Das Imperium schlägt zurück – V. Didius Molliculus und Flavia Philotima in der Hand der Prätorianer

  • Lurco suchte den Carcer auf, den sich die Cohortes Urbanae mit den Prätorianern teilten. Jeder hatte dort seinen Bereich, heute jedoch war es an Lurco den Bereich der Kollegen zu betreten. Bei such trug er eine kleine Umhängetasche. Die Wache der Prätorianer grüßte er mit entsprechendem, dienstlichen Gruß und zeigte seinen Vernehmungsbefehl vor. Ebenso offenbarte er direkt den Inhalt der Tasche, einige Speisen und etwas zu trinken. Purgitius hatte sich einen Moment zu gedulden, bis der Prätorianer alles gelesen hatte, ehe er den Befehl zurückgereicht bekam.


    "Folge mir zu dem Gefangenen", forderte der Prätorianer Purgitius auf und dieser folgte seinem Kollegen auf dem Fuße. Vor einer Zelle blieben sie stehen und der Mann deutete hinein.

    "Hier ist er, Volusus Didius Molliculus. Du kennst die Sicherheitsvorgaben, bis später", sagte der Prätorianer und begab sich zurück auf seinen Wachposten.


    Lurco schaute dem Mann einen Moment hinterher und wartete bis dieser ganz aus dem Sicht- und Hörfeld verschwunden war. Danach trat Purgitius an die Celle heran und musterte den Insassen. Wie lange der Mann wohl schon einsaß? Nun er hoffte dies zu erfahren und einiges mehr.


    "Salve Volusus Didius, mein Name ist Manius Purgitius Lurco Cornicularius der Cohortes Urbanae. Du bist Gefangener der Prätorianer, dennoch hätte ich einige Fragen an Dich. Wie lange Du bereits einsitzt entzieht sich meiner Kenntnis, aber rein vorsorglich habe ich Dir etwas Nahrung mitgebracht. Fragen mit denen Du Deinen Leuten und auch mir helfen könntest. Wärst Du dazu bereit?", fragte Lurco freundlich und deutete dem Mann an, näher zu kommen.

  • Hell - dunkel - hell - dunkel - hell. Mit diesem Kontrast hatte Gott Tage und Nächte erschaffen. Er hatte das für seine schönste Schöpfung den Menschen getan. Warum? Weil der sonst durchdrehte. So wie ich allmählich.


    Dunkel - dunkel - dunkel. Mehr gab es nicht im Carcer. Auch sonst nichts was die Tage kennzeichnete. Etwas zu Essen gab es manchmal (Essen? Das nennst du Essen, Volusus? Wit weit bist du hier gesunken!). Aber wie oft war das? Morgens? Abends? Regelmäßig?


    Auch sonst gab es nichts. Sie hielten Philotima weiter von mir getrennt. Lebte sie überhaupt noch? (Oh, Herr, nimm meinen wertlosen Leib aber lass Philotima leben!). Und die Soldaten redeten nicht mit mir. Außer so was wie "Essen, Abschaum!"


    Also redete ich mit dem Herrn und betete (oder bildete ich mir das nur ein?). Dunkel ein, Dunkel aus.


    Bis eine Stimme mich ansprach. Ein Mensch. Ein Mensch mit einem Namen. War der echt? Manius Purgitius Lurco. Sowas würde ich mir doch nicht ausdenken! (Aber genau das kennzeichnet doch den Wahnsinn, dass man sich Dinge ausdenkt die man sich nie ausdenken würde).


    Ich trat näher und war enttäuscht. Ein Soldat. (Wer sollte dich sonst hier besuchen? König Salomon vielleicht?) Andererseits hatte er etwas zu essen dabei. Ich konnte jeden Krümel gebrauchen! (Meine Wangen waren schon ein bisschen eingefallen).


    "Ja" krächtzte ich erst leise und dann etwas lauter "ja". Helfen, das war meine Stärke (das hatte Philotima zu mir gesagt. Oh, liebste Philolima, werde ich dich je wiedersehen?).

  • Ein stattlicher Mann oder das was davon übrig war, trat näher und musterte Lurco mit enttäuschtem Gesichtsausdruck. Purgitius konnte es ihm nicht verdenken, denn scheinbar war dieser Mann im Carcer vergessen worden. Jedenfalls sah er danach aus, er wirkte seltsam verloren und völlig fehl am Platz. Der Mann hatte ein Gesicht, dass freundlich und zugänglich wirkte. Es war fast so, als wäre er in den Carcer gestolpert. Auf der anderen Seite kannte Lurco so einige Personen mit einem unschuldigen Gesicht, die es faustdick hinter den Ohren hatten. Aber er war nicht hier um sich in Vermutungen zu ergehen. Wer vermutete, bildete sich eine Meinung vor. Fakten waren die wahren Grundlagen einer Ermittlung und Meinungsbildung.


    Es sei denn man musste bewusst lügen, um die Meinung in eine passende Richtung zu lenken. Nichts was er mehr hasste als derartiges Vorgehen, aber manchmal war es unumgänglich. Manchmal waren sogar Ziele wichtiger als die Wahrheit. Und manchmal wünschte er sich, er hätte weiterhin zu den Krähen geschwiegen. Nun hinterher wusste man bekanntlich immer mehr. Hier und heute hatten solche Gedanken keinen Platz, deshalb wischte er sie zur Seite.


    Die Befragung dieses Mannes war seine Aufgabe und dieser würde er sich widmen. Eine uralte Weisheit besagte, man verlangte nichts, wenn man nicht zuerst etwas gab. Deshalb trat Lurco so nah wie möglich an die Zelle heran und reichte Volusus Didius Molliculus eines der gefüllten Brote.


    "Das freut mich zu hören Volusus Didius. Hier nimm, ein kleiner Schlauch Poska und ein gefülltes Brot mit Käse und Oliven. Iss es langsam, damit Dir nicht schlecht wird. Du erhältst von mir noch ein zweites und etwas Proviant. Aber zuerst das eine Brot, keine Sorge der Rest gehört Dir, gleich wie wir verbleiben. Mein Wort drauf. Und trinke auch in kleinen Schlucken, gleich was Dein Durst sagt. Sobald Du soweit bist, möchte ich mit Dir über Deinen Glauben reden. Aber zuerst nimm einige Bissen und trinke etwas", sagte Lurco und wartete bis der Didius das Brot und den Poskaschlauch an sich genommen hatte.

  • Meine Augen wurden groß. So groß dass der Soldat wahrscheinlich den Eindruck bekam, dass meine Augäpfel gleich aus meinem Kopf kullern würden. Der Schöpfer hatte aber zum Glück dafür gesorgt dass das nicht passiert.


    "Danke, der Herr segne dich für deine Mildtätigkeit!" sprach ich. Denn so sah es aus. Heute war ich der Empfänger milder Gaben, nicht der Geber.


    Brot gefüllt mit Käse und Oliver! Bei Gott, ich hatte noch nie so gutes Brot gegessen! Und so köstlichen Käse! Und so fruchtige Oliven! Ich hörte die Englein Lobpreisungen auf den Herrn singen als die schmackhafte Masse an meinem Gaumen vorbeirauschte und meine Kehle hinab rutschte. Gepriesen sei der Herr für die Erfindung von Brot und Käse und Oliven! Und Poska! Es gab auch noch einen Schlauch mit Poska! Köstlich!


    Purgitius Lurco hatte es sicher gut gemeint mit seinem Ratschlag. Langsam essen und langsam trinken. Leider war ich nicht klar genug beieinander um diesen Ratschlag zu beherzigen. Ich hatte immerhin seit Ewigkeiten nichts richtiges mehr gegessen! (Gut, Ewigkeiten fingen bei Essen bei mir schon nach ein paar Stunden an) Nur diesen Carcerfraß, der nicht einmal die Bezeichnung Essen verdiente.


    Als das Brot in meinem Magen lag, vermischt mit Poska, merkte ich es aber dann doch. Denn es war viel zu schnell verpufft. Trotzdem ging es mir schon viel besser.


    "Ich danke dir! Und ich spreche sehr gerne mit dir über meinen Glauben." Sofort war ich wieder in meiner Rolle des verständigen Bruders der seine Mitmenschen zu wahrem Glauben verhalf. Und auch ohne die Gaben hätte ich das. Denn der wahre Glaube brauchte keine Geschenke. Aber das sagte ich natürlich nicht. Immerhin konnte ich den Rest auch noch gut gebrauchen.

  • Lurco staunte nicht schlecht, wie schnell das Brot von Volusus Didius verspeist wurde. Falls das bei dem Mann langsam essen war, wollte Lurco ihn gerne einmal schnell essen sehen. Er hätte sich etwas zu staunen. Aber wer konnte Didius nicht verstehen? Der Mann war körperlich und seelisch ausgehungert. Keine Nahrung, keine Poska und kein Wort dass sich an ihn richtete. Lurco wartete einen Augenblick, ehe er nickte. Das Essen wie auch das Getränk mussten sich erstmal im Körper setzen. Scato hätte das sogar sicher fachmännisch erklären können, aber Lurco wusste aus eigener Erfahrung, das manches was man in Eile herabschlang sich scheinbar einen neuen Platz suchen wollte.


    "Nichts zu danken, Milde gehört zu den römischen Tugenden. Auch wenn es manche vergessen. Es freut mich, dass Du bereit bist mit mir zu sprechen. Ich habe einige spezifische Fragen, aber fangen wir doch mit dem generellen Themen in Deinem Glauben an. Kurzum erkläre mir Deinen Glauben bitte so, dass ich ihn nachvollziehen kann. Soweit ich weiß, glaubt Ihr an nur einen einzigen Gott. Einige halten Eure Religion für gefährlich, andere halten sie für friedfertig. Sei so gut und verschaffe mir einen ersten Einblick. Wer seid Ihr wirklich? Und was macht Euren Glauben aus? Vielleicht beschreibst Du mir einmal einen perfekten Christen oder das was dieser anstrebt. Falls das möglich ist", bat Lurco freundlich und stellte sich bequem hin.


    Zwar waren dies nicht die Informationen, die er in Erfahrung bringen sollte, aber keinem aus dem Zusammenhang gerissene Einzelinformationen. Er hoffte so ein komplexes Bild von den Christen zu erhalten. Sobald er ein besseres Bild von ihnen hatte, würden sich eventuell weitere Fragen ergeben und seine speziellen Fragen würde er dann ebenso stellen. Didius wirkte offen, vielleicht wurde aus der Befragung statt einem Verhör ja eine gute Diskussion? Lurco war gespannt, was der Mann zu berichten hatte.

  • Sim-Off:

    Für alle Mitlesenden möchte darauf hinweisen dass der Charakter Molliculus einer fanatischen Splittergruppe angehört. Und wie alle Fanatiker verdreht er das eigentliche Gedankengut auf dem sein Fanatismus aufbaut, in diesem Fall das christliche. Das Folgende soll also weder eine historisch korrekte Darstellung christlicher Glaubensvorstellungen sein, noch diesen Glauben in irgendeiner Weise beleidigen.


    Der Soldat schien wirklich interessiert. Das war nicht verwunderlich. Wir hatten auch einige Soldaten in unseren Reihen. Die müde und desillusioniert waren und nicht mehr für einen Götzenkaiser metzeln wollten. Wer weiß was der arme Purgitius schon alles gesehen und getan hatte! Kein Wunder dass er sich nach Gottes Gnade und Seeligkeit sehnte!

    "Den perfekten Christen gibt es nicht" lächelte ich milde. "Oder besser gesagt, alle Christen sind perfekt. Wir alle sind Kinder Gottes und perfekt so wie wir sind. Der Herr verlangt keine Opfer oder Geschenke. Wie ein gütiger Vater blickt er auf uns herab und nimmt uns so an wie wir sind. Und wie ein Vater möchte er dass wir uns mit unseren Brüdern und Schwestern vertragen, dass wir uns umeinander kümmern und füreinander sorgen. Für die Starken und die Schwachen unter uns. Frömmigkeit und Gebet haben nur dann einen Wert wenn wir auch Gutes tun und wir uns von bösen Taten abwenden. Und wie ein Vater lässt der Herr seinen Zorn über jene kommen, die seiner Familie schaden wollen oder Boshaftigkeit in die Welt tragen. So wie damals über Sodom und Gomorra."

    Meine Augen leuchteten auf.

    "Als der Herr auf Sodom und Gomorra Schwefel und Feuer regnen ließ vom Himmel herab! Er ließ ihre Städte einstürzen mitsamt ihrem ganzen Umkreis. Auch alle Einwohner der Stadt und alles was auf den Feldern wuchs. Denn sie alle waren verdorben und nicht einmal zehn gerechte Menschen konnten dort gefunden werden!"

    Nun hatte ich mich in Rage geredet.

    "Oder als er das ungläubige Volk Edom zur Schlachtung freigegeben hat! Und sein gerechter Zorn wird es auch sein wenn die letzen Tage gezählt sind und die himmlischen Heerscharen die sieben Plagen über die Welt bringen werden! Alle Ungläubigen werden dann verloren sein und nur die Kinder Gottes werden den Weg in sein Paradies finden. Denn nur wer rein und beseelt ist von wahrem Glauben erhält Einzug ins Paradies. Und dort werden wir entlohnt werden für alle Mühen und alles Leid auf dieser Erde! Und das Ende ist nahe! Es bleibt nicht mehr viel Zeit bis Rom untergeht! Daher müssen wir so viele Kinder Gottes retten wie möglich!"

    Ich war jetzt nicht mehr zu bremsen. Ich konnte eine Seele retten!

    "Auch du kannst noch Erlösung finden, Manius Purgitius Lurco! Öffne deine Augen, erkenne die falschen Götzen und schwöre ihnen ab! Erkenne dass diese Götzen nur ein Trug sind! Ein Werkzeug der Mächtigen, um unschuldige Bürger wie dich zu knechten! Erkenne dass du mit deinen Gaben nur die Reichen noch reicher machst! Der einzig wahre Gott gewährt Gnade und das Paradies ganz ohne Bestechung! Öffne dein Herz und komme auch du in unseren Kreis der gesegneten Kinder Gottes!"

  • Lurco hörte Didius zu und musste sich eingestehen, dass er Mann genauso hartnäckig und freurig für seine Überzeugung kämpfte, wie er für seine. Er sprach davon, dass der Christengott all seine Kinder liebte. Er sprach von einem gnädigen Vater, der die anderen strafte die seinen Kindern schadeten. Für einen winzigen Moment dachte Lurco an seinen Vater zurück. Die erste Erfahrung die er auf dieser Welt gemacht hatte, war es von einer Frau direkt nach seiner Geburt geschlagen zu werden, damit er atmete! Wo war da sein Vater, um ihn zu schützen? Jeder Mann mit ein bisschen Grips, konnte sich denken, dass keiner leichter oder besser atmete, wenn man ihn schlug.


    Zur Demonstration konnte man sich ja einmal in den Magen boxen lassen. Frei atmen war danach sicher nicht drin. Und wer erhob ungestraft die Hand gegen einen Säugling? Im Grunde war niemand zu schlagen, die Ausnahme bildete die Staatsgewalt die dazu ab und an gezwungen war. Aber diese Frau... Scato hätte anderes mit ihr getan und er ebenso. Aber er war eine Handvoll Mensch gewesen und sein Vater sonstwo. Ein Vater war jemand, der sich kümmerte, der seine Familie beschützte. Gleich wie lange man schon in der Familie war. Lurco blinzelte, um sich zurück in die Gegenwart und den Carcer zu rufen.


    "Ein liebender Vater Didius? Das hast Du wunderbar erklärt, wer würde sich keinen Vater wünschen, der im Hintergrund über einen wacht und einen behütet? Aber sind die Tugenden Deines Gottes nicht auch jene Tugenden von Rom? Soll man nicht mildtätig und großzügig sein? Auf der anderen Seite, wer ist dies schon? Ich höre an Deiner Erläuterung, wie wichtig Dir Dein Glauben ist.


    Ich kenne Deinen Gott nicht Didius, ich weiß nicht welche Gebete er wünscht, welche Rituale Du durchführst und was Du opferst. Aber die Werte, dass ein Volk einander beistehen soll, sollte generell gelten. Unabhängig davon, welchen Gott man anbetet oder? Sprichst Du damit nicht auch von den Tugenden Roms?


    Nicht zehn aufrechte Seelen in einer Stadt? Das klingt für mich nach einem bestimmten Stadtteil, den wir auch nicht befriedet bekamen. Viele gute Kameraden sind dort gefallen. Aber auch dieses Haus stürzte ein, eine seltsame Parallele nicht wahr? Wir hatten vor Frieden in diesen Stadtteil zu bringen Didius. So dass die rechtschaffenen Bürger dort in Ruhe leben können. Ein gutes Ziel in meinen Augen. Doch leider hat es nicht sollen sein. Aber wir versuchen es erneut. Aufgeben ist keine Option nicht wahr? Weder für Dich, noch für uns was die Bekämpfung der Unlauteren angeht.


    Was sind die sieben Plagen Didius?

    Und weshalb ist Rom verloren?


    Was verlangen denn unsere Götter von uns Didius? Sie verlangen nichts, schau alles was wir geben, geben wir freiwillig. Es ist vielmehr ein ich gebe und erhalte. Ein Tausch der gegenseitigen Anerkennung. Und was heißt Erlösung? Was meinst Du damit? Lohn für meine Mühen? Didius, ich verlange keinen Lohn für meine persönlichen Mühen. Ich verlange nicht mal einen Dank. Natürlich freut man sich darüber, aber manche guten Dinge vollbringt man besser heimlich und schweigt. Ist das nicht seltsam? Das man Gutes verschweigen muss und mit Schlechtem geprahlt wird?


    Weshalb ist der Fisch Euer Symbol? Es ist jedem bekannt, doch was genau hat es damit auf sich? Ich frage das nicht um Deinen Glauben in Frage zu stellen oder um Dich zu provozieren. Ich möchte verstehen. Und ich Danke Dir für Deine Erklärung", antwortete Lurco freundlich.

  • "Sicher sind die Tugenden Roms gut. Aber wie du selber sagst wer schert sich noch drum? Ganz sicher nicht die Götzen denn sonst hätte längst die ganzen reichen Säcke der Blitz beim ... äh... also auf der Latrine treffen müssen. Gott dagegen duldet keine Lippenbekenntnisse."
    Ich unterdrückte ein höhnisches Auflachen. Denn Purgitius Lurco schien doch eigentlich vernünftig. Und zugänglich für Argumente.
    "Wenn Rom Frieden bringt heißt das nicht immer Gutes für alle. Wie viele Völker haben wir schon mit unserem Frieden unterworfen und unterdrückt! Und die gefährlichen Stadtteile sind doch oft auch nur für die Oberen ein Problem. Die Menschen die dort leben sind meist ganz zufrieden. Ausser wenn sie hungern oder kein Dach über dem Kopf haben. Aber was wird dagegen unternommen? Es werden Soldaten geschickt. Oder den armen Leuten ihr letztes As für ein Götzenopfer abgenommen. Weißt du wohin das Geld fließt, Purgitius? Es fällt direkt in den Kellertempel ins Säckchen für die Collegien und den Kaiser. Niemand sonst hat was davon! Die Reichen bereichern sich durch Götzen!"
    Selbst wenn nicht Gott erzürnt wäre dann sollten es die Menschen sein!
    "Der Herr wird die Menschen mit schlimmen Geschwüren strafen, das Wasser im Meer, in Flüssen und Quellen wird zu Blut in dem alle Fische sterben! Die Sonne wird die Menschen mit großer Hitze versengen, die Flüsse werden austrocknen! Das größte Erdbeben seit Menschengedenken vernichtet alle Inseln und Berge und großer Hagel fällt auf die Erde hernieder!"
    Ich hatte mich schon wieder in Rage geredet. Meine Stimme war auch immer eindringlicher geworden. Und das merkte ich jetzt in meiner Kehle. Immerhin hatte ich die lange nicht mehr so ausführlich genutzt. Außerdem hatte ich über die Rage vergessen was Purgitius Lurco noch gefragt hatte. Ich nahm noch einen Schluck aus dem Schlauch. Es war allerdings der letzte.

  • Lurco betrachtete Didius als hätte dieser in seinen Kopf geschaut, als wusste dieser von seinen Gedanken die Subura betreffend. Als hätte er ihm angesehen wofür er einstand und was er verabscheute. Wofür er sich tagtäglich den Arsch aufriss und dennoch nichts weiter erntete als Spott, Hohn, Verachtung und Hass. Eine helfende Hand war nicht willkommen, eine zur Faust geballte war die Norm. Didius war ein guter Mann, er lebte die Tugenden wie sie jeder Römer leben sollte. Er hielt an dem Traum fest, dass sie eine andere Nation sein konnten. Größer, mächtiger, wahrhaftiger als sie es jetzt waren.


    "Danke.... Danke für die Erläuterung Didius. Die Subura war ein gutes Beispiel. Soldaten wurden gesandt, die Doppelstatio gebaut. Mein Ziel ist es, dass jene rechtschaffene Bürger sie als Schutz und Anlaufstelle sehen. Und das Kriminelle durch unsere Anwesenheit abgeschreckt werden. Doch so einfach ist die Welt nicht, wie wir sie gerne hätten. Das weißt Du und das weiß ich. Ein Krimineller der stehlen muss, weil er ansonsten nichts zu essen hat, ist er wirklich kriminell? Oder haben die Umstände ihm ein Leben aufgezwungen, dass er selbst abwählen würde, wenn er nur könnte? Mit dem Urteil sind viele sehr schnell, mir passiert dies auch ab und an. Aber nimmt man sich Zeit, tritt gedanklich einen Schritt zurück um das gesamte Mosaik zu erfassen, vor dem man steht, sieht man auf einmal Details, die man vorab nicht sehen konnte.


    Wer sich noch an die Tugenden Roms hält? Einige sehr gute, aufrichtige und rechtschaffene Männer. Jene mit großem Herzen und großem Verstand, es gibt sie Didius, aber sie sind rar. Zwei davon stehen mir besonders nahe", antwortete Lurco und dachte in dem Moment an seinen Mann und seinen Patron. Wo wäre er ohne diese beiden Männer? Vermutlich hätte er schon längst alles hingeworfen, ohne ihren Beistand und weisen Rat.


    Was Didius benötigte war Hoffnung. Ja da war sich Lurco sicher. Dieser Mann hatte ein gutes Herz, aber er hatte jede Hoffnung verloren. Wer wusste, wie oft man Didius in den Staub getreten hatte? Wie oft er versucht hatte wieder aufzustehen, nur um erneut niedergemacht zu werden. Verachtet zu werden, für seine Mildtätigkeit, für seinen Kampf und für seine Tugenden? Hatte man ihn damit in die Arme der Christen getrieben? Ihn regelrecht in deren Mitte geprügelt? Und dann wunderte man sich, dass solche Männer dort Zuflucht suchten?


    Lurco betrachtete Didius. Er musste diesen Mann retten. Für Rom, für ihre Tugenden, für Didius. Scato war der Medicus, es war seine Pflicht allein schon für dessen Ansehen alles zu unternehmen um diesen Mann zu retten. Ein Geist, der jede Hoffnung verloren hatte und auf verlorenem Posten kämpfte stand vor ihm. Hatte er nicht ebenso den Krähen gegenüber gestanden? Für all jene die Gefallen waren? Didius hatte Feuer und das hatte ihn bis heute durchhalten lassen.


    "Du hast mir viel zum Nachdenken gegeben Didius. Du bist ein Mann der mit Feuereifer für seine Überzeugung kämpft. Dir liegt das Wohl der anderen am Herzen, dort wo andere wegschauen. Darf ich fragen, wie Du zu den Christen gefunden hast? Wie geschah es, dass Du Christ wurdest?", fragte Lurco und reichte dem Mann das zweite gefüllte Brot.

  • Ich nickte bestätigend als Lurco von der Station in der Subura erzählte. Genau so war es wie er sagte. Ich war davon überzeugt dass ich ihn retten konnte!

    "Dich und diese guten Männer, Purgitius Lurco, wir können sie retten! Du und ich, wir können ihnen den wahren Glauben bringen. Der Herr ist gütig zu all denen die ihre Sünden bereuen, den Götzen abschwören und sich in seine Obhut begeben. Du bist zu gut um im Fegefeuer zu verbrennen!"

    Ja, ich konnte ihn retten!

    "Ich war einst wie du. Unter den Augen Roms aufgewachsen mit dem täglichen Dienst an die Götzen. Ich bin sogar in ihren Dienst eingetreten und habe tagein tagaus Sünde begangen. Ich habe ignoriert was ich gesehen habe. Aber eines Tages vor ein paar Jahren sah ich auf dem Weg nach Hause Apóstolos aus Hierosolyma am Fuße des Aventin predigen. Gott habe ihn selig den guten Apóstolos!"

    Ich vermisste ihn. Lange Zeit war ich jede Woche zu seiner Predigt gegangen. Dann hatte ich ihn in die Casa Didia zur Predigt und zum Abendmahl eingeladen. Ich hatte so viel von ihm gelernt!

    "Ich hörte ihm zuerst eigentlich nur aus Langeweile zu. Und es war als würde ich meine Augen zum ersten Mal öffnen! Es war als hätte er mich einen Schritt zurückgestoßen. Auf einmal konnte ich das gesamte Mosaik sehen! Mit all seinen Details. Gott hatte mich zu ihm geführt und von da an gab es für mich kein zurück mehr. Selbst wenn ich meine Augen schloss konnte ich die Wahrheit nicht mehr verleugnen. Ich ließ mich taufen, ließ meine Sklaven frei und öffnete mein Haus für die christliche Gemeinde."

  • Lurco nickte beipflichtend.

    "Du hast die Verbrechen gesehen Didius, die Ignoranz, das fehlen jeder Moral und Du hast in Deinem alten Leben geschwiegen, genau wie ich es lange Zeit getan habe. So wie es ein Großteil aller Römer zu tun pflegt. Recht haben und Recht bekommen ist zweierlei Didius, aber Dir muss ich das nicht erklären. Wenn gute Menschen sterben, sollten sie gerächt werden. Weißt Du was geschah Didius, als gute Männer gefallen sind? Weißt Du, was befohlen wurde? Nichts. Gar nichts. Überhaupt nichts. Es hat niemanden interessiert. Jedenfalls zu Anfang nicht, da waren jene Männer einfach tot. Abgeschrieben wie Korn in einer Billanz.


    Natürlich ist sich jeder der Unseren der Gefahr bewusst, die der Beruf mit sich bringt. Aber das ein Leben so wenig wert ist, hätte ich nicht für möglich gehalten. Das waren nicht irgendwelche Leute Didius, dass waren Kollegen, es waren Kameraden, Freunde.


    Männer die tagtäglich für die Werte Roms eingestanden hatten.

    Aber wo war ihr Rom?


    Nicht alle waren der Meinung, dass es Recht wäre auf einen Befehl zu warten, der das anordnet, was wir als Gerechtigkeit bezeichnen Didius. Der Befehl kam nicht. Weder vom unmittelbaren Vorgesetzten, noch von jemand anderem. Es war, als hätte es diese Kollegen niemals gegeben. Und so betete ich Didius und meine Gebete wurden erhört. Möglicherweise nicht ganz so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Doch letztendlich hatte die Gerechtigkeit gesiegt.


    Ich glaube die meisten haben Angst genau hinzuschauen Didius, denn in genau jenem Moment, könnte auch jemand auf sie schauen. Die Leute verschließen die Augen, aus Angst. Weil sie es so gelernt haben. Und irgendwann Didius, ist die Angst Alltag geworden, genau wie das was sie sehen und aus Eigenschutz schon lange nicht mehr wahrnehmen.


    Manchmal denkt man, man hätte jemanden gefunden der all das versteht. Das war ein Irrglaube. Ebenso wenig hätte ich vermutet hier im Carcer jemanden zu treffen, der mit der gleichen Leidenschaft für seine Ziele kämpft wie ich. Du erinnerst mich an Leo, einen Löwen im Kollosseum. Auch jemand, der nicht hinter Gitter gehört, nur weil er für seine Rechte brüllt und einsteht.


    Apóstolos aus Hierosolyma lehrte Dich Deinen Glauben? Wie Du richtig sagst, um das ganze Bild zu sehen, muss man einen Schritt zurücktreten. Manchmal habe ich mich gefragt, wofür ich all dies mache. Wofür ich eigentlich kämpfe. Wofür ist irgendwie im Laufe der Zeit verloren gegangen, aber für wen.... das nie. Manchmal bin ich einfach müde Didius und ich glaube Dir erging es ganz ähnlich.


    So wie Du Deinen Gott beschreibst, so würde ich Mars beschreiben. Vielleicht geschah es nicht grundlos, dass ausgerechnet ich Dich befrage Didius.

    Eigentlich wollte ich Dich befragen und nun sprechen wir beide tiefer und unbefangener als ich es je für möglich gehalten hätte. Danke für Deine Ehrlichkeit Didius.


    Warum ist Euer Zeichen ein Fisch? Und ist es ein bestimmter Fisch? Das möchte ich gerne wissen. Allerdings kannst Du Dir mit der Antwort ein bisschen Zeit lassen. Du bist geschwächt und kannst Dich nicht wirklich auf die Fragen konzentrieren nicht wahr? Wenn wir die heutige Befragung beenden, werde ich wiederkommen müssen. Mit etwas mehr Brot und Poska. Damit Du zu Kräften kommst und antworten kannst. Es ist nicht viel, aber es ist alles was ich für Dich tun kann.


    Möchtest Du etwas bestimmtes wissen? Etwas dass ich Dir sagen kann und darf? Dann frage. Das Anrecht hast Du Dir redlich verdient. Oder möchtest Du einfach noch etwas sprechen? Hier unten ist es ziemlich einsam", antwortete Lurco und schaute sich um.


    Dieser Mann gehörte zu Mars, dessen war sich Lurco sicher. So wie er sprach, so wie kämpfte, selbst hier unten wo seine Lage aussichtsloser nicht sein konnte. Selbst hier ließ er von seiner Überzeugung nicht ab. Und das wovon Didius sprach, klang nicht nur nach Mars, es klang nach Ultor - dem Rächer. Jenem der die Angriffe auf die seinen mit Blut vergolten sehen wollte. Jener in dessen Namen er das Schwert geführt hatte und führte.


    Er wollte gut über die Worte von Didius nachdenken und er musste sie mit Scato besprechen. Einen weiteren Tag würde er Didius schenken, dass musste möglich sein. Einen Tag wo er satt war und sein Durst gestillt. Es schmerzte Lurco zu wissen, dass dieser Mann hier in Vergessenheit versinken würde. Es sei denn.... jemand ermittelte in diesem Fall und klärte auf, was geschehen war.


    Falls er den Fall aufklärte, dann würde Didius den Glauben an die Gerechtigkeit wiederfinden und damit den Glauben an das Rom, von dem er sich verraten fühlte. Darüber musste er mit Scato beratschlagen, er behielt in solchen Dingen einen kühlen Kopf.

  • Ich hatte Lurco die Augen geöffnet! Sein Herz war rein und gütig wie das aller Kinder des Herrn. Und nun suchte er seine Brüder und Schwestern. Gott würde ihn empfangen und aufnehmen in die Schar der Gesegneten. Er würde ihm den Weg weisen in den Schoß der Gemeinschaft. Ich musste ihm nur die Fußspuren zeigen.
    "Der Fisch, er steht für Gottes Sohn. Iesous. Er ist für uns alle gestorben. Es ist eine Abkürzung." Apóstolos hatte mir das mal erklärt. Ich bekam es aber nicht mehr zusammen. Es war auch nicht wirklich wichtig. Also woher das kam.


    "Er führt die Kinder Gottes zueinander." Ich beugte mich runter und zeichnete mit meinem Finger eine Hälfte vom Fisch in den Dreck des Carcerbodens. Das war nicht schwer. Hier lagen ziemlich viel Staub und kleine Steinchen.

    "Das male ich. Und dann kommst du und machst es fertig." Ich malte die zweite Hälfte. Fertig war der Fisch.

    "Jetzt weiß ich du bist ein Christ. Und du weißt ich bin ein Christ." Meine Augen leuchteten vor Begeisterung als ich mühsam wieder nach oben kam. "So kannst du sie finden, unsere Gemeinde."

    War das nicht ein schöner Trost? Ich würde für die Sache sterben. Aber Lurcos Seele wurde durch mich gerettet. Deswegen war ich hier. Hier unten im Carcer all die Tage. Und im Paradies würden wir uns wieder treffen!


    Ich hatte schon wieder vergessen was er noch gefragt hatte. Eine Seele zu retten war eben anstrengend. War es eigentlich schon Abend? Oder noch Morgen?

  • Lurco betrachtete die Zeichnung die Didius fertigte. Er hockte sich auf die andere Seite der Gefängnistür und schaute sich den Fisch an. Zuerst malte Didius die erste Hälfte und ergänzte dann die zweite. Lurco nickte, als Zeichen dass er verstanden hatte und malte mit dem eigenen Finger die zweite Hälfte nach. Einer gab der andere nahm, geben und nehmen war bereits das Zeichen des Fisches. Und ebenso hieß es, dass man großzügig sein sollte.


    "Das bedeutet der Fisch, er besteht aus zwei Hälften. Jede Person malt eine Hälfte, jeder gibt und jeder erhält etwas", flüsterte Lurco.


    Purgitius stand wieder auf und betrachtete den Gefangenen. Es war soviel Rechtschaffenes was Didius von seinem Glauben erzählte. Lurco musste mit Scato sprechen, es war eine Schande dass dieser Mann hier im Carcer verrottete. Er sollte nicht fragen, was dieser verbrochen hatte. Aber ohne die Frage, würde er nicht ermitteln können. Bestenfalls konnte er den Fall zugunsten Didius aufklären. Schlimmstenfalls erreichte er gar nichts.


    "Ich verstehe Didius, Danke für Deine Erläuterung. Sage mir weshalb Du hier einsitzt und wie lange schon. Alles was Du mir erzählt hast Didius, weißt darauf hin, dass Du ein ehrlicher, aufrichtiger und rechtschaffener Mann bist. Warum bist Du hier? Beantworte mir das bitte", bat Lurco.


    Er würde Didius kein Versprechen geben. Nichts war schlimmer, als falsche Hoffnung zu wecken, an die sich jemand klammerte. Nein er würde zusehen was er tun konnte. Würde nach Besten Wissen und Gewissen diesen Fall aufrollen und dann wenn Mars Didius hold war, würde er ihn freibekommen. Aber erst dann würde er sprechen. Vorher würde er diesem Mann nichts davon sagen. Gute Nachrichten überbringen, oder besser schweigen, dass war das Motto. Jedenfalls dann, wenn dies möglich war. Nicht immer war einem dieses Geschenk vergönnt.


    Morgen würde er wieder kommen mit frischem Proviant und hoffentlich Scatos Hintergrundwissen im Kopf. Dann konnte er weitersehen. Aufmunternd schaute Lurco Didius an.

  • Ich nickte bestätigend als Lurco den Fisch zeichnete. Er würde die Gemeinde finden. Da war ich mir sicher. Hoffentlich würde er sich rechtzeitig taufen lassen bevor der Zorn Gottes über die Ungläubigen kam!


    Dann fragte er warum ich hier war. Ich richtete mich gerade auf. Denn ich war längst nicht gebrochen. Ich war das Werkzeug des Herrn!
    "Ich bin hier um den Ungläubigen die Augen zu öffnen. Um die falschen Götzen und ihre Günstlinge zu entlarven! Der falsche Gottkaiser muss stürzen, denn es gibt keinen Gott neben dem wahren Herrn! Er muss büßen für seine Blasphemie! Ich bin das Werkzeug des Herrn! Wir haben den Tempel der falschen Götzen entweiht! Und was ist passiert?"

    Ich stierte Lurco an. "Was ist passiert, Purgitius Lurco? Liegt die Welt in Flammen? Ist Rom zerfallen? Wurde es von einem Erdbeben verschlungen? Sind alle Kinder gestorben? Was war der Zorn der Götzen?"
    Ich merkte es selbst nicht, aber ich wurde immer lauter. "Was war der Zorn der Götzen?! Hier stehe ich und spucke auf sie ohne dass es Folgen hat! Denn ich könnte genauso gut auf ein Hirngespinst spucken!"

  • "Didius, Du bist hier im Carcer, dass ist geschehen. Rom steht noch und die Tempel stehen ebenso noch. Wem nützt Deine Haft oder die Schändung eines Tempels? Bedenke welches Bild Du auf Dich und Deine Brüdern und Schwestern wirfst. Schau wenn jemand nicht Dich, sondern nur diese einzige Tat beurteilt, wirst Du sehr schlecht abschneiden. Aber nicht nur Du. Es wir nicht heißen Didius hat einen Tempel geschändet. Es wird einen Moment heißen, ein Christ hat den Tempel geschändet. Und Du weißt genauso gut wie ich, wie Menschen sind. Aus dem Christ, werden die Christen. Genau wie aus dem Urbaner, die Urbaner werden.


    Anstatt das zu sehen, was Du mir von Dir offenbart hast, Deine Leidenschaft, Deine Sorge, Deine Mühe und Deine Fürsorge für andere, werden sie nichts weiter sehen als diese eine Tat. Du magst damit etwas beweisen wollen, etwas das ihnen die Augen öffnet Didius. Das verstehe ich, aber wie vielen Menschen öffnest Du damit die Augen? Ist es nicht vielmehr so, dass Du ihnen die Augen verschließt, vor all dem Guten, was Du leistest und wozu Du zu leisten noch im Stande bist?


    Du schaffst ein Bild von Dir, das überhaupt nicht den Tatsachen entspricht. Menschen sind kurzsichtig und ihnen bleibt leider auch nur das Schlechte lange in Erinnerung. Die Erfahrung haben wir beide gemacht Didius. Wir beide standen für unsere Überzeugung ein, kämpften dafür und was haben wir geerntet? Schau Dich um. Undank ist der Weltenlohn Didius. Dennoch stehen wir hier, stehen für unsere Werte ein, weil wir Pflichtgefühl besitzen. Und wenn wir nur einen retten können. Wir erwarten nicht einmal Dankbarkeit oder? Ich denke Du so wenig wie ich.


    Deshalb lass es Dir von mir gesagt sein, wäge gut ab welche Schlachten Du schlagen musst. Nicht alles ist eine Reaktion wert. Vor allem dann nicht, wenn Du damit Dich selbst und Deine Brüder und Schwestern in Verruf und Gefahr bringst. Ich weiß wovon ich spreche. Du weißt es ebenso. Du hättest keine Soldaten in die Subura geschickt, sondern jene die statt mit dem Schwert mit Brot kommen. Aber Du bist selbst mit dem Schwert ausgerückt Didius.


    Vielleicht hat Dich die Verzweiflung und Wut getrieben, wie mich einst. Aber beide sind schlechte Ratgeber. Ich weiß wen ich hier vor mir sehe Didius, ich möchte nicht dass Du im Carcer verrottest", antwortete Lurco sanft.

  • "Ja!" Ich nickte wild. "Ich bin im Carcer und nichts sonst ist geschehen! Rom steht noch und die Tempel auch! Keine Götterzorn ist auf die Erde hinabgefahren! Und warum?! Weil es Roms Götter nicht gibt! Weil sie nur ein Instrument der Mächtigen sind! Weil der Herr keine Götzen neben sich duldet! Unsere Tat beweist die Augenwischerei und wird vielen Menschen die Augen öffnen! Das Reich des Herrn ist nicht aufzuhalten! Das Reich Gottes wird kommen wie sein Zorn! Er wird über die Ungläubigen hinwegfegen und nur Gottes Kinder einlassen ins Paradies! Hier mag ich im Carcer enden aber vor Gottes Pforte werden meine Sünden vergeben und meine Tat gefeiert! Die Armen werden gesegnet sein, die Vergessenen werden gefeiert werden!"
    Ich hatte mich wieder in Rage geredet. "Roms Götter, ich spucke auf euch, denn meine Spucke habt ihr mir nicht nehmen können!" Ich spuckte auf den Boden neben mir. "Mögt ihr mitsamt eurem Kaiser verrotteten! Ich habe keine Angst vor euch! Denn Gottes Zorn ist der einzig wahre Zorn und Gottes Zorn müssen seine Kinder nicht fürchten!" Ich drohte mit der Faust in Richtung Himmel. Zumindest dahin, wo ich den Himmel vermutete. Irgendwo da draußen musste er ja noch sein. Lurco hatte ich schon fast vergessen. Ich war zu lange hier unten gewesen und hatte mit den Göttern gezürnt und mit Gott gesprochen.

  • "Genau darum geht es Didius, Du sollst nicht im Carcer enden. Du kannst Recht haben, vielleicht ist es ein Zeichen dafür, dass alles noch steht, dass die Götter nicht eingegriffen haben.


    Aber was wäre, wenn der Umkehrschluss gilt? Vielleicht haben die Götter damit gar nichts zu tun, sondern Dein Gott. Möglicherweise hielt er die Hand schützend über Rom, weil eines seiner Kinder in den Carcer geriet. Weil Du hier unten festsitzt, damit Du eben nicht im Carcer umkommst. Sagtest Du nicht, er ist ein Vater? Welcher Vater würde zulassen, dass eines seiner Kinder unter Tonnen von Gestein begraben wird, um anderen die Augen zu öffnen?


    Bist Du tot Didius, ist Dein Werk beendet. Du kannst nichts mehr in der Welt bewirken, weder für Deine Brüder und Schwestern, noch für Menschen die nur darauf warten von Dir erweckt zu werden. Jene die Deine Hilfe benötigen Didius und es heute nicht einmal wissen. Von denen Du heute nicht einmal weißt, aber es Deine Aufgabe ist die Dir Dein Vater anvertraute.


    Du bist ein Mann der sogar hier und jetzt noch kämpft. Lass Deinen Kampf nicht umsonst gewesen sein. Was nützt es Dir den Kaiser und die anderen mit Hass zu betrachten und auf sie zu spucken, wenn Dein Vater ihnen doch sowieso die gerechte Strafe zukommen lassen wird? Ist dem so, dann habe Vertrauen in Deinen Vater. Ist es Deine Aufgabe sie zu richten? Oder ist es Deine Aufgabe anderen zu helfen?


    Eine Frage die nicht leicht zu beantworten ist Didius und manchmal ist es sehr schwer, sich von Rachegedanken zu lösen. Ich weiß wovon ich spreche. Deshalb versuche Dich im eigenen Interesse zu beruhigen. Du hast noch eine Aufgabe vor Dir und der Weg sollte nicht mit Tod und Verdammnis gepflastert sein, sondern mit dem wofür Du eigentlich einstehst.


    Erinnere Dich an Deine Werte, auch wenn Dich andere dafür verspotten. All jene die über Dich richten und selbst nie einen Handschlag für andere getan haben. All jene die meinen Dein Leben und Dein Wirken beurteilen zu können, aber keinen einzigen Tag, nicht mal einen Augenblick in Deinen Sandalen laufen mussten. Versuche mit leichtem Gepäck die Reise des Lebens anzutreten und Groll hinter Dir zu lassen. Ich weiß das ist leicht gesagt und für mich selbst die größte Bürde. Aber damit stehen wir uns nur selbst im Weg Didius. Und noch etwas. Diese Menschen sind unsere Aufmerksamkeit gar nicht wert, sie werden nicht verrotten, denn sie sind es innerlich schon. Leere Hüllen, die nichts in sich tragen als Hass und Undank.


    Wir kämpfen für jene die selbst nicht für sich kämpfen können, jene die Rettung verdienen. Und vielleicht ist einer unter ihnen Didius, der sich ein Beispiel an unserem Handeln nimmt und sich ebenfalls der Aufgabe annimmt für das Gute und Werte einzustehen, die das Leben lebenswert machen. Aber bis dahin, musst Du durchhalten und darfst Dich nicht von anderen provozieren lassen. Glaube mir, ich weiß wovon ich spreche. Manchmal ist es besser zu schweigen, gerade im Beisein von Personen die niemals verstehen werden. Versprich mir das Didius", bat Lurco leise.

  • Sim-Off:

    Sorry, hat ein bissl länger gedauert (hier sollte ein "Zerknirscht" -Similey stehen...)

    Lurcos Logik konnte ich nicht mehr folgen. Gott brauchte seine schützende Hand nicht über mich im Carcer zu legen. Denn ich würde bald in sein Paradies einziehen. Und was sollte ich noch in der Welt bewirken? Das Ende stand bevor. Es würde bald keine Welt mehr geben. Aber ich war zu müde um das nochmal zu erklären. Der Tag war lange gewesen. Oder? Vielleicht war er auch kurz. Hier gab es keine Tage.


    Leichtes Gepäck. Ja, ich hatte leichtes Gepäck auf meiner Reise. Vor der gewissen Nacht hatte ich mein Gewissen gereinigt. Nun war ich leicht und unbeschwert. Ich hatte mein Werk getan.


    "Wenn es besser ist zu schweigen, werde ich schweigen. Denn Gottes Wort braucht keine Stimme. Gottes Wort tönt auch in der Stille." Ich weiß nicht genau was ich damit sagen wollte. Aber so war es. Und so war es gut.

  • Lurco nickte erleichtert, als Didius versprach nicht zu sprechen. Die Wahrheit brauchte keine Stimme, sie sprach für sich und durch Taten. Dieser Mann, Didius, war ein Kind Roms. Er hatte sich verlaufen und anstatt ihn wie ein Kind das man allein in der Dunkelheit gefunden hatte, bei der Hand zu nehmen, hatte man auf ihn eingeschlagen. Ihn verhöhnt, verspottet, seine Mildtätigkeit als Schwäche abgetan und letztendlich war er hier im Carcer gelandet. Wäre all das auch geschehen, wenn sich nur ein einziger der Spötter ein Herz genommen und diesem Mann zugehört hätte?


    Taten sie es mit ihren eigenen Kindern gleich? Wurden sie zurück auf den Weg geprügelt, anstatt sie bei der Hand zu nehmen und zu führen? Wie selbst würden jene Personen reagieren, sollte man ihnen das Gleiche angedeihen lassen? Und wofür standen die Cohortes Urbanae ein? Für ein Rom, dass es zu verteidigen wert war und für jene die sich selbst nicht beschützen konnten. Dafür trugen sie innerhalb dieser Mauern Waffen.


    Didius war systematisch in die Arme eines anderen Glaubens getrieben worden. Wo es keinen Weg mehr zurückgab, blieb einem nur noch der Weg nach vorne. Selbst wenn dort der Abgrund lauerte. Aber noch lebte dieser Mann und noch war nicht alles verloren. Vielleicht war es ihm möglich Didius zu retten und zurück in ihre Gesellschaft zu führen. Didius wagte es, von einem besseren Rom zu träumen. Doch tot würde er diesen Traum nicht umsetzen können. Und dort draußen warteten sicher noch zig Menschen, die jemanden wie Didius dringend nötig hatten. Jenen Didius, der für seine Güte bestraft worden war.


    Auch wenn sich die Christen diese Werte gerne auf ihre Fahne schrieben, christliche Werte waren es nicht. Es waren römische Werte, nur leider hatte sie ein Großteil der Römer vergessen. Didius erinnerte sich an die Werte, er musste nur wieder lernen woher sie ursprünglich stammten.


    Lurco betrachtete ein letztes Mal den Mann vor sich und betete zu Mars, dass dieser Didius beistehen würde.


    "So ist es Didius. Manche Kämpfe werden still geführt. Das Wort ist die einzige Waffe. Jene Worte, die man nicht ausspricht. Es war mir eine Freude mit Dir zu sprechen. Ich werde zurückkehren Didius, auf bald", sagte Lurco freundlich und versuchte aufmunternd zu klingen. Es gelang ihm nicht. Mit einem letzten Nicken als Abschiedsgruß ließ Lurco die Zelle und Didius hinter sich. Vor ihm lagen einige Ermittlungen.




    Sim-Off:

    Alles gut :) war ein interesantes und angenehmes Verhör, Dankeschön :)

  • von hier kommend:

    <<< RE: CU - Stabsbesprechungen



    Kaum hatte er Didius im Carcer verlassen, kehrte er auch schon wieder mit Papyrus und Schreibmaterialien zurück. Den Proviant hielt Lurco kurz hoch, damit Didius ihn sah.


    "Salve Didius, erneut muss ich Dich befragen, ich hoffe Du stehst mir noch einmal bei. Ich benötige von Dir eine Zeichnung des Fisches. Bitte sei so gut und zeichne einen christlichen Fisch auf ein Blatt Papyrus. Ferner muss ich Dich fragen, ob Du einen Anhänger besitzt, der einen Fisch symbolisiert. Ich hatte versprochen zurück zu kehren, allerdings dachte ich, mir bliebe etwas mehr Zeit. An Deinen Proviant habe ich gedacht.


    Würdest Du meiner Bitte nachkommen?", fragte Lurco freundlich.

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