater, daher sparte er sich den Weg zur Therme. Er legte sich auf sein Bett, döste eine Weile und drehte sich noch vor Einbruch der Dämmerung zum Schlafen auf die Seite.

  • <<< RE: [Baracke VII]


    Lurco führte seine Tirones auf den Exerzierplatz und schaute einem nach den anderen ernst an.


    "Stellt Euch im Kreis auf, Gesicht zu mir auch wenn ich das nicht extra erwähnen müsste. Bei jeder dieser Übungen trainieren wir grundlegende Fähigkeiten, die unsere Ausdauer, Beweglichkeit und auch unsere Kraft stärken. Macht Ihr es richtig, habt Ihr ein sehr gutes und effektives Training für den gesamten Körper. Am Anfang mag es etwas einfach wirken, vielleicht sogar langweilig, aber lasst Euch davon nicht täuschen. Es ist anstrengend und die Wiederholungen werden Euch fordern. Genau so soll es sein. Am Anfang werdet Ihr zwischen den Übungen noch Pausen erhalten. Später nicht mehr, da gehen wir nahtlos von einer Übung zur nächsten über, erhöhen dabei die Anzahl der Wiederholungen.


    So rechtsum, jeder nimmt seinen linken Partner huckepack. Eure Kameraden wiegen soviel wie Eure gesamte Ausrüstung im Einsatz. Zwei Runden um den Platz zum aufwärmen. Dann Wechsel zwischen Träger und Getragenem. Umsetzen", befahl Lurco.

  • Da sich Sempronius auf die Ausbildung freute, hörte er auch aufmerksam zu, als die Aufgabe bekanntgegeben wurde. Er beglückwünschte sich dazu, einer der Älteren zu sein und vielleicht auch aufgrund dessen zu den Stabilsten zu gehören. Ihn zu tragen, würde kein Kinderspiel sein, aber beinahe jeden aus der Gruppe würde er Händeln können, zumindest dachte er das, ohne es vorher auszuprobieren.


    Sempronius schaute links, sah Plancius und resümierte, einen tragbaren Tiro erwischt zu haben, auch wenn der nicht mehr zu den ganz Jungen zählte. Sempronius drehte ihm den Rücken zu und lud ihn ein aufzusitzen. Seine Hände hielt er parat, um den Körper zu stützen, damit Plancius nicht sofort wieder herunterrutschte. Der ruckelte sich zurecht und ohne lange zu warten, ging Sempronius los, um die geforderten beiden Runden abzuleisten. Der Großteil in Runde eins lief gut, auch wenn der Getragene wie ein Sack auf seinem Rücken hing, sodass Sempronius' Arme gefühlt immer länger wurden.

    "Halte dich mal ein bisschen mit fest." Der Angesprochene verstand, setzte seine Arme ein und erleichterte für den Moment das Tragen, aber irgendwann verließ ihn die Kraft aus den haltenden Armen, sodass er mit seinem Klammergriff immer mehr Richtung Hals und Kehlkopf seines Trägers rutschte. Auf dem letzten Teilstück der zweiten Runde röchelte Sempronius, um seine Lungen überhaupt mit Luft versorgen zu können. Nach dem Absetzen beugte er sich vor, um besser durchatmen zu können.

    Er gönnte sich einige Atemzüge, bevor er sich selbst Huckepack nehmen ließ, und achtete darauf, nicht die gleichen Fehler wie Plancius zu machen.

  • Sempronius schlug sich sehr gut und er bildete mit Plancius ein gutes Duo. Die beiden waren flott, auch wenn es Sempronius Kraft kostete, sie schafften es auf Anhieb. Das sah bei einigen anderen schon etwas anders aus, allen vorran bei Sittius und Tettius. Tettius hatte die ehrenvolle Aufgabe Sittius zu tragen und scheinbar hatte er schon alle Mühe sich den Kameraden auf den Rücken zu wuchten.


    "Sehr gut Sempronius und Plancius. Tettius Du hast Dich doch über Nacht noch gestärkt. Die Kameraden haben gleich die Ausbildung hinter sich und Du bist noch nicht losgelaufen", rief Purgitius seinen Tirones zu.


    Grinsend keuchten Nummius und Postumius an den beiden vorbei. Nummius schleppte Postumius, weshalb der Getragene ebenfalls keuchte, konnte Lurco nur vermuten. Sempronius und Plancius waren dabei schon bei ihrer zweiten Runde. Anerkennend nickte Lurco den beiden zu, als auch Tettius endlich los zog. Die Kraft würde sich noch einfinden, jeder Tirones hatte seine Stärken und Schwächen.


    Als die Gruppe ihre zwei Runden absolviert hatte, gab es einen Moment Verschnaufpause.


    "Die Nächsten zwei Runden werden etwas kniffliger. Ihr absolviert sie im Ausfallschritt. Das heißt, Schritt, Knie zum Boden, wieder aufrichten und nächster Schritt. Körperspannung dabei halten nicht vergessen Tirones! Danach einen Moment Pause und zwei Runden folgen mit geschultertem Kameraden. Kurzum vier Runden auf gehts. Danach gibt es die nächste Übung", befahl Lurco.

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