[Subura] Bas zur Untermiete

  • „Den Göttern sei Dank, ein Arzt!“ Für den Moment überwog bei der Tante die Freude vor der Sorge. „Gleich morgen bekommt ihr ein Opfer.“ Die Tante huldigte nicht den römischen Göttern, denn sie stammte aus einer anderen Provinz, aber hier in Rom mussten es wohl die römischen Götter sein, die den Arzt vorbeischickten.

    Es dunkelte mittlerweile, aber die noch immer lodernden Flammen warfen ihr Licht bis zu jenem Ablageort, wo Milon und Bas lagen.

    Während Bas im Geiste über eine Blütenwiese schritt, kämpfte sein Körper ums überleben. In ungewohnt langen Abständen schnappte er nach Luft. Zwischen den Atemzügen stand sein Brustkorb still. Diese Notversorgung konnte sowohl in einen Atemstillstand als auch in eine regelmäßige Atmung münden.

  • Oha. Nicht gut. Die Schnappatmung war ein Symptom, was von Laien oft unterschätzt wurde, da man davon ausging, dass der Betroffene ja noch atmete. In Wahrheit war dies in Kombination mit der Bewusstlosigkeit ein lebensbedrohlicher Zustand, ein akutes Alarmsignal!


    Scato beobachtete diesen Prozess nur wenige Sekunden, gerade ausreichend, um die Schnappatmung als solche zu identifizieren, dann griff er rasch ans Handgelenk des Mannes, um den Herzschlag zu überprüfen. Bei der Ausbildung hatte er angemerkt, dass es in Stresssituationen doch schwierig sei, diese blöde Ader auf diese umständliche Weise zu finden, doch letztlich hätte er den Puls genauso gut an den Halsschlagadern oder direkt auf der Brust fühlen können, hatte ihm Sextus erklärt - es wäre alles richtig. Entscheidend war, dass man es tat. Nach endlosen Übungseinheiten griff Scato nun jedoch automatisch nach dem Handgelenk, drückte Zeigefinger und Mittelfinger unterhalb des Daumens in die Haut und hoffte, das sanfte Pochen eines schlagenden Herzens unter seinen Fingerkuppen zu fühlen.


    Er gab derweil Kyriakos ein Zeichen, sich um den anderen Mann zu kümmern. Schwierig wurde es, wenn der andere Mann ebenso Luftnot hatte, doch auch das würde Scato hinbekommen. Es würde dann eben etwas anstrengender sein.


    "Vorhin schien er noch zu atmen, überprüf mal, ob das immer noch so ist! Wenn er atmet, dreh ihn auf die Seite und überstreck seinen Hals, falls er kotzen muss. Atmet er nicht, leg ihn parallel zu dem hier auf den Rücken, mit einer Armlänge Abstand."


    Zu sprechen war in Ordnung - er ermittelte den Puls ja nicht akustisch.

  • Wenn der Patient atmete, schlug das Herz normalerweise. Deswegen erübrigte es sich in der Regel, den Puls zu kontrollieren, so lange Atemzüge zu verzeichnen waren. Da es sich hier jedoch nicht um eine normale Atmung, sondern um eine Schnappatmung handelte, die eine lebensbedrohliche Situation anzeigte, konnte diese durchaus ein Hinweis auf einen Herzstillstand sein. Scato drückte die Finger noch etwas tiefer in das Handgelenk, die Aufmerksamkeit auf seine Fingerkuppen gelenkt, behielt jedoch auch den anderen Patienten im Auge.

  • Sein Herz schlug schwach, denn es erhielt zu wenig Sauerstoff. Alle lebensnotwendigen Organe waren unterversorgt, aber noch kreiste etwas Blut, dessen Strom aber immer schwächer wurde in dem Maß, wie das Herz seinen Dienst langsam einzustellen gedachte.


    Während der Körper um das Weiterleben rang, flog die Seele in Freiheit. Sie schwebte über einen mit Farnen gesäumten Bach, bog auf ein nahe liegendes Kornfeld ab und verweilte kurz bei einer gebärenden Capriolo. Als das Kitz am Boden lag, erhob sie sich in die Lüfte und schwebte mit einem Milan.

    Plötzlich holperte der Flug. Der Milan hatte etwas ausgelöst, was die Seele nicht sofort verstand.

  • Es wurde Zeit. Die Kontrolle hatte nur wenige Sekunden in Anspruch genommen, doch um Zeit ging es so einem Fall. Scato zögerte also nicht, beugte sich über den Mann, stützte sich mit gestreckten Armen auf die Mitte der Brust, beide Hände übereinander, und begann mit der Reanimation.


    Dreißig mal drückte er in rascher Folge mit einem Teil seines Körpergewichts den Brustkorb ein, nicht ein bisschen, sondern ordentlich, so dass man deutlich sah, wie der gesamte Brustkorb gequetscht wurde, um das darunter liegende Herz zusammenzupressen und das Blut künstlich ein Stück weiterzupumpen. Wenn Rippen brachen, war das schnurz. Gesunde Rippen nützten einem Toten auch nichts. Scato pumpte also, was das Zeug hielt. Zwischen jeder Kompression entlastete er kurz den Brustkorb vollständig, ehe er ihn wieder zusammenpresste. Als Merkhilfe für das Tempo hatte er sich "Links, zwo, drei, vier" eingeprägt - ihr Marschtempo. Jeder einzelne Schritt, markierte eine Kompression, denn diese mussten in ziemlich schneller Folge kommen.*


    Dann bog den Kopf des Mannes nach hinten, indem er das Kinn überstreckte, so dass der Hals lang und die Atemwege offen war war, hielt ihm die Nase zu, drückte ihm zwei Atemzüge von seiner eigenen Atemluft tief durch den Mund, bis der Brustkorb sich deutlich hob. Dann wartete er kurz mit dem Ohr über dem Mund und dem Gesicht in Richtung Brustkorb gedreht, ob er wieder von allein atmen würde, dann pumpte er weiter, erneut dreißig Mal, ehe er zwei Mal beatmete und danach kurz kontrollierte, ob der Kreislauf sich wieder gefangen hatte.


    Wenn man sich im Stress diese Zahlen nicht merken konnte, genügte es zu wissen, dass man "oft" das Herz zusammenpressen musste und dazwischen nur "selten" beatmen. Auch andere Intervalle waren machbar, entscheidend war, dass man überhaupt reanimierte! Fehler war hier nahezu gleichgültig - selbst eine falsche Reanimation hatte deutlich mehr Nutzen als Schaden, besonders, wenn der Mensch, wie hier, ohnehin bereits an der Schwelle des Todes stand. Welcher Fehler sollte fataler sein, als wegzusehen und ihn seinem Schicksal zu überantworten?


    Das Einzige, was man falsch machen kann, ist nichts zu tun.**


    Und so rackerte Scato sich ab. Schon nach kurzer Zeit lief ihm der Schweiß aus den Haaren und den Rücken hinab. Eine Herz-Lungen-Wiederbelebung war körperlich sehr anstrengend, doch Scato hatte den Vorteil, gut trainiert zu sein und konnte eine ganze Weile durchhalten. Wenn es gar nicht mehr ging, würde er irgendwen dazu bringen, ihm zu helfen.


    Sim-Off:

    * Man kann im Kopf auch Lieder mit etwa 100 bpm (Beats pro Minute) singen - dann kommt man genau auf die erforderlichen 100 Kompressionen je Minute - zum Beispiel ‚Stayin Alive‘ von den Bee Gees.

    Sim-Off:

    **Empfehlenswerte kostenlose Lektüre für Ersthelfer: Reanimation 2021 - Leitlinien Kompakt, E-Book vom Deutschen Rat für Wiederbelebung und Erste Hilfe - Alle wichtigen Schritte und Maßnahmen verständlich zusammengefasst vom Arbeiter-Samariter-Bund.

    Sim-Off:

    Darüber, wie man zu Zeiten des IR bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand reanimierte (und ob), habe ich nichts gefunden und daher die modernen Leitlinien befolgt.

  • Verzweifelt versuche die Seele an diesem friedlichen Ort zu bleiben und entsprechend wild flatterte sie gleich einem verwundeten Raubvogel. Sie wollte nicht auf die Erde sinken, wo Dunkelheit, Elend und Qualm dominierten. Hier schien die Sonne, es gab Essen und ein unbeschwertes Leben.

    Wieder riss etwas an ihr und sie stürzte um mehrere Meter hinab. Kurz hielt sie sich schwebend, aber dann war der Sturzflug nicht mehr aufzuhalten. Sie prallte zu Boden und nahm wieder den beißenden Rauch wahr, der sie umhüllt hatte, als sie vor kurzem davonschwebte.

    Bas stöhnte, weil ihm die Schleimhäute brannten, er verzweifelt nach Luft rang und etwas ihm permanent den Brustkorb durchwalkte.

  • Schwarz war es, tiefe Schwärze umschloss mich. Ich hatte es versucht immer und immer wieder hatte ich versucht von ihr davon zu laufen. Es half nichts, sie nahm keine Ende. Bald konnte ich nicht mehr, wurde langsamer, glitt hinunter auf meine Knien und und kroch weiter.
    Voller Panik schaute ich mich um und da sah ich es, es war ein winziger heller Punkt. Es war als ob dieser mir zu winken würde. Schnell schaute ich weg, doch dann spürte ich, wie ich weg rutschte.
    Ganz leicht abwärts. Nein ich wollte nicht, ich kroch weiter vorwärts, aufwärts. Nicht runter, rauf wollte ich. Da fiel es mir ein. Ich war doch unterwegs um Bas von meiner Idee zu erzählen.

    Nein ich kann nicht, ich will doch Bas etwas sagen. Bas wo bist du? Hörst du mich? Ich muss dir etwas sagen. Wir gehen? Ja zu was gehen wir?
    Bas hilf mir, ich rutsche runter. Ich kann nicht mehr, es ist so schwer, ich kann nicht mehr atmen. Kannst du mir Luft besorgen, denn ich kann es nicht. Es brennt so entsetzlich und ich rutsche zu diesem Licht.

  • Als Bas stöhnte, jubelte die Tante. Er zeigte wieder Leben und das allein zählte. Natürlich ging es ihm schlecht, trotzdem hob die Tante die Hände zum verqualmten Nachthimmel.

    „Ich danke all den guten Göttern in diesem Reich und dem nächsten. Bitte helft jetzt auch noch Milon!“

    Sie sah zum Arzt und drücke als Zeichen des Dankes beide Hände aneinander. Dann beugte sie sich über Milon und strich über dessen Stirn. „Bitte wach auf!“

  • Man sagte, die Griechen seien die besten Ärzte. Fast jeder Arzt des Imperiums stammte aus Griechenland. Doch Kyriakos war der Heilkunst nicht mächtig. Er hatte die gegenteilige Kunst erlernt: Die Kunst, den menschlichen Organismus zu zerstören, seine Funktionen zu vernichten. Kyriakos wusste, wie man tötete. Den römischen Medicus beobachtete er halb bewundernd, halb voll Misstrauen, als er von seinem eigenen Atem gab und das Herz anpumpte, als sei dieser Mann nur ein Blasebalg aus Muskelfleisch. Doch am Ende - atmete der Patient zu Kyriakos´ größter Überraschung wieder. Die eigenwillige Behandlung hatte gefruchtet.


    Der zweite Patient? Man würde sehen ...

  • Die Einsatztruppe der Vigiles konnte bislang trotz Verstärkung das Feuer nicht eindämmen, das im Obergeschoss von Insula zu Insula sprang. Die Bewohner konnten trotz bereitstehender Eimer dem Inferno kaum etwas entgegensetzen und flüchteten schließlich aus ihren Häusern. Das Baumaterial der angrenzenden Gebäude bestand im Obergeschoss ebenfalls aus Holz, sodass die Einsatzmannschaft einen folgenschweren Entschluss fasste.


    Während die Verletzten versorgt und einige Verstorbene betrauert wurden, erschütterte ein lautes Bersten die Umgebung, dem eine Lawine an rumpelnden Steinen folgte. Mauerteile stürzten zu Boden, dort wo sie von Steingeschossen aus dem Verbund gerissen wurden. Staubwolken breiteten sich wie Lavastrom aus und zogen durch die angrenzenden Straßen ab. Weitere Geschütze wurden abgefeuert, bis eine Schneise zwischen den Häusern entstand, die von der Feuerbrunst nicht übersprungen werden konnte.

  • Er war nicht zu hören, dennoch wusste ich er war da. Ich spürte es einfach, Bas war da. Warum aber half er mir nicht? Verflucht noch mal alles muss man selber machen. Langsam wurde ich sauer, so richtig aber auch.

    Meine Arme drückte ich durch, jetzt brauchte ich nur noch etwas um mich daran hoch zu ziehen. Doch es war immer noch schwarz und deshalb war nichts zu erkennen. Luft ich brauchte einfach nur Luft. Kann denn niemand mich aufrichten damit ich endlich Luft bekomme?

    Es kam aber niemand. Mit aller Kraft die noch in mir steckte holte ich Atem. Zu mindest hatte ich es gedacht, doch es brannte, ich würgte und wollte alles in mir ausspucken damit ich endlich Luft bekam.

    Dann stand er da, ich sah ihn nicht aber ich spürte, er war groß und stark, zerrte an mir herum. Riss meine Arme hoch, schlug mir auf den Rücken. Genau wie einst die Oma als ich mich verschluckt hatte. Atme, Junge atme, schrie er mich an und ich atmete. Langsam ganz vorsichtig sog ich etwas Luft ein. Krümmte mich weil es so brannte.
    Du sollst dich aufrichten und atmen brüllte er mich an. Wer ist das überhaupt, dachte ich wütend. Was geht das ihn an ob ich atme oder nicht? Ein Schlag in den Rücken und ich atmete, dieses Mal schon ein wenig stärker. Na also geht doch, kam prompt der Kommentar. Weil es so schön war gleich noch einmal. Ich wiederholte das Einatmen, ein um das andere Mal.

    Irgendwann sah ich Rauchschwaden an mir vorbei ziehen und erkannte ein wenig von der Umgebung. Wild mit den Armen herumschlagend, damit meine Sicht besser würde, begriff ich es langsam, ich war in einem brennenden Haus gewesen. Ja und richtig, ich hatte der Tante, Bas Tante geholfen aus dem brennenden Haus zu kommen. Doch meine Erinnerung ging nur bis zu der Treppe.

    Wo war der Kerl eigentlich, der mich zum atmen gebracht hatte? Merkwürdig, viele Gaffer waren da aber keiner dem ich die Hilfe zuordnen hätte können.

  • Nach der Wiederbelebung kam der Kreislauf nur langsam in Gang, weil zu viele schädliche Gase im Körper kursierten. Immerhin konnte sich Bas aufrappeln und hustete sich im Vierfüßlerstand gefühlt die Lunge aus. Wenn er zum Luftholen kam, begleitete den Vorgang ein qualvolles Ächzen. Den Kopf streckte er jedes Mal nach vorn, als wollte er sich gleichzeitig übergeben.

    Weil sich die Lebenserhaltung stabilisierte, fing der Geist wieder zu arbeiten an. Er fragte sich, wo Milon war und ob der Freund sich ebenfalls retten konnte. Während des qualvollen Einatmens schwenkte er den Kopf nach rechts und später nach links. Zunächst sah er nur Beine. Um besser sehen zu können, verlagerte er das Gewicht nach hinten. Als er auf seinen Fersen saß, konnte er endlich mehr sehen und direkt neben ihm stand Milon. Der Freund hielt sich wacker auf den Beinen, während ihn jemand rustikal zum Atmen animierte.


    Bas hob die Hand als wäre sie bleischwer, umfasste Milons Knie und rüttelte so gut er es vermochte.

    „Milon, Milon!“ Er hustete. „Du lebst. Du hast mich und meine Tante gerettet.“ Davon ging Bas aus, denn er konnte sich nicht erinnern, selbstständig aus der Insula gekommen zu sein. „Ich danke dir, du bist ein wahrer Freund!“ Seine Stimme klang rauchig und nicht sonderlich stark, aber Milon sollte sie hören können. Bas blickte ja zu ihm auf. Ihm liefen zwei Tränen über die rußgeschwärzten Wangen.

  • Immer noch schaute ich mich suchend nach dem großen Kerl um, der mir geholfen hatte. Gleichzeitig, suchte ich aber nach einer geeigneten Stelle an der ich mich anlehnen konnte, am liebsten in sitzender Position, doch dies bekäme meinem atmen nicht.

    Verärgert spürte ich ein leichtes Zerren an meinem Knie. „Was soll das“, würgte
    ich krächzend hervor und zog mein Bein weg. Doch halt was war das, hatte da jemand meinen Namen genannt? Ja und der redete noch immer.
    Es nutzte nichts meine Neugier war zu groß und so beugte ich mich zu dem elenden Zupfer runter. Wie gelähmt hielt ich mitten in der Bewegung innen und starrte ungläubig in das russgeschwärzte, mit einer dunklen Tränenspur versehene Gesicht.

    Ich richtete mich auf, schüttelte meinen Kopf. Das konnte doch nicht war sein, es war Bas, mein Bas. Jetzt beugte ich mich wieder abwärts, griff unter seine Arme, zog ihn hoch, dabei hätte ich ihn fast
    wieder losgelassen weil ein Husten mich ergriff, bis hin zum Würgen. Nein, schimpfte ich mit mir, dich lasse ich nicht los. Jetzt stand er mit dem Rücken mir zugewandt vor mir. Es half nichts, hastig wandte ich mich ab, hustete und spuckte einen dunklen Klumpen aus. Keuchend drehte ich meinen Bas zu mir. „Du stehst vor mir, sag wie kommen wir hier hin?“

  • Bas war nach Lachen und Weinen gleichzeitig zumute, als sich Milon zu ihm beugte. Er half auch so gut er konnte beim hochhieven. Zwar stand er mit zittrigen Beinen, aber er lebte, atmete, hielt Milon oder wurde von ihm gehalten.

    „Na DU hast uns hergebracht! Dich, mich, meine Tante.“ Er lachte unter Tränen. Eine andere Erklärung gab es nicht. Milon war an Bas vorbeigestürmt, hatte die Tante aus dem oberen Stockwerk geholt, Bas die Treppe runter gezerrt und nun standen sie hier.

    „Du bist nicht nur ein Freund, du bist ein Held!“

    Bas umarmte Milon und klatsche dabei fortwährend auf dessen Schulterblatt. Der Rhythmus änderte sich mit jedem Husten.

  • Noch immer kämpfte ich mit meinen Erinnerungen. Bas erzählte mir was ich angeblich gemacht hätte, dabei wusste ich genau, es waren noch andere Helfer da gewesen, nur wusste ich nicht wer diese waren. Jetzt kam noch dazu, dass er mir einreden wollte ich wäre ein Held. „Blödsinn“, grummelte ich, „Pompeius der Große, Sula, Caesar das waren Helden, ich hörte ihre Namen und Geschichten auf dem Forum. Wie kann dann so einer wie ich ein Held sein?“ Ein Hustenanfall unterbrach meinen Redeschwall. Mit beiden Händen rieb ich mir über mein Gesicht, betrachtete danach kurz die Hände und meinte dann: „Es wäre besser wir würden uns etwas trinkbares besorgen, doch ich fürchte meine Beine machen da nicht mit. Schau die wackeln. Huch deine zittern ja auch.“ Im Geiste flehte ich, ihr Götter die ihr mich rettetet, fügt eurem Werk noch etwas hinzu und verhelft mir und Bas zu etwas klarem Wasser.

  • „Du bist MEIN Held.“ Dagegen konnte Milon nicht mehr protestieren. Bas ging es nicht um Helden des Reiches, sondern um Helden des Alltags, seines Alltags. Milon war der Letzte, an den er sich vor der Nahtoderfahrung erinnern konnte und der Erste, den er nach dem Aufwachen sah. Der Freund war nie weg, also hatte er Bas gerettet. Niemand würde ihm das ausreden können. Höchstens die Tante, aber die holte gerade einen Wassereimer.

    „Ich muss mich setzen.“ Kaum gesagt, sackte Bas zusammen. Seine Hände suchten Halt an Milon, dem aber auch die Strapazen anzumerken waren.


    Als Bas zu Boden plumpste, traf die Tante ein. Sie stellte den Eimer mit Brunnenwasser ab, dann wandte sie sich an den Arzt. Sie holte aus dem Beutel, der wie ein großer Anhänger um ihren Hals baumelte, Münzen heraus und reiche sie dem Arzt.

    „Tausend Dank!“

  • Scato freute sich, dass es den beiden wieder besser ging. Er selbst war ziemlich außer Puste, doch das spielte keine Rolle, es gehörte dazu. Er blieb noch, um zu beobachten, ob alles gut war, und gegebenenfalls zu helfen. Doch als eine Frau, vermutlich eine Verwandte der Verletzten, ihm Geld geben wollte, hob er abwehrend die Hände.


    "Ihr habt gerade alles verloren, eure Wohnung ist abgefackelt. Und da bietest du mir Geld? Um der Götter willen, behalte die Münzen! Mietet euch für die Nacht irgendwo ein und kauft euch was zu Essen!"

  • Viel hatte Kyriakos nicht zu helfen vermocht, doch die beiden Männer standen wieder. Von größeren Verletzungen schienen sie verschont geblieben zu sein, beide wirkten recht vital. Er musste ein Lächeln unterdrücken, als der Medicus das Geld verschmähte. Ihm selbst wäre das nicht passiert.

  • Die Tante schaute erst ungläubig, dann verbeugte sie sich zweimal vor dem Arzt. „Tausend Dank!“ Sie konnte ihr Glück kaum fassen, dann aber sah sie zu Bas und Milon und wusste, sie wurde gebraucht.


    Sie verbeugte sich noch einmal und eilte die wenigen Schritte zu den jungen Männern. Sie hob den Eimer an. „Hände auf! Erst trinken, später Gesicht waschen.“ Jedem gross sie mehrmals nach.

    „Ich habe nicht genug Geld für uns alle, deswegen schlafen wir alle im Freien. Die Luft tut euch bestimmt gut.“

  • Ich konnte nicht schnell genug von dem erfrischendem Wasser trinken. Zwischendurch krächzte ich ein: „Danke“. Noch nie hatte ich Wasser so genossen. Wenn ich nicht das Gefühl gehabt hätte mein
    Gesicht von der rußigen Schicht unbedingt befreien zu müssen, hätte ich das kostbare Nass ohne zu zögern alleine ausgetrunken.

    Irgendwann grinste ich Bas an. „Weiß du was du riechst jetzt wesentlich besser. Endlich muss ich deinen Gestank nicht mehr ertragen. Für den Spruch strafte mich das Leben mit einem erneuten Hustenanfall.

    Etwas erholt besann ich mich auf mein ursprüngliches Vorhaben. „Soll ich dir etwas sagen? Ich kam zu dir um dir den Vorschlag zu machen, mit mir zu den Vigiles zu gehen. Wir hätten da ein Dach über dem Kopf, etwas zu essen und würden eine Menge lernen. Außerdem könnten wir zusammen bleiben.“ Etwas geknickt fügte ich hinzu: „Doch jetzt muss du dich erst einmal um deine Tante kümmern.“

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