Nun, als Vigintivir ist er gewählter Magistrat Roms und somit dem Senat Rechenschaft schuldig. Auch wenn er nicht von strafrechtlicher Verfolgung befreit ist, würde jeder Praetor ihn zuerst dem Senat überstellen, um dort Rechenschaft über seine Amtsführung ablegen zu müssen, ausser sein Vergehen ist derart, dass es keine andere Wahl gibt als ihn direkt schuldig zu sprechen. Ich bin mir aber auf Grund dieses Briefes ziemlich sicher, dass ein solches Vergehen noch nicht vorliegt. Daher teile ich deine Bedenken nicht ganz. Aber auch mir wäre es sehr wichtig, dass die Karriere des Aemilius Secundus nicht durch so etwas gestoppt wird. Im Senat könnte ich meinen Einfluss geltend machen, doch noch besser wäre es natürlich, es käme gar nicht so weit.
~ Salutatio LuAnFlo ~ Wer an der Salutation teilnimmt, muss nicht zuerst an der Porta anstehen. Die Porta ist bei der Salutatio offen, aber durch Ursus bewacht!
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"Nun, ich hoffe einfach, dass du die Lage richtig einschätzt. Ich werde mein Möglichstes tun, um seine Karriere zu schützen. Allerdings werde ich nicht wider besseren Wissens meinen Mandanten schlecht verteidigen oder absichtlich in die Irre führen, nur um Aemilius einen Sieg zu schenken."
Das wäre eine rote Linie für mich, die ich niemals überschreiten könnte. Doch war ich mir sicher, dass mein Patron mich entsprechend einschätzte.
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Ich war schockiert, dass mein Klient eventuell von mir denken könnte, dass ich so etwas von ihm verlangen könnte.
So etwas würde ich niemals von dir verlangen und schon gar nicht während meiner Amtszeit als Praetor, wo ich in Sachen Recht auch ein Vorbild sein muss. Aus diesem Grund werde ich auch nicht anwesend sein bei der Verhandlung, aber mein Scriba Praetorius wird selbstverständlich seine Aussage machen.
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Es tat mir leid, dass ich meinen Patron erkennbar schockiert hatte.
"Dann hatte ich dich richtig eingeschätzt. Verzeih, dass ich meinen Restzweifel an dir so ausgeräumt habe. In letzter Zeit habe ich nur leider ein paar Zweifel an meiner Menschenkenntnis. Aber sie scheint langsam zurückzukehren."
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Gewisse Gerüchte hatten mich erreicht, was den Kauf einer Sklavin anging, aber grundsätzlich waren die Menschenkenntnisse meiner Klienten nicht mein Problem.
Dann belassen wir es am besten dabei. Gibt es sonst noch etwas, das du mit mir besprechen möchtest, oder wäre es angebracht, dich auf den Weg zum Gericht zu machen?
Ich wollte Iunius Tacitus auf keinen Fall rauswerfen, aber er sollte auch nicht wegen mir zu spät im Gericht sein. -
"Momentan gibt es von meiner Seite nichts weiter. Ich danke dir für deine Zeit, Patrone."
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Somit war diese Salutatio erledigt und ich hoffte, dass sich alles in unserem Sinne entwickeln würde.
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Am nächsten Tag erschien ich wieder zur Salutatio. Den Prozess hatte nach meiner Auffassung nicht ich gewonnen, sondern Aemilius Secundus verloren. Natürlich konnte ich meine juristische Expertise zeigen, doch ging das Urteil über das hinaus, was ich zu erreichen gesucht hatte. So stand ich in der Schlange der Klienten, wenn auch recht weit vorne, und wartete, bis ich aufgerufen wurde.
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Schon bald kam die Reihe an meinen in der Zwischenzeit "besten" Klienten.
Guten Morgen, Aulus Iunius Tacitus. Wie lief es vor dem Praetor Peregrinus?
Natürlich wusste ich das bereits, doch die Höflichkeit gebot es, zu fragen. -
Mir war natürlich klar, dass die Praetoren miteinander reden würden und mein Patron auch andere Quellen hatte. Doch erfreute mich die Höflichkeit der Nachfrage und letztlich war, neben eigener Höflichkeit, auch diese eher spezielle Verhandlung ein Grund für den heutigen Besuch.
"Nun, man könnte sagen, dass ich den Fall für meinen Mandanten gewonnen habe."
Ich hob meinen Zeigefinger, wie ich es mir am Museion angewöhnt hatte, wenn ich eine eigene Aussage dozierend korrigierte.
"Doch wenn man es realistisch betrachtet, so habe nicht ich gewonnen, sondern Aemilius Secundus hat verloren. Anders ausgedrückt: Er hat sich in eine Situation gebracht, in der er nicht mehr gewinnen konnte. Und ich schwöre bei Minerva und Iustitia, dass ich ihn weder dorthin gedrängt noch in irgend einer Form dazu provoziert habe. Vielmehr versuchte ich noch, ihm eine Brücke zu bauen... naja, vielleicht eher ein Rettungsseil zuzuwerfen. Doch es war vergebens. Und so gab es nicht nur einen Freispruch meines Mandanten, sondern auch noch Schadensersatz."
Ich zuckte mit den Schultern.
"Nicht, dass ich mich hier beschweren möchte, doch das Urteil hatte mich überrascht. Noch mehr allerdings hat mich die völlige Unkenntnis der Gesetze seitens des Viginitivirs Aemilius Secundus überrascht. Zumal ich mir nicht vorstellen kann, dass ein Patrizier keine entsprechende Bildung erhält."
Eigentlich wollte ich das erst später erwähnen, doch ließ es mir keine Ruhe. Der Vigintivir war ein Klient meines Patrons und ich musste Schaden von meinem Patron abwenden, auch wenn der Schaden durch einen anderen Klienten zu entstehen drohte.
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Die Aussagen meines persönlichen "Hofjuristen" erstaunten mich nicht. Es ging mir einigermassen ähnlich, als ich erfuhr, wie sich mein anderer Klient in dieser Anhörung verhalten hatte.
Ja, da stimme ich dir ganz zu und meine Informationen decken sich mit dem, was du mir soeben berichtest. Es erscheint mir ganz so, als wäre der junge Aemilius mehr in den altmodischen patrizischen Vorurteilen verankert, als in den aktuellen Gesetzen. Das könnte in der Tat zu einem Problem werden.
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"Ich würde sagen, dass 'Problem' eine recht nette Beschreibung ist. Realistisch gesehen könnte es ihn ins Verderben reißen. Das Urteil des Praetor Peregrinus war meines Erachtens eine ernstzunehmende Warnung. Ob Aemilius diese verstanden hat, vermag ich aber nicht zu sagen. Vielleicht kannst du auf ihn einwirken? Er ist noch jung, vielleicht bedarf es nur ein wenig der Führung."
Grob vermutet, war der Aemilier in etwa in meinem Alter. Das musste aber nichts bedeuten. Vielleicht wurde meine Persönlichkeit anders geformt. Immerhin hatten mir weder mein Vater noch meine Lehrer am Museion jemals einen Fehltritt durchgehen lassen. Das war bei AEmilius womöglich anders verlaufen.
"Natürlich müsste man auch in Betracht ziehen, dass es einfach seine Natur ist, sich über Gesetze und Regeln hinweg zu setzen. Dann dürfte es schwer werden, ihn noch in die richtige Richtung zu formen. Ehrlicherweise muss ich aber auch sagen, dass ich mein diesbezügliches Wissen nur aus Büchern habe und mich irren kann."
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Ich musste fast ein wenig lächeln ob der Sorge, die ich glaubte in den Worten meines lieben Klienten zu vernehmen.
Du hast Recht. Ich weiss zufällig, dass Aemilius in den nächsten Tagen eine Audienz beim Kaiser haben wird. Danach werde ich ihn zu einem privaten Gespräch einladen. Vielleicht erhalte ich dann etwas mehr Aufschluss über seine Beweggründe. Falls nicht, so kann ich ihn noch immer aus meinem Klientel entlassen, bevor es zu weiterem Schaden kommt, doch das möchte ich wo immer möglich vermeiden.
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"Ich hoffe, dass das nicht nötig sein wird."
Das war von mir ernst gemeint. Immerhin wurden Klienten nicht leichtfertig entlassen.
"Wenn du gestattest, würde ich gerne das Thema wechseln. Ich denke nämlich gerade über ein neues Buch nach, welches ich zu verfassen gedenke und würde gerne deine Meinung dazu hören. Und dich vielleicht auch als Korrekturleser oder Mitautor gewinnen wollen."
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Natürlich, lass uns das Thema wechseln!
Ein neues Buch? Worüber wohl?Ein neues Buch? Worüber möchtest du denn schreiben, dass du mich dafür benötigst?
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"Nun, ich habe mir gedacht, dass ich wieder ein wenig zu meinen Wurzeln als Philosoph zurückkehren sollte. Deshalb möchte ich über den gerechten Staat und seine Gesetze schreiben. Als grobe Vorstellung schwebt mir vor, zunächst die Res Publica in ihrer idealtypischen klassischen Form zu beschreiben und anschließend darzulegen, wie sie zwar für einen kleineren Staat noch ideal und gerecht war, jedoch mit dem Wachstum des Imperiums ineffizient und dadurch ungerecht wurde. Im nächsten Schritt würde ich dann darlegen wollen, wie die Institution des Princeps Civitatis die Fehler der Res Publica korrigiert und den gerechten Staat wiederherstellt. Natürlich alles aus idealtypischer Sicht betrachtet. Im dritten Teil will ich zeigen, dass ein gerechter Staat automatisch gerechte Gesetze hervorbringt. Das beinhaltet auch die simple Tatsache, dass Gesetze zu einem Staat passen müssen. Darauf basierend will ich unser Rechtssystem aus theoretischer Sicht beleuchten. Am Ende könnte man dann die praktische Verwirklichung betrachten."
Nach dieser Darlegung meiner Pläne wollte ich spezifizieren, wie mein Patron dort hinein passte.
"Dich würde ich sehr gerne zum Korrektur lesen gewinnen. Deine Meinung ist wohldurchdacht und bisher habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Diskussion mit dir meine Werke verbessert. Noch besser wäre es natürlich, wenn du zumindest im letzten Teil als Mitautor wirken könntest. Du kennst die praktische Verwirklichung der Gesetze als Praetor. Zugleich kennst du den Staat aus der Sicht eines Senators. Dieses Wissen kann ich nicht mitbringen, doch würde es sicher das Werk bereichern. Was meinst du?"
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Ich konnte diesen Überlegungen durchaus viel abgewinnen. Mein Klient würde davon sicherlich profitieren und mein Name würde damit verknüpft sein.
Ich denke, das hört sich äusserst interessant an. Ich bin gerne bereit, dir zu helfen, wenn ich kann. Lass mich einfach zeitig genug darüber wissen, damit ich dich dann nicht auf Grund meiner Arbeitsbelastung enttäuschen muss.
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Ich lächelte.
"Zeit spielt, denke ich, keine Rolle. Ich werde auch recht viel Zeit benötigen. Vielleicht schreibe ich auch Teile davon in Germania Superior. Wenn ich endlich die Zeit dazu finde, dorthin zu reisen. Irgendwie kommen mir doch immer wieder interessante Fälle dazwischen."
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Ich lächelte, denn es ging mir ja eigentlich genau gleich.
Ja, wir Menschen wissen nie, welchen Plan die Götter für uns haben. Wir denken oft, wir könnten selbst bestimmen, nur um dann zu merken, dass es doch nicht so geht wie wir dachten. Ich konnte jetzt übrigens endlich unser Gesetz in den Senat einbringen. Die erste Diskussion war beruhigend, aber die Sitzung wurde nun vertagt und ich bin gespannt, was die anderen Senatoren noch für Einwände finden werden.
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"Naja, an und für sich war es dein Gesetz, Patrone. Ich hatte es nur in einen ersten Entwurf gegossen. Die Idee ist deine. Es würde mich allerdings freuen, wenn ich einen bescheidenen Beitrag zu einem erfolgreich eingeführten Gesetz geleistet haben würde."
Und natürlich würde ich einen Kommentar verfassen, der so nur von jemandem geschrieben werden konnte, der die Diskussionen, die zum fertigen Entwurf führten, selbst geführt hatte. So würde ich mir Stück für Stück einen Namen als Jurist machen.
"Wenn ich wetten wollte, würde ich vermuten, dass 'War aber immer so' auf jeden Fall von irgend einem Senator als Einwand kommen wird. Abgesehen davon halte ich eventuell noch Einwände bezüglich der Strafen für möglich."
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