Eine ungewöhnliche Ansprache

  • Zuvor: Besichtigung von Rom


    Ich habe das Forum Romanum erreicht und bin tatsächlich überwältigt vom Anblick. Die Vielzahl der Gerüche und Geräusche, die vielen Menschen, die aufgeladene Atmosphäre, es ist einfach unbeschreiblich. Ich sehe mich einige Zeit um, bis ich auf etwas treffe, von dem ich nur gehört hatte. Die Rostra.

    Augenblicklich habe ich eine Idee und bin sehr froh, dass ich bislang keine Einkäufe getätigt habe und deswegen recht flink durch die Massen komme. Mein Ziel ist die Rostra und ich finde schnell den Weg auf die Plattform. Ich atme kurz durch, bevor ich die letzten Schritte mache, und lege mir meine Worte im Kopf zurecht.


    "Bürger Roms, werte Brüder, werte Senatoren! Oft kommt es vor, dass unbekannte Gesichter hier an dieser Stelle stehen und ihre Worte an die Umstehenden richten. Und auch in Zeiten von Wahlkämpfen kommt das vor, so auch jetzt gerade." Eine kurze Pause soll dafür sorgen, dass weitere Zuhörer etwas näher treten können.


    "Mein Name ist Servius Annaeus Vindex und ich bin erst hier in eurer wunderschönen Stadt angekommen, nachdem ich die letzten Jahren auf Reisen rund um das mare nostrum verbracht habe. Meine Heimat, das ebenfalls wunderschöne Pergamon, habe ich lange zurückgelassen, um hier mein Glück zu finden." Ich hoffe auf kurzen Jubel oder Applaus bei der Erwähnung des Meeres oder von Pergamon.


    "Jetzt fragen sich sicher einige von euch, was ich hier oben mache. Rede ich von meiner Reise? Nein, nicht hier. Will ich euch etwas verkaufen? Nein, nicht wirklich. Will ich euch etwas anbieten? Ja, vielleicht." Ich lasse die Worte für einen kurzen Moment einfach wirken.


    "Liebe Senatoren und Mitglieder des ordo senatorius, ich stehe hier heute vor euch, um euch meine Dienste anzubieten! Ihr seid das Rückgrat unseres Reiches und ich bitte um die Chance, einer von euch zu werden. Ich habe auf meinen Reisen viel gesehen und gelernt, aber ich bin weit weg von eurer Größe! Lasst mich lernen, lasst mich teilhaben an euren glorreichen Taten! Um es auf den Punkt zu bringen: ich erbitte hier eine Stellung als euer Schüler im tirocinium fori. Ihr werdet es nicht bereuen!" Eine leichte Verbeugung nach vorne links und vorne rechts und ich steige wieder von der Rostra herunter. Nun liegt es an den Göttern...

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  • Phoebe hatte nicht gewusst, wie unangenehm Schiffsreisen sind. Lange Schiffsreisen zumindest. Natürlich war sie zuvor bereits kürzere Strecken gefahren, auf eine der Inseln vor der Stadt beispielsweise, und zum Glück wurde sie nur schwer seekrank. Aber eine (vermutlich noch vergleichsweise harmlose) Reise von Pergamon nach Rom? Man musste auf diesen dreckigen Schiffen übernachten! Es war eng, es gab kaum Gelegenheit sich vernünftig zu waschen, und noch dazu war das Essen nicht gerade das Beste. Oh, und es war schrecklich langweilig. Sie konnte keine Möwen mehr sehen und sie hasste ab sofort den Anblick von wunderschönen Buchten und Ufern, zumindest wenn sie selbst nur weit daran vorbei fuhr. #


    Auf jeden Fall würde sie ihrem Vater sobald wie möglich davon berichten und ihm schreiben, dass sicherlich keine Statue der Welt solch ein Martyrium wert war. Doch dies musste erst einmal warten, denn nun war sie in Rom! Und sie musste sich ohnehin die Beine vertreten, nach dieser Reise, so dass sich ein Spaziergang durch die Stadt anbot. Ohne wirkliches Ziel und nicht gerade in der Stimmung, sich die geschichtsträchtigen Gebäude und Orte mehr als flüchtig anzusehen, schlenderte sie durch die Straßen und ließ sich treiben.

    Vermutlich war es daher auch wenig verwunderlich, dass sie am Forum Romanum landete, wo schließlich alle Fäden des Reiches zusammenzulaufen schienen, ob nun wirtschaftlich, politisch oder kulturell.


    Es war kein Vergleich zu ihrer etwas verschlafenen Heimatstadt, und so schaute sie sich gebannt um, genoss die vielen Menschen, die Gespräche, ja, sogar die meisten Gerüche. Es tat gut, wieder an Land zu sein und Rom war nun einmal etwas besonderes.

    Und nicht zuletzt gab es hier ja auch die Redner. Dort war einer, gar nicht weit von ihr entfernt. Nur halb interessiert schaute sie hinauf und hörte mit halbem Ohr zu, als der Mann seinen Namen nannte und sie schlagartig mit offenem Mund in seine Richtung starrte. Das war... Vindex?!


    Tatsächlich war sie so perplex, dass sie sogar vergaß, die Erwähnung ihrer gemeinsamen Heimat zu kommentieren. Stattdessen fing sie sich schließlich in ein kopfschüttelndes Schmunzeln, und als der Redner geendet hatte, bahnte sie sich ihren Weg in seine Richtung, bis sie dann schließlich hinter ihm stand. Sie räusperte sich vernehmlich.

    "Meinst du wirklich, man braucht hier die Hilfe eines Herumtreibers aus Asia?" In ihrem Gesicht ein breites Lächeln in der Hoffnung, dass er sich umdrehen würde.

  • Wie täglich üblich, war ich auch heute auf dem Forum und wollte gerade gehen, da niemand eine Kandidaturrede hielt, als es doch noch etwas Unruhe gab. Ich drehte mich nochmals kurz um, als ich meinen neuen Verwandten sah, der die Stufen zur Rostra erklomm. Nun konnte ich nicht mehr zurück, ich musste stehen bleiben und zuhören. Erst kurz hier und schon stand er da oben? Ob da vielleicht ein neuer Stern in der Annaea aufging? Noch einer, um genau zu sein?


    Gespannt hörte ich zu und als Applaus über das Forum erscholl, auch wenn er noch nicht tosend war, da stimmte ich mit ein. Ganz schön mutig, sich so ein Tirocinium Fori zu erbitten, aber auf der anderen Seite auch richtig toll. Denn genau dafür war die Rostra da, damit man eine Meinung, eine Bitte, ein Anliegen loswerden konnte.


    Gespannt sah ich hinüber und brachte mich in bessere Position, um zu sehen, ob vielleicht jemand angebissen hatte?

  • "Was erlaubst du dir, du kleine...", beginne ich etwas erzürnt und drehe mich um. Ich hatte gehofft, dass ich angesprochen werden würde, aber ich hatte auch gehofft, dass es freundlicher und geschäftlicher wäre und nicht so forsch. Aber der Anblick, der sich mit bietet, verwirrt mich. Diese Augen, ich hatte sie schon sehr oft gesehen. Ich brauche einen kurzen Moment, um den leichten Anflug von Zorn vollkommen zu vergessen.


    "Antonia Phoebe, bist das wirklich du?", frage ich schließlich die junge Frau, die mir gegenübersteht. "Was machst du hier in Rom?!"

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  • Nein, so wirklich nett war mein nicht ganz ernst gemeinter Spruch sicher nicht. Vor allem, wenn man bedachte, dass sich der Mann eigentlich nur so verhalten hatte, wie es hier gedacht war und dazu eine ganze Menge an Mut aufgebracht hatte. Einfach so eine solche Rede vor einer großen und vor allem dies nicht erwartenden Menge zu halten, dies war nicht jedermanns Sache. Da wäre wohl etwas sanfter Lob angebrachter, könnte man meinen.

    Andererseits: Wer sich derart in die Öffentlichkeit begab und gar auf ein Amt abziehlte, und sei es zunächst noch so klein, der musste damit umgehen können oder es lernen. Und dass Vindex aus Asia stammte und in den letzten Jahren viel herum gereist war, ein wenig ziellos vielleicht, dies konnte er nicht abstreiten und würde vermutlich ohnehin früher oder später von politischen Gegnern gegen ihn verwendet werden. Da war es doch besser, wenn er direkt darauf hingewiesen würde und sich darauf vorbereitete, statt sich auf Lob auszuruhen.


    Doch Vindex' eventuell gerechtfertigter Zorn verschwand dennoch relativ schnell, als Phoebe zusehen konnte, wie er Erkenntnis und dann Überraschung wich. Und auch ihr Lächeln wurde nur noch breiter.

    "Servius Annaeus Vindex! Ja, ich bin es wirklich. Was für eine Überraschung! Hast du mit Absicht mit deiner Rede gewartet, bis ich hier bin?" Selbst wenn er nicht ahnen konnte, dass sie genau hier sein würde, ging sie davon aus, dass er wusste, dass sie nach Rom kommen würde, immerhin hatte sie sich ja angekündigt. Das dem nicht so war, zeigte seine Frage. "Hast du meinen Brief nicht bekommen?" Sie schaute fragend, dann zuckte sie mit den Schultern. "Was für ein Pech. Vielleicht können wir das in Ruhe besprechen, sofern du einmal Zeit hast? Gut siehst du aus," schloss sie schließlich. Sie selbst vermutlich weniger, denn sie sehnte sich nach einem Bad und einem ordentlichen Bett, aber ebenso nach einem Wein und gutem Essen. Da sie aber weder wusste, wie voll Vindex' Tage waren und ebensowenig, wie genau sie ihm gegenüber auftreten sollte, immerhin hatte man sich in den letzten zehn Jahren deutlich weniger gesehen als früher einmal, hielt sie sich zurück. War er immer noch derselbe wie damals?

  • "Was für ein Brief soll das sein? Entschuldige, aber ich bin gestern erst hier angekommen. Und du siehst auch gut aus, danke." Ich erröte ganz leicht und überlege kurz, was ich als nächstes mache.

    "Es ist wirklich eine Überraschung, dich hier zu sehen. Lass uns doch morgen einen Spaziergang durch die Stadt wagen, ja?"

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  • "Vielleicht ist er noch nicht angekommen? Oder verloren gegangen? Oder der Bote hat sich auf der Fahrt von Bord gestürzt?" Sie erläuterte diese vermutlich nur für sie schlüssige These nicht weiter. "Ich habe darin mein Kommen angekündigt... Aber es ist ja auch egal, nun bin ich ja hier und habe dich getroffen!" Tatsächlich war der Brief damit auch obsolet.


    "Auch ich bin gerade erst angekommen. Wirklich, erst heute. Es wäre mir eine Freude, wenn wir uns die Stadt zusammen anschauen könnten. Oh, und du musst mir unbedingt von deinen Reisen erzählen. Und, was du hier vorhast!" Das schien ja durchaus einiges zu sein, wie seine Rede zeigte.

    "Ich störe dich dann besser nicht weiter bei deinen Geschäften, Vindex." So überraschend der Zufall war, so wenig passte dieses Wiedersehen womöglich, wenn er sich hier wirklich gerade um eine politische Laufbahn bewarb. Und da man eben keine zwölf mehr war und sich seit gut zehn Jahren nicht mehr gesehen hatte, fiel sie ihm auch nicht um den Hals und drückte ihn, auch wenn ihr eigentlich danach war. Vielleicht aber sah er das gänzlich anders, schwer zu sagen.

    Auf jeden Fall verabschiedete sie sich letztlich und machte sich auf den Weg zur Casa Antonia.

  • "Du wohnst doch sicherlich hier bei deinen Verwandten, oder? Dann komme ich morgen zu dir und erzähle dir alles, so kannst du dich auch erst einmal einrichten. Ich freu mich so sehr, hier ein vertrautes Gesicht zu sehen!"

    Ich bin nicht sicher, ob ich meine Freude richtig vermitteln kann, aber tut unheimlich gut hier jemanden zu haben, der mich bereits kennt.

    "Oh, und du musst mir natürlich auch alles erzählen!"

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  • Nachdem sich Phoebe verabschiedet hatte, warte ich nahe der Rostra, ob meine Ansprache Reaktionen hervorgerufen hat. Der Applaus, der während der Rede aufbrandete, war zwar nicht laut gewesen, aber ich bin mir sicher, dass ich meine spontane Tat nicht bereuen sollte. Doch es kommen Zweifel auf, vielleicht hat Phoebe potenzielle Patrone abgeschreckt... nein, unmöglich. Ich warte einige Zeit.


    (Einige Zeit später...)


    Mein Vorstoß war nicht von Erfolg gekrönt. Niemand ist auf mich zugekommen, meinen Frust lasse ich mir aber nicht anmerken. Stattdessen freue ich mich noch mehr über den überraschenden Besuch meiner alten Freundin. Ein Stück Heimat in der größten Stadt der Welt.

    Ich beschließe das Forum zu verlassen und wieder nach Hause zu gehen.

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  • Leider bemerkte ich keine potentiellen Senatoren, welche die Rede des Vindex sogleich als Chance nutzen wollten. Vielleicht war aber der eine oder andere Sklave oder Klient anwesend gewesen, der die Mitteilung nun an seinen Herrn oder Patron mitnehmen würde. Zumindest aber hatte er auf jeden Fall seinen Namen bereits öffentlich gemacht. Wenn es also vielleicht nichts brachte, kurzfristig, dann sicherlich langfristig.

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