[ATRIUM] Die Befragung

  • Porta >>>


    Das Atrium beinhaltete einen Garten, den letzten Überrest des Lucus Vestae, des heiligen Horts der Vesta, der im Laufe der Zeit vom Haus der Vestalinnen überbaut worden war. Entlang des Innenhofes verliefen mehrere Wasserbecken – nicht parallel, sondern hintereinander, in unregelmäßigen Abständen. Im Atrium befanden sich Statuen von den großen Obervestalinnen, die in regelmäßigen Abständen errichtet und mehrere steinerne Bänke, die mit Kissen
    gepolstert waren.

    Hier war es so ruhig und friedlich, dass man kaum glaubte, sich noch auf dem Forum Romanum zu befinden.


    Herminia Tarpa hatte die drei Urbaner und die vier Sklaven, die weder entlassen noch exculpiert worden waren, in den großzügig angelegten Innenhof geführt.

    Die Sklaven blieben in Sichtweite stehen, als seien sie ebenfalls aus Stein gemeißelt.


    Herminia Tarpa schickte eine Dienerin nach Valeria Maximilla und den diensthabenden Lictor, eine andere, um Wasser, Posca und Erfrischungen zu bringen.


    „Bitte nehmt Platz.“, sagte sie, blieb jedoch stehen und seufzte:

    „Was ich vorhin gesagt habe, ist das, was ich weiß. Aber was genau vorgefallen ist, das weiß ich nicht.

    Du bist doch ein Vorgesetzter, Cornicularius Octavius?

    Wenn du zu deinen Männern sagst: Kommt her, kommen sie. Wenn du sagst: Tretet weg, treten sie weg. Solch ein Soldat bin ich für die Schwesternschaft.“

  • Der Cornicularius blieb stehen und schaute Herminia Tarpa an. „Wir sind aber verpflichte auf Fragen wahrheitsgemäß zu Antworten.“ Diese Bemerkung konnte Frugi sich nicht verkneifen, für ihn war es augenscheinlich, dass man hier etwas vertuschen wollte.

    „Der Name der toten Vestalin Maxima lautete also Decima Messalina und wie ist der vollständige Name von Schwester
    Valeria? Der begleitende Liktor war also Caius Lucceius Aterianus? Die Tote in dem Sack war die auch mit Namen bekannt?.... Die Vestalin Maxima müsste ich dann auch in der Casa Mamilla anschauen.“

    Das also ist also unser gemeinsame freier Abend? Viel Rennerei und Schreiberei noch im nachhinein. Der Octavier warf seinen Freunden einen aufmunternden Blick zu, obwohl ihm selber auch nicht gerade Wohl war. Das würde hier eine vertrackte Sache werden. „Du sagtest, *Der Tod der Maxima war kein natürlicher Tod. Und das kann man nicht
    zwischen Tür und Angel erzählen *dann weißt du aber doch mehr, wie wäre es, wenn du mir berichten würdest was du weißt.“

    Wer konnte schon wissen, ob man ihr nicht später verbieten würde etwas zu sagen und bei einer solchen Äußerung wusste sie doch etwas.

  • „Wir tun das auch, Cornicularius Octavius, ich meine, die Wahrheit sagen.“, sagte Herminia Tarpa schnell:

    „Die Tote ist die Sacerdos Maxima: Decima Messalina. Sie war mit Valeria Maximilla, die noch eine Schülerin ist, unterwegs. Du weißt schon, der Dienst für die göttliche Vesta dauert dreißig Jahre: Zehn Jahre Lernen, zehn Jahre Praxis und zehn Jahre Lehren.

    Ich habe nach ihr und dem diensthabenden Liktor bereits rufen lassen. Wenn du und deine Begleiter doch Erfrischungen wünschen, bis beide eintreffen….“
    Herminia Tarpa wies auf die Sklavinnen mit den Tabletts in ihren Händen.


    Dann fuhr sie fort:

    „Die andere Tote kenne ich nicht, und sie war auch schon tot, als ich auf dem Marktplatz eintraf - die beiden Schwestern wollten Einkäufe für die kommenden Feste machen, hatte ich das schon erwähnt? Schwester Valeria hat mich dann durch einen Boten rufen lassen.

    Ich hatte schon auf dem Weg düstere Vorahnungen, und als ich dort war, spürte ich, dass... dass da noch jemand war. Nicht die göttliche Vesta, die über uns wacht, ... jemand anderes.

    Als wir ankamen, lag unsere Obervestalin im Staub, und Liktor Lucceius kniete bei ihr.

    Niemand hatte sich ihnen genähert, da Schwester Valerias Gegenwart sie abschirmte. Die Bürger weichen den Vestalinnen ja aus.

    Noch glaubte ich, Decima Messalina sei vielleicht nur bewusstlos geworden.
    Wir trugen sie in die Sänfte. Dort sah ich, dass ihr Gewand im Rücken blutig war, und als ich ihr die Kleidung lockerte, dass sie in
    ihrem Nacken eine Wunde erhalten hatte - und dass sie selbst bereits bei der göttlichen Vesta weilte.

    Ich hielt ... es für besser, dass die Sklaven aufräumen und alles sauber hinterlassen sollen."


    Herminia Tarpa schaute zu den Unfreien hin. Ein wenig Mitleid stahl sich in ihren Blick, als sie meinte:

    "Unsere Sklaven taten, was man ihnen befahl. Wer weiß, was mit ihnen jetzt geschieht."


    Nun schluckte die Aeditua, und eine Träne rollte ihr über die Wange:

    „Währenddessen trugen wir die Sänfte mit dem Leichnam unserer geliebten Maxima zur Casa Mamilla, die am nächsten lag. Dort lebt die ehrwürdige Matrone Sentia Tigellina, die schon öfters die Pflege von kranken Vestalinnen übernommen hat.
    Nichts Unreines darf das Atrium Vestae ja betreten.

    Aber was zuvor geschah, dass kann ich nicht genau sagen. Ich habe Schwester Valeria zwar neu eingekleidet, aber gesprochen hat sie mit mir nicht weiter.

    - Da kommen sie schon"


    Sie wies auf die junge Vestalin und ihren Liktor, die sich nun vom Gebäude her näherten.

  • Valeria Maximilla betrat das Atrium. Der Liktor Caius Lucceius Aterianus, ein älterer Mann in Toga, ging in gebührendem Abstand voraus.

    Die Discipula war ganz neu eingekleidet in strahlendem Weiß. und da sie sich sehr aufrecht hielt, wirkte sie größer als sie war, doch sie erreichte kaum die römische Durchschnittsgröße.

    Das junge Mädchen ging sehr langsam, was daran lag, dass ihr Schleier niemals verrutschen durfte. Ihr Gesicht war kaum weniger hell als der Stoff, der es umgab, und ihre dunklen Augen waren noch gerötet vom Weinen.

    Sie blickte nicht unfreundlich, aber wie abwesend auf die drei Urbaner:

    „Salvete“, sagte sie leise und setzte sich auf eines der Kissen. Ihre Hände lagen nun in ihrem Schoß:

    „Ich bin die Virgo Valeria Maximilla. Was kann ich für euch tun?“

  • Die Milites Bavius Persaeus und Pedius Theopompus rührten sich rührten sich nicht sie schauten ebenso wie der Ocktavier den näherkommenden entgegen.

    „Salve Virgo Maximilla, mein Name ist Cornicularius Octavius“ grüßte Frugi, „um es kurz zu machen, deine wie auch
    unsere Zeit ist kurz. Durch Zufall kamen wir vorbei, als ich eure Sklaven dabei beobachtete, wie sie etwas in einen Sack verstauten, auf unserer Nachfrage hin erfuhren wir, das die Sklaven zu euch gehörten und in eurem Auftrag eine Leiche in diesen Sack unterbrachten. Wir begleiteten sie zur eurer Porta wo uns
    Herminia Tarpa berichtete, dass ebenfalls Decima Messalina auf nicht natürliche Weise verstorben ist. Nun möchten
    wir erfahren was du zu diesem Geschehen bereichten kannst, da du eben diese Vestalin Maxima begleitet hast. Wie ist sie in deiner und der Gegenwart des Liktors verstorben?“

  • „Oh natürlich, ihr habt die Leiche der Mörderin gefunden.“, sprach Valeria Maximilla immer noch so freundlich wie abwesend und schaute kurz zu Herminia Tarpa hinüber, die ihr ein aufmunterndes Lächeln schenkte.

    Wie im Traum sprach sie weiter:

    „Also gelang es mir nicht, alles einfach ungeschehen zu machen? Einen Moment lang dachte ich, das würde funktionieren, Cornicularius Octavius, doch das übersteigt wohl menschliches Vermögen.

    Was geschehen ist, ist nun unwiderruflich geschehen, und so werde ich dir berichten, an was ich mich erinnere:

    Die Oberste Vestalin, die meine Lehrerin war, und ich gingen über den Markt, um Zutaten für die kommenden Feste zu begutachten. Sie fragte mich gerade, wie es mir denn dabei ginge, dass die Bürger uns auswichen...da sprach sie nicht weiter und stürzte wie ein Baum, der durch eine Axt gefällt wird.

    Ich drehte mich um und da sah ich eine Frau, schon älter mit grauen Strähnen; ein Messer in ihrer dürren Hand, drei Palmi * wohl maß die Klinge – ich habe während meiner Kindheit auf dem Lande schon öfter Messer gesehen – und die Klinge war rot vom Blut der Maxima.

    Sie blickte mich an, und ich fürchtete mich viel mehr vor ihrem Blick als vor der Waffe, obwohl das dumm von mir war, denn natürlich war die Waffe gefährlicher.

    Sie sah mich an, als wären wir, die vestalischen Jungfrauen, das Abscheulichste und Niedrigste auf das Welt, als hätte sie noch nie so etwas Ekelhaftes erblickt wie uns Priesterinnen, die der gütigen Vesta dienen.

    Sie hasste mich aus tiefstem Herzen.

    Ich weiß nicht, was mir in diesem Moment durch den Kopf ging, doch ich befahl dem Weib mir die Waffe zu geben und sie gab sie mir.

    Und dann erinnere ich mich nicht mehr, was genau geschehen ist.“ Valeria Maximilla schob ihren Schleier zurecht:

    „Plötzlich lag die Mörderin mir tot zu Füßen. Aber irgendwie war sie ja schon vorher tot, nicht wahr, denn wer uns gegen unseren Willen berührt, hat sein Leben verwirkt. Es war reiner Zufall, dass sie noch atmete. Die göttliche Vesta beschloss ihren Tod.“


    Der Liktor machte in diesem Moment eine Geste, als wolle er etwas sagen, aber er fiel der Vestalin nicht ins Wort.

    Er würde nachher noch die Worte der Priesterin ergänzen.


    „Mittlerweile waren Bürger darauf aufmerksam geworden, dass die Obervestalin gestürzt war. Welch schlechtes Omen, welch furchtbares Ereignis ein Mord an ihr in aller Öffentlichkeit. So tat ich so, als hätte sie nur einen Schwächeanfall gehabt, um jede Panik in der Bevölkerung zu vermeiden. Aber meine Lehrerin war tot, und als dann Herminia Tarpa in weiser Voraussicht mit der Sänfte kam...“

    Die Vestalinnen durften innerhalb Romas mit Pferdewagen fahren, aber eine Sänfte, wie sie andere Damen auch benutzten, war wesentlich unauffälliger:

    „...brachten wir ihren Leichnam in die Casa Mammilla."

    Sie schüttelte den Kopf:

    „Warum nur hat diese Frau uns, die Vestalinnen, so lodernd gehasst?Wir tun doch niemandem etwas Böses.",
    fragte sie leise.


    Nun sprach der Liktor Lucceius. Eines verschwieg er jedoch, nämlich die Rolle von Schwester Valeria. Sie hatte ihm zugenickt, sein Werk zu tun. Doch er wollte die junge Discipula beschützen. Sie war noch keine fünfzehn Jahre alt, so alt wie seine eigenen Töchter:

    „Es ging alles sehr schnell. Und es war sehr tapfer von der Vestalin Valeria, sich der Wahnsinnigen in den Weg zu stellen...“, seine Miene drückte freilich aus, dass es leichtsinnig gewesen war:

    „...die Mörderin von Decima Messalina bewegte sich rasch auf Valeria zu. Ich hielt sie auf, in dem ich das fragliche Messer benutzte. Ich...ich wollte nicht in der gleichen Stunde gleich zwei Priesterinnen verlieren.“

    Valeria Maximilla lächelte ihm beruhigend zu, bevor sie sich wieder an Octavius Frugi und seine Kameraden wandte:


    Ich habe sofort an den Pontifex Maximus geschrieben, Milites“, sagte sie: „Er muss nun darüber befinden, wie das Unheil von unserem geliebten Rom abgewendet werden kann.“


    Sim-Off:

    ein palmus = ca. 7.5 cm

  • "Ein schwarzer Tag für Rom", begann der Octavier mit aller Vorsicht. "Virgo Valeria, zwei Dinge noch, wo ist das Messer mit dem die tat begonnen wurde? Wir müssten es als Beweis mitnehmen. Zum Zweiten, kann ich, aber noch besser, unser Medicus sich den Leichnam der Virgo Vestalis Maxima sehen. Es ist wichtig, denn auch unser Bericht gelangt zum Kaiser." Er hoffte er hätte die Dringlichkeit seines Anliegens zum Ausdruck gebracht.

  • "Das Messer liegt noch in meinem Einkaufskorb. Dieser befindet sich in dem Cubiculum in der Casa Mamilla, in dem die Virgo Vestalis Maxima nun aufgebahrt wurde, Cornicularius Octavius.", erwiderte Valeria Maximilla:

    "Ich konnte die Tatwaffe ja nicht hierher in das Atrium mitbringen."

    Ihr Lächeln war reine Höflichkeit, aber erreichte ihre Augen nicht. Sie biss sich auf die Lippen:

    "Wenn du es wünschst, führt Herminia Tarpa dich und deine Männer hin."


    Im Leben hätte die oberste Vestalin nicht erlaubt, dass ein männlicher Medicus sie berührte. Es gab ein, zwei Heilerinnen, die sich auf Gynäkologie spezialisiert hatten, und die man in Krankheitsfällen rief. Aber die Betreffende war nun tot, und ihre Sittsamkeit würde von niemandem in Zweifel gezogen werden können.

  • Mitleid breitete sich in Frugi aus, noch so jung und musste schon mit solchen Problemen fertig werden. „Ja bitte ich möchte zu der Casa Mamilla. Dann möchte ich deine Zeit nicht weiter beanspruchen, für euch gibt es bestimmt viele Vorbereitungen zu treffen. Für die Aussage bedanke ich mich und wünsche dir viel Kraft für die Zukunft.“

    Damit wandte er sich zu Herminia Tarpa, um ihr zu folgen.

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