Vix salarium Salariam Viam continet | Eine Inspektion der Via Salaria

  • Claudius Menecrates hatte Manius Minor gebeten, in seinem Namen ein Auge auf die Via Salaria zu werfen, welche zu den wesentlichen Magistralen zur Versorgung der Urbs von Norden und Osten her zählte. Uralt war jene Straße und man erzählte sich, dass bereits die Sabiner auf ihr ihr Salz von der Tibermündung hatten transportiert und dass Tullus Hostilius mit ihnen jenen Pakt hatte geschlossen, der dies ermöglichte. Heute indessen gehörte war Salz das Geringste, was auf ihr zur Porta Collina wurde transportiert, da sie wie jede der großen Straßen nach Roma von allen möglichen Händlern, Transporteuren, Immigranten und Besuchern von Roms Märkten wurde frequentiert. Dass jene intensive Nutzung implizierte, dass auch die zweifelsohne robusten Steinplatten, welche ihr zuoberst lagen und durch tiefe Fuhrrinnen durchschnitten wurden, nicht selten der Ausbesserung bedurften, verstand sich folglich von selbst. Da nun indessen Bauprojekte anstanden, welche just diese Straße gen Antemnae zur Lebensader für Baustoffe machten, war es erforderlich, die Reparaturen zu forcieren und zu prüfen, welche Dauer ihnen noch war beschieden, ehe der Verkehr würde frei und flüssig wieder rollen.


    Folglich hatte der amtierende Aedilis Curulis an diesem Tage nicht allein seine übliche Entourage aus gelehrten Consultoren und kräftigen Apparitoren mit sich genommen, sondern auch einen Architekten mit besonderer Expertise im Straßenbau für jene Runde genommen, die er den zuständigen Unterhaltern der Straße hatte angekündigt. Gänzlich amtsferne Gedanken indessen bewegten ihn hingegen, als er dem Weg hinaus aus der Stadt durch die Porta Collina folgte, war dies doch auch die Passage gewesen, auf der einst er von seinem Cremonensischen Exil nach Roma war zurückgekehrt. Damals war er noch ein Knabe gewesen, zerrissen zwischen Enttäuschung über die feige Flucht und Vorfreude auf das Wiedersehen mit Manius Maior. Heute war jener Konflikt begraben, doch war geblieben war eine neuerliche Zerrissenheit in der paternalen Relation, die diesmalig auf der ungeliebten Stiefmutter und der damit einhergehenden Bedrohung für die eigene Linie einherging. Ein Seufzen entfleuchte Manius Minor bei jenen Gedanken, die seine Passage unter dem Tonnengewölbe der Toranlage geleiteten, ehe er von der Sänfte hinab auf die flachen, großen Steine der Straße blickte, die kurz nach dem Stadttor die Abzweigung zur Via Salaria bedeckten.

  • Selbstredend hatte der Aedil, respektive sein Officium, nicht schlicht sich aufgemacht, um an Ort und Stille einen beliebigen Bauarbeiter zu kontaktieren, sondern seinem Amte entsprechend hatte Manius Minor dafür Sorge getragen, dass Titus Maecilius Noctua, Inhaber eines florierenden Straßenbauunternehmens, welches dank hinreichender Zuwendungen an den Curator Viarum beständig im staatlichen Auftrag diverse Straßen instand hielt, höchstpersönlich zu diesem Termin erschien.


    "Salve, Manius Flavius Gracchus Minor! Es ist eine seltene Ehre, dass ein Aedil sich um Straßen außerhalb Roms sorgt!"

    , begrüßte Noctua den Flavius, als dieser vor einem großen Baldachin, welches direkt neben der ersten Baustelle an der Via Salaria war aufgerichtet worden. Augenscheinlich hatte er einige Vorbereitungen getroffen, um den Magistraten standesgemäß zu empfangen, denn sogleich erblickte dieser zwei bequeme Stühle im Schatten des bunt bestickten Stoffes und einige Diener, welche augenscheinlich Erfrischungen parat hielten.

    "Ave, Maecilius! Es ist gewissermaßen eine Gefälligkeit für den Praefectus Urbi, welche mich hierher führt: Er bat mich, den Zustand der Baustellen in diesem Abschnitt zu inspizieren und in Erfahrung zu bringen, wann die gänzliche Einsatzbereitschaft wieder hergestellt werden kann."
    , spielte Manius Minor mit offenen Karten, während der Unternehmer mit einem stummen Gestus ihn unter das Baldachin wies, wo er, seinen Reisemantel ein wenig lupfend (für eine Toga war jene Exkursion vor die Tore Roms bei sommerlicher Temperiertheit gänzlich inadäquat) sich sogleich platzierte.

    "Ich hörte es bereits - ist Claudius Menecrates mit der Arbeit des Curator nicht zufrieden?"

    "Keineswegs, ihm gebrach es schlicht der Zeit, diese Angelegenheit selbst auf sich zu nehmen und ich hielt bereits Rücksprache mit dem Curator, dass ich gern ihm diese Arbeit abnehme. Wie ich hörte, weilt er ohnehin derzeit im Süden, um Reparaturen an der Via Appia zu inspizieren. Da ist dieser stadtnahe Einsatz doch für mein Amt naheliegender."

  • Ein Sklave reichte dem Aedil einen Becher mit verdünntem Weine, welchen dieser dankbar entgegennahm und einen Schluck davon kostete, ehe er neuerlich sich dem Unternehmer zuwandte.

    "Ich habe den Auftrag, den Zustand der Via Salaria zu inspizieren und zugleich zu ergründen, wann die Bauarbeiten hier vollendet sind, um den Weg für den Transport von Baustoffen für weitere stadtrömische Bauprojekte nutzen zu können."

    , klarifizierte er seine Intention, die Noctua scheinbar bereitwillig erfüllte:

    "Wie ich schon dem Curator mitgeteilt habe, haben wir ein paar Probleme bei den Lieferungen für Nachschub. Genauer gesagt fehlt uns Schotter für das Straßenbett, ohne den wir den weiteren Aufbau nicht hinbekommen. Es sind einfach zu viele Straßen gleichzeitig aufgerissen worden, wenn du mich fragst."

    "Es verwundert mich, derartiges aus dem Munde eines Bauunternehmers zu vernehmen!"

    , kommentierte der Aedil amüsiert und nippte neuerlich an seinem Weine, da trotz des Schattens die Hitze ihm kaum erträglich erschien. Noctua schien jenes als Spott aufzufassen, denn geradehin offendiert erwiderte er:

    "Ich bau' gerne Straßen für euch, aber ohne Material geht es eben nicht! Die Preise für alles werden teurer, diese Schotterwerker verlangen horrende Preise und weigern sich, einfach mehr abzubauen! Wir laufen so schon aus dem Budget, deshalb stocken die Arbeiten eben! Ich kann da nichts dafür!"

    Minor seufzte, da ihm doch jeder Hauch einer Kenntnis des Marktes für Baustoffe fehlte und er fürchtete, dass seine intendierten Ergebnisse nicht würden zu beschaffen sein.

    "Verfügst du über Einblicke, wie lange sich jene Lieferungen verzögern werden?"

    Der Maecilius machte eine bedeutungsschwangere Miene und kratzte sich am Halse.

    "Das kommt darauf an... diese Halsabschneider werden mehr aus ihren Steinbrüchen herausholen, wenn der Preis steigt! Wenn ich also beispielsweise ein Viertel mehr pro Wagenladung anbieten kann, finde ich bestimmt jemand, der mir schneller liefert."

    "Und wenn dies nicht möglich erscheint?"

    , fügte der Flavius an, da er ahnte, dass Menecrates nur unter größter Dringlichkeit würde geneigt sein, dem Projekt finanziell auf die Sprünge zu helfen.

    "Das kommt darauf an..."
    , gab der Unternehmer jene gefürchtete Replik, die bereits dem Flavius von seinen Juristen vertraut war, die indessen einen erschöpfenden Prozess der Klarifizierung von Randbedingungen und Einzelfällen verhieß. Wäre es einfach gewesen, hätte Menecrates gewiss sich selbst jenem Casus angenommen...

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