Nicht zu früh, doch früh am Morgen versammelten mehr und mehr Menschen sich vor der Regia auf dem Forum Romanum, um an der durch den Senat angeordneten lustratio des Tempel der göttlichen Flavier und der Weihung der neuen Götterstatuen teilzuhaben. Mochte ein Außenstehender vermuten können, die vergöttlichten Kaiser wären allfällig nicht gar so populär wie die alten Götter, so waren sie in Rom als Teil des uralten Ahnenkultes doch gleichermaßen eminent, gleichwohl färbte der Kult um die vergangenen Kaiser Roms stets auch ein wenig auf den gegenwärtigen Augustus ab und umgekehrt - und jener, Tiberius Aquilius Severus Augustus war bei der Bevölkerung überaus beliebt, darob auch die kaiserlichen Kulte. Zuguterletzt wartete auf die Zuschauer am Ende der Zeremonie eine Speisung mit dem Fleisch der Opfergaben, Brot, Kuchen und Wein, was zweifelsohne ebenso zu der Attraktivität des Anlasses beitrug. Dieser Augenblick schien indes noch fern als der Zug Aufstellung nahm, das vermeintliche Chaos der Menschenmenge wie von unsichtbarer Hand sortiert zu werden schien: einige Flötenspieler zuvorderst, sodann auf Bahren getragen zwei kleinere Abbilder der beiden neuen Statuen der beiden flavischen Kaiser - die wesentlich größeren Originale waren bereits im Tempel aufgestellt, noch mit Tüchern verhüllt -, umringt von Ministri, welche Räuchergefäße trugen, hernach einige kultische und staatliche Würdenträger, gefolgt von den Gaben zur suovetauriia - einem Eber, einem Schafbock mit prächtig geschwungenen Hörnern und einem Stier. Diesem kultischen Teil folgten weitere Flötenspieler, Weihrauchträger, Repräsentanten des Senates, weitere Kultangehörige und sodann all jene, welche den Zug begleiten wollten.
Lustratio templi Flavii
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Bei den Repräsentanten des Senates, also im vorderen Teil des sich formierenden Umzuges, fand auch ich mich ein. Der Wahlkampf pausierte für eine so wichtige Aktion, jedoch wäre es natürlich Futter für die Gegner, wenn man nicht dabei wäre. Ausserdem war ich über eine freie Stelle bei den Augustales informiert worden, welche ich sehr gerne für mich ergattern wollte. Ein Grund mehr, sich an entsprechenden kultischen Aktivitäten zu beteiligen und so die Verbundenheit mit dem Kult verstorbener Kaiser zu beweisen.
Ich grüsste die mir bekannten Personen, tauschte einige Informationen und Nettigkeiten aus, bewunderte die Qualität der Abbilder der flavischen Kaiser und begutachtete die Opfertiere, welche zweifellos der Pontifex Flavius Gracchus ausgesucht hatte.
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Unter dem Gefolge aus Klienten des Senators Florus Minor war auch ich. Selbstverständlich nicht vorne, sondern recht weit hinten. Aber diesmal war ich auch als Angehöriger der kaiserlichen Administration hier, denn wir waren dem Kult der Divi Augusti schon aus dienstlichen Gründen verpflichtet, und die Schändung durch freche Christianerhand hatte uns alle empört.
Ich war gespannt auf die neuen Statuen der göttlichen Flavier, und da es ein höchst feierlicher Anlass war, auch auf das Gepränge, die Opfer und ein wenig freute ich mich auch auf die Gelegenheit, vom Opferfleisch zu besorgen, die Familia würde sich freuen. Zu diesem Zweck ging Diocles mit einem Henkelkorb hinter mir her.
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Es war eines meiner ersten Auftritte nach sehr langer Abwesenheit. Nichts Sinnvolles hatte sich ergeben. Typisch für mich. Sodass ich Spott oder ähnliches von meinen Amtskollegen zu erwarten hatte. Ob ich jemals ernst genommen werden würde, stand derzeit nicht zur Debatte. Klar, es interessierte mich wenig, was andere über mich denken, doch ausgelacht und nicht respektiert zu werden, wollte ich auf keinen Fall. Dafür war ich zu sehr fixiert, in meines Vaters Fußstapfen zu treten.
Ich war im vorderen Drittel dabei, trotzdem versuchte ich mich abseits vom Geschehen zu halten. Unbemerkt. Ob es mir gelingen würde, bezweifelte ich. Dafür war ich zu auffällig, allein schon durch meine rote Haarpracht. Ich sah einige mir bekannte Gesichter. Oh weh, dass mich bloß niemand anspricht.
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Menecrates richtete es so ein, dass er sich in den bereits in Bewegung befindlichen Zug einreihte. Sein Gefolge suchte sich hinter ihm den für den jeweiligen Stand vorgesehen Platz und die Soldaten säumten rechts und links den Weg.
Er nahm aus verschiedenen Beweggründen teil. Sein Amt verpflichtete ihn, als Senator fühlte er sich berufen und als Privatmann angezogen. Wahrscheinlich würde er nach dem offiziellen Teil den Weg zum Tempel der Claudii suchen, denn auch dort hatten Christen vor Jahren Spuren hinterlassen. Zum Glück wurde nichts beschädigt und es reichten damals Opfergaben, um den Tempel zu reinigen. Seither pflegte der Claudier eine besondere Abneigung gegenüber Christen. Gnade kannte er bereits im Zuge der Hinrichtungen nach dem Sklavenaufstand nicht. Selbst das Dulden dieser Subjekte fiel ihm schwer. Zugeständnisse würde er ihnen gegenüber nicht machen. Er hoffte, sie würden dem Zug fern bleiben, aber falls nicht, dann wusste sich der Praefectus Urbi auf seine Männer zu verlassen. Er blickte sich nach ihnen um, während sich der Zug im angepassten Tempo vom Forum Romanum entfernte.
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Seine Aufgabe war klar und Lurco führte sie nach besten Wissen und Gewissen aus. Die Prozession hatte reibungslos und ohne Zwischenfälle zu verlaufen und das würde sie. Die Wegstrecke war ausgekundschaftet worden und die Männer der Cohortes Urbanae hielten sich bereit. Wegstreckensicherung war das Zauberwort das hier galt. Teilweise wurde der Weg selbst überwacht, schmale Straßen auf denen sich der Zug schlagartig verlangsamte oder es zu einem Rückstau kommen konnte, gab es nicht.
Die Straßen die zu passieren waren, waren breit genug, so dass die Eigensicherung der Teilnehmer ebenfalls gewährleistet war. Ihr Praefectus Urbi verließ sich auf sie und sie würden ihn nicht enttäuschen.
Ein Teil der Cohortes Urbanae begleitete die Prozession, so wurde der Zug von zwei Seiten aus gesichert. So schön und erhebend der Anblick war der sich Lurco bot, heute galt sein Augenmerk allein der Sicherheit denn dies war seine Aufgabe. Kein Christ hatte die Prozession zu stören. Der geringste Anlass würde die Urbaner einschreiten lassen. Störenfriede wurden zur Seite genommen und weggeführt. Auch ein möglicher Zugriff sollte die Prozession in ihrer Ausführung und Würde nicht stören. Was natürlich nicht bedeutete, dass der Störenfried nicht die Folgen seines Handelns zu spüren bekam.
Oberstes Ziel war der reibungslose Ablauf. Lurco entdeckte Herius Cluadius Menecrates, ihren Praefectus Urbi, nickte ihm freundlich und grüßend zu, ehe er wieder mit Argusaugen den Zug im Auge behielt.
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Die neue Aufgabe gefiel dem Cornicularius Octavius, er war mit eingeteilt die lustratio des Tempel der göttlichen Flavier zu sichern. Lurco hatte im Vorfeld alles geplant, die Strecke ausgekundschaftet und den Urbanern, die den Zug begleiteten sollten die entsprechenden Aufgaben zugeteilt.
Frugi war verantwortlich über eine Seite der Wegstrecke. Ihre größte Sorge war das Christen die Prozession stören würden. Seine Augen glitten immer wieder prüfend über die Menschen an der Wegstrecke, man konnte nie wissen, die Christen schienen ja mit allen Wassern gewaschen zu sein. Gleichzeitig überprüfte er aber auch die Milites an der Strecke, mit der Sorge das deren Aufmerksamkeit nicht nachließ. Noch war alles in Ordnung doch der Weg war noch lang und das Ende nicht in Sicht.
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Als eine Fanfare von Seiten der Regia her ertönte und der Pontifex pro Magistro Flavius Gracchus die uralte Formel zum Beginn der lustratio zitiere begannen die tibicines mit ihrem Spiel und die Prozession setzte sich langsam in Bewegung. Über das Forum Romanum hinweg schlängelte der Prozessionszug sich zwischen Forum lulium und Forum Nervae hindurch, über das Forum Augustum und an dem gewaltigen Tempel des Mars Ultor vorbei zum Fuße des Quirinal und den Beginn der Alta Semita. Spätestens an der Porta SanquaIis verlor der Zug ein wenig an Geschwindigkeit, um der Steigung den Hügel hinauf Rechnung zu tragen - respektive der Kondition der Würdenträger, von welchen die meisten solche Strecken üblicherweise eher in einer Säfte zurücklegten. Die Häuser entlang der breiten Alta Semita waren mit Blumen und bunten Tüchern geschmückt, und einige ihrer Bewohner schlossen sich nun noch der Prozession an. Vorbei an den Tempeln des Serapis und des Quirinus - einem der ältesten Tempel der Stadt - zog die Menge, und wer nahe der Flötenspieler ging setzte entweder ob der sich stets wiederholenden Weise allmählich in einem leichten Trancezustand einen Fuß vor den anderen, insbesondere so er zudem auch noch in den duftenden Wolken der Räucherungen wandelte, oder aber summte einen enervierenden Ohrwurm in seinem Geiste. Auch als die Prozession zum Tempel der flavischen Kaiser gelangte und der vordere Teil des Zuges auf den Platz vor dem aedes sich positionierte, während die Zuschauer sich noch durch die den Tempel umfassenden Kollonaden auf das restliche Areal drängten, verstummte das Spiel nicht. Vor den Treppenstufen des Tempels wurden die drei Opfertiere aufgereiht, deren weißfarben gekalktes und mit Eisenspäen eingeriebenes Fell im Licht der vormittäglichen Sonne glänzte, gleich wie auch die mit Blattgold belegten Hufe und Hörner von Widder und Stier.
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Flavius Gracchus trat in seiner Funktion als Pontifex pro Magistro nach vorn und zog seine Toga ein Stück über sein Haupt.
"Unsterbliche Flavii, Divus Vespasianus Augustus et Divus Titus divi Vespasiani filius Vespasianus Augustus!"
, begann er lautstark zu deklamieren, die Arme in Richtung der Tiere und des Tempels gen Himmel gestreckt.
"Seit alters bestimmen die Götter die Geschicke unserer Existenz, seit alters her leben wir in Eintra'ht mit den Göttlichen, geben mit Freude, um ihr Wohlwollen zu erhalten und das Wohle Roms zu sichern! Seit alters ehren wir unsere Ahnen und Verstorbenen, seit den ruhmreichen Tagen des Divus Augustus gebührt unsere Verehrung jenen, welche von den Göttern auserwählt die Geschicke unseres Reiches lenkten und im Na'hleben an ihrer Seite stehen, seit den glorreichen Tagen der Titi Flavii Vespasiani gebührt Euch jene Verehrung!"
Einen kurzen Augenblick in tiefem Einatem senkte der Pontifex seinen Blick, presste die Kiefer aufeinander voll persönlichem Ingrimm, ehedem er wieder zum Tempel empor blickte, den Ingrimm auch in der Couleur seiner Stimme nicht zurückhaltend. Üblicherweise galt Senator Flavius in der Öffentlichkeit durchaus als ausgeglichen, doch in seinen folgenden Worten mochte durchaus zu erahnen sein, dass in ihm der flavische Wahn verborgen lag, der vor nichts würde zurückschrecken.
"Ruchlose Malefikanten, die Eure Gesetze nicht achten, die unsere Gesetze nicht achten, infame Christianer, welche Eure göttliche Erhabenheit und Existenz leugnen, haben es ge..wagt in Eurem Heiligtum zu devastieren, Euren Besitz zu zernichten und Gewalt gegen jene zu wenden, welche Euer Wohlwollen erbaten!"
Zweifelsohne war es im Senat nicht unumstitten, alle Christianer in einen Topf zu werfen und hier öffentlich mit den Verbrechern gleichzustellen - augenscheinlich einer radikalen Splittergruppe, welche auch unter ihresgleichen nicht gänzlich akzeptiert waren. Doch Gracchus hegte nicht nur einen persönlichen, sehr tief verwurzelten Groll gegen die Christianer, er war auch Pontifex Roms und allein die Tatsache, dass die Christianer jegliche Götter außer dem ihren verleugneten, war ihm Verbrechen genug, um sie allesamt zu denunzieren.
"Zur Sühne dieser Verletzung göttlichen Rechtes bieten wir Euch diesen Stier, diesen Eber und diesen Bock! Wir, das von Euch zu Größe und Wohlergehen geführte Volk Roms ehren Euch mit diesen Gaben an Eurem Tempel, der gereinigt und erneuert wieder Euer Heim sein soll, in dem wir und unsere Na'hkommen auch zukünftig gerechte Gaben geben mit Freude solange diese Stadt unter Eurem Segen besteht, um Frieden und Wohlstand des Römischen Volkes zu garantieren."
Erneut geleitet vom Spiel der Flöte begann sich ein kleiner Teil der Prozession wieder in Bewegung zu setzen, um mit den Opfergaben den Tempel zu umrunden. Der Pontifex pro Magistro, das Haupt noch immer mit seiner Toga bedeckt, ging voraus, tauchte wieder und wieder einen Pinsel aus weißfarbenem Pferdeschwanzhaar in eine Schüssel mit Wasser, welche ein junger Minister neben ihm trug, und besprengte das Tempelgebäude damit von allen Seiten, reinigte es rituell von allem ihm noch anhaftenden Makel.
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Nun galt es ernst. Bis anhin waren wir bloss dem Pontifex gefolgt, doch nun, als er den Ritus begann, zogen wir ebenfalls einen Teil der Toga über unsere Köpfe und wurden demütig still.
Als Senator war ich bei dem Teil der Prozession, welche den Tempel umrundete. Schliesslich war diese Lustratio durch den Senat für notwendig befunden worden, also sollten die Senatoren auch ihren Teil dazu beitragen! Bedachten Schrittes und mit möglichst staatsdienlichen Gedanken folgten wir dem Pontifex, welcher das Gebäude von allen Seiten rituell reinigte.
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Mit einer Präzision, die nur jahrelange Routine erschaffen konnte, tauchte der Begleiter des Quintiliers seinen Pinsel ins Wasser. Clemens folgte gebannt der führenden Hand, während er in stiller Andacht die Schale hielt, nach deren Wasser der Pinsel so zu lechzen hatte. Die Würde, mit der der Pinselführer sich und sein Werkzeug trug, gab seinen Bewegungen einen natürlichem, fast schon hypnotischen Fluss. Wie schnell die flammenden Worte des pontifex doch begraben wurden unter Auftreten, Flötenmusik und Weihrauch!
Doch Clemens störte sich daran nicht. Der Gedanke eines allmächtigen Gottes bei so einer komplexen Welt schien zu absurd, um mehr als ein paar Sekunden seiner Zeit wert zu sein.
Wie könnte man, selbst, wenn er es versuchen würde? Die friedlichen, verträumten Klänge der Flöte, die Clemens wieder und wieder zurück zu einem besonderen Tag bei "seinem" Tempel" beförderten... Der Weihrauch, dessen blumig anmutender Wohlgeruch die Nase umgarnte... Das war kein Klima für Diskussion - es waren diese Momente, die zum Fühlen einluden.
Hier kamen Menschen und Götter zusammen. Mehr Beweis als das brauchte es nicht.
Clemens ergab sich diesen Emotionen ohne jeden Widerstand. Ein ruhiger Geist steht über den Dingen - ein Gemüt wie seines braucht hierbei etwas Hilfe. Ihn wunderte zwar die Auswahl, die zu seiner Helferrolle führte. Doch wusste er, dass er sich keinerlei Patzer erlauben konnte; daher war es auch ein Funken Vorsicht, der die Augen von Clemens weg von der Menge und allein auf dem pontifex hielt. Noch gab er sich seiner Träumerei hin, doch beim ersten Bruch der Routine seines Begleiters würde er wie ein Jäger losspringen, dem seine Beute vor die Augen tritt.
Sim-Off: "Offizieller" Opferhelfer, der nach einem passenden Einstieg für sich gesucht hatte!^^
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Wieder an den Stufen zum Tempeleingang angekommen begann die Opferung der suovetaurilia. Die prächtigen Tiere wurden nebeneinander an in den Boden eingelassenen Ringen befestigt, ehedem Gracchus nach vorn trat, um noch einmal die Worte in Richtung des Tempels an die Götter zu wiederholen - denn in Wiederholung lag im Kult stets Macht.
"Unsterbliche Flavii, Divus Vespasianus Augustus et Divus Titus divi Vespasiani filius Vespasianus Augustus! Seit alters bestimmen die Götter die Geschicke unserer Existenz, seit alters her leben wir in Eintracht mit den Göttlichen, geben mit Freude, um ihr Wohlwollen zu erhalten und das Wohle Roms zu si'hern! Seit alters ehren wir unsere Ahnen und Verstorbenen, seit den ruhmreichen Tagen des Divus Augustus gebührt unsere Verehrung jenen, welche von den Göttern auser..wählt die Geschicke unseres Reiches lenkten und im Nachleben an ihrer Seite stehen, seit den glorreichen Tagen der Titi Flavii Vespasiani gebührt Euch jene Verehrung! Ruchlose Malefikanten, die Eure Gesetze nicht achten, die unsere Gesetze nicht achten, infame Christianer, welche Eure göttliche Erhabenheit und Existenz leugnen, haben es gewagt in Eurem Heiligtum zu devastieren, Euren Besitz zu zerni'hten und Gewalt gegen jene zu wenden, welche Euer Wohlwollen erbaten."
Wieder betonte er das Wort 'Christianer' besonders deutlich, dass es auch in der letzten Reihe nicht würde vergessen sein, wer die Frevler gewesen waren.
"Zur Sühne dieser Verletzung göttlichen Rechtes bieten wir Euch diesen Stier, diesen Eber und diesen Bock! Wir, das von Euch zu Größe und Wohlergehen geführte Volk Roms ehren Euch mit diesen Gaben an Eurem Tempel, der gereinigt und er..neuert wieder Euer Heim sein soll, in dem wir und unsere Nachkommen auch zukünftig gerechte Gaben geben mit Freude solange diese Stadt unter Eurem Segen besteht, um Frieden und Wohlstand des Römischen Volkes zu garantieren."
Es folgte die Opferung der Tiere, in Art und Weise wie sie zu vielen offiziellen Gelegenheiten in Rom dargebracht wurden, geleitet von traditionellen Darbringungsformeln und Handlungen, welche schlussendlich in einem lauten
"Agite!"
des Pontifex Flavius gipfelten. Zwei Kulthelfer schlugen mit Opferbeilen dem Stier in die Hinterbeine, dass jener in sich zusammen sackte, und während beinahe im gleichen Augenblicke die scharfe Opferaxt in seine Kehle einschlug, schlugen die Opferschlächter daneben ebenfalls ihre Äxte in die Kehle von Eber und Bock. Rotfarben und dunkel floss das Blut aus den toten Tierleibern, in solcher Menge dass die Rinne im Pflaster um den nicht allzu großen Opferplatz dies nicht mehr konnte fassen, und die Schuhe der Opferteilnehmer in vorderster Reihe durchaus in Gefahr gerieten, ein wenig Farbe abzubekommen.
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Die Aktion im Flaviertempel hatte die Gemeinde gespalten. Auf der einen Seite Binah, die das alles für Wahnsinn hielt. Die Zeter und Mordio über Molliculus und Philotima beschwor. Denn was hatte das alles schon gebracht? Nur Unheil und Scherereien! Ständig waren Soldaten in ihrem Waisenhaus gewesen. Hatten sie und sogar die Kinder schickaniert! Dann war das Dekret erlassen worden. Dieses Gesetz das alle Christen nur noch mehr schickanierte und den Alltag verkomplizierte und die Gemeinde in Angst versetzte. Nicht wenige kamen gar nicht mehr zum Gottesdienst. Sie beteten nur noch allein zuhause.
Und dann gab es noch die andere Seite. Die, die Philotima und Molliculus für Helden hielten. Für personifizierte Waffen Gottes um die Ungläubigen zu bekehren. Jonah war einer von denen. Er war noch ein halbes Kind, aufgewachsen in Binahs Obhut. Aber jetzt war er schon groß. Er arbeitete in einer Garküche, entsorgte den Müll und schleppte Amphoren für eine warme Mahlzeit am Tag. Er war oft beim Gottesdienst gewesen und hatte Philotima gelauscht. Und hatte ihr geglaubt. Roms System stürzte alle Menschen ins Unglück! Nur Gott konnte die Welt noch retten! Den Ungläubigen mussten die Augen geöffnet werden.
Wenn sie ihn nur mitgenommen hätten! Er hätte den blöden Götzen-Tempel mit bloßen Händen niedergerissen. Aber jetzt war Philotima fort. Niemand wusste ob sie und Molliculus noch lebten oder schon am Tor zum Paradies warteten.
Jonah stand auf der Straße gegenüber vom Tempel und betrachtete das heuchlerische Theater aus der Ferne. Als drinnen das Opferbrimborium seinen Höhepunkt in der Ansprache des Ober-Götzen-Anbeters fand trat Jonah missmutig gegen einen Kiesel. Vorwitzig hüpfte der Stein über die Straße und bleib vor dem Schuh eines Urbaners liegen.
Jonah grinste frech -
Lurcos Blick wanderte in Zeitlupe nach unten und schaute auf einen Stein, der vor seinem Schuh zum liegen kam. Noch langsamer hob sich der Blick von Lurco wieder und er schaute in das frech grinsende Gesicht eines Burschen. Einen kleinen Steinewerfer hatten sie da. Lurco nickte Pullus und Asper zu. Den jungen Kerl würden sie mal auf den Zahn fühlen.
Lurco hielt nach Frugi Ausschau. Sie mussten auf der Hut sein, wo einer Ärger machte, waren andere Krawallbrüder nicht fern.
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Der Octavier hatte den suchenden Blick von Lurco eingesammelt, nickte diesem zu, denn auch er sah jetzt den kleinen Steinewerfer. Mit Theopompus, den größten unter ihnen, hatte er vereinbart bei besonderen Situationen würde er mit einem scharfen Pfiff durch die Zähne in auf Besonderheiten aufmerksam machen. So ein Pfiff war meistens, wegen der hohen Tonlage aus Lärm herauszuhören.
Nach Vereinbarung geschah es und Frugi wies mit dem Kopf zu der gegenüberliegende Stelle an der Junge stand. Pompus würde von seiner Stelle nun die andere Seite im Auge behalten, sollte sich dort etwas regen würde er es sehen. Während Persaeus, der von der Vereinbarung wusste, ebenso gleichzeitig gewarnt war und verstärkt ihre Seite im Auge behielt.
War das Ganze jetzt nur Zufall oder war das wirklich ein Christenbengel und mit seiner Aktion begannen nun Angriffe?
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Jonah sah die Reaktion des Urbaners. Aber es passierte nichts. Verstohlen blickte er sich um. Dann strich er sich auffällig unauffällig über die Nase. Vom Tempelplatz dröhnte das Agite. Jetzt also kann es darauf an dass das Opfer reibungslos ablief. Ein Ruck fuhr durch den Jungen. Was brauchte es schon für ein bisschen Störung? Er könnte genauso ein Werkzeug des Herrn sein wie Philotma und Molliculus!Zielstrebig ging Jonah auf die Einlassöffnung im Säulengang zu.
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Wer in vorderster Reihe stand, bemerkte nichts vom Treiben am Rande des Geschehens. Menecrates besaß gute Männer, daher verließ er sich darauf, dass die Zeremonie nicht gestört wurde, auch wenn er sich nicht um die Gewährleistung kümmerte. Es gäbe ihm auch zu denken, wenn Christen selbst hier ihr Unwesen trieben, denn daraus würde er schlussfolgern, dass es weit mehr dieser Anhänger gab als er bisher vermutete. Sollten sich seine Schätzungen als unrichtig erweisen, müssten verschärfte Maßnahmen greifen, härtere Strafen, knebelnde Gesetze. Der Claudier pflegte eine tiefe Abneigung gegenüber diesen Subjekten und fand den bisherigen Umgang mit ihnen viel zu lasch.
Als Menecrates wiederholt feststellte, wie er gedanklich abdriftete, mahnte er sich zu Aufmerksamkeit. Der heutige Akt besaß nicht nur für die Flavii Bedeutung, sondern für ganz Rom. Er erinnerte sich nur ungern an die Zeiten, wo die Götter und Geister zürnten.
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Lurco gab seinen Männern ein Zeichen den jungen Burschen abzufangen. Theopompus und Ramnus würden sich einen Weg zu dem Jungspund bahnen und die Götter sollten ihm gnädig sein, falls er Widerstand leistete. Der Umzug und das Ritual durften nicht gestört werden. Andernfalls hatten die Götter gleich eine Aufgabe mehr zu erledigen und zwar sich dieser Seele anzunehmen. Gut oder die Löwen, Löwen waren immer gut. Aber bevor es soweit kommen konnte und der Bursche Großkatzenfutter wurde, verhafteten sie ihn lieber und schafften ihn in eine Seitenstraße oder in den Carcer. Es würde sich erweisen, wie dreist der Steinewerfer war und was er tatsächlich wollte. Die Götter duldeten keine Störung und Lurco ebenso wenig.
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Die Prozession kam zu einem plötzlichen Halt. Die Gruppe fand sich am Eingang des entweihten Tempels vor.
Clemens wusste nicht, was er erwarten sollte. Der Tempel hatte dieselbe Pracht, die er auch vor dem Ritus
in die Welt trug. Bei der flammenden Rede des pontifex schossenBilder eines neuer Zugang in den tartarus oder zumindest die Reste eines abartigen Rituals in seinen Kopf. Die trügerische Normalität, der sich die Prozession mit ihrer bloßen Anwesenheit entgegenstemmte, gab der Szene etwas Unbegreifliches, etwas inhärent Widersprüchliches. Die grelle Sonne tat ihr Übriges.Ein Begleiter hob unauffällig die rechte Hand – das Zeichen, sich den Tieren anzunehmen. Clemens
schaute den so edel hergrichteten Tieren in die Augen. Eber, Widder, Stier – allesamt gekleidet in ein andersweltlich anmutendes Weiß, das den ein oder anderen Lichtstrahl in die Augen der Zuschauer
reflektierte.Allesamt so ruhig. Auch das hat Clemens immer gewundert. Nur beim Widder meinte er, eine sanfte Trauer im
Blick zu erkennen. Allerdings wirkten die Tiere für Clemens immer schon etwas schwermütig.Dieser Eindruck bewog ihn schließlich, sich des Widders anzunehmen. Die vergoldeten Hörner waren ein
angenehmes Mehr, das zusammen mit dem Weiß von Kalk und Eisenspänen
dem Tier eine anderweltlich anmutende Erhabenheit verlief....Und der Stier, dessen Hörner ihrer Schärfe nach nichts an ihrer Blutlust verloren haben, war dem wenig
kampferprobten Clemens dann doch zu viel. Der Widder hingegen ging ihm kaum bis zu seiner Hüfte, was hoffentlich im Ernstfall irgendwas heißen würde.Ein paar Helfer, die wohl hinter dem Quintilier marschiert waren, hatten sich zu den restlichen Tieren
gesellt. Einer von ihnen drückte Clemens eine leere Schale in die Hand und nahm mit einer natürlichen Eleganz die Wasserschale mit, bis er sie nahe des Stieres ablegte. Erst jetzt fiel Clemens das Beil
auf, das ihn im Sonnenlicht verheißungsvoll entgegenblitzte. Ein Schauder wanderte über seinen Rücken; ein Manöver, das ihm einen ungläubigen Blick „seines“ Widders einbrachte. Der Quintilier
wandte sich ab. Der Schatten dessen, was kommen musste, ließ die Schale in seiner Hand wie einen Amboss wirken.Das Gefühl kalten Wassers auf der eigenen Haut brachte einen wenig angenehmen Einstieg ins Verfahren.
„Favete linguis!“
Die Worte des Herolds zerschnitten die Stille und ließen am Ende nichts als Stille zurück.
Dankenswerterweise leitete pontifex Gracchus mit einer weiteren flammenden Rede die Prozession ein und
gab Clemens rastlosem Blick zumindest einen temporären Unterschlupf.Wer auch immer die so verhassten Repräsentanten der „Christianer“ im konkreten Fall waren:
Die Tiere würden für sie zahlen.
Als wäre der Bann des Herolds gebrochen, beherrschte erneut der mystische Klang der Flöten die
Atmosphäre. Ein weiterer Helfer nahm sich der verwaisten Wasserschale an; doch nicht, bevor sich dieser seine Hände in die Schale tauchte und mit dem mallium latum trocknete. Andächtig ließ
er jeden einmal seine Hände säubern, um sie kurz darauf mit seinem Tuch zu trocknen.Ein anderer nickte mit dem Kopf, als die Schale an ihm vorüberzog. Seine Verantwortung ruhte in anderswo
- eine Schale, die die mola salsa enthielt. Mit einem geheimnisvollen Lächeln, das Freude, Ergriffenheit und einen Anflug von Mitleid zugleich in sich trug, bestrich er jedes der Tiere mit dem Gemisch.
Vermutlich lag es daran, dass die Behandlung mit der Kalkmischung sie schon gestählt hatte... doch alle Tiere blieben ruhig. Sogar der Stier bewahrte – entgegen dem Temperament, das diese Kreaturen in
Clemens Augen stets mit sich trugen – seine gelassene Haltung. Es waren Momente wie dieser, die den Quintilier an die Schönheit seiner Aufgabe und dessen, was sie in Menschen auslösen konnte, wirklich
bewusst war.Es gab ihm die Kraft, alles danach durchzustehen.
Die Opferhelfer mit Beil holten jeweils Dolche hervor, mit denen sie Eber, Widder und Stier über den Kopf
bis zum Hinterleib fuhren. Die Spitze berührte die Haut nur wenig, jedoch konnte die Musik nicht die bohrenden Schmerzensschreie des scheuen Ebers verdecken. Der Widder trug sein Schicksal mit Fassung,
auch wenn sein Kopf beim ersten Kontakt der Klinge leicht hochfuhr. Clemens beugte sich zum Tier herunter, hielt es an den Hörnern und schaute ihm tief in die Augen. Er wusste nicht, wieso, aber der Widder beruhigte sich.Auf den Stier achtete der Quintilier nicht. Dass er von ihm jedoch ebenfalls nichts vernahm, hätte ihm
sein Vorurteil über das unbeherrschbare Wesen dieser Tiere widerlegen können.Erneut trug Gracchus sein eindringliches Gebet vor. Nur diesmal würde seinen Worten auch Taten
folgen.Drei wuchtige Männer traten am Ende seiner Worte auf den Plan, allesamt mit einer Axt bewaffnet. Clemens
schnürte es die Kehle zu. Zum Glück müsste er es diesmal nicht durchziehen.Der kräftigste unter ihnen stellte sich direkt vor den Stier, als wolle er noch ein bisschen Spaß mit
seinem Opfer haben. Mit einer Stimme, die einem das Mark gefriert, warf der stillschweigend ernannte Stillvertreter seiner Kollegen ein „Agone?“ ins stumme Publikum. Die Tiefe seiner Stimme konnte einem das Mark gefrieren.In derselben Inbrunst, die schon die Rede des pontifex beherrschte, erwiderte er: „Agite!“
Die Äxte hoben sich in fast schon synchronem Rhythmus – eine kalte Effizienz, die in jedem anderen
Kontext für verstörte Blicke gesorgt hätte. Doch hier war sie genau das, was die Götter wünschten.Mit den Äxten wandte sich Clemens hilfesuchend dem Himmel zu.
Die so grelle Sonne wirkte fast schon zynisch im Angesicht der tierischen Schreie und der unheimliche
Stille, die ihnen folgten.Ein warme Flüssigkeit auf seinen Sohlen ließ den Quintilier geschockt aus der Haut fahren.
Doch nur die leblosen Augen des Widders, der ihm für eine Sekunde sein Herz geöffnet hatte, grüßten ihn.
Als letzte Geste des Respektes hielt er den Blick, während er mechanisch die Schale unter den Kopf des
toten Tieres hielt. -
Lurco gab seinen Männern ein Zeichen den jungen Burschen abzufangen. Theopompus und Ramnus würden sich einen Weg zu dem Jungspund bahnen und die Götter sollten ihm gnädig sein, falls er Widerstand leistete. Der Umzug und das Ritual durften nicht gestört werden. Andernfalls hatten die Götter gleich eine Aufgabe mehr zu erledigen und zwar sich dieser Seele anzunehmen. Gut oder die Löwen, Löwen waren immer gut. Aber bevor es soweit kommen konnte und der Bursche Großkatzenfutter wurde, verhafteten sie ihn lieber und schafften ihn in eine Seitenstraße oder in den Carcer. Es würde sich erweisen, wie dreist der Steinewerfer war und was er tatsächlich wollte. Die Götter duldeten keine Störung und Lurco ebenso wenig.
"He, was soll das?" wand Jonah sich im Griff der Urbaner. Er hatte nicht damit gerechnet dass sie ihn gleich zu zweit in die Mangel nehmen würden.
"Ich will mir das Opfer anschaun! Ist ja wohl erlaubt, oder was?!" Ganz so fest klang seine Stimme nicht. Die Soldaten sahen ziemlich grimmig aus. Aber Philotima hatte immer gesagt dass der wahre Glaube das stärkste Herz verleiht. Sie würde bestimmt nicht weichen.
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