Taberna Palindromos

  • Diocles war ab und zu in der Taberna Palindromos vorbei gekommen, um unter anderem seinen Herren abzuholen, aber auch, um zu sehen, ob seine neue Bekanntschaft einmal wieder auftauchen würde.

    Längere Zeit geschah das nicht, und der Furiersklave dachte bei sich, dass eine so glänzende Erscheinung wie der Jüngling Linos bestimmt Besseres zu tun hatte, als sich Geschichten über seine Blasen am Fuß (also, alle waren noch nicht verheilt und eine an der rechten Ferse sah völlig merkwürdig aus, ob ein Medicus...) anzuhören, da gab ihm der Schankjunge einen Brief.

    Diocles war zwar ein Scriba, doch noch nie in seinem Leben hatte er einen privaten Brief erhalten. Er schluckte und als er ihn las, war er so gerührt, dass sich eine Träne löste und ganz langsam über sein Gesicht rann.

    Völlig überwältigt presste er die Wachstafel an sein Herz und las sie immer wieder. Gleichzeitig bewunderte er Linos, der sich im Auftrag seines Dominus auf ein Schiff traute - wie überaus zartfühlend von ihm, dass er nicht bei seinem Dominus angefragt hatte, ob er mitkommen könne, er schien zu verstehen, wie leicht Diocles seekrank wurde und welche Angst er vor Schiffsunglücken hatte.

    Diocles beschloss, sobald er konnte, dem Gotte Neptun etwas Salz zu opfern für eine gute Seereise und dem göttlichen Mercurius etwas Wein für die allgemeine Reisesicherheit von Linos.

    Über den Brief war er, wie gesagt, sehr glücklich.

  • In der freigeistigen Taberna Palindromos fand man sich immer noch zu angenehmen intellektuellen und pseudointellekten Diskussionen zusammen, daran hatte sich nichts geändert. es war schon länger her gewesen, dass es hier mal eine richtige Debatte gegeben hatte. Aber vielleicht ergab sich da ja mal wieder was.

    Einstweilen suchte der Wirt Tiberius' Aufmerksamkeit. "Heda, Tiberius."

    Tiberius war in deem doch am oberen Spektrum angesiedelten Haus Stammgast und wurde so selbstverständlich mit dem Vornamen angesprochen.

    "Was los, Gaius."

    "Komm mal her. du siehst müde aus."

    Der Eindruck täuschte nicht. viel Arbeit in letzter Zeit. Das hieß allerdings nicht, dass Tiberius nicht zufrieden mit sich gewesen wäre. Die prompte positive Antwort des Augustus auf sein Gambit mit der widmung seines juristischen Werkes war einstweilen voll aufgegangen. Müde war er trotzdem.

    "Ich glaub ich hab hier was für dich, mein lieber." fuhr der Wirt fort. "Mal wieder ein neues Produkt unter die Leute bringen, wie?" neugierig näherte sich Tiberius der Theke. Für innovative Späße war er immer zu haben, besonders wenn sie lecker waren. "Ja und nein, mein lieber. Die hier," sagte der Wirt und stellte ein Schälchen mit getrockneten gräulich-grünen Blättern auf den Tisch ,"machen dich im Handumdrehen wieder wach."

    Ach ja? Werde ich danach auch anfangen zu sabbern und wilde Farben zu sehen, wie der Kerl neulich, den sie in der Basilica zu einer geradezu kranken Buße verkracht haben, weil er meinte er könnte die Tür zum Tabularium mit seinem Kopf einrennen?"

    Der Wirt schüttelte unschuldig den Kopf. "Nein, nein. Die hier machen dich nur wach. Die Blättchen kommen von sehr weit aus dem Osten. Und ich meine sehr weit. Entsprechend waren sie schweineteuer. Der Händler meint, es wird sich langfristig nicht lohnen, wegen des Geschmacks. Probieren?" "Wenn mich der Preis nicht ruiniert." antwortete Tiberius. Doch der Wirt winkte ab.

    Gaius nahm die Blätter und legte sie in einen Keramikbecher und kippte dann einen Schwall kochenden Wassers über die Blätter. "So, der Händer hat gesagt, die müssen so ein bisschen stehen." "Aha und das trinkt man dann so, wie Kräuteraufguss oder so, ja?"

    "Joa. der Händler behauptet, dass die im ganz fernen Osten auf das Zeug schwören, aber ich glaub das ehrlich gesagt nicht."

    "Jaja, wann hätte ein Händler jemals schon gelogen, nicht wahr?"

    Nach einer Weile hatte die Brühe eine grünliche, gar nicht mal unattraektive Farbe angenommen.

    "So ich glaube du kannst mal einen Schluck probieren."

    Um sich nicht die Finger zu verbrennen, nahm Tiberius den Becher mit spitzen Fingern und nippte an dem Gebräu.

    "Ist ja furchtbar." Nichtsdestoweniger spürte er eine belebende Wirkung aus der Wärme. "Aber ich glaube man könnte sich dran gewöhnen wenn man müsste."

    "Mhm. Sagt der Händler auch. Aber ich glaube, ich muss mir was preiswerteres überlegen, um die Gäste wach zu halten."

    "Wahrscheinlich."


    Sim-Off:

    Offener Thread. Wem langweilig ist, kann gerne rein stromern.

    Tee in Rom ist natürlich anachronistisch, aber nicht unmöglich. Handelsbeziehungen gabs ja.

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  • Ich hatte den Tag fast komplett in der Basilica Ulpia verbracht. Drei Prozesse an einem Tag, zwei gewonnen, einen verloren. Keine schlechte Bilanz, aber auch keine perfekte Bilanz. Die erfolgreich vertretenen Mandanten hatten mir ein recht gutes Honorar gewährt. Nun wollte ich mich ausnahmsweise nicht den Rest des Tages mit dem Studium juristischer Fachliteratur oder dem Verfassen derselben beschäftigen. Mein Studienfreund aus Alexandria, Quintus Betucius Firmus, hatte mir irgendwann einmal diese Taberna empfohlen. Vom Ambiente her fühlte ich mich fast wieder wie in Alexandria. Außer, dass ich hier, so wie es sich für einen Advocatus, der gerade vom Gericht kam, gehörte, die Toga trug, während ich in Ägypten fast immer auf meine Toga verzichtete.


    Da ich niemanden kannte, ging ich erst einmal zum Wirt und bestellte einen Becher attischen Wein. Während ich wartete, sah ich in den Becher des müde aussehenden Gastes neben mir. So etwas hatte ich noch nicht gesehen.


    "Salve, ich möchte nicht stören, aber was trinkst du da?"

  • Das war eine gute Frage

    "Gaius, was trinke ich hier?"

    Jener hob die Schultern. "Der Händler nannte es "Tschai". Oder etwas in der Richtung. Ich hab es noch nie gehört."

    "Mhm ich auch nicht. Du vielleicht mein Freund?" Er winkte Gaius dem anderen auch einen Becher aufzubruehen.

    "Vielleicht schmeckt es dir ja besser." Tiberius verengte die Augen. "Ich glaube nicht, dass man uns vorgestellt hat, aber ich meine, dich vom Sehen zu kennen?"

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  • Das Wort kannte ich nicht, also versuchte ich, den Wortklang einzuordnen.


    "Tschai? Nie gehört. Ist das ein indisches Wort?"


    Auf die Frage, ob man mich gesehen hatte, überlegte ich kurz. Ganz unbekannt kam mir das Gesicht zwar nicht vor, doch verband ich auch keine mir bekannte Person mit dem Fremden.


    "Nun, ich kann mich auch nicht entsinnen, dir jemals vorgestellt worden zu sein. Andererseits ist die Wahrscheinlichkeit durchaus gegeben, dass du mich schon einmal gesehen hast. Am wahrscheinlichsten in der Basilica Ulpia, da ich gerade dabei bin, mir einen Namen als Advocatus zu machen. Aulus Iunius Tacitus."


    Ich streckte höflich lächelnd meine Hand aus.

  • "Ah daher. Ja das ergibt Sinn. Tiberius Valerius Flaccus"


    Tiberius schüttelte die Hand und verengte kurz die Augen.


    "Gehe ich dann richtig in der Annahme, dass ich dir zu deinem Werk über die Mancipatio gratulieren darf? Ich hatte da neulich so ein Werk von einem Iunius Tacitus in der Hand."

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  • "Ja, der bin ich."


    Ich lächelte stolz. Der Name meines Gesprächspartners kam mir bekannt vor und ich schloss kurz die Augen, um mich zu konzentrieren. Dann fiel es mir ein.


    "Und du bist nicht rein zufällig der Tiberius Valerius Flaccus, der die wirklich hervorragend verständlich geschriebene Einführung in das römische Recht verfasst hat?"

  • "Doch genau der." antwortete Tiberius.

    "Mein bescheidenes Werk. Erschaffen aus dem hehren Bedürfnis, den Leuten unser wunderbares Recht ein bisschen näher zu bringen. Und aus Langeweile natürlich.", nahm er mit einem ironischen Grinsen die Pompösität aus dem Satz.

    "Ich jedenfalls war sehr erfreut, mal wieder was neues zu Mancipatio zu lesen. Die Leute und Kollegen machen sich nicht mehr so viel Gedanken über die traditionellen Sachen. Was sehr schade ist. Dabei kann es so unterhaltsam sein, darüber zu lesen und zu spekulieren, was die altvorderen so gemeint haben könnten.

    Ah ich glaube dein Tschai ist fertig."

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  • Ich nahm den Becher entgegen und betrachtete den darin befindlichen Aufguss. Der Geruch war auf jeden Fall nicht abstoßend. Allerdings entschied ich, es noch etwas abkühlen zu lassen.


    "Nun, leider haben uns unsere Vorfahren nicht den Gefallen getan, uns ihre Gedanken zur Mancipatio zu überliefern. Allerdings frage ich mich, da sie älter als die Zwölf Tafeln zu sein scheint, ob unsere Vorfahren damals überhaupt schon etwas schriftlich festgehalten hatten. Denn auch die Schrift muss zuerst einmal entwickelt werden. Wie bei jeder Entwicklung, bedarf es dazu der Notwendigkeit, des Nutzens, oder der Zeit und Gelegenheit. Wobei wir dann bei der Spekulation wären, was die Altvorderen wann gemacht haben. Und die ist ohne schriftliche Aufzeichnungen noch unsicherer als die Spekulation, was sie gemeint haben."


    Ich grinste kurz und nahm ich einen Schluck Tschai. Das Gebräu war bitter, aber doch irgendwie lecker. Faszinierend.


    "Abseits aller Spekulation kann ich natürlich froh sein, dass unsere Vorfahren uns ihre Gedanken zur Mancipatio nicht hinterlassen haben. Sonst hätte ich keinen Kommentar dazu schreiben können."

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